

Umgang mit herausforderndem Verhalten
Umgang mit herausfordernden Schüler:innen an Gemeinschaftsschulen
Zielsetzung
Diese Seite zeigt bewährte Maßnahmen der Schulentwicklung auf, um den Umgang mit herausfordernden Schüler:innen an Gemeinschaftsschulen konstruktiv, respektvoll und entwicklungsfördernd zu gestalten.
Übersicht der Maßnahmen
Die folgenden Maßnahmen sind praxisnah und können je nach schulischem Bedarf flexibel kombiniert und weiterentwickelt werden.
Pädagogisch-psychologische Maßnahmen
- Auszeitraum – Ein eigens eingerichteter Raum, in den Schüler:innen sich zeitlich befristet zurückziehen können, um emotionale Eskalation zu vermeiden und sich zu beruhigen. Der Raum ist betreut und bietet Materialien zur Selbstregulation.
- Trainingsraumkonzept – Strukturiertes Verfahren, bei dem störende Schüler:innen den Unterricht verlassen und in einem separaten Raum über ihr Verhalten reflektieren. Nach einem Gespräch und Rückkehrvereinbarung dürfen sie wieder teilnehmen.
- Ampelsystem – Visualisierung des Sozialverhaltens im Klassenzimmer. Grün = angemessen, Gelb = Warnung, Rot = Konsequenz wie Gespräch, Auszeit oder Elterngespräch. Fördert Transparenz und Selbstkontrolle.
- Vertrauensstufen – Stufenmodelle, z. B. Bronze-Silber-Gold, bei denen Schüler:innen durch positives Verhalten Rechte und Freiheiten hinzugewinnen – z. B. Freiarbeit, Ausflüge, Mitsprache.
- Verstärkersystem – Gezielt eingesetzte Belohnung erwünschten Verhaltens, z. B. durch Punkte, Karten oder Symbole, die gesammelt und gegen kleine Privilegien eingetauscht werden können.
- Lernvertrag – Vertrag zwischen Lehrkraft, Schüler:in und ggf. Eltern mit konkreten Zielen, z. B. „Ich melde mich ohne Zwischenrufe“. Regelmäßige Reflexion und Fortschrittsdokumentation.
- Stille Pause – Reizarme Alternative zur üblichen Pause mit entspannendem Angebot, etwa Musik, Puzzle oder Entspannungsübungen. Reduziert Überforderung.
- Schülercoaching – Regelmäßige 1:1-Gespräche mit einer festen Bezugsperson (Mentor:in), die Verhalten, Lernziele und Wohlbefinden begleitet. Besonders wirksam bei chronisch auffälligen Schüler:innen.
- Klassenrat – Demokratisches Format mit regelmäßigen Sitzungen, in denen die Klasse über Probleme, Konflikte und Lösungen berät. Schüler:innen werden als Teil der Lösung gestärkt.
Strukturell-organisatorische Maßnahmen
- Multiprofessionelles Team – Zusammenarbeit von Lehrkräften mit Schulsozialarbeit, Sonderpädagogik, Psycholog:innen, Berufsberatung etc. zur ganzheitlichen Unterstützung der Schüler:innen.
- Pädagogische Fallbesprechung – Kollegiales Format zur Besprechung auffälliger Schüler:innen mit dem Ziel, Perspektiven zu erweitern und Maßnahmen gemeinsam abzustimmen („Was braucht dieser Schüler?“).
- Verbindliche Schulregeln – Einheitliche Regeln und Konsequenzen, die mit der Schülerschaft erarbeitet und visualisiert werden. Fördert Verbindlichkeit und Klarheit.
- Konsequenzkaskade – Transparente und abgestufte Handlungskette bei Regelverstößen (z. B. Ermahnung → Auszeit → Gespräch mit Eltern → Sondervereinbarung).
- Aufgabenteilung im Kollegium – Festlegung, wer wann bei Eskalationen zuständig ist (z. B. Klassenleitung, Sozialarbeit, SL), damit alle verlässlich handeln können.
- Lernbüro – Ruhige Lernumgebung mit Wochenplanarbeit oder Selbstlernmaterialien, in der Schüler:innen ohne ständigen Frontalunterricht ihre Aufgaben bearbeiten können.
- Digitale Tools zur Verhaltensreflexion – Einsatz von digitalen Werkzeugen wie Feedback-Apps oder KI-gestützten Coachings zur Selbstbeobachtung und Entwicklung.
Rechtliche und formelle Maßnahmen
- §90 Schulgesetz – Nutzung von schulrechtlichen Erziehungsmitteln (z. B. Nacharbeit, schriftliche Ermahnung, Elterngespräch, Ausschluss von Ausflügen) im pädagogisch begründeten Rahmen.
- Ordnungsmaßnahmen – In schweren Fällen kann auf §90a verwiesen werden – z. B. zeitweiser Ausschluss vom Unterricht. Letztes Mittel bei Gefährdung anderer.
- Verhaltensdokumentation – Regelmäßige, systematische Dokumentation auffälligen Verhaltens zur Analyse, Gesprächsführung und Nachverfolgung von Maßnahmen.
- Gefährdungsmeldung – Bei Kindeswohlgefährdung greift die Schule auf Meldepflichten und Kooperation mit externen Stellen zurück.
Präventive & entwicklungsfördernde Maßnahmen
- Sozialtraining – Programme wie „Lions Quest“, „Faustlos“, „Coolness-Training“ fördern Empathie, Selbstkontrolle und Konfliktlösung.
