Homer (ca. 850 v. Chr.): Odyssee
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Erster Gesang
Ratschluß der Götter, daß Odysseus, welchen Poseidon verfolgt, von Kalypsos Insel Ogygia heimkehre. Athene, in Mentes Gestalt, den Telemachos besuchend, rät ihm in Pylos und Sparta nach dem Vater sich zu erkundigen, und die schwelgenden Freier aus dem Hause zu schaffen. Er redet das erste Mal mit Entschlossenheit zur Mutter und zu den Freier. Nacht.
Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes,Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung,Und auf dem Meere so viel' unnennbare Leiden erduldet, |
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5 | Seine Seele zu retten, und seiner Freunde Zurückkunft.Aber die Freunde rettet' er nicht, wie eifrig er strebte,Schlachteten; siehe, der Gott nahm ihnen den Tag der Zurückkunft, |
10 | Sage hievon auch uns ein weniges, Tochter Kronions.
Alle die andern, so viel dem verderbenden Schicksal entflohen, |
15 | In der gewölbeten Grotte, und wünschte sich ihn zum Gemahle.Selbst da das Jahr nun kam im kreisenden Laufe der Zeiten,Auch bei den Seinigen nicht. Es jammerte seiner die Götter; |
20 | Nur Poseidon zürnte dem göttergleichen OdysseusUnablässig, bevor er sein Vaterland wieder erreichte. Dieser war jetzo fern zu den Äthiopen gegangen; |
25 | Welche die Hekatombe der Stier' und Widder ihm brachten.Allda saß er, des Mahls sich freuend. Die übrigen Götter Unter ihnen begann der Vater der Menschen und Götter; |
30 | Den Agamemnons Sohn, der berühmte Orestes, getötet;Dessen gedacht' er jetzo, und sprach zu der Götter Versammlung: Welche Klagen erheben die Sterblichen wider die Götter! |
35 | So nahm jetzo Ägisthos, dem Schicksal entgegen, die GattinAgamemnons zum Weib', und erschlug den kehrenden Sieger,Weder jenen zu töten, noch um die Gattin zu werben. |
40 | Denn von Orestes wird einst das Blut Agamemnons gerochen,Wann er, ein Jüngling nun, des Vaters Erbe verlanget. Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene: |
45 | Unser Vater Kronion, der herrschenden Könige Herrscher,Seiner verschuldeten Strafe ist jener Verräter gefallen.Elend, welcher so lang', entfernt von den Seinen, sich abhärmt, |
50 | Auf der umflossenen Insel, der Mitte des wogenden Meeres.Eine Göttin bewohnt das waldumschattete Eiland,Aufhebt, welche die Erde vom hohen Himmel sondern. |
55 | Dessen Tochter hält den ängstlich harrenden Dulder,Immer schmeichelt sie ihm mit sanft liebkosenden Worten,Steigen zu sehn, und dann zu sterben! Ist denn bei dir auch |
60 | Kein Erbarmen für ihn, Olympier? Brachte OdysseusNicht bei den Schiffen der Griechen in Trojas weitem Gefilde Ihr antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: |
65 | O wie könnte doch ich des edlen Odysseus vergessen?Sein, des weisesten Mannes, und der die reichlichsten OpferUnaufhörlicher Rache; weil er den Kyklopen geblendet, |
70 | Polyphemos, den Riesen, der unter allen Kyklopen,Stark wie ein Gott, sich erhebt. Ihn gebar die Nymphe Thoosa,Darum trachtet den Helden der Erderschüttrer Poseidon, |
75 | Nicht zu töten, allein von der Heimat irre zu treiben.Aber wir wollen uns alle zum Rat vereinen, die HeimkehrUns unsterblichen Göttern allein entgegen zu kämpfen! |
80 |
Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
85 | Senden hinab zu der Insel Ogygia: daß er der NympheMit schönwallenden Locken verkünde den heiligen Ratschluß,Mehr zu entflammen, und Mut in des Jünglings Seele zu gießen; |
90 | Daß er zu Rat berufe die hauptumlockten Achaier,Und den Freiern verbiete, die stets mit üppiger FrechheitDaß er nach Kundschaft forsche von seines Vaters Zurückkunft, |
95 | Und ein edler Ruf ihn unter den Sterblichen preise.
