Diskussion:Das Interview mit Jack Joblin


Das Interview mit Jack Joblin
Einleitung
Dieser aiMOOC ist eine vertiefte Abhandlung zum Artikel Das Interview mit Jack Joblin und seinen Unterseiten. Du erhältst eine umfassende, zusammenhängende Darstellung der wichtigsten Gedanken aus dem Interview-Zyklus, ergänzt um Kontext aus weiteren MOOCit-Unterseiten, auf denen die Arbeit von Jack Joblin, der Künstlergemeinschaft Joblin Factory und weiterer Beteiligter erläutert wird. Im Zentrum steht die radikale These: Nicht nur Kunst ist Leben – der Mensch-An-Sich ist Kunst. Daraus folgen weitreichende Konsequenzen für Kunstbegriff, Demokratie, Diskurs, Würde und Bildung.
Worum geht es im Interview-Zyklus?
Der Interview-Zyklus entfaltet in zahlreichen Unterartikeln eine konsequente Weiterführung des erweiterten Kunstbegriffs, der häufig mit Joseph Beuys verbunden wird. Während bei Beuys oft das Handeln des Menschen zur Kunst wird, wird hier eine weitere Verschiebung vorgenommen: Der Mensch selbst – unabhängig von Handlung, Leistung oder Werk – wird als Kunst begriffen. Damit wird Kunst nicht mehr produziert, sondern erkannt. Die zentrale Frage lautet nicht mehr „Was ist Kunst?“, sondern „Wer ist Kunst – und warum?“.
Abhandlung: Die wesentlichen Punkte aus Interview und Unterseiten
Akteure, Rollen und Kontexte
Im Umfeld des Interviews treten mehrere Akteure und Rollen hervor, die gemeinsam ein diskursives Gesamtwerk bilden.
- Jack Joblin: Zentrale Figur des Interviews und Namensgeber des künstlerischen Mythos. Seine Arbeiten und Zuschreibungen sind eng verbunden mit den Begriffen Fleisch ist Kunst, Jeder Mensch ist Kunst und der konsequenten Verschiebung vom Kunstwerk zum Kunstsubjekt.
- Künstlergemeinschaft Joblin Factory: Ein Kollektiv, das sich mit Herstellung, Wiederveröffentlichung, Multiples, Guerilla-Formaten und diskursiver Vermittlung beschäftigt. Die Factory fungiert weniger als klassisches Atelier, sondern als Produktions- und Denkraum.
- Bob Joblin: Tritt in Interviews als vermittelnde Stimme auf, insbesondere im Kontext der Herstellung, der Materialfragen und der Wiederaufnahme früherer Arbeiten.
- Thomas Gloom: Interviewer und strukturierende Instanz, die die Gespräche thematisch zuspitzt und den diskursiven Rahmen sichtbar macht.
Der Mensch-An-Sich als Kunst
Ein zentraler Gedanke aller Interviewteile ist die Abkehr vom traditionellen Kunstwerkbegriff. Das Wort „Kunstwerk“ wird kritisch betrachtet, weil es Abgeschlossenheit, Objektstatus und Distanz impliziert. Demgegenüber wird der Mensch als lebendige, nicht abschließbare Kunst verstanden. Kunst ist hier kein Objekt, sondern ein Verhältnis. Sie entsteht im Akt der Anerkennung, der Wahrnehmung und der bewussten Entscheidung, einen Menschen als Kunst zu sehen.
Im Kapitel Kunstwahlgrundsätze wird Kunst als bewusste Wahlhandlung beschrieben, die strukturell an demokratische Wahlen erinnert. Diese Wahl folgt bestimmten Prinzipien.
- Die Kunstwahl ist allgemein, da jeder Mensch als Kunst in Betracht kommt.
- Sie ist frei, da keine Institution die Entscheidung vorschreibt.
- Sie ist unmittelbar, da sie ohne Vermittlung erfolgt.
- Sie ist gleich, da jede Stimme zählt.
- Sie kann geheim bleiben, da innere Entscheidungen nicht öffentlich gemacht werden müssen.
Damit wird Kunst zu einer persönlichen Verantwortung und nicht zu einer delegierten Autorität.
Der provokante Begriff „Kunstrechte“ dient nicht der Abschaffung von Grundrechten, sondern der Verschärfung des Blicks auf menschliche Würde. Wenn der Mensch als Kunst begriffen wird, folgt daraus ein besonderer Anspruch auf Respekt, Schutz und Zurückhaltung. Kunstrechte markieren eine ethische Haltung: Den Menschen nicht funktional, nicht ökonomisch und nicht instrumentell zu betrachten, sondern als eigenständiges Kunstsubjekt.
Diskursive Kunst wird als Kunstform beschrieben, deren zentrales Medium der Diskurs ist. Sie basiert nicht auf Konsens, sondern auf begründeter Auseinandersetzung. Die entscheidende Frage lautet: „Warum ist dieser Mensch Kunst?“ Widerspruch, Kritik und Zweifel sind keine Störungen, sondern notwendige Bestandteile. Diskursive Kunst verbindet Kunst und Demokratie, da beide auf argumentativem Austausch und freier Meinungsbildung beruhen.
