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Aktuelle Version vom 15. Oktober 2025, 10:27 Uhr



Geschichte des Ulmer Münsters



Einleitung

Du tauchst in die faszinierende Welt der Orgeln ein – dem größten und vielseitigsten Musikinstrument der Welt. Eine Orgel vereint Technik, Architektur und Musiktheorie: Über Manuale und Pedal steuerst Du tausende Pfeifen, die über Windladen mit Wind versorgt werden. Die Auswahl einzelner Register durch Zug- oder Wippschalter formt den „Klangbaukasten“ eines Instrumentes. Die Gesamtheit aller Register eines Instruments nennt man Disposition. Orgeln begleiten seit Jahrhunderten Liturgie, prägen die Architektur großer Kirchenräume und sind zentrale Instrumente der europäischen Musikgeschichte – von Barock über Romantik bis zur Moderne.

Dieser aiMOOC erklärt Dir Aufbau, Klang, Stile, Spielhilfen und Orgeltypen (z. B. Schwalbennestorgel, Chororgel, Hauptorgel). Als Fallstudie schauen wir auf die Orgeln im Ulmer Münster – eines der bedeutendsten Beispiele für Orgelbau in Deutschland. Du findest interaktive Aufgaben, ein umfassendes Quiz, offene Projektideen, Medien und OER-Links, damit Du das Thema in der Schule praktisch einsetzen kannst.


Grundwissen Orgel


Aufbau und Funktion

Eine Orgel besteht aus mehreren Teilbereichen:

  1. Spieltisch: Hier bedienst Du Manuale, Pedal und die Register; moderne Spieltische nutzen oft elektrische oder elektropneumatische Systeme, historische Instrumente meist mechanische.
  2. Pfeifenwerk: Labialpfeifen (Lippenpfeifen) und Zungenpfeifen (mit Zunge) erzeugen den Klang; Materialien sind Zinn-/Blei-Legierungen oder Holz.
  3. Windanlage: Gebläse (früher Balgtreter), Bälge und Windkanale liefern gleichmäßigen Winddruck.
  4. Windlade: Auf Schleifladen oder Kegelladen stehen die Pfeifen; Registerkanzellen und Tonkanzellen werden über Ventile angesteuert.
  5. Prospekt: Die sichtbare Fassade – oft mit klingenden Principalpfeifen – prägt die Gestalt im Raum.

Wichtige Begriffe:

  1. Register: Klangfarben (z. B. Bourdon, Gambe, Trompete, Mixtur).
  2. Fußtonhöhen: 16′ (tief), 8′ (Grundton), 4′ (Oktave), 2′ (hoch) etc.; Aliquote wie Vorlage:0Vorlage:Bruch′ oder Vorlage:0Vorlage:Bruch′ ergänzen Obertöne.
  3. Koppeln: Verbinden Werke/Manuale und Pedal (z. B. II/I, I/P).
  4. Spielhilfen: Setzeranlage, Crescendowalze, Tutti, Zungenabsteller, Schwellwerk mit Schwelltritt.
  5. Effektregister: Zimbelstern, Vogelsang, Glockenspiel.


Klangästhetik und Epochen

  1. Renaissance: Helle Principal-Kronen, frühe Mixturen, regionale Schulen (z. B. Norddeutsche Orgelschule).
  2. Barock: Polyphone Klarheit (z. B. Johann Sebastian Bach), reiche Mixturen, markante Zungenregister; Werkprinzip weit verbreitet.
  3. Klassik: Schlankere Dispositionen, Übergangsstile.
  4. Romantik: Orchestraler Klang, Schwellwerk, weite Dynamik, sinfonische Orgeln (z. B. Aristide Cavaillé-Coll in Frankreich, Eberhard Friedrich Walcker in Deutschland).
  5. 20. Jahrhundert: Orgelbewegung, Rückbesinnung auf barocke Prinzipien, später Synthese historisch/modern, elektropneumatische/elektronische Steuerungen.
  6. Heute: Stilpluralismus, Historische Aufführungspraxis, digitale Setzeranlagen, Erhaltung von denkmalgeschützten Instrumenten.


Orgeltypen und Aufstellung

  1. Hauptorgel auf Westempore: Große Raumwirkung, reiches Hauptwerk.
  2. Chororgel / Schwalbennestorgel: Nähe zum Chor, begleitet Sänger*innen präzise.
  3. Truhenorgel / Orgelpositiv: Mobil, für Basso continuo und Kammermusik.
  4. Portativ: Kleine tragbare Orgel des Mittelalters.
  5. Konzerthausorgel: In Konzerthäusern für sinfonische Literatur.


