Kalif Wurm: Unterschied zwischen den Versionen
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Kalif sagte: „Es ist die herrlichste Zeit für einen Wurm, wenn es regnet. Man kann aus dem Boden heraus und sich im Wasser tummeln. Und meine Eltern sagen, dass die gefährlichen Vögel einem bei starkem Regen auch in Ruhe lassen, weil sie angst vor dem Wasser haben. - Hört aber der Regen auf, müssen wir sofort wieder unter die Erde, sonst schnappen sie uns mit ihren riesenhaften Schnäbeln und fressen uns auf. Es ist besser unter der Erde zu leben, als gefressen zu werden, sagen meine Eltern. Außerdem gibt es dort auch genug zu essen, was wichtig ist, damit wir größer und stärker werden und uns gegen unsere Feinde verteidigen können.“ Was sind Eltern?, fragte Weq. „Eltern sind die, die für uns verantwortlich sind und die ersten paar Wochen auf uns aufpassen“, antwortete Kalif. „Warum machen sie das?“, fragte Weq. „Das machen sie - sie machen das einfach so“, erwiderte Kalif. „Komm, ich zeig sie dir, sie sind gerade bei der Arbeit. Sie jäten ein Blumenbeet um, damit dort alles besser wächst, der Boden locker ist und wir weiterhin genug zum Essen haben.“ Dort angekommen trafen sie auf eine Gruppe beschäftigter Würmer, die immer mal wieder hoch an die Erdoberfläche guckten, und dann wieder zum weiteren Umgraben in den Boden eintauchten. „Hallo Mutter!“, rief Kalif. „Hallo Kalif, komm’ mach mit, wir müssen heute noch bis zum Holunderstrauch kommen, sonst trocknet die Erde aus.“ „Schau, das ist mein neuer Freund Weq“ so stellte Kalif Weq vor. Seine Mutter betrachtete Weq und sagte nur: „Du siehst ja vielleicht seltsam aus, was ist denn Weq für ein Name? Du bist bestimmt nicht von hier?“ Und dann: „Na gut, du kannst uns bestimmt auch noch ein wenig helfen. Kommt, fangen wir gleich damit an.“ Sie machten sich alle an’s Werk. Kalif voraus und Weq hinterher. Weq war diese anstrengende Arbeit nicht gewohnt, hatte er sich doch bislang nur auf ein paar Blättern im Schatten eines Baumes ausgeruht und ein wenig gegessen. Trotzdem versuchte er kräftig mitzuwirken, um seinen Freund Kalif nicht zu enttäuschen. Und am Abend hatten sie es dann auch tatsächlich geschafft. Danach gingen sie schlafen. Sie krochen in die Würmerwohnung, die tief, tief unten im Boden ist, damit sie es dort leise und geschützt haben. So verbrachten sie eine ganze Woche. Morgens aufstehen, zur Arbeit, ein paar Stunden Freizeit, dann wieder arbeiten und abends ins Bett. Weq war völlig geschafft. Er konnte sich an die harte Arbeit nicht gewöhnen. Im Gegenteil, er schien immer schwächer zu werden. Am schönsten fand er die paar freien Stunden, in denen er sich mit Kalif unter ein paar Blättern ausruhen konnte. Das bemerkte Kalif, der eigentlich nicht genug von der Arbeit haben konnte und sagte: „Ich weiß, dass es dir hier im Schatten besser gefällt, aber wir müssen weiter arbeiten, sonst verärgern wir die anderen.“ Und tatsächlich munkelten die anderen Würmer bereits, während Kalif und Weq Pause machten, dass dieser neue, ungewöhnliche Wurm nichts zuwege brachte. Die Mutter von Kalif wollte Weq verteidigen: „Es ist noch ein sehr kleiner, schwacher Wurm. Vielleicht ist da, wo er her kommt der Boden viel leichter und lockerer. Ja, so wird es sein, daher ist er die schwere Arbeit nicht gewohnt.