Also sprach sie, und band sich unter die Füße die schönen |
100 | Schwer und groß und stark, womit sie die Scharen der HeldenStürzt, wenn im Zorn sich erhebt die Tochter des schrecklichen Vaters.Vor der Schwelle des Hofs, und hielt die eherne Lanze, |
105 | Gleich dem Freunde des Hauses, dem Fürsten der Taphier Mentes.
Aber die mutigen Freier erblickte sie an des Palastes |
110 | Jene mischten für sie den Wein in den Kelchen mit Wasser;Diese säuberten wieder mit lockern Schwämmen die Tische, Pallas erblickte zuerst Telemachos, ähnlich den Göttern. |
115 | Schwebte vor seinem Geiste das Bild des trefflichen Vaters:Ob er nicht endlich käme, die Freier im Hause zerstreute,Und ging schnell nach der Pforte des Hofs, unwillig im Herzen, |
120 | Daß ein Fremder so lang' an der Türe harrte; empfing sie,Drückt' ihr die rechte Hand, und nahm die eherne Lanze, Freue dich, fremder Mann! Sei uns willkommen; und hast du |
125 |
Also sprach er, und ging; ihm folgete Pallas Athene. |
130 | Pallas führt' er zum Thron, und breitet' ein Polster ihr unter,Schön und künstlich gewirkt; ein Schemel stützte die Füße,Durch das wüste Getümmel der Trotzigen würde verleidet; |
135 | Und er um Kundschaft ihn von seinem Vater befragte.
Eine Dienerin trug in der schönen goldenen Kanne, |
140 | Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat.Hierauf kam der Zerleger, und bracht' in erhobenen Schüsseln Jetzo kamen auch die mutigen Freier, und saßen |
145 | All' in langen Reihen auf prächtigen Thronen und Sesseln.Herolde gossen ihnen das Wasser über die Hände.Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle. |
150 | Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war,Dachten die üppigen Freier auf neue Reize der Seelen,Phemios hin, der an Kunst des Gesangs vor allen berühmt war, |
155 | Phemios, der bei den Freiern gezwungen wurde zu singen.Prüfend durchrauscht' er die Saiten, und hub den schönen Gesang an. Aber Telemachos neigte das Haupt zu Pallas Athene, Lieher Gastfreund, wirst du mir auch die Rede verargen? |
160 | Diese können sich wohl bei Saitenspiel' und GesangeFreun, da sie ungestraft des Mannes Habe verschwelgen,Sähen sie jenen einmal zurück in Ithaka kommen; |
165 | Alle wünschten gewiß sich lieber noch schnellere Füße,Als noch größere Last an Gold' und prächtigen Kleidern.Sagt, er komme zurück. Der Tag ist auf immer verloren! |
170 | Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit.Wer, wes Volkes bist du? und wo ist deine Geburtstadt?Denn unmöglich bist du doch hier zu Fuße gekommen! |
175 | Dann erzähle mir auch aufrichtig, damit ich es wisse:Bist du in Ithaka noch ein Neuling, oder ein Gastfreund Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
180 | Dieses will ich dir alles, und nach der Wahrheit, erzählen.Mentes, Anchialos Sohn, des kriegserfahrenen Helden,Über das dunkle Meer zu unverständlichen Völkern, |
185 | Mir in Temesa Kupfer für blinkendes Eisen zu tauschen.Und mein Schiff liegt außer der Stadt am freien Gestade,Uns Gastfreunde. Du darfst nur zum alten Helden Laertes |
190 | Gehn und fragen; der jetzt, wie man sagt, nicht mehr in die Stadt kommt,Sondern in Einsamkeit auf dem Lande sein Leben vertrauret,Wo er den Tag hinschleicht, mit müden Gliedern zurückwankt. |
195 | Aber ich kam, weil es hieß, dein Vater wäre nun endlichHeimgekehrt; doch ihm wehren vielleicht die Götter die Heimkehr.Auf dem Meere der Welt; ihn halten grausame Männer, |
200 | Wilde Barbaren, die dort mit Gewalt zu bleiben ihn zwingen.Aber ich will dir anitzt weissagen, wie es die GötterNicht mehr lange bleibt er von seiner heimischen Insel |
