Passives Wahlrecht



Einleitung


Passives Wahlrecht bedeutet: Du darfst kandidieren und kannst gewählt werden. Es ist die zweite Seite des Wahlrechts: Während das aktive Wahlrecht das Recht ist, eine Stimme abzugeben, ist das passive Wahlrecht das Recht, selbst für ein Mandat oder ein Amt anzutreten. In einer Demokratie sorgt es dafür, dass politische Ämter grundsätzlich allen Bürgerinnen und Bürgern offenstehen – unter klaren Regeln, die in Grundgesetz und Gesetzen festgelegt sind.


In Deutschland hängt das passive Wahlrecht je nach Wahl (z.B. Bundestagswahl, Europawahl, Kommunalwahl) vor allem von Staatsangehörigkeit, Wahlalter und dem Ausschluss vom Wahlrecht ab. Außerdem gibt es besondere Voraussetzungen für bestimmte Ämter, zum Beispiel für den Bundespräsidenten.



Lernziele und Kompetenzen


Am Ende dieses Kurses kannst Du:

  1. den Unterschied zwischen aktivem und passivem Wahlrecht erklären.
  2. die wichtigsten Rechtsgrundlagen (z.B. Grundgesetz, Bundeswahlgesetz) benennen und in eigenen Worten zusammenfassen.
  3. typische Voraussetzungen und Ausschlussgründe für die Wählbarkeit bei verschiedenen Wahlen vergleichen.
  4. einen realistischen Weg skizzieren, wie eine Kandidatur (z.B. für den Bundestag) praktisch abläuft.
  5. Fallbeispiele beurteilen: Wer darf kandidieren – und warum (nicht)?


Zentrale Begriffe


  1. Passives Wahlrecht: Recht, gewählt werden zu können (Wählbarkeit).
  2. Aktives Wahlrecht: Recht, wählen zu dürfen.
  3. Wählbarkeit: Juristischer Begriff für das passive Wahlrecht.
  4. Wahlgrundsätze: Allgemein, unmittelbar, frei, gleich, geheim (für Bundestagswahlen zentral).
  5. Wahlrechtsausschluss: Gesetzlich geregelter Ausschluss durch Richterspruch (Ausnahmefälle).
  6. Mandat: Politischer Sitz/Vertretungsauftrag, z.B. im Bundestag oder Landtag.


Rechtsgrundlagen in Deutschland


Verankerung im Grundgesetz


Das passive Wahlrecht ist eng mit den Wahlgrundsätzen verbunden. Für die Bundestagswahl ist wichtig:

  1. Art. 38 GG beschreibt die Wahl der Abgeordneten (Wahlgrundsätze) und legt fest, dass Details durch Bundesgesetz geregelt werden.


Für besondere Ämter gelten besondere Voraussetzungen:

  1. Art. 54 GG regelt die Wahl des Bundespräsidenten und nennt zusätzliche Bedingungen (z.B. Mindestalter).


Konkretisierung durch Gesetze


Für die Wählbarkeit zum Bundestag sind zentrale Regeln im Bundeswahlgesetz festgelegt, insbesondere zur Frage, wer wählbar ist und wer nicht.


Merksatz: Das Grundgesetz setzt den Rahmen, die Einzelheiten stehen in Wahlgesetzen (z.B. Bundeswahlgesetz, Europawahlgesetz sowie Landes- und Kommunalwahlgesetzen).


Voraussetzungen für das passive Wahlrecht bei wichtigen Wahlen


Bundestagswahl: Wählbarkeit zum Bundestag


Für eine Kandidatur als Bundestagsabgeordnete oder Bundestagsabgeordneter gilt im Kern:

  1. Du musst am Wahltag Deutscher im Sinne des Grundgesetzes sein.
  2. Du musst am Wahltag mindestens 18 Jahre alt sein.
  3. Du darfst nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sein bzw. nicht durch Richterspruch die Fähigkeit verloren haben, öffentliche Ämter zu bekleiden.



Praxis-Hinweis: Kandidieren kannst Du typischerweise

  1. als Direktkandidatin/Direktkandidat in einem Wahlkreis (Erststimme)
  2. oder über eine Landesliste einer Partei (Zweitstimme)
  3. oder parteilos als Einzelbewerbung (unter bestimmten formalen Voraussetzungen, z.B. Unterstützungsunterschriften – je nach Wahlrecht).