“ Aber die anderen hielten ihr entgegen: „Das sagst du schon die ganze Woche lang, und nichts hat sich gebessert. Im Gegenteil: er geht uns nur im Weg um und macht immer länger und längere Pausen.“ Und sie setzten mit Zorn hinzu: „Nur weil er anders aussieht, und sich hier benachteiligt vorkommt, braucht er nicht meinen, weniger Pflichten als wir erfüllen zu müssen.“ Was nicht stimmte, weil Weq wirklich arbeiten wollte, schon allein um seine Freundschaft mit Kalif aufrecht zu erhalten, der ihm so treu und lieb war. Aber große Würmer sagen oft so etwas, nur um selber im Recht zu bleiben. Und sie schimpften weiter: „Nur weil er anders ist, darf er hier nicht bevorteilt werden. Wir müssen alle hart arbeiten, bis wir den Boden durchgeackert haben, da gibt es keine Ausnahmen. Also muss der Neuankömmling spätestens morgen hier verschwunden sein.“ | Kalif sagte: „Es ist die herrlichste Zeit für einen Wurm, wenn es regnet. Man kann aus dem Boden heraus und sich im Wasser tummeln. Und meine Eltern sagen, dass die gefährlichen Vögel einem bei starkem Regen auch in Ruhe lassen, weil sie angst vor dem Wasser haben. - Hört aber der Regen auf, müssen wir sofort wieder unter die Erde, sonst schnappen sie uns mit ihren riesenhaften Schnäbeln und fressen uns auf. Es ist besser unter der Erde zu leben, als gefressen zu werden, sagen meine Eltern. Außerdem gibt es dort auch genug zu essen, was wichtig ist, damit wir größer und stärker werden und uns gegen unsere Feinde verteidigen können.“ Was sind Eltern?, fragte Weq. „Eltern sind die, die für uns verantwortlich sind und die ersten paar Wochen auf uns aufpassen“, antwortete Kalif. „Warum machen sie das?“, fragte Weq. „Das machen sie - sie machen das einfach so“, erwiderte Kalif. „Komm, ich zeig sie dir, sie sind gerade bei der Arbeit. Sie jäten ein Blumenbeet um, damit dort alles besser wächst, der Boden locker ist und wir weiterhin genug zum Essen haben.“ Dort angekommen trafen sie auf eine Gruppe beschäftigter Würmer, die immer mal wieder hoch an die Erdoberfläche guckten, und dann wieder zum weiteren Umgraben in den Boden eintauchten. „Hallo Mutter!“, rief Kalif. „Hallo Kalif, komm’ mach mit, wir müssen heute noch bis zum Holunderstrauch kommen, sonst trocknet die Erde aus.“ „Schau, das ist mein neuer Freund Weq“ so stellte Kalif Weq vor. Seine Mutter betrachtete Weq und sagte nur: „Du siehst ja vielleicht seltsam aus, was ist denn Weq für ein Name? Du bist bestimmt nicht von hier?“ Und dann: „Na gut, du kannst uns bestimmt auch noch ein wenig helfen. Kommt, fangen wir gleich damit an.“ Sie machten sich alle an’s Werk. Kalif voraus und Weq hinterher. Weq war diese anstrengende Arbeit nicht gewohnt, hatte er sich doch bislang nur auf ein paar Blättern im Schatten eines Baumes ausgeruht und ein wenig gegessen. Trotzdem versuchte er kräftig mitzuwirken, um seinen Freund Kalif nicht zu enttäuschen. Und am Abend hatten sie es dann auch tatsächlich geschafft. Danach gingen sie schlafen. Sie krochen in die Würmerwohnung, die tief, tief unten im Boden ist, damit sie es dort leise und geschützt haben. So verbrachten sie eine ganze Woche. Morgens aufstehen, zur Arbeit, ein paar Stunden Freizeit, dann wieder arbeiten und abends ins Bett. Weq war völlig geschafft. Er konnte sich an die harte Arbeit nicht gewöhnen. Im Gegenteil, er schien immer schwächer zu werden. Am schönsten fand er die paar freien Stunden, in denen er sich mit Kalif unter ein paar Blättern ausruhen konnte. Das bemerkte Kalif, der eigentlich nicht genug von der Arbeit haben konnte und sagte: „Ich weiß, dass es dir hier im Schatten besser gefällt, aber wir müssen weiter arbeiten, sonst verärgern wir die anderen.