205 | Ferne, nicht lange mehr, und hielten ihn eiserne Bande;Sinnen wird er auf Flucht, und reich ist sein Geist an Erfindung.Wundergleich bist du ihm, an Haupt und Glanze der Augen! |
210 | Denn oft haben wir so uns zu einander gesellet,Eh' er gen Troja fuhr mit den übrigen Helden Achaias. Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
215 | Meine Mutter die sagt es, er sei mein Vater; ich selberWeiß es nicht: denn von selbst weiß niemand, wer ihn gezeuget.Aber der Unglückseligste aller sterblichen Menschen |
220 | Ist, wie man sagt, mein Vater; weil du mich darum befragest. |
Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene:Nun so werden die Götter doch nicht den Namen des HausesAber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit. |
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225 | Was für ein Schmaus ist hier, und Gesellschaft? Gibst du ein Gastmahl,Oder ein Hochzeitfest? Denn keinem Gelag' ist es ähnlich!Jedes vernünftigen Manns, der solche Greuel mit ansäh! |
230 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
235 | Welche den herrlichen Mann vor allen Menschen verdunkelt!Ach! ich trauerte selbst um den Tod des Vaters nicht so sehr,Denn ein Denkmal hätt' ihm das Volk der Achaier errichtet, |
240 | Und so wäre zugleich sein Sohn bei den Enkeln verherrlicht.Aber er ward unrühmlich ein Raub der wilden Harpyen;Ach! es bereiteten mir die Götter noch andere Leiden. |
245 | Alle Fürsten, so viel in diesen Inseln gebieten,In Dulichion, Same, der waldbewachsnen Zakynthos,Aber die Mutter kann die aufgedrungne Vermählung |
250 | Nicht ausschlagen, und nicht vollziehn. Nun verprassen die SchwelgerAll mein Gut, und werden in kurzem mich selber zerreißen! Und mit zürnendem Schmerz antwortete Pallas Athene: |
255 | Wenn er doch jetzo käm', und vorn in der Pforte des SaalesStünde, mit Helm und Schild und zween Lanzen bewaffnet;Sich in unserer Burg beim gastlichen Becher erquickte! |
260 | Denn dorthin war Odysseus im schnellen Schiffe gesegelt,Menschentötende Säfte zu holen, damit er die SpitzeAber mein Vater gab ihm das Gift, weil er herzlich ihn liebte: |
265 | Wenn doch in jener Gestalt Odysseus den Freiern erschiene!Bald wär' ihr Leben gekürzt, und ihnen die Heirat verbittert!Rache vergilt, oder nicht. Dir aber gebiet' ich, zu trachten, |
270 | Daß du der Freier Schar aus deinem Hause vertreibest.Lieber, wohlan! merk' auf, und nimm die Rede zu Herzen.Allen Freiern gebeut, zu dem Ihrigen sich zu zerstreuen; |
275 | Und der Mutter: verlangt ihr Herz die zwote Vermählung,Kehre sie heim in das Haus des wohlbegüterten Vaters.Für dich selbst ist dieses mein Rat, wofern du gehorchest. |
280 | Rüste das trefflichste Schiff mit zwanzig Gefährten, und eile,Kundschaft dir zu erforschen vom langabwesenden Vater;Erstlich fahre gen Pylos, und frage den göttlichen Nestor, |
285 | Dann gen Sparta, zur Burg Menelaos' des Bräunlichgelockten,Welcher zuletzt heim kam von dein erzgepanzerten Griechen.Hörst du, er sei gestorben, und nicht mehr unter den Menschen; |
290 | Siehe dann kehre wieder zur lieben heimischen Insel,Häufe dem Vater ein Mal, und opfere TotengeschenkeSiehe dann denk' umher, und überlege mit Klugheit, |
295 | Wie du die üppige Schar der Freier in deinem PalasteTötest, mit heimlicher List, oder öffentlich! Fürder geziemenUnter den Sterblichen preist, seitdem er den Meuchler Ägisthos |
300 | Umgebracht, der ihm den herrlichen Vater ermordet?Auch du, Lieber, denn groß und stattlich bist du von Ansehn,Und den Gefährten, die mich, vielleicht unwillig, erwarten. |
305 | Sorge nun selber für dich, und nimm die Rede zu Herzen.
