Gregor Samsa - Vater
Warum versteht mich mein Vater nicht? In den frühen Tagen meiner Verwandlung, als die Welt noch ein Spiegelbild menschlicher Züge in mir erkannte, schien er sich mit einer Mischung aus Abscheu und Furcht von mir abzuwenden. Doch was ist abscheulicher: Ein Sohn, der in die Gestalt eines Ungeziefers gefallen ist, oder ein Vater, der die Existenz dieses Sohnes nur noch als Bürde begreift? Er, der einst Stärke und Sicherheit verkörperte, ist nun derjenige, der mit einem Stock nach mir schlägt, als wäre ich eine bloße Missbildung der Natur, ein Fehler, den man nicht zu korrigieren, sondern zu verbergen sucht.
Mein Körper, diese groteske Sammlung von Gliedern und Panzerplatten, scheint nicht das Einzige zu sein, was sich verändert hat. Auch die Beziehung zu meinem Vater, einst geprägt von einer stummen Vereinbarung des gegenseitigen Respekts, ist zu einer leeren Hülle verkommen. Jede meiner Bewegungen, jeder meiner Versuche, ihm meine fortwährende Menschlichkeit zu signalisieren, wird mit Verachtung und Ablehnung gestraft. Wie kann es sein, dass das Herz eines Vaters so erkalten kann, dass es seinen eigenen Sohn als Fremdkörper in seinem Haus sieht?
Vielleicht ist es die Schande, die er fühlt, die Schande, einen Sohn zu haben, der nun mehr eine Last als eine Stütze ist. Oder es ist die Angst, dass die Abnormalität meines Zustands ein Spiegel seiner eigenen versteckten Missbildungen ist, derentwegen er sich insgeheim selbst verachtet. Und doch, was bleibt mir anderes übrig, als in den stillen Momenten, wenn die Dunkelheit mein Zimmer füllt und die Schatten an den Wänden tanzen, zu wünschen, dass irgendwo in diesem verstörten Mann noch Liebe für mich schlummert?
Aber jede Hoffnung zersplittert wie Glas an der harten Realität. Ich bin nichts weiter als eine Belastung, eine peinliche Erinnerung an ein Versagen, das nicht ungeschehen gemacht werden kann. Ein täglicher Stachel im Fleisch einer Familie, die sich verzweifelt an den letzten Resten ihrer Normalität festklammert. Wenn ich in den Spiegel blicke, sehe ich nichts als eine erbärmliche Qual für meine Mitmenschen und die Umwelt, ein Dasein ohne Wert und Sinn, das anderen nur zur Last fällt.
GREGOR SAMSA
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