“ Und tatsächlich munkelten die anderen Würmer bereits, während Kalif und Weq Pause machten, dass dieser neue, ungewöhnliche Wurm nichts zuwege brachte. Die Mutter von Kalif wollte Weq verteidigen: „Es ist noch ein sehr kleiner, schwacher Wurm. Vielleicht ist da, wo er her kommt der Boden viel leichter und lockerer. Ja, so wird es sein, daher ist er die schwere Arbeit nicht gewohnt.“ Aber die anderen hielten ihr entgegen: „Das sagst du schon die ganze Woche lang, und nichts hat sich gebessert. Im Gegenteil: er geht uns nur im Weg um und macht immer länger und längere Pausen.“ Und sie setzten mit Zorn hinzu: „Nur weil er anders aussieht, und sich hier benachteiligt vorkommt, braucht er nicht meinen, weniger Pflichten als wir erfüllen zu müssen.“ Was nicht stimmte, weil Weq wirklich arbeiten wollte, schon allein um seine Freundschaft mit Kalif aufrecht zu erhalten, der ihm so treu und lieb war. Aber große Würmer sagen oft so etwas, nur um selber im Recht zu bleiben. Und sie schimpften weiter: „Nur weil er anders ist, darf er hier nicht bevorteilt werden. Wir müssen alle hart arbeiten, bis wir den Boden durchgeackert haben, da gibt es keine Ausnahmen. Also muss der Neuankömmling spätestens morgen hier verschwunden sein.“ | ||
Version vom 20. Februar 2017, 18:32 Uhr
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Als sich Kalif und Weq trafen, waren beide erst eine Woche alt. Es regnete und beide waren glücklich darüber.
Kalif sagte: „Es ist die herrlichste Zeit für einen Wurm, wenn es regnet. Man kann aus dem Boden heraus und sich im Wasser tummeln. Und meine Eltern sagen, dass die gefährlichen Vögel einem bei starkem Regen auch in Ruhe lassen, weil sie angst vor dem Wasser haben. - Hört aber der Regen auf, müssen wir sofort wieder unter die Erde, sonst schnappen sie uns mit ihren riesenhaften Schnäbeln und fressen uns auf. Es ist besser unter der Erde zu leben, als gefressen zu werden, sagen meine Eltern. Außerdem gibt es dort auch genug zu essen, was wichtig ist, damit wir größer und stärker werden und uns gegen unsere Feinde verteidigen können.“ Was sind Eltern?, fragte Weq. „Eltern sind die, die für uns verantwortlich sind und die ersten paar Wochen auf uns aufpassen“, antwortete Kalif. „Warum machen sie das?“, fragte Weq. „Das machen sie - sie machen das einfach so“, erwiderte Kalif. „Komm, ich zeig sie dir, sie sind gerade bei der Arbeit. Sie jäten ein Blumenbeet um, damit dort alles besser wächst, der Boden locker ist und wir weiterhin genug zum Essen haben.“ Dort angekommen trafen sie auf eine Gruppe beschäftigter Würmer, die immer mal wieder hoch an die Erdoberfläche guckten, und dann wieder zum weiteren Umgraben in den Boden eintauchten. „Hallo Mutter!“, rief Kalif. „Hallo Kalif, komm’ mach mit, wir müssen heute noch bis zum Holunderstrauch kommen, sonst trocknet die Erde aus.