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
310 | Lieber, bade zuvor, und gib dem Herzen Erfrischung:Daß du mit froherem Mut heimkehrest, und zu dem Schiffe Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
315 | Halte nicht länger mich auf; denn dringend sind meine Geschäfte.Dein Geschenk, das du mir im Herzen bestimmest, das gib mir, Also redete Zeus' blauäugichte Tochter, und eilend |
320 | Flog wie ein Vogel sie durch den Kamin. Dem Jünglinge goß sieKraft und Mut in die Brust, und fachte des Vaters Gedächtnis Jetzo ging er zurück zu den Freiern, der göttliche Jüngling. |
325 | Vor den Freiern sang der berühmte Sänger; und schweigendSaßen sie all', und horchten. Er sang die traurige Heimfahrt, Und im oberen Stock vernahm die himmlischen Töne |
330 | Eilend stieg sie hinab die hohen Stufen der Wohnung,Nicht allein; sie wurde von zwo Jungfrauen begleitet.Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes, |
335 | Und an jeglichem Arm stand eine der stattlichen Jungfraun.Tränend wandte sie sich zum göttlichen Sänger, und sagte: Phemios, du weißt ja noch sonst viel reizende Lieder, |
340 | Trinke jeder den Wein. Allein mit jenem GesangeQuäle mich nicht, der stets mein armes Herz mir durchbohret.Jenes Mannes, der weit durch Hellas und Argos berühmt ist! |
345 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
350 | Zürne denn nicht, weil dieser die Leiden der Danaer singet;Denn der neuste Gesang erhält vor allen GesängenNicht Odysseus allein verlor den Tag der Zurückkunft |
355 | Unter den Troern; es sanken mit ihm viel andere Männer.Aber gehe nun heim, besorge deine Geschäfte,Und vor allen mir; denn mein ist die Herrschaft im Hause! |
360 |
Staunend kehrte die Mutter zurück in ihre Gemächer, |
365 |
Aber nun lärmten die Freier umher in dem schattichten Saale, Freier meiner Mutter, voll übermütiges Trotzes, |
370 | Denn es füllt ja mit Wonne das Herz, dem Gesange zu horchen,Wann ein Sänger, wie dieser, die Töne der Himmlischen nachahmt!Mir aus dem Hause zu gehn! Sucht künftig andere Mähler; |
375 | Zehret von euren Gütern, und laßt die Bewirtungen umgehn.Aber wenn ihr es so bequemer und lieblicher findet,Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Taten bezahle, |
380 | Daß ihr in unserm Haus' auch ohne Vergeltung dahinstürzt!
