Gewaltfreiheit



Einleitung

Gewaltfreiheit bezeichnet Strategien, Haltungen und Praktiken, die bewusst auf Gewalt als Mittel der Konfliktlösung verzichten und stattdessen auf Dialog, Rechtsstaat, Empathie und zivilen Widerstand setzen. Historisch prägten Mahatma Gandhi (Satyagraha), Martin Luther King Jr. (US-Bürgerrechtsbewegung), Lew Tolstoi und die Friedensforschung (u. a. Johan Galtung) das Verständnis. Moderne Ansätze wie die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) von Marshall Rosenberg übertragen Gewaltfreiheit auf Alltag, Schule und Beruf. In diesem aiMOOC lernst Du Grundlagen, Methoden, Forschungsergebnisse, Fallbeispiele und Grenzen kennen – und wendest sie in interaktiven Übungen an.

Datei:Mahatma Gandhi, studio, 1931.jpg


Begriffe, Geschichte und Modelle


Begriffsklärung

Gewaltfreiheit ist mehr als die Abwesenheit von Gewalt. In der Friedensforschung unterscheidet Johan Galtung zwischen negativem Frieden (keine direkte Gewalt) und positivem Frieden (Abbau struktureller Gewalt und Förderung gerechter Verhältnisse). Ziviler Widerstand nutzt nichtmilitärische Mittel, um gesellschaftliche oder politische Veränderungen herbeizuführen. Ziviler Ungehorsam ist die bewusste, offene Missachtung einzelner Regeln, um als Gewissensentscheidung auf Missstände aufmerksam zu machen und Debatten anzustoßen.


Historische Wurzeln

  1. Satyagraha: Wahrheitskraft – Gandhis Ansatz, Wahrheit, Disziplin und Leidensbereitschaft gegen Unterdrückung zu setzen.
  2. US-Bürgerrechtsbewegung: Sit-ins, Boykotte und Märsche unter Führung von Martin Luther King Jr..
  3. Bertha von Suttner: Autorin von Die Waffen nieder! und frühe Stimme des Pazifismus.
  4. Solidarność und Friedliche Revolution 1989: Gewaltfreie Massenbewegungen, die politische Ordnungen veränderten.


Theoriebausteine und Forschung

  1. Legitimität und Macht: Nach Gene Sharp beruht Macht auf der Zustimmung der Beherrschten; gewaltfreies Handeln entzieht diese Zustimmung.
  2. 198 Methoden: Sharps Katalog reicht von Symbolaktionen über ökonomischen Boykott bis zu Streik und zivilem Ungehorsam.
  3. Konflikttransformation: Prozesse, die Beziehungen, Interessen und Strukturen verändern (vgl. Konflikttransformation).
  4. Konfliktstufen nach Glasl: Von Verhärtung bis Gemeinsamer Untergang – je früher interveniert wird, desto erfolgversprechender sind dialogische Verfahren (vgl. Friedensforschung).
  5. Wirksamkeit: Empirische Studien der Friedens- und Bewegungsforschung zeigen, dass breite, inklusive, gewaltfreie Bewegungen oft höhere Erfolgswahrscheinlichkeit und Legitimität erzielen als gewaltsame Aufstände.


Rechtlicher Rahmen (Deutschland)

  1. Grundgesetz Art. 5 – Meinungsfreiheit.
  2. Grundgesetz Art. 8 – Versammlungsfreiheit (friedlich, ohne Waffen).
  3. Verhältnismäßigkeit – behördliche Auflagen müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein.
  4. Schulkontext – Hausrecht und pädagogische Verantwortung; trotzdem gilt: Konfliktlösung orientiert sich an Menschenwürde und Menschenrechte.


Methoden und Praxis


Repertoire gewaltfreier Aktionen

  1. Petition & Demonstration – öffentlich Meinung sichtbar machen.
  2. Boykott – ökonomischen Druck ausüben.
  3. Streik – Arbeitskraft kollektiv entziehen.
  4. Ziviler Ungehorsam – bewusste, offene Regelübertretung mit Übernahme der Verantwortung.
  5. Mediation und Restorative Justice – dialogische, ausgleichende Verfahren.
  6. Community Organizing – lokale Selbstorganisation und Machtaufbau durch Teilhabe.


Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Rosenberg

  1. Beobachtung ohne Bewertung.
  2. Gefühl benennen.
  3. Bedürfnis ausdrücken.
  4. Bitte konkret formulieren. Beispiel: „Wenn ich höre, dass Du ins Wort fällst (Beobachtung), bin ich frustriert (Gefühl), weil mir Respekt wichtig ist (Bedürfnis). Wärst Du bereit, ausreden zu lassen? (Bitte)“


Deeskalation & Sicherheit

  1. Aktives Zuhören und Ich-Botschaften.
  2. Time-Out und klare Moderationsregeln.
  3. Konfliktanalyse: Parteien, Themen, Bedürfnisse, Machtmittel.
  4. Do no harm – Risiken abwägen; Schutz vulnerabler Gruppen (z. B. Awareness-Teams, Notfallkontakte).


Fallstudien


Indien 1915–1947

Der Salzmarsch (1930) als Symbolaktion gegen Kolonialabgaben: Massenhafte, disziplinierte Regelverstöße lenkten internationale Aufmerksamkeit auf Unrecht und schwächten die Legitimität kolonialer Herrschaft.


USA 1955–1968

Der Montgomery-Busboykott nach Rosa Parks’ Festnahme zeigte die Wirkung langfristiger, gewaltfreier Aktionen auf lokale Ökonomien, Rechtsprechung und öffentliche Meinung.


Europa 1989

Die Friedliche Revolution 1989 in der DDR nutzte Gebete, Montagsdemonstrationen und internationale Öffentlichkeit – ein Beispiel kollektiver Gewaltfreiheit, das politische Strukturen transformierte.


Anwendung in Schule, Ausbildung & Alltag

  1. Klassenrat und Peer-Mediation zur Konfliktlösung.
  2. Regeln des fairen Streitens und Konfliktverträge.
  3. GFK-Rollenspiele und Zivilcourage-Trainings.
  4. Service Learning zu Menschenrechte und Demokratie.


Interaktive Aufgaben


Quiz: Teste Dein Wissen

Was bedeutet der Begriff Satyagraha bei Gandhi am treffendsten? (Wahrheitskraft und Beharrlichkeit in der Wahrheit) (!Bewaffneter Aufstand gegen Ungerechtigkeit) (!Geheime Verhandlungen hinter verschlossenen Türen) (!Schnelle militärische Intervention)

Welche vier Schritte gehören zur Gewaltfreien Kommunikation (GFK)? (Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis, Bitte) (!Analyse, Urteil, Strafe, Gehorsam) (!Vorwurf, Rechtfertigung, Forderung, Sanktion) (!Befehl, Kontrolle, Drohung, Durchsetzung)

Was beschreibt nach Johan Galtung „positiven Frieden“? (Abbau struktureller Gewalt und Aufbau gerechter Verhältnisse) (!Nur die Abwesenheit direkter körperlicher Gewalt) (!Militärische Abschreckung zur Friedenssicherung) (!Kurzfristiger Waffenstillstand ohne Veränderungen)

Welche Aussage entspricht Gene Sharps Grundannahme über Macht? (Macht beruht auf Zustimmung; diese kann gewaltfrei entzogen werden.) (!Macht ist ausschließlich eine Eigenschaft von Waffen.) (!Macht kann nur durch Wahlen entstehen.) (!Macht ist naturgegeben und unveränderlich.)

Welches Beispiel ist klassischer ziviler Ungehorsam? (Offene, gewaltfreie Regelübertretung mit Übernahme der Folgen) (!Heimliche Sabotage an kritischer Infrastruktur) (!Verbreitung von Falschinformationen) (!Anonyme Drohungen gegen Behörden)

Welcher Artikel des deutschen Grundgesetzes schützt friedliche Versammlungen? (Artikel 8) (!Artikel 1) (!Artikel 20) (!Artikel 146)

Welche Methode gehört NICHT zum Repertoire gewaltfreier Aktionen? (Gewaltsame Nötigung) (!Boykott) (!Streik) (!Petitionen)

Wofür steht der Montgomery-Busboykott? (Langanhaltender, gewaltfreier Protest gegen Rassentrennung) (!Bewaffneter Schutz weißer Fahrgäste) (!Reform der Busfahrpläne aus ökologischen Gründen) (!Einmalige Straßenblockade ohne Folgen)