“ „Schau, das ist mein neuer Freund Weq“ so stellte Kalif Weq vor. Seine Mutter betrachtete Weq und sagte nur: „Du siehst ja vielleicht seltsam aus, was ist denn Weq für ein Name? Du bist bestimmt nicht von hier?“ Und dann: „Na gut, du kannst uns bestimmt auch noch ein wenig helfen. Kommt, fangen wir gleich damit an.“ Sie machten sich alle an’s Werk. Kalif voraus und Weq hinterher. Weq war diese anstrengende Arbeit nicht gewohnt, hatte er sich doch bislang nur auf ein paar Blättern im Schatten eines Baumes ausgeruht und ein wenig gegessen. Trotzdem versuchte er kräftig mitzuwirken, um seinen Freund Kalif nicht zu enttäuschen. Und am Abend hatten sie es dann auch tatsächlich geschafft. Danach gingen sie schlafen. Sie krochen in die Würmerwohnung, die tief, tief unten im Boden ist, damit sie es dort leise und geschützt haben. So verbrachten sie eine ganze Woche. Morgens aufstehen, zur Arbeit, ein paar Stunden Freizeit, dann wieder arbeiten und abends ins Bett. Weq war völlig geschafft. Er konnte sich an die harte Arbeit nicht gewöhnen. Im Gegenteil, er schien immer schwächer zu werden. Am schönsten fand er die paar freien Stunden, in denen er sich mit Kalif unter ein paar Blättern ausruhen konnte. Das bemerkte Kalif, der eigentlich nicht genug von der Arbeit haben konnte und sagte: „Ich weiß, dass es dir hier im Schatten besser gefällt, aber wir müssen weiter arbeiten, sonst verärgern wir die anderen.“ Und tatsächlich munkelten die anderen Würmer bereits, während Kalif und Weq Pause machten, dass dieser neue, ungewöhnliche Wurm nichts zuwege brachte. Die Mutter von Kalif wollte Weq verteidigen: „Es ist noch ein sehr kleiner, schwacher Wurm. Vielleicht ist da, wo er her kommt der Boden viel leichter und lockerer. Ja, so wird es sein, daher ist er die schwere Arbeit nicht gewohnt.“ Aber die anderen hielten ihr entgegen: „Das sagst du schon die ganze Woche lang, und nichts hat sich gebessert. Im Gegenteil: er geht uns nur im Weg um und macht immer länger und längere Pausen.“ Und sie setzten mit Zorn hinzu: „Nur weil er anders aussieht, und sich hier benachteiligt vorkommt, braucht er nicht meinen, weniger Pflichten als wir erfüllen zu müssen.“ Was nicht stimmte, weil Weq wirklich arbeiten wollte, schon allein um seine Freundschaft mit Kalif aufrecht zu erhalten, der ihm so treu und lieb war. Aber große Würmer sagen oft so etwas, nur um selber im Recht zu bleiben. Und sie schimpften weiter: „Nur weil er anders ist, darf er hier nicht bevorteilt werden. Wir müssen alle hart arbeiten, bis wir den Boden durchgeackert haben, da gibt es keine Ausnahmen. Also muss der Neuankömmling spätestens morgen hier verschwunden sein.“
Fortsetzung auf 100 Matching Punkte
100 Matching-Punkte. Man meldet sich bei einer Partnerbörse an und gerät in einen Pool von Daten und verschwommenen Gesichtern, in dem man sich wie ins kalte Wasser geworfen fühlt. „Kompliment, G0112358 gefällt Ihr Foto!“ Ein erster Satz kann kaum unpersönlicher sein. Man verspürt den Drang, sich gleich wieder abzumelden. Aber halt, vielleicht kommt da ein unerwarteter Ausflug in eine andere Welt auf einen zu? Voller Wortspiele und Metaphern, erzählt der moderne Liebesbrief-Roman „100 Matching-Punkte“ die Geschichte eines Kennenlernens zweier Partnerbörsen-Nutzer, das über einen Austausch von Fabeln erfolgt.