Fallstudie: Orgeln im Ulmer Münster


Geschichtliche Entwicklung (Auswahl)

Die Orgelgeschichte des Ulmer Münsters spiegelt Reformation und Orgelbauentwicklung:

  1. 1414–1423: Schriftliche Hinweise auf einen Orgelmeister („Höckel“) und ein vorhandenes Werk.
  2. 1431–1433: Meister Ludwig aus Breslau baut eine neue Orgel.
  3. 1486/1488: Neubau (wohl Meister Thomas); 1486 bemalt Jacob Acker die Orgelflügel.
  4. 1531: Bildersturm („Götzentag“ in Ulm); die Orgel wird zerstört – geprägt von reformiertem Einfluss.
  5. 1576–1578: Kaspar Sturm errichtet eine neue Orgel mit ca. 34 Registern und >3000 Pfeifen; Effekt: Vogelsang.
  6. 1595/1599: Erweiterungen u. a. durch Conrad Schott; bis zu 39/40 Register.
  7. 1688: Hagelsturm beschädigt ~500 Pfeifen; 1699 Reparatur durch Chrysostomus Baur.
  8. 1735: Georg Friedrich Schmahl schafft 45 Register auf drei Manualen + Pedal; darauf spielt 1763 Wolfgang Amadeus Mozart.
  9. 1856: Monumentaler Neubau Walcker op. 144 mit 100 Registern, vier Manualen und Doppelpedal – zeitweise größte Orgel der Welt; klassisch-romantische Walcker-Ästhetik.
  10. 1889–1930: Ausbau/Wiedereinbau und Modernisierung (elektropneumatische Traktur), bis 109 Register.
  11. 1967–1969: Heutige Hauptorgel („Westorgel“) von E. F. Walcker & Cie. (opus 5000) mit 99 klingenden Registern auf fünf Manualen + Pedal (insg. ca. 8.900 Pfeifen); 1995/96 Setzeranlage.
  12. 1960–2019: Chororgel von Rieger (Schwalbennest); 2019 verkauft.
  13. 2021: Neue Chororgel von Orgelbau Kuhn (18 Register, zwei Manuale, Pedal) im Stil der französischen Romantik.
  14. Weitere Instrumente: Truhenorgel, Orgel der Konrad-Sam-Kapelle, Altarorgel (jeweils von Tzschöckel u. a.).


Heutige Hauptorgel (Westempore) – Überblick

  1. Erbauer: Eberhard Friedrich Walcker & Cie. (1967–1969), Betreuung: Walter Supper.
  2. Bestand: 5 Manuale + Pedal, 99 klingende Register (+ Glockenspiel, Zimbelstern), ca. 8.900 Pfeifen.
  3. Technik: Nutzung historischen Pfeifenmaterials, moderne Setzeranlage (seit 1995/96), Spielhilfen wie Crescendo-Walze, Schwellwerk, Koppeln.
  4. Klang: Stilpluralistische Disposition – vom Blockwerk und Mixturen bis zu farbigen Zungenregistern (z. B. Tuba).


Chororgel (Schwalbennest)

  1. 1960: Rieger-Instrument (20 Register; u. a. seltenes Alphorn), mechanische Schleifladen.
  2. 2019–2021: Verkauf des alten Instruments; Einbau einer neuen Kuhn-Chororgel mit 18 Registern; französisch-romantische Disposition (u. a. Montre, Voix céleste, Trompette harmonique), Schwellwerk und Koppeln II/I, Suboktav II/II, I/P, II/P.


Orgeltradition und Personen

  1. Seit 1890 tägliches Orgelspiel zur Mittagszeit (Touristensaison); sonntags Mittagskonzert; zum 4. Advent traditionelles „Wunschkonzert“.
  2. Historische Münsterorganisten: u. a. Sebastian Anton Scherer, Conrad Michael Schneider, Johann Friedrich Dieffenbacher, im 20./21. Jh. Fritz Hayn, Hans Jakob Haller, Edgar Rabsch, Friedrich Fröschle, aktuell Friedemann Johannes Wieland.


Interaktive Aufgaben


Quiz: Teste Dein Wissen

Welcher Begriff bezeichnet die Gesamtheit aller Register einer Orgel? (Disposition) (!Prospekt) (!Traktur) (!Intonation)

Welche Pfeifenart nutzt eine schwingende Metallzunge? (Zungenpfeife) (!Labialpfeife) (!Blockflöte) (!Principal)

Welche Fußtonhöhe entspricht dem grundlegenden Chorton? (8′) (!16′) (!2′) (!1′)

Wie heißt die sichtbare Fassade einer Orgel? (Prospekt) (!Spieltisch) (!Windlade) (!Manual)

Welche Trakturart ist rein mechanisch über Hebel und Winkel? (Mechanische Traktur) (!Elektropneumatische Traktur) (!Elektrische Traktur) (!Hydraulische Traktur)

Welches Effektregister dreht sich und erzeugt Glöckchenklang? (Zimbelstern) (!Mixtur) (!Sesquialtera) (!Cornett)

Wer baute 1856 die monumentale Orgel im Ulmer Münster (op. 144)? (Walcker) (!Cavaillé-Coll) (!Silbermann) (!Sauer)