Was ist ein zentrales Ziel der Mediation? (Freiwillige, einvernehmliche Lösung durch strukturierte Gesprächsführung) (!Durchsetzung der stärkeren Position) (!Urteilsfindung durch staatliche Strafe) (!Öffentliche Bloßstellung der Gegenpartei)

Welche Reihenfolge ist korrekt für die GFK-Schritte? (Beobachtung → Gefühl → Bedürfnis → Bitte) (!Gefühl → Bitte → Beobachtung → Bedürfnis) (!Bedürfnis → Beobachtung → Bitte → Gefühl) (!Bitte → Bedürfnis → Gefühl → Beobachtung)





Memory

Erstelle ein Memory mit passenden Paaren (mindestens 10 Paare):

Satyagraha Wahrheitskraft
Boykott Ökonomischer Druck
GFK Bedürfnisse ausdrücken
Otpor Serbien 2000
Bertha von Suttner Die Waffen nieder
Johan Galtung Positiver Frieden
Mediation Strukturierter Dialog
Zivilcourage Eingreifen ohne Gewalt
Deeskalation Spannung reduzieren
Gene Sharp 198 Methoden
Streik Arbeitsniederlegung
Petition Unterschriftensammlung





Drag and Drop

Ordne die richtigen Begriffe zu (immer 2 Begriffe gegenüberstellen):

Ordne die richtigen Begriffe zu. Thema
Satyagraha Wahrheitskraft und Disziplin
Ziviler Ungehorsam Offene, gewaltfreie Regelübertretung
GFK-Bausteine Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis, Bitte
Johan Galtung Positiver Frieden
Gene Sharp 198 Methoden gewaltfreien Handelns
Mediation Allparteiliche Vermittlung
Boykott Kaufverzicht als Druckmittel
Deeskalation Spannungsreduktion durch Gesprächsführung




...


Kreuzworträtsel

Hinweis: Antworten sind jeweils ein Wort (4–22 Buchstaben).

Satyagraha Wie nennt Gandhi die Kraft der Wahrheit?
Boykott Wie heißt der gewaltfreie wirtschaftliche Druck?
Mediation Welches Verfahren vermittelt zwischen Konfliktparteien?
Deeskalation Wie heißt das Herunterfahren von Spannung in Konflikten?
Zivilcourage Mutiges Eingreifen im Alltag ohne Gewalt?
Empathie Fähigkeit, Gefühle anderer nachzuempfinden?





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Lückentext

Ergänze die fehlenden Begriffe. Pro Satz ist genau eine Lücke.

Vervollständige den Text.

Gewaltfreiheit setzt auf die Veränderung von Verhältnissen ohne

.
Nach Johan Galtung meint positiver Frieden den Abbau von

Gewalt.
Nach Gene Sharp beruht Macht auf der

der Beherrschten.
Der Vier-Schritte-Prozess der GFK lautet Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis,

.
Der Montgomery-Busboykott war eine langanhaltende,

Kampagne.
Artikel 8 des Grundgesetzes schützt die

.
Ziviler Ungehorsam ist eine offene, verantwortungsbewusste

.
Mediation zielt auf eine freiwillige, einvernehmliche

.
Satyagraha bedeutet sinngemäß die Kraft der

.
Positiver Frieden fördert gerechte

.
Deeskalation arbeitet mit aktiven

.
Ein Boykott entfaltet Wirkung durch kollektiven

.
Im Klassenrat werden Konflikte durch klare

bearbeitet.
Konflikttransformation will nicht nur Ereignisse, sondern auch

verändern.
Zivilcourage bedeutet, Risiken abzuwägen und dennoch

.
Die Friedensforschung analysiert Ursachen und Formen von

.
Community Organizing stärkt lokale

.
Restorative Justice fokussiert auf Schaden, Bedürfnisse und

.
Eine Petition sammelt öffentlich sichtbare

.
Streik ist die kollektive Niederlegung von

.




Offene Aufgaben

Erstelle 12 offene Aufgaben, die Dich aktiv einbinden. Sortiert nach Schwierigkeitsgrad.

