Gregor Samsa - Mein Tag heute

Version vom 7. Mai 2024, 20:52 Uhr von Glanz (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „Warum fällt es mir nur so schwer, die Stunden meines Tages zu erinnern, als wäre jede Minute in die Bedeutungslosigkeit meiner Existenz verschmolzen? Am Morgen erwachte ich, nicht als der Kaufmann, der einst durch Länder reiste, sondern als ein Geschöpf, das kaum die eigene Gestalt im Spiegel erkennen kann. Das Zimmern, einst eine Zuflucht, schien mir nun wie ein Kerker, aus dem kein Entrinnen möglich ist. Die morgendliche Sonne warf Schatten durch…“)
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Warum fällt es mir nur so schwer, die Stunden meines Tages zu erinnern, als wäre jede Minute in die Bedeutungslosigkeit meiner Existenz verschmolzen? Am Morgen erwachte ich, nicht als der Kaufmann, der einst durch Länder reiste, sondern als ein Geschöpf, das kaum die eigene Gestalt im Spiegel erkennen kann. Das Zimmern, einst eine Zuflucht, schien mir nun wie ein Kerker, aus dem kein Entrinnen möglich ist.

Die morgendliche Sonne warf Schatten durch das Fenster, die wie dunkle Vorboten des Tages auf meinen verkrüppelten Körper fielen. Ich versuchte, aus meinem Lager aufzustehen, eine Bewegung, die mir einst keine Mühe bereitet hatte, die mir jetzt jedoch die ganze Kraft meines geschwächten Leibes abverlangte. Was hatte ich mir davon erhofft? Jede Anstrengung führte nur tiefer in das Gefühl der Nutzlosigkeit und Verzweiflung.

Meine Familie, deren Leben ich einst mit meinen mühsam verdienten Taler erleichterte, wendet sich nun ab, als wäre mein Anblick eine Bürde, zu schwer, um sie zu tragen. Sie sprechen nur noch selten mit mir, und wenn, dann durch die geschlossene Tür, eine Barriere, die mehr symbolisiert als nur physische Distanz.

Der Tag zog dahin wie eine endlose Folge von grauen Stunden, geprägt von der Stille meines Zimmers und dem gelegentlichen Knarren des Holzbodens außerhalb meiner Tür. Ich dachte an die Tage, an denen ich durch die Straßen lief, geschäftig und voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft, jetzt reduziert auf das Dasein eines Geschöpfes, das selbst den einfachsten Freuden des Lebens beraubt ist.

In einem Moment schwacher Hoffnung setzte ich mich ans Fenster, das früher meine Verbindung zur Welt war. Jetzt erblicke ich durch das schmutzige Glas kaum mehr als die verschwommenen Umrisse des Lebens, das ohne mich weitergeht. Die Erkenntnis, dass meine Präsenz in der Welt so belanglos geworden ist, lähmt meinen Geist mehr als die Missgestalt meines Körpers.

Schließlich, als der Abend hereinbrach, und das Licht des Tages schwand, verblasste auch der letzte Funken Hoffnung in meinem Herzen. Wie könnte ich auch anders, wenn mein Leben nichts weiter ist als eine sinnlose, ekelerregende und erbärmliche Qual für diejenigen, die ich einst liebte? In einem kaum noch erträglichen Moment der Klarheit sehe ich in den Spiegel, der mich mit der abscheulichen Wahrheit meiner Existenz konfrontiert. Ich bin an allem Schuld: an meiner Lage, an allem Schlechten in dieser kleinen Welt. Ich bin eine unerträgliche, abscheuliche Last für andere.


GREGOR SAMSA











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