Bundespräsident: besondere Wählbarkeitsregeln


Für das Amt des Bundespräsidenten gelten strengere Voraussetzungen:

  1. Du musst Deutsche oder Deutscher sein.
  2. Du musst das Wahlrecht zum Bundestag besitzen.
  3. Du musst mindestens 40 Jahre alt sein.


Das zeigt: Das passive Wahlrecht ist zwar ein Grundprinzip, kann aber je nach Amt zusätzliche Bedingungen enthalten.


Europawahl: passives Wahlrecht und EU-Bürgerschaft


Bei der Wahl zum Europäischen Parlament spielen in Deutschland zwei Gruppen eine Rolle:

  1. Deutsche können unter den gesetzlichen Voraussetzungen kandidieren.
  2. Unter bestimmten Regeln können auch EU-Bürgerinnen und EU-Bürger kandidieren (Regeln unterscheiden sich je nach Staat und Wahlrechtsdetails).



Kommunalwahl: EU-Bürgerinnen und EU-Bürger in Gemeinden


Für Kommunalwahlen ist (vereinfacht) wichtig:

  1. In Gemeinden und Kreisen gilt das Prinzip der demokratischen Vertretung.
  2. Für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger gibt es in Deutschland auf kommunaler Ebene besondere Beteiligungsrechte nach Maßgabe des Grundgesetzes und der Wahlgesetze.


Achtung: Die Details (z.B. Mindestalter, Wohnsitzfristen, konkrete Ämter wie Bürgermeister/in) sind in den Wahlgesetzen der Länder geregelt und können sich zwischen Bundesländern unterscheiden.


Landtagswahl: Unterschiede zwischen Bundesländern


Bei Landtagswahlen regeln die Länder das Wahlrecht selbst. Deshalb können sich Voraussetzungen unterscheiden, zum Beispiel beim Wahlalter oder bei formalen Anforderungen für Kandidaturen (z.B. Aufstellung über Parteien, Landeslisten, Wahlkreise, Unterstützungsunterschriften).



Ausschluss und Verlust der Wählbarkeit


Das passive Wahlrecht ist ein zentrales demokratisches Recht. Trotzdem kann es in Ausnahmefällen eingeschränkt werden, vor allem:

  1. durch Richterspruch (z.B. bei bestimmten schweren Straftaten, wenn ein Gericht den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter feststellt)
  2. durch gesetzlich eng begrenzte Ausschlussgründe in Wahlgesetzen


Wichtig: In einem Rechtsstaat müssen solche Eingriffe begründet, verhältnismäßig und gesetzlich klar geregelt sein.


Von der Idee zur Kandidatur: So läuft das praktisch ab


Kandidieren über eine Partei


In Deutschland werden viele Kandidierende über Parteien aufgestellt:

  1. innerparteiliche Auswahl (z.B. Mitgliederversammlung, Delegiertenparteitag)
  2. Aufstellung als Direktkandidat/in und/oder Listenplatz
  3. Einreichen der Wahlvorschläge bei den Wahlleitungen


Kandidieren ohne Partei


Auch parteilos ist Kandidatur möglich, typischerweise mit:

  1. formalen Unterlagen
  2. Unterstützungsunterschriften (je nach Wahl)
  3. Einhaltung von Fristen und Vorgaben der Wahlordnung


Politische Kommunikation


Mit dem passiven Wahlrecht beginnt die demokratische Praxis:

  1. Programm und Positionen verständlich machen
  2. Gespräche, Debatten, Social Media, Infostände
  3. Regeln zu Wahlwerbung und Finanzierung beachten (je nach Kontext)


Fallbeispiele: Darfst Du kandidieren?


Fall 1: 17 Jahre alt, deutsche Staatsangehörigkeit


Du willst für den Bundestag kandidieren. Ergebnis: Für den Bundestag gilt grundsätzlich 18 Jahre als Mindestalter für die Wählbarkeit – mit 17 ist eine Kandidatur hierfür in der Regel nicht möglich.


Fall 2: 42 Jahre alt, deutsche Staatsangehörigkeit


Du möchtest Bundespräsident/in werden. Ergebnis: Das Mindestalter (40) ist erfüllt; zusätzlich musst Du das Wahlrecht zum Bundestag besitzen.