Leicht

  1. Gewaltfreie Kommunikation: Formuliere fünf typische Alltagssätze in den vier GFK-Schritten um und notiere zu jedem Satz eine alternative Bitte.
  2. Zivilcourage: Sammle drei Alltagssituationen, in denen Du gewaltfrei handeln könntest; notiere konkrete Formulierungen und mögliche Risiken.
  3. Symbole der Friedensbewegung: Recherchiere die Geschichte des Peace-Symbols und eines weiteren Zeichens; verfasse einen 150-Wörter-Text zu deren Bedeutung.
  4. Interview: Befrage eine Lehrkraft oder Mitschüler:in zu Erfahrungen mit Mediation; halte wörtliche Zitate und 3 Lernerkenntnisse fest.

Standard

  1. Fallanalyse: Analysiere einen historischen Fall (z. B. Montgomery-Busboykott oder Salzmarsch): Ziele, Methoden, Risiken, Ergebnisse; präsentiere auf einer A4-Seite.
  2. Debatte: Erstelle Pro-/Contra-Argumente zu zivilem Ungehorsam in einer aktuellen Frage und formuliere Regeln für eine faire Debatte.
  3. Konfliktlandkarte: Visualisiere einen fiktiven Konflikt (Akteure, Interessen, Machtmittel) und entwirf einen gewaltfreien Interventionsplan mit drei Maßnahmen.
  4. Mediationsleitfaden: Entwickle einen einseitigen Ablaufplan für eine Klassenmediation inkl. Rollen, Regeln und Gesprächsphasen.

Schwer

  1. Kampagnenplanung: Konzipiere eine vierwöchige, gewaltfreie Kampagne an Deiner Schule (Ziel, Kernbotschaft, Taktiken, Zeitplan, Sicherheit, Indikatoren).
  2. Policy Paper: Verfasse ein zweiseitiges Papier, wie Schule/Kommunen Restorative Justice implementieren könnten (Vorteile, Risiken, Implementationsschritte).
  3. Datenprojekt: Sammle Beispiele gewaltfreier Aktionen weltweit und kategorisiere nach Methode (Demonstration, Streik, Boykott …); werte Muster aus und visualisiere ein Ergebnis.
  4. Ethikanalyse: Diskutiere Grenzen der Gewaltfreiheit in Extremsituationen (z. B. Selbstschutz), beziehe Position mit Bezug auf Menschenrechte und Rechtsstaat.




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Lernkontrolle

Fokus auf Zusammenhänge und Transfer – nicht auf reines Faktenwissen.

  1. Transfer: Wende Galtungs Konzept des positiven Friedens auf ein Schulthema (z. B. Mobbingprävention) an und leite drei konkrete Maßnahmen ab.
  2. Vergleich: Vergleiche zwei Kampagnen (z. B. Salzmarsch vs. Montgomery-Busboykott) hinsichtlich Strategie, Ressourcen, Legitimitätseffekten und Ergebnissen.
  3. Systemblick: Erkläre, wie rechtliche Rahmen (Art. 5/8 GG) gewaltfreie Aktionen ermöglichen und welche Auflagen verhältnismäßig sind.
  4. Design: Entwirf eine Aktionskette, die Eskalationsstufen vermeidet und zugleich Öffentlichkeit erzeugt (z. B. Petition → Dialogforum → kreative Demonstration).
  5. Evaluation: Entwickle Kriterien zur Erfolgsmessung gewaltfreier Projekte (Output, Outcome, Impact) und bewerte eine selbstgewählte Aktion.




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Gewaltfreiheit




Einleitung

Gewaltfreiheit bezeichnet Strategien, Haltungen und Praktiken, die bewusst auf Gewalt als Mittel der Konfliktlösung verzichten und stattdessen auf Dialog, Rechtsstaat, Empathie und zivilen Widerstand setzen. Historisch prägten Mahatma Gandhi (Satyagraha), Martin Luther King Jr. (US-Bürgerrechtsbewegung), Lew Tolstoi und die Friedensforschung (z. B. Johan Galtung) den Diskurs. Moderne Konzepte wie Gewaltfreie Kommunikation (GFK) von Marshall Rosenberg übertragen Gewaltfreiheit auf Alltag, Schule und Beruf. In diesem aiMOOC lernst Du Grundlagen, Methoden, Fallbeispiele und Grenzen kennen – und wendest sie in interaktiven Übungen an.