Also sprach er; da bissen sie ringsumher sich die Lippen, Ei! dich lehren gewiß, Telemachos, selber die Götter, |
385 | Vor der Versammlung so hoch und so entschlossen zu reden!Daß Kronion dir ja die Herrschaft unseres Eilands Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
390 | Gerne nähm' ich sie an, wenn Zeus sie schenkte, die Herrschaft!Oder meinst du, es sei das Schlechteste unter den Menschen?Aber es wohnen ja sonst genug achaiische Fürsten |
395 | In dem umfluteten Reiche von Ithaka, Jüngling' und Greise;Nehm' es einer von diesen, wofern Odysseus gestorben! Aber Polybos' Sohn Eurymachos sagte dagegen: |
400 | Dies, Telemachos, ruht im Schoße der seligen Götter,Wer das umflutete Reich von Ithaka künftig beherrschet;Deine Habe, so lange noch Männer in Ithaka wohnen! |
405 | Aber ich möchte dich wohl um den Gast befragen, mein Bester.Sage, woher ist der Mann? und welches Landes BewohnerOder kam er hieher in seinen eignen Geschäften? |
410 | Warum eilt' er so plötzlich hinweg, und scheute so sichtbarUnsre Bekanntschaft? Gewiß, unedel war seine Gestalt nicht! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
415 | Kümmre mich nie um Deutungen mehr, wen auch immer die MutterZu sich ins Haus berufe, um unser Verhängnis zu forschen!Rühmt er sich, und beherrscht die ruderliebende Taphos. |
420 |
Also sprach er; im Herzen erkannt' er die heilige Göttin. |
425 |
Aber Telemachos ging zu seinem hohen Gemache. |
430 | Welche vordem Laertes mit seinem Gute gekaufet,In jungfräulicher Blüte, für zwanzig Rinder: er ehrteDiese begleitete ihn mit brennenden Fackeln; sie hatt' ihn |
435 | Unter den Mägden am liebsten, und pflegt' ihn, als er ein Kind war.
Und er öffnete jetzt die Türe des schönen Gemaches, |
440 | An den hölzernen Nagel zur Seite des zierlichen Bettes,Ging aus der Kammer, und zog mit dem silbernen Ringe die Türe Also lag er die Nacht, mit feiner Wolle bedecket, |
Zweiter Gesang
Am Morgen beruft Telemachos das Volk, und verlangt, daß die Freier sein Haus verlassen. Antinoos verweigert's. Ein Vogelzeichen von Eurymachos verhöhnt. Telemachos bittet um ein Schiff, nach dem Vater zu forschen; Mentor rügt den Kaltsinn des Volks; aber ein Freier trennt spottend die Versammlung. Athene in Mentors Gestalt verspricht dem Einsamen Schiff und Begleitung. Die Schaffnerin Eurykleia gibt Reisekost. Athene erhält von Noemon ein Schiff, und bemannt es. Am Abend wird die Reisekost eingebracht; und Telemachos, ohne Wissen der Mutter, fährt mit dem scheinbaren Mentor nach Pylos.
Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte,Sprang er vom Lager empor der geliebte Sohn von Odysseus,Band die schönen Sohlen sich unter die zierlichen Füße, |
|
5 | Trat aus der Kammer hervor, geschmückt mit göttlicher Hoheit,Und gebot den Herolden, schnell mit tönender StimmeAls die Versammelten jetzt in geschlossener Reihe sich drängten, |
10 | Ging er unter das Volk, in der Hand die eherne Lanze,Nicht allein, ihn begleiteten zween schnellfüßige Hunde.Und er saß auf des Vaters Stuhl, ihm wichen die Greise. |
15 |
Jetzo begann der Held Ägyptios vor der Versammlung, |
20 | In der Höhle zerfleischt, und zum letzten Schmause bereitet.Noch drei andere hatt' er: der eine, Eurynomos, lebteTränend begann der Greis, und redete vor der Versammlung: |
25 |
Höret mich jetzt, ihr Männer von Ithaka, was ich euch sage! |
30 | Höret' er etwa Botschaft von einem nahenden Kriegsheer,Daß er uns allen verkünde, was er am ersten vernommen?Zeus das Gute gedeihn, so er im Herzen gedenket! |