Versionen
- www.Glanz-Verlag.de
- Amazon Print ISBN 978-3-940320-27-8, Gebundene Ausgabe
- Amazon E-Book, ISBN 978-3-940320-16-2
Infos
- Autoren: Olga und Udo Glanz
- Genre: Moderner Liebesbrief Roman mit Kurzgeschichten
- Umfang: 114 Seiten
- Cover: "Unscharfer Amor", Bob Joblin (Original: Hans Baldung Grien, Amor mit dem flammenden Pfeil, um 1530)
Leseprobe: Der faule Paule - Schon wieder ein neues Wesen
Hi Anna, Deine Annahmen sind vollkommen berechtigt. Lehrer sind alle Superhelden, übermenschlich stark und sie haben Nerven wie Drahtseilbündel ;-) Interessant, Du warst mal als Lehrerin tätig? Was machst Du denn gerade als wissenschaftliche Angestellte? Jack the Dripper Pollock finde ich gut (auch wenn er die Technik heimlich bei Max Ernst geklaut hat – wie der behauptet). Zufall gehört zur Kunst. Auch Ideen ent- und bestehen aus Zufälligkeiten...
„Als er noch in der Kruste war.“ – „Gebrauchsanweisungstitel: Das Leben“ Ich mag, wie Du formulierst. Besser gesagt, ich finde es voll Na-mna.
Ods – Du bist aus Estland? Wollte schon immer die Eremitage besuchen. Da liegt Estland doch auf dem Weg, oder? Du sprichst fünf Sprachen. Das ist auch sehr beeindruckend.
Liebe Grüße, Michael P.S.: Weq war enttäuscht, dass Lulli, Nulli und Nuschel weg waren. Er wollte sich gerade auf den Weg machen, als ein „fauler Paule“ an ihm vorbei fuhr. Das war eine Persönlichkeit. (Bei dieser Geschichte ist mir entfallen, welche Art von Wesen bzw. Tier Paule war. Es gibt einige Anhaltspunkte, ich habe aber nur eine Vorstellung im Kopf. Vielleicht kannst Du mir da helfen?) Man rief Paul „Fauler Paule“ und faul war er auch. Paule war so faul, dass sogar Eichendorfs’ „Taugenichts“ sich respektvoll als Workaholic bezeichnet hätte, wäre er nicht nur ein Gespinst aus Frohsinn, Lustliebe und Drogengenuss des Romantikers.
Der faule Paule hatte solarbetriebene Rollen an der Rückseite seines Körpers befestigt, die ihn aufs Geratewohl durch die Welt kutschierten. Er lag nur auf den Rückenrollen und ließ sich von der Sonne treiben. Zu essen brauchte er nicht viel, weil er ja größtenteils aus Stoff und Wasserresten bestand, die sich nur langsam verflüchtigten.
Eines sonnigen nachmittags, als Paule aus ruhigen Träumen erwachte und sich in einem riesigen Haufen Gras wiederfand, beschloss er, einen Kindertraum Kindertraum sein zu lassen: Er beschloss nicht mehr wegen seiner Faulheit ins Guinnessbuch kommen zu wollen. Diesen Traum wollte er nun für alle Zeiten hinter sich lassen. Auf diesen erfrischenden Entschluss hin schlief er sofort wieder ein. Für solche Wettbewerbe – der Faulheit zu liebe – war er sich zu schade! Aus diesem Grund führt ihn jetzt auch das Guinnessbuch der Weltrekorde tatsächlich als faulstes Wesen aller Wesen.
So fristete der faule Paule seine Tage und frönte der Stille in den Nächten. Er schlief, schlief, schlief. Und kaum war er mal kurze Zeit wach, so übermannte ihn eine unsägliche Herzensschwäche.
Sinnliche Wahrnehmungen erschöpften ihn. Unsagbare Trägheit überwältigte ihn. Die Glieder und Augen wurden ihm schwer. Seine Gesichtsmuskeln entspannten sich bis zur Unkenntlichkeit seiner selbst.