Datei:Mahatma Gandhi, studio, 1931.jpg


Begriffe, Geschichte und Modelle


Begriffsklärung

Gewaltfreiheit ist mehr als die Abwesenheit von Gewalt. In der Friedensforschung unterscheidet Johan Galtung zwischen negativem Frieden (keine direkte Gewalt) und positivem Frieden (Abbau struktureller Gewalt und Förderung gerechter Verhältnisse). Ziviler Widerstand nutzt nichtmilitärische Mittel, um gesellschaftliche oder politische Veränderungen herbeizuführen.


Historische Wurzeln

  1. Satyagraha: Wahrheitskraft – Gandhis Ansatz, Wahrheit und Leidensbereitschaft gegen Unterdrückung zu setzen.
  2. US-Bürgerrechtsbewegung: Sit-ins, Boykotte und Märsche unter Führung von Martin Luther King Jr..
  3. Bertha von Suttner: Autorin von Die Waffen nieder! und frühe Stimme des Pazifismus.
  4. Solidarność und Friedliche Revolution 1989: Beispiele gewaltfreier Massenbewegungen in Europa.


Theoriebausteine

  1. Legitimität und Macht: Nach Gene Sharp beruht Macht auf der Zustimmung der Beherrschten; gewaltfreies Handeln entzieht diese Zustimmung.
  2. 198 Methoden: Sharps Katalog reicht von Symbolaktionen über ökonomischen Boykott bis zu Streik und zivilem Ungehorsam.
  3. Konflikttransformation: Prozesse, die Beziehungen, Interessen und Strukturen verändern (vgl. Konflikttransformation).
  4. Rechtlicher Rahmen (DE): Grundgesetz Art. 5 (Meinungsfreiheit) und Art. 8 (Versammlungsfreiheit) schützen friedliche Protestformen.


Methoden und Praxis


Repertoire gewaltfreier Aktionen

  1. Petition & Demonstration – öffentlich Meinung sichtbar machen.
  2. Boykott – ökonomischen Druck ausüben.
  3. Streik – Arbeitskraft kollektiv entziehen.
  4. Ziviler Ungehorsam – bewusstes, offenes Regelbrechen mit Übernahme der Verantwortung, um Missstände zu thematisieren.
  5. Mediation und Restorative Justice – dialogische, ausgleichende Verfahren.


Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Rosenberg

  1. Beobachtung ohne Bewertung.
  2. Gefühl benennen.
  3. Bedürfnis ausdrücken.
  4. Bitte/Bitte konkret formulieren. Beispiel: „Wenn ich höre, dass Du ins Wort fällst (Beobachtung), bin ich frustriert (Gefühl), weil mir Respekt wichtig ist (Bedürfnis). Wärst Du bereit, ausreden zu lassen? (Bitte)“


Deeskalation & Sicherheit

  1. Aktiv zuhören und Ich-Botschaften.
  2. Time-Out und Moderationsregeln.
  3. Konfliktanalyse: Parteien, Themen, Bedürfnisse, Machtmittel.
  4. Do no harm – Risiken abwägen; Schutz vulnerabler Gruppen.


Fallstudien


Indien 1915–1947

Gandhis Salzmarsch (1930) als Symbolaktion gegen Kolonialabgaben; massenhafte, disziplinierte Regelverstöße lenkten globales Augenmerk auf Unrecht.


USA 1955–1968

Der Montgomery-Busboykott nach Rosa Parks’ Festnahme zeigte die Wirkung koordinierter, langandauernder, gewaltfreier Aktionen auf lokale Ökonomien und Rechtsnormen.


Europa 1989

Die Friedliche Revolution 1989 in der DDR nutzte Gebete, Montagsdemonstrationen und internationale Öffentlichkeit – ein Beispiel kollektiver Gewaltfreiheit.


