GREGOR SAMSA - Die Überlegung, ob er noch Liebe empfinden kann


Kann ein solches Wesen noch Liebe empfinden? Eingesperrt in diesem Kerker aus Chitin, verbannt in die finsteren Ecken meines Zimmers, umgeben von Staub und Verfall – wie könnte ich noch den sanften Regungen des Herzens Raum geben? Früher, als Mensch, hätte ich es gekonnt; da gab es eine Verbindung zu meiner Schwester, ein zartes Band der Hoffnung und Zuneigung. Doch jetzt, in dieser abscheulichen Gestalt, scheint jedes Gefühl erstickt unter dem Gewicht meines monströsen Körpers.

Je mehr ich nachdenke, desto mehr verwandelt sich das, was einst Liebe war, in eine schmerzliche Erinnerung, die mich quält und zugleich von mir wegstößt. Wie kann ich von meiner Familie Liebe erwarten, wenn ich ihnen nur Last und Schrecken bringe? Sie verstecken ihr Entsetzen hinter vorgehaltener Hand, und ich, einst ihr Ernährer, bin nun nichts mehr als eine Belastung, ein Parasit unter ihrem Dach.

Diese Entfremdung, sie kriecht in jede Ritze meines Bewusstseins, erstickt jeden Funken Hoffnung, der vielleicht einmal glühen mochte. Liebe? Ein Luxus, den ich mir nicht mehr leisten kann. Nicht in dieser Form, nicht mit diesem verlorenen, grotesken Dasein. Wie kann ich Liebe erwarten, wenn ich mich selbst nicht mehr ertrage? Wenn jeder Blick in den Spiegel nur Ekel und Abscheu zurückwirft?

Dort sehe ich mich – ein Ungeziefer, verachtet und verstoßen. Mein Leben, eine sinnlose, ekelerregende, erbärmliche Qual für diejenigen, die ich einst liebte. Alles, was geschieht, scheint meine Schuld zu sein. Ich bin der Kern des Übels in dieser kleinen, trostlosen Welt. Eine unerträgliche, abscheuliche Last für jeden, der den Schatten meiner Existenz kreuzt.

GREGOR SAMSA











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