Fall 3: EU-Bürger/in mit Wohnsitz in Deutschland


Du möchtest kommunal kandidieren. Ergebnis: Das ist unter den Regeln des Grundgesetzes und der Landesgesetze häufig möglich; die Details hängen vom Bundesland und der konkreten Wahl ab.


Interaktive Aufgaben


Quiz: Teste Dein Wissen

Was bezeichnet das passive Wahlrecht? (Recht, gewählt werden zu können) (!Recht, Gesetze zu erlassen) (!Recht, eine Petition einzureichen) (!Recht, Steuern zu erheben)

Wie heißt der Fachbegriff für passives Wahlrecht? (Wählbarkeit) (!Wahlbeteiligung) (!Wahlgeheimnis) (!Wahlprüfung)

Welche Mindestvoraussetzung gilt grundsätzlich für die Wählbarkeit zum Bundestag? (Mindestens 18 Jahre alt am Wahltag) (!Mindestens 16 Jahre alt am Wahltag) (!Mindestens 21 Jahre alt am Wahltag) (!Mindestens 25 Jahre alt am Wahltag)

Welche Staatsangehörigkeit ist für die Wählbarkeit zum Bundestag grundsätzlich erforderlich? (Deutsche Staatsangehörigkeit) (!Jede EU-Staatsangehörigkeit) (!Jede Staatsangehörigkeit bei Wohnsitz in Deutschland) (!Keine Staatsangehörigkeit ist erforderlich)

Welche Institution wählt den Bundespräsidenten? (Bundesversammlung) (!Bundesrat) (!Bundeskabinett) (!Bundesverfassungsgericht)

Welche zusätzliche Voraussetzung gilt für die Wählbarkeit zum Bundespräsidentenamt? (Mindestalter 40 Jahre) (!Mindestalter 30 Jahre) (!Mindestalter 18 Jahre) (!Mindestalter 65 Jahre)

Welche Aussage passt am besten zu Wahlrechtsausschlüssen? (Sie sind nur in engen Ausnahmefällen und meist durch Richterspruch möglich) (!Sie betreffen automatisch alle Menschen ohne Parteimitgliedschaft) (!Sie gelten immer für alle unter 25 Jahren) (!Sie werden durch Meinungsumfragen entschieden)

Was ist ein typischer Weg, um bei der Bundestagswahl zu kandidieren? (Über einen Wahlkreis und/oder eine Landesliste) (!Nur durch Ernennung durch den Bundespräsidenten) (!Nur durch Bewerbung bei einer Behörde ohne Fristen) (!Nur durch Losverfahren)

Warum ist das passive Wahlrecht für die Demokratie wichtig? (Weil Ämter grundsätzlich offen sind und politische Konkurrenz möglich wird) (!Weil es Wahlzettel überflüssig macht) (!Weil es Parteien abschafft) (!Weil es die Gewaltenteilung aufhebt)

Welche Ebene hat in Deutschland eigene Wahlgesetze, die das passive Wahlrecht bei Landtagswahlen regeln? (Die Bundesländer) (!Die EU-Kommission) (!Die NATO) (!Der UN-Sicherheitsrat)





Memory

Wählbarkeit Gewählt werden dürfen
Wahlalter Mindestalter für Wahlrechte
Bundeswahlgesetz Regeln zur Bundestagswahl
Bundesversammlung Gremium für Bundespräsidentenwahl
Direktkandidat Kandidatur im Wahlkreis
Landesliste Reihenfolge von Kandidierenden einer Partei
Wahlgrundsätze Frei, gleich, geheim, direkt, allgemein
Richterspruch Gerichtliche Entscheidung als Grundlage eines Ausschlusses





Drag and Drop

Ordne die richtigen Begriffe zu. Thema
Passives Wahlrecht Recht, gewählt zu werden
Aktives Wahlrecht Recht, eine Stimme abzugeben
Bundespräsident Staatsoberhaupt der Bundesrepublik
Bundestag Parlament auf Bundesebene
Bundeswahlgesetz Gesetz zur Wahl des Bundestags




...


Kreuzworträtsel

Waehlbarkeit Wie heißt der Begriff für „gewählt werden dürfen“?
Bundestag Wie heißt das Parlament auf Bundesebene?
Grundgesetz Wie heißt die deutsche Verfassung?
Wahlalter Wie nennt man das Mindestalter für Wahlrechte?
Demokratie Herrschaftsform, in der Wahlen zentral sind?
Bundesversammlung Welches Gremium wählt den Bundespräsidenten?