Kritik & Grenzen

  1. Asymmetrische Gewalt: Gewaltfreie Akteure sind gefährdet; Schutzkonzepte nötig.
  2. Zeitfaktor: Erfolge oft langsam.
  3. Moral Hazard? Kritik: Unterdrücker profitieren. Replik: Gewaltfreiheit zielt auf Legitimitätsverlust der Gegenseite und breite Teilhabe.
  4. Hybridstrategien: Kombination mit juristischen, medialen und politischen Mitteln ist oft entscheidend.


Anwendung in Schule, Ausbildung & Alltag

  1. Klassenrat und Mediation zur Konfliktlösung.
  2. Regeln des fairen Streitens.
  3. GFK-Rollenspiele und Peer-Mediation.
  4. Service Learning zu Zivilcourage und Menschenrechte.


Interaktive Aufgaben


Quiz: Teste Dein Wissen

Was bedeutet der Begriff Satyagraha bei Gandhi am treffendsten? (Wahrheitskraft und Beharrlichkeit in der Wahrheit) (!Bewaffneter Aufstand gegen Ungerechtigkeit) (!Geheime Verhandlungen hinter verschlossenen Türen) (!Schnelle militärische Intervention)

Welche vier Schritte gehören zur Gewaltfreien Kommunikation (GFK)? (Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis, Bitte) (!Analyse, Urteil, Strafe, Gehorsam) (!Vorwurf, Rechtfertigung, Forderung, Sanktion) (!Befehl, Kontrolle, Drohung, Durchsetzung)

Was beschreibt nach Johan Galtung „positiven Frieden“? (Abbau struktureller Gewalt und Aufbau gerechter Verhältnisse) (!Nur die Abwesenheit direkter körperlicher Gewalt) (!Militärische Abschreckung zur Friedenssicherung) (!Kurzfristiger Waffenstillstand ohne Veränderungen)

Welche Aussage entspricht Gene Sharps Grundannahme über Macht? (Macht beruht auf Zustimmung; diese kann gewaltfrei entzogen werden.) (!Macht ist ausschließlich eine Eigenschaft von Waffen.) (!Macht kann nur durch Wahlen entstehen.) (!Macht ist naturgegeben und unveränderlich.)

Welches Beispiel ist klassischer ziviler Ungehorsam? (Offene, gewaltfreie Regelübertretung mit Übernahme der Folgen) (!Heimliche Sabotage an kritischer Infrastruktur) (!Verbreitung von Falschinformationen) (!Anonyme Drohungen gegen Behörden)

Welcher Artikel des deutschen Grundgesetzes schützt friedliche Versammlungen? (Artikel 8) (!Artikel 1) (!Artikel 20) (!Artikel 146)

Welche Methode gehört NICHT zum Repertoire gewaltfreier Aktionen? (Gewaltsame Nötigung) (!Boykott) (!Streik) (!Petitionen)

Wofür steht der Montgomery-Busboykott? (Langanhaltender, gewaltfreier Protest gegen Rassentrennung) (!Bewaffneter Schutz weißer Fahrgäste) (!Reform der Busfahrpläne aus ökologischen Gründen) (!Einmalige Straßenblockade ohne Folgen)

Was ist ein zentrales Ziel der Mediation? (Freiwillige, einvernehmliche Lösung durch strukturierte Gesprächsführung) (!Durchsetzung der stärkeren Position) (!Urteilsfindung durch staatliche Strafe) (!Öffentliche Bloßstellung der Gegenpartei)

Welche Reihenfolge ist korrekt für die GFK-Schritte? (Beobachtung → Gefühl → Bedürfnis → Bitte) (!Gefühl → Bitte → Beobachtung → Bedürfnis) (!Bedürfnis → Beobachtung → Bitte → Gefühl) (!Bitte → Bedürfnis → Gefühl → Beobachtung)





Memory

Erstelle ein Memory mit passenden Paaren:

Satyagraha Wahrheitskraft
Boykott Ökonomischer Druck
GFK Bedürfnisse ausdrücken
Otpor Serbien 2000
Bertha von Suttner Die Waffen nieder
Johan Galtung Positiver Frieden





Drag and Drop

Ordne die richtigen Begriffe zu. Thema
Satyagraha Wahrheitskraft und Disziplin
Ziviler Ungehorsam Offene, gewaltfreie Regelübertretung
GFK-Bausteine Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis, Bitte
Johan Galtung Positiver Frieden
Gene Sharp 198 Methoden gewaltfreien Handelns




...


