1965. Sinnbild der Wiedergeburt ist der Hase für Joseph Beuys, in dessen Werk der Hase immer wieder einen Platz findet. Im Kontext seiner Aktion „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ sagte er, dass der Hase „direkt eine Beziehung zur Geburt hat (...). Für mich ist der Hase das Symbol für die Inkarnation. Denn der Hase macht das ganz real, was der Mensch nur in Gedanken machen kann. Er gräbt sich ein, er gräbt sich eine Mulde. Er inkarniert sich in der Erde, und das allein ist wichtig.“ Beuys behauptete, er hätte einem Hasen die Bilder erklärt. Was 1965 wirklich geschah, war etwas komplett anderes. Joseph Beuys hatte an diesem Tag seine goldene Strafmaske aufgezogen und mich, den ewigen Geist aller Hasen schon längere Zeit gequält, als ich auf die Idee kam, mit Beuys in eine Galerie zu gehen, um ihm dort Kunst näher zu bringen. Vielleicht würde der Mensch dort dann von seiner Quälerei ablassen. Meine sterbliche Hülle erklärte gerade Joseph Beuys die Bilder, da kam Publikum hinzu. Beuys freute sich und tat so, als sei er der Schlaue. Ich bin an diesem Frevel verstorben. Was nun wieder gut war, da ich im Tode, den Menschen zur Kunst erklärte. Im Sterben sah ich – wie immer – einen Rückblick auf meine Kunstgeschichte und stieß dabei über die beinah hasenlosen Arbeiten von Marcel Duchamp. Alles kann Kunst sein, meinte bereits zuvor Novalis. Mir persönlich war das seit Albrecht Dürer bereits bekannt. Dieser kopierende Künstler-Knecht Duchamp inspirierte allerdings auch Timm Ulrichs als erstes lebendes Kunstwerk, Gilbert & George und viele andere. Unter anderem auch Joseph Beuys, der mich gerade peinigte und der – wie ich damals vorausschauend wusste – den Menschen zum Künstler erklären würde.

Dies veranlasste zu meiner ersten Amtshandlung als frischer toter Hase: Ich erklärte jeden Menschen zur Kunst. Mehr als 400 Jahre nach meiner Erkenntnis, dass Künstler Kunst seien, kam ich auf das entscheidende Schlüsselelement der Kunstgeschichte, durch welche die Kunstgeschichte eine neue Deutung erfuhr. Kunst musste vom Menschen durch die umständliche Darstellung z.B. auf Gemälden wegkommen und eine lange Zeit mehrere durstige Entwicklungen durchmachen, bis sie zurück zum Menschen kommen konnte. Jeder Mensch ist Kunst. Ziel der Kunst ist es einzig und allein das Bewusstsein hierfür präsent zu halten. Wer früh morgens aufsteht – ob Hase oder Mensch – ins Badezimmer läuft und in den Spiegel blickt, soll im bewegten Abbild Kunst erkennen.




Wie der tote Hase den Menschen zur Kunst erklärt




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