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Lückentext

Vervollständige den Text.

Das

bedeutet, dass Du für ein politisches Amt kandidieren kannst. Bei der Bundestagswahl ist man grundsätzlich ab

Jahren wählbar. Die wichtigsten Wahlgrundsätze stehen im

. Die Einzelheiten zur Wählbarkeit regelt für den Bundestag das

. Der Bundespräsident wird nicht vom Volk, sondern von der

gewählt. Für dieses Amt gilt zusätzlich ein Mindestalter von

Jahren. In Ausnahmefällen kann das Wahlrecht durch

eingeschränkt werden. Kandidaturen erfolgen häufig über Parteien mit Wahlkreis und

. Das aktive Wahlrecht beschreibt das Recht, eine

abzugeben. In den Bundesländern können Regeln für Landtagswahlen

sein.




Offene Aufgaben


Leicht

  1. Aktives Wahlrecht: Erkläre in 5–7 Sätzen den Unterschied zwischen aktivem und passivem Wahlrecht und gib ein Beispiel.
  2. Bundestagswahl: Recherchiere, wie man in Deinem Wahlkreis kandidieren würde (Direktkandidat/in). Skizziere die Schritte.
  3. Wahlalter: Sammle Argumente für und gegen ein einheitliches Wahlalter (aktiv und passiv) und ordne sie in Pro/Contra.
  4. Demokratie: Gestalte ein kurzes Poster (digital oder auf Papier) mit dem Titel „Warum kandidieren dürfen wichtig ist“.


Standard

  1. Grundgesetz: Wähle einen Artikel, der mit Wahlen zu tun hat (z.B. Art. 38 oder Art. 54) und erkläre ihn in einfacher Sprache.
  2. Bundeswahlgesetz: Erstelle eine Infografik: „Wer ist wählbar zum Bundestag?“ mit den wichtigsten Bedingungen.
  3. Partei: Simuliere eine Kandidatenaufstellung: Lege Kriterien fest (z.B. Erfahrung, Themen, Vielfalt) und begründe sie.
  4. Kommunalwahl: Vergleiche (ohne perfekte Vollständigkeit) zwei Bundesländer: Wo unterscheiden sich Kandidatur-Regeln oder Wahlalter?


Schwer

  1. Wahlrechtsausschluss: Entwickle ein Fallbeispiel, in dem ein Ausschluss diskutiert wird. Formuliere eine juristisch-politische Abwägung (Pro/Contra).
  2. Bundespräsident: Schreibe eine Analyse: Warum gibt es für dieses Amt besondere Voraussetzungen? Diskutiere demokratische Vor- und Nachteile.
  3. Wahlrecht: Entwirf eine Reformidee, die Beteiligung und Kandidaturchancen verbessert (z.B. Transparenz, Zugang für Unabhängige). Prüfe mögliche Risiken.
  4. Politische Bildung: Produziere ein 2–3-minütiges Erklärvideo (Storyboard reicht), das passives Wahlrecht korrekt und verständlich erklärt.




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Lernkontrolle

  1. Fallanalyse: Du bekommst drei Personenprofile (Alter, Staatsangehörigkeit, Vorstrafenstatus, Wohnsitz). Prüfe für jede Person, ob eine Bundestagskandidatur möglich ist, und begründe nachvollziehbar.
  2. Vergleich: Vergleiche passives Wahlrecht bei Bundestagswahl und Kommunalwahl: Welche Ziele könnten unterschiedliche Regeln rechtfertigen?
  3. Argumentation: Entwickle eine kurze Debatte (2 Rollen): „Wählbarkeit ab 16?“ Eine Rolle pro, eine kontra – beide müssen faire Argumente nutzen.
  4. Transfer: Übertrage das Prinzip der Wählbarkeit auf eine nicht-staatliche Wahl (z.B. Schule, Verein). Welche Regeln wären sinnvoll und warum?
  5. Reflexion: Beurteile, ob formale Hürden (z.B. Unterstützungsunterschriften) eher Schutz vor Missbrauch oder eher Zugangshürde sind. Nenne Kriterien.




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