Wie nennt man die Kopplung eines Manuals ans Pedal? (I/P) (!IV/III) (!II/I Super) (!P/I Sub)

Welche Epoche steht besonders für orchestrale, sinfonische Orgelklänge? (Romantik) (!Barock) (!Renaissance) (!Moderne)

Wie heißt das an der Chorwand „hängende“ Orgelkonzept? (Schwalbennestorgel) (!Hausorgel) (!Truhenorgel) (!Positive)





Memory

Disposition Gesamtheit der Register
Prospekt Sichtbare Orgel-Fassade
Zimbelstern Drehendes Effektregister
Schwellwerk Dynamik durch Jalousien
Schleiflade Windlade mit Registern-Schleifen
Mixtur Mehrchöriges Obertonregister





Drag and Drop

Ordne die richtigen Begriffe zu. Thema
Renaissance Frühe Orgelentwicklung mit hellen Principal-Kronen
Barock Polyphone Klarheit, starke Mixturen, Bach
Romantik Orchestraler Orgelklang, Schwellwerk, Walcker
20. Jahrhundert Orgelbewegung und Rückbesinnung
Gegenwart Stilpluralismus, digitale Setzeranlagen



Kreuzworträtsel

Disposition Wie heißt die Gesamtheit aller Register?
Prospekt Welche Fassade prägt das Aussehen der Orgel?
Mixturen Wie heißen mehrchörige Obertonregister?
Schwellwerk Welches Werk erlaubt dynamische Abstufungen?
Trakturen Wie nennt man die Übertragung vom Tasten zur Pfeife?
Zungenwerk Wie heißt die Pfeifenfamilie mit schwingender Zunge?





LearningApps


Lückentext

Vervollständige den Text.

Die sichtbare Fassade der Orgel heißt

und zeigt oft klingende Pfeifen.
Die Gesamtheit der wählbaren Klangfarben eines Instruments nennt man

.
Über die Manuale und das Pedal werden die Pfeifen über die

angesteuert.
Eine Schleiflade und eine Kegellade sind zwei Arten der

.
Ein Schwellwerk ermöglicht dynamische Abstufungen durch bewegliche

.
Die typische Grundfußlage des Chortons bei Orgelregistern beträgt

.
Mehrchörige Obertonregister werden als

bezeichnet.
Eine Pfeife mit schwingender Metallzunge gehört zur Familie der

.
Die Verbindung eines Manuals zum Pedal wird als

bezeichnet.
Im Ulmer Münster entstand 1856 eine monumentale Orgel der Firma

.




Offene Aufgaben

Leicht

  1. Höreindruck festhalten: Suche eine Aufnahme einer Orgel und beschreibe in 10 Sätzen Klangfarbe, Raumwirkung und verwendete Register.
  2. Begriffskarte erstellen: Zeichne eine Mindmap zu Prospekt, Windlade, Traktur, Register und Schwellwerk.
  3. Bildanalyse Prospekt: Wähle eine Orgel-Fassade und markiere typische Elemente wie Pfeifenfelder, Spiegel, Labium.

Standard

  1. Disposition entwerfen: Entwirf eine kleine Disposition (10–12 Register) für eine Dorfkirche mit kurzer Begründung.
  2. Epochenvergleich: Vergleiche Barock- und romantische Klangästhetik an zwei konkreten Werken (Noten/Audio verlinken).
  3. Fallstudie: Erstelle eine Zeitleiste zur Orgelgeschichte des Ulmer Münsters mit 8–10 Eckpunkten.

Schwer

  1. Akustik im Raum: Miss (z. B. per Handy-App) Nachhallzeiten in zwei Räumen und diskutiere Auswirkungen auf Orgelklang und Intonation.
  2. Interview führen: Befrage eine*n Organist*in oder Orgelbauer*in (Vorbereitung, Leitfaden, Audio/Video).
  3. Registrierkonzept: Entwickle für ein kurzes Stück (z. B. Bach-Präludium) drei alternative Registrierungen (barock, romantisch, modern) und reflektiere klangliche Unterschiede.




Text bearbeiten Bild einfügen Video einbetten Interaktive Aufgaben erstellen



Lernkontrolle

  1. Transfergestaltung: Wähle ein Werk (z. B. Widor Toccata) und erkläre, wie die Disposition einer romantischen Orgel dessen Wirkung unterstützt.
  2. Raum & Klang: Analysiere, wie Nachhall und Schwellwerk zusammen die Dynamiksteuerung beeinflussen.
  3. Technikentscheidung: Diskutiere Vor- und Nachteile von mechanischer vs. elektropneumatischer Traktur.
  4. Historische Entwicklung: Leite aus der Reformation in Ulm Folgen für die Orgelkultur ab (Bildersturm → Neubauten → Ästhetikwechsel).
  5. Disposition bewerten: Prüfe eine gegebene Disposition auf Eignung für Liturgie vs. Konzert und begründe.




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Medien

Datei:Chancel organs, Ulm Minster.jpg


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