Und er ließ dies alles gerne geschehen. Fiel nach wenigen Momenten des Bewusstseins wieder in den Schlaf. Den süßen Schlummer liebend. Denn: Schlaf war sein Leben. Traum war seine Realität. So trugen ihn seine solarbetriebenen Rollen mal hierhin und mal dorthin. Als er eines Frühjahrs in der Wüste erwachte, kam ihm ein wichtiger Gedanke. Die Sonne brannte, das Solarmobil war höchst aktiv und er wurde immer schneller und schneller. Sein Rollenzufallsgenerator ermöglichte ihm, dass er überall hinkommen konnte (eine schöne Vorstellung, die er auch gerne in seine halbwachen Tagträume einbaute). Beinahe meinte er sogar durch die Geschwindigkeit einen klitzekleinen Adrenalinstoß zu verspüren, welches ihn ein wenig über seinen Körper verwundert hätte, ihm jedoch schlussendlich – wie so vieles andere – ebenfalls doch nur Gelassenheit abverlangt hätte.
>> Keine Gleichgültigkeit – diese Unterscheidung war ihm wesentlich. Er konnte sich manchmal stundenlang mit unsäglichen Begriffen und ihrer inkorrekte Anwendung beschäftigen. Zu seinen meistgeführten inneren Diskursen – seiner multiplen ICHs – führte die Verwendung der Wörter: „Bewunderung“, wenn „Begeisterung“ passender gewesen wäre; „Ehre“ bzw. „Stolz“, wenn da doch „Freude“ war; der inflationäre Gebrauch des literarischen Begriffs „Seele“ und eben der Unterschied zwischen „Gleichgültigkeit“ und „Gelassenheit“. <<
Sein wichtiger Gedanke dabei war: Er wusste, dass seine Entscheidung, das Schicksal über ihn entscheiden zu lassen, richtig war.
So düste er adrenalinlos mal schneller, mal langsamer durch sein Leben. Ließ Wüsten, Wälder, Täler, Berge und Meere (er hatte eine Antiuntergehvorrichtung) hinter sich und wartete auf das größte Ereignis in seinem Leben, das ihm an einem der Dienstage, denen er schon seit jeher skeptisch gegenüber stand, passieren sollte. (Freitage waren ihm verständlicherweise genehmer.) Bislang konnte er sein Leben genießen, war doch nichts und niemand auf der Welt, das ihn aufhalten wollte. Doch das änderte sich, an einem der fürchterlichen Diensttage, als ihn eine kleine Süße erblickte, die an Liebesmangel – oder vielleicht sollte man besser „Beziehungssucht“ sagen – litt. Sie stellte Paules Motoren ab, machte etwas an den Solarrollen kaputt, weckte ihn dann auch noch auf und bittete ihn, um ihre Hand zu bitten. Paule – man kann es sich vorstellen – war nicht schlecht überrascht. Stand vor ihr und sah ihr bittersüß in die Augen. Die Augen einer liebreizenden, verheißungsvollen Schönheit.
Preist alle das, an was ihr glaubt, der faule Paule konnte den Schaden an seinen Rollen gleich reparieren und es war ihm möglich, dank seines Fachwissens, die Flucht zu ergreifen und weiter zu fahren. Aber machen wir uns nichts vor, ohne den geringsten Funken an Fachwissen und Bildung wäre ihm das nicht geglückt und das Ganze wäre nicht so glimpflich ausgegangen. Jaaaha! So düst er vielleicht auch heute noch fried- und freundlich durch alle Lande.
Die Moral von der Geschicht: „Kind, vergiss die Bildung nicht.“
Ach, liebe Anna. Ich merke gerade, diese Geschichte, die ich da von früher ausgegraben habe, mag gar nicht so recht in den Dialog mit Dir passen. Es ist hier wohl eher die Geschichte meiner Geschichte. Obwohl. Eigentlich auch nicht. Es ist einfach so, dass mir bisher immer 1.000 Bilder in den Kopf schießen, wenn Du schreibst. Heute war es der faule Paule...
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