Lernkurs Schmieden für Fortgeschrittene




Schmiedekurs für Fortgeschrittene

Dieser Kurs richtet sich an Schmiede mit Grundkenntnissen, die ihre Fähigkeiten erweitern möchten. Schwerpunkt sind komplexe Techniken, metallurgisches Verständnis und das Herstellen funktionaler und dekorativer Schmiedearbeiten.

1. Vertiefung: Werkstoffkunde und Metallurgie

  1. Vergleich: C-Stahl, Federstahl, Wälzlagerstahl, CrMo-Stahl
  2. Einfluss des Kohlenstoffgehalts auf Härtbarkeit, Vergütbarkeit und Zähigkeit
  3. Bedeutung von Legierungen (Chrom, Molybdän, Vanadium)
  4. Interpretation des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms
  5. Gefügearten: Ferrit, Perlit, Austenit, Martensit, Bainit

2. Wärmebehandlung in der Praxis

  1. Exaktes Glühen, Härten, Anlassen und Vergüten
  2. Anwendung von Temperaturführung und Abschreckmedien (Öl, Wasser, Salzbad)
  3. Kontrolle des Härteverlaufs und der Maßhaltigkeit
  4. Härteprüfung (nach Brinell, Rockwell oder Vickers)

3. Fortgeschrittene Schmiedetechniken

  1. Formschmieden mit Gesenk und Stauchplatte
  2. Torsionsstab in komplexer Ausführung (z. B. doppelt gewendelt)
  3. Feuerschweißen mit Borax als Flussmittel
  4. Spalten, Lochen und Treiben zur Hohlkörperformung
  5. Ziselieren, Gravieren, Brünieren zur Oberflächenveredelung

4. Projektarbeit: Klinge schmieden

  1. Auswahl des geeigneten Stahls (C75, 80CrV2, 1.2842)
  2. Klingenform: Drop-Point, Tanto, Küchenmesser
  3. Recken, Dorn setzen, Schneidenlinie ausrichten
  4. Normalglühen, Härten, Anlassen – dokumentierter Wärmezyklus
  5. Anschliff mit Bandschleifer, Feile, Politur
  6. Griffgestaltung mit Nieten, Zwingen und Ziselierung

5. Fehleranalyse und Werkstückoptimierung

  1. Erkennen von Auskohlen, Entkohlung, Kornvergröberung, Rissbildung
  2. Korrektur von Verzug, Härtefehlern und Maßabweichungen
  3. Einsatz der Richtbank und thermischen Nachbearbeitung

6. Arbeiten mit Spezialtechniken

  1. Pulvermetallurgie (theoretische Einführung)
  2. Einführung ins Induktionsschmieden
  3. Bearbeitung von Tiegelstahl und Damaststahl
  4. Funktion und Einsatz von Hydraulikhämmern und CNC-Schmieden

7. Eigenes Projekt (z. B. Werkzeug oder Zierstück)

  1. Planung mit technischer Skizze
  2. Auswahl der Werkstoffe und Verfahren
  3. Fertigung, Dokumentation, Reflexion
  4. Optionale Präsentation (z. B. Foto-Doku, Werkstückausstellung)

8. Ausblick: Spezialisierungen im Schmiedehandwerk

  1. Hufschmied, Werkzeugschmied, Kunstschmied, Messerschmied
  2. Kooperation mit Metallbau, Restaurierung, Denkmalpflege
  3. Zertifizierungen, Ausbildungen, Meisterweg




Überblick

  1. Wärmebehandlungsschritte
  2. Messerklinge schmieden
  3. Gefüge und Härteverlauf





Schmiedekurs für Fortgeschrittene

Im fortgeschrittenen Schmiedekurs vertiefen die Teilnehmenden ihr Wissen und ihre Fertigkeiten im Umgang mit Metall, Feuer und Werkzeug. Ziel ist es, komplexe Werkstücke wie funktionale Werkzeuge oder kunstvoll gestaltete Klingen selbstständig und fachgerecht herzustellen. Der Kurs verbindet fundiertes werkstoffkundliches Wissen mit handwerklicher Präzision und erweitert das Verständnis für Metallurgie, Wärmebehandlung und Feuerschweißen.

Werkstoffkunde und Gefügeverständnis

Ein zentrales Thema dieses Kurses ist die differenzierte Auswahl geeigneter Werkstoffe. Während Einsteiger meist mit weichem C-Stahl (z. B. C15 oder C45) arbeiten, verwenden Fortgeschrittene anspruchsvollere Legierungen wie Federstahl, 80CrV2 oder 1.2842 (Kaltarbeitsstahl). Diese Werkstoffe zeichnen sich durch eine hohe Härtbarkeit und ein feines, kontrollierbares Gefüge aus. Entscheidende Einflussgrößen sind der Kohlenstoffgehalt, die Legierungselemente sowie die Wärmebehandlung.

