GREGOR SAMSA - Der Verlust der beruflichen Identität und des Lebenssinnes


Warum sollte das Wesen, das ich nun bin, noch über berufliche Identität oder einen Lebenssinn nachsinnen? Gestern war ich noch ein Mensch, ein Tuchhändler, dessen Existenz, obwohl von Abscheu und Erschöpfung gezeichnet, eine Struktur hatte. Doch heute, als dieses abscheuliche Ungeziefer, hat sich jede Verbindung zu dem, was ich einst war, aufgelöst. Ein Käfer hat keine Kunden, keine Termine, keine Schulden zu begleichen; er ist frei von der Last der Verantwortung, doch um welchen Preis? Die Ironie! Freiheit im Gefängnis meiner eigenen monströsen Gestalt.

In dieser dunklen Kammer meines Daseins, umgeben von den vier Wänden, die mein Zimmer nun mehr als je zuvor begrenzen, wird die Vergänglichkeit meiner früheren Ambitionen überdeutlich. War es nicht lächerlich, von Anerkennung zu träumen, wenn ich in Wahrheit doch nur das elende Fundament einer Familie war, die mich nie verstand? Meine berufliche Rolle war eine Fassade, eine mühsam aufrechterhaltene Illusion, die nun, da ich sie nicht mehr erfüllen kann, wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt.

Die Schatten der Nacht umschlingen mein Herz enger, wenn ich daran denke, wie bedeutungslos meine Anstrengungen waren. Meine Existenz, die ich einst mühsam aufrecht hielt, wirkt jetzt, da ich sie aus der Perspektive dieses kriechenden Daseins betrachte, nur noch grotesker. War ich je mehr als eine Maschine, die funktionierte, solange das Schmieröl der täglichen Routine nicht versiegte?

Und nun, in dieser neuen Form, die jede menschliche Interaktion ausschließt, reflektiere ich über den wahren Umfang meiner Isolation. Vielleicht war meine Verwandlung nur der letzte Schritt in einer langen Reihe von Entfremdungen, die längst begonnen hatte, bevor meine physische Gestalt sich veränderte.

Als ich in den Spiegel blicke, sehe ich nichts von dem Mann, der ich war, nur die groteske Verzerrung meiner selbst, ein Anblick, so verstörend, dass ich kaum den Blick ertragen kann. Wie kann ein solches Wesen von Wert sein, sinnvoll oder gar erwünscht? Ich bin eine erbärmliche Qual für meine Familie, eine Belastung, die sie ertragen, ohne je die Hoffnung zu hegen, dass ich mich erholen könnte. Und die bittere Wahrheit, die mir in diesem spärlich beleuchteten Glas entgegenschlägt, ist, dass ich allein an allem schuld bin. Mein Leben ist nichts wert, sinnlos, ekelerregend und eine erbärmliche Qual für meine Mitmenschen. Ich bin eine unerträgliche abscheuliche Last für andere.


GREGOR SAMSA











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