Der Spiegel erscheint als zentrales Symbol und Werkzeug. Er fungiert als Medium der Selbstbegegnung und macht deutlich, dass Kunstbetrachtung immer auch Selbstbetrachtung ist. Spiegel verweisen darauf, dass der Betrachter selbst Teil des Kunstgeschehens wird. Sie sind keine Dekoration, sondern eine didaktische Intervention, die Wahrnehmung, Urteil und Selbstverständnis herausfordert.
Multiples werden als soziale Technik verstanden. Sie sind wiederholbar, zugänglich und verbreitbar und tragen die Idee „Jeder Mensch ist Kunst“ in den Alltag. Als „Mementos“ erinnern sie an eine Haltung, nicht an ein abgeschlossenes Werk. Der Shop-Gedanke nutzt bewusst Marktmechanismen, um deren Logik zu unterlaufen, indem nicht Besitz, sondern Erinnerung und Haltung im Zentrum stehen.
Die Fleischarbeiten markieren eine Vanitas-Dimension innerhalb des Projekts. Totes Fleisch verweist auf lebendiges Fleisch und macht Vergänglichkeit unmittelbar erfahrbar. Dadurch wird das Lebendige als eigentliche Kunst hervorgehoben. Materialität, Struktur und Konservierung sind nicht zufällig, sondern bewusst gewählt, um Präsenz, Körperlichkeit und Zeitlichkeit sichtbar zu machen.
Öffentlichkeit, Guerilla und Alltag
Die Joblin-Factory setzt auf offene Öffentlichkeitsformen jenseits klassischer Ausstellungskonventionen. Guerilla-Ausstellungen, Alltagsinterventionen und offene Vernissagen holen Kunst aus elitären Räumen heraus. Ziel ist nicht Exklusivität, sondern Teilhabe. Kunst soll dort erscheinen, wo Menschen sind, und nicht nur dort, wo Kunst erwartet wird.
Religion, Provokation und Diskurs
Texte wie Würde Jesus austreten? nutzen religiöse und kulturelle Symbole als Diskursanlass. Es geht nicht um Glaubensfragen, sondern um Institutionenkritik, Moralvorstellungen und individuelle Würde. Provokation wird als Mittel eingesetzt, um Denkgewohnheiten aufzubrechen und Gespräche zu erzwingen.
Addbooks verbinden Literatur und Konzeptkunst. Texte bleiben offen, kommentierbar und erweiterbar. Autorenschaft wird relativiert, Lesen wird zur aktiven Handlung. Damit wird Schreiben selbst zu einer diskursiven Kunstform, die sich mit dem Gedanken des offenen Kunstsubjekts verbindet.
Die P4P-MOOCs übertragen den Gedanken der diskursiven Kunst auf Bildung. Lernende sind nicht nur Rezipienten, sondern Produzenten von Wissen. Bildung wird als Kunsthandlung verstanden, bei der Anerkennung, Austausch und Eigenverantwortung im Vordergrund stehen.
Private Plastik beschreibt die innere Formung von Haltung und Wahrnehmung. Veränderung beginnt nicht bei großen Strukturen, sondern im Denken des Einzelnen. Wer Menschen als Kunst erkennt, verändert Sprache, Verhalten und Entscheidungen. Gesellschaftliche Veränderung wird so als Folge individueller Wahrnehmungsarbeit verstanden.
Zusatztexte und Erweiterungen
Die Zusatztexte vertiefen und problematisieren den Ansatz aus unterschiedlichen Perspektiven.
- Wird Kunst beliebig? diskutiert die Gefahr der Beliebigkeit ohne Diskurs.
- Kinder sind Kunst überträgt den Ansatz auf Pädagogik und Schutz von Würde.
- Sind Tiere Kunst? erweitert die Frage nach dem Kunstsubjekt.
- Ölfarben sind ein Symbol der Unterdrückung verbindet Materialkritik mit Machtfragen.
- Beispiele für MenschKUNST zeigen konkrete Analysewege.
- Bob Joblin Interview ergänzt die Perspektive der Herstellung.
- Kostenlose Kunst - Jeder Mensch ist Kunst thematisiert Zugänglichkeit.
- Kunst und die Schönheitsindustrie analysiert Körperbilder.
- Plastik verändert die Welt verbindet Material, Alltag und Kulturkritik.
Fazit
Der Interview-Zyklus lässt sich als konsequente Bewegung lesen: vom Kunstwerk zum Menschen, von der Institution zur Entscheidung, vom Objekt zum Diskurs. Kunst wird nicht konsumiert, sondern verantwortet. Wenn du den Menschen als Kunst denkst, verändert sich nicht nur dein Kunstverständnis, sondern dein Blick auf die Welt.
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