Zur gezielten Gefügebildung wird das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm herangezogen. Es visualisiert die Phasenumwandlungen bei verschiedenen Temperaturen und Zusammensetzungen und ist unverzichtbar für die Wärmebehandlung komplexer Werkstücke. Die entstehenden Gefügearten wie Ferrit, Perlit, Austenit oder Martensit werden im Mikroschliff analysiert und mit der angestrebten Funktion des Werkstücks abgeglichen.

Professionelle Wärmebehandlung

Fortgeschrittene Schmiede wenden kontrollierte Wärmebehandlungsverfahren an, um Härte, Elastizität und Maßhaltigkeit zu optimieren. Dazu zählen Normalglühen, Härten, Anlassen und Vergüten. Entscheidend ist die exakte Temperaturführung sowie die Wahl eines geeigneten Abschreckmediums – etwa Wasser, Öl oder ein Salzbad. Für komplexe Klingen wird oft ein gestufter Wärmezyklus verwendet, um einen feinen Härteverlauf zu erreichen. Die erzielte Härte lässt sich mit Methoden wie Brinell, Rockwell oder Vickers überprüfen.

Fortgeschrittene Umformtechniken

Im praktischen Teil des Kurses lernen die Teilnehmenden, Werkstücke gezielt zu Recken, Stauchen, Biegen und zu Lochen. Die Arbeit erfolgt meist an Gesenken oder mit speziell vorbereiteten Stauchplatten, wobei Amboss und Bahnhammer weiterhin zentrale Werkzeuge bleiben. Im Kunstschmiedebereich kommen zusätzlich Torsionsstab-Techniken sowie Ziselieren und Gravieren zur Anwendung. Das Feuerschweißen wird geübt, um z. B. Damaststahl herzustellen oder komplexe Werkstücke aus mehreren Stählen zu verbinden. Dabei dient Borax als Flussmittel, um Oxidation zu verhindern.

Projekt: Messerklinge herstellen

Ein Höhepunkt des Kurses ist die eigenständige Herstellung einer geschmiedeten Messerklinge. Dabei wählen die Teilnehmenden zunächst einen geeigneten Werkzeugstahl (z. B. 1.2510, 80CrV2), legen die Klingenform fest (z. B. Drop-Point oder Tanto) und bereiten das Rohmaterial durch Anschmieden und Recken vor. Nach dem Schneidenlinien-Setzen und dem Durchschlag für den Dorn folgt die mehrstufige Wärmebehandlung. Die finale Bearbeitung erfolgt durch Feilen, Bandschleifen und Polieren. Auf Wunsch wird ein dekorativer Griff aus Holz, Horn oder Micarta ergänzt und mit Nieten befestigt.

Fehlervermeidung und Qualitätskontrolle

Fortgeschrittene Schmiede erkennen typische Fehler wie Kornvergröberung, Verzug, Rissbildung oder Zunderbildung frühzeitig. Durch Richtbankeinsatz und gezielte Nachbearbeitung lassen sich viele dieser Probleme korrigieren. Auch die Maßhaltigkeit wird regelmäßig geprüft, um die Passgenauigkeit sicherzustellen – z. B. bei Verbindungselementen oder Messingzwingen. Die Qualitätskontrolle umfasst darüber hinaus Oberflächeninspektionen, Gefügeprüfung und Härtetests.

Erweiterung des Technikrepertoires

Ergänzend zum klassischen Schmieden werden moderne Verfahren vorgestellt: etwa das Induktionsschmieden mit präziser Energiezufuhr oder die Pulvermetallurgie als Sonderform. Auch die Arbeit mit Tiegelstahl, das CNC-Schmieden sowie der Einsatz von Hydraulikhämmern und Lufthämmern wird thematisiert – je nach Werkstattgegebenheiten theoretisch oder praktisch.

Freies Projekt und Spezialisierung

Im letzten Kursteil gestalten die Lernenden ein eigenes Werkstück – zum Beispiel ein Werkzeug, ein Zierobjekt oder eine individuelle Klinge. Dabei wenden sie alle zuvor erlernten Techniken an und dokumentieren den Herstellungsprozess. Eine mögliche Spezialisierung wird vorbereitet: etwa in Richtung Hufschmied, Werkzeugschmied, Kunstschmied oder Messerschmied.

Der Kurs schließt mit einer Reflexion des Lernwegs, einer Werkstückausstellung und Hinweisen zu Fortbildungen, Zertifizierungsmöglichkeiten oder dem Meisterweg im Schmiedehandwerk.






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