- Mentorenprogramm – Ältere Schüler:innen oder externe Personen übernehmen eine Patenschaft für herausgeforderte Schüler:innen.
- Peer-Mediation – Schüler:innen werden zu Streitschlichter:innen ausgebildet und unterstützen bei Alltagskonflikten.
- Ich-Stärkung durch Projekte – Selbstbehauptungskurse, Kunstprojekte oder Rollenwechsel („Schüler:innen unterrichten“) stärken Selbstbild und Selbstwirksamkeit.
- Differenzierte Lernangebote – Individuelle Lernziele, angepasste Materialien und positive Rückmeldung fördern Motivation und verhindern Frustration.
- Kriseninterventionsteam – Festes Team aus geschulten Lehrkräften, das bei akuten Eskalationen eingreift, unterstützt und nachbereitet.
- Deeskalationstraining für Lehrkräfte – Fortbildungen zu Körpersprache, deeskalierendem Verhalten, Umgang mit Provokation und Stressbewältigung.
Zusammenarbeit mit Eltern und externen Partnern
- Elternarbeit – Regelmäßige, positive und respektvolle Gespräche mit Eltern. Ziel: Gemeinsames Vorgehen, Verständnis für schulisches Vorgehen, klare Kommunikation.
- Hausbesuche – Besuche in der häuslichen Umgebung durch Sozialarbeit oder Klassenleitung zur Vertrauensbildung und Problemlösung.
- Externe Hilfsangebote – z. B. Jugendhilfe, Drogenberatung, Schulpsychologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Erziehungsberatung.
- Regionale Netzwerke – Teilnahme an Arbeitskreisen, Netzwerken und Fortbildungsreihen im Bereich Inklusion, Prävention und Schulentwicklung.
- Interne Fortbildungstage – Thematische Fortbildungstage zum Thema "Herausfordernde Schüler:innen" stärken die Handlungssicherheit und den Teamgeist.
Weiterführende Links
- Trainingsraumkonzept
- Vertrauensstufen
- Schulsozialarbeit
- §90 Schulgesetz
- Coolness-Training
- aiMOOC – Feedbackkultur mit KI
Digitale Tools zur Verhaltensreflexion
Digitale Werkzeuge bieten neue Möglichkeiten, das Verhalten von Schüler:innen niedrigschwellig, individuell und datengestützt zu reflektieren. Sie unterstützen sowohl Selbstwahrnehmung als auch die pädagogische Einschätzung durch Lehrkräfte und ermöglichen zielgerichtete Interventionen.
Zielsetzung
- Förderung der Selbstbeobachtung und Eigenverantwortung
- Sichtbarmachung von Entwicklungsverläufen
- Reduktion subjektiver Bewertungen durch strukturierte Rückmeldungen
- Entlastung der Lehrkräfte durch automatisierte oder vereinfachte Dokumentation
Einsatzmöglichkeiten
- Stimmungsbarometer: Schüler:innen geben zu Beginn und/oder Ende des Unterrichts ihren emotionalen Zustand über ein digitales Tool an (z. B. auf dem Tablet oder einem Smiley-Board auf dem Smartboard). Lehrkräfte erhalten so ein situatives Stimmungsbild der Gruppe oder einzelner Schüler:innen.
- Feedback-Apps: Programme wie „ClassroomScreen“, „Edkimo“ oder schulinterne Moodle-Module ermöglichen anonymes oder namentliches Feedback zu Unterricht, Verhalten und Lernklima. Schüler:innen werden zur Reflexion ihres eigenen Beitrags angeregt.
- Tagesreflexion per QR-Code: Am Ende des Schultages oder einer Lerneinheit können Schüler:innen über einen QR-Code auf ein kurzes Reflexionsformular zugreifen (z. B. „Was lief heute gut?“, „Worauf bin ich stolz?“). Diese Informationen werden gesammelt und können gemeinsam ausgewertet werden.
- KI-gestützte Verhaltensanalyse: Mit Tools wie aiMOOC oder schulintern entwickelten digitalen Assistenten kann Verhaltensentwicklung über längere Zeiträume dokumentiert, automatisiert zusammengefasst und mit Feedback ergänzt werden. Beispiel: Eine KI gibt Rückmeldung auf eingereichte Reflexionsbögen und unterstützt die Zieldefinition.
- Punkte-Tracker: Apps oder digitale Plattformen zur Verwaltung von Verstärkerpunkten, Belohnungssystemen oder Verhaltenserfolgen, die für Schüler:innen jederzeit einsehbar sind. Beispiel: „ClassDojo“ oder schuleigene Webportale.
Vorteile
- Objektivierung und Strukturierung von Verhaltenserfassung
- Verstärkung positiver Entwicklungen durch Sichtbarmachung
- Fördert digitale Kompetenz und Selbststeuerung
- Lehrkräfte gewinnen Zeit und Überblick
- Anbindung an Förderpläne und Elterngespräche möglich
Voraussetzungen für erfolgreichen Einsatz
- Datenschutzkonforme Implementierung (DSGVO)
- Klare Einführung und Einweisung der Schüler:innen
- Freiwilligkeit oder pädagogische Verpflichtung je nach Alter
- Technische Ausstattung (z. B. Tablets, Computerraum, WLAN)
- Klare Zieldefinition, um Überdigitalisierung zu vermeiden
Weiterführende Links
- aiMOOC – Feedbackkultur mit KI
- Lernreflexion mit digitalen Medien
- Classroom-Management-Tools im Vergleich
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