Kreuzworträtsel

Satyagraha Wie nennt Gandhi die Kraft der Wahrheit?
Boykott Wie heißt der gewaltfreie wirtschaftliche Druck?
Mediation Welches Verfahren vermittelt zwischen Konfliktparteien?
Deeskalation Wie heißt das Herunterfahren von Spannung in Konflikten?
Zivilcourage Mutiges Eingreifen im Alltag ohne Gewalt?
Empathie Fähigkeit, Gefühle anderer nachzuempfinden?





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Lückentext

Vervollständige den Text.

Gewaltfreiheit setzt auf die Veränderung von Verhältnissen ohne

.
Nach Johan Galtung meint positiver Frieden den Abbau von

Gewalt.
Nach Gene Sharp beruht Macht auf der

der Beherrschten.
Der klassische Vier-Schritte-Prozess der GFK lautet Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis,

.
Der Montgomery-Busboykott war eine langanhaltende,

Kampagne.
Artikel 8 des Grundgesetzes schützt die

.
Ziviler Ungehorsam ist eine offene, verantwortungsbewusste

.
Mediation zielt auf eine freiwillige, einvernehmliche

.
Satyagraha bedeutet sinngemäß die Kraft der

.
Positiver Frieden fördert gerechte

.




Offene Aufgaben

Leicht

  1. Gewaltfreie Kommunikation: Schreibe fünf Alltagssätze um, sodass sie den vier GFK-Schritten entsprechen.
  2. Zivilcourage: Finde drei Situationen aus Deinem Alltag, in denen Du gewaltfrei handeln kannst; notiere konkrete Formulierungen.
  3. Symbole: Recherchiere die Geschichte des Peace-Symbols und erläutere in 150 Wörtern seine Bedeutung.
  4. Interview: Befrage eine Lehrkraft oder Mitschüler:in zu Erfahrungen mit Mediation; fasse die wichtigsten Punkte zusammen.

Standard

  1. Fallanalyse: Analysiere einen historischen Fall (z. B. Montgomery-Busboykott): Ziele, Methoden, Risiken, Ergebnisse.
  2. Debatte: Erstelle Pro-/Contra-Argumente zu zivilem Ungehorsam in einer aktuellen Frage und skizziere Regeln für eine faire Debatte.
  3. Konfliktlandkarte: Visualisiere einen fiktiven Konflikt (Akteure, Interessen, Machtmittel) und entwirf einen gewaltfreien Interventionsplan.
  4. Mediationsleitfaden: Erstelle einen 1-seitigen Ablaufplan für eine Klassenmediation inkl. Rollen und Regeln.

Schwer

  1. Kampagnenplanung: Konzipiere eine vierwöchige, gewaltfreie Kampagne an Deiner Schule (Ziel, Kernbotschaft, Taktiken, Zeitplan, Sicherheit).
  2. Policy Paper: Verfasse ein 2-seitiges Papier, wie Schule/Kommunen Restorative Justice implementieren könnten.
  3. Datenprojekt: Sammle Beispiele gewaltfreier Aktionen weltweit und kategorisiere nach Methode (Demonstration, Streik, Boykott …); werte Muster aus.
  4. Ethikanalyse: Diskutiere Grenzen der Gewaltfreiheit in Extremsituationen und beziehe Position mit Bezug auf Menschenrechte.




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Lernkontrolle

  1. Transfer: Wende Galtungs Konzept von positivem Frieden auf ein aktuelles Schulthema (z. B. Mobbingprävention) an und begründe Maßnahmen.
  2. Vergleich: Vergleiche zwei historische Kampagnen (z. B. Salzmarsch vs. Busboykott) hinsichtlich Strategie, Ressourceneinsatz und Wirkung auf Legitimität.
  3. Systemblick: Zeige, wie rechtliche Rahmen (Art. 5/8 GG) gewaltfreie Aktionen ermöglichen und begrenze Risiken durch Auflagen.
  4. Design: Entwirf eine Aktionskette, die Eskalationsstufen vermeidet und zugleich öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt.
  5. Evaluation: Entwickle Kriterien zur Erfolgsmessung gewaltfreier Projekte (Output, Outcome, Impact) und bewerte ein Beispiel.




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