35 |
Sprach's; und Telemachos, froh der heilweissagenden Worte, |
40 |
Edler Greis, nicht fern ist der Mann, gleich sollst du ihn kennen: |
45 | Sondern ich rede von mir, von meines eigenen HausesZwiefacher Not. Zuerst verlor ich den guten Vater,Tief ins Verderben gestürzt, und all mein Vermögen zertrümmert! |
50 | Meine Mutter umdrängen mit ungestümer BewerbungFreier, geliebte Söhne der Edelsten unseres Volkes.Gäbe, welchem er wollte, und wer ihm vor allen gefiele; |
55 | Sondern sie schalten von Tag zu Tag' in unserm Palaste,Schlachten unsere Rinder und Schaf' und gemästeten ZiegenMann, wie Odysseus war, die Plage vom Hause zu wenden! |
60 | Wir vermögen sie nicht zu wenden, und ach auf immerWerden wir hilflos sein, und niemals Tapferkeit üben!Wird mir mein Haus zerrüttet! Erkennt doch selber das Unrecht, |
65 | Oder scheuet euch doch vor andern benachbarten Völkern,Welche rings uns umwohnen, und bebt vor der Rache der Götter,Welche die Menschen zum Rat versammelt, und wieder zerstreuet: |
70 | Haltet ein, und begnügt euch, daß mich der traurigste KummerQuält! Hat etwa je mein guter Vater OdysseusWarum reizet ihr diese? Mir wäre besser geraten, |
75 | Wenn ihr selber mein Gut und meine Herden hinabschlängt!Täter ihr's, so wäre noch einst Erstattung zu hoffen!Aber nun häuft ihr mir unheilbaren Schmerz auf die Seele! |
80 |
Also sprach er im Zorn, und warf den Scepter zur Erde, |
85 |
Jüngling von trotziger Red' und verwegenem Mute, was sprachst du |
90 | Seit sie mit eitlem Wahne die edlen Achaier verspottet!Allen verheißt sie Gunst, und sendet jedem besondersTrüglich zettelte sie in ihrer Kammer ein feines |
95 | Übergroßes Geweb', und sprach zu unsrer Versammlung:Jünglinge, die ihr mich liebt, nach dem Tode des edlen Odysseus,Welcher dem Helden Laertes zum Leichengewande bestimmt ist, |
100 | Wann ihn die finstre Stunde mit Todesschlummer umschattet:Daß nicht irgend im Lande mich eine Achaierin tadle,Und nun webete sie des Tages am großen Gewebe: |
105 | Aber des Nachts, dann trennte sie's auf, beim Scheine der Fackeln.Also täuschte sie uns drei Jahr, und betrog die Achaier.Da verkündet' uns eine der Weiber das schlaue Geheimnis, |
110 | Und wir fanden sie selbst bei der Trennung des schönen Gewebes.Also mußte sie's nun, auch wider Willen, vollenden.Sende die Mutter hinweg, und gebeut ihr, daß sie zum Manne |
115 | Nehme, wer ihr gefällt, und wen der Vater ihr wählet.Aber denkt sie noch lange zu höhnen die edlen Achaier,Und der erfindsamen List, die selbst in Jahren der Vorwelt |
120 | Keine von Griechenlands schönlockigen Töchtern gekannt hat,Tyro nicht, noch Alkmene, und nicht die schöne Mykene;Denn wir schmausen so lange von deinen Herden und Gütern, |
125 | Als sie in diesem Sinne beharrt, den jetzo die GötterIhr in die Seele gegeben! Sich selber bringet sie freilichEhe sie aus den Achaiern sich einen Bräutigam wählet! |
130 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
135 | Denn hart würde gewiß ihr Vater mich drücken, und härterNoch die göttliche Rache, wenn von uns scheidend die MutterHaltet ihr euch dadurch in eurem Herzen beleidigt, |
140 | Nun so geht aus dem Haus, und sucht euch andere Mähler!Zehret von eurem Gut, und laßt die Bewirtungen umgehn!Schlingt sie hinab! Ich werde die ewigen Götter anflehn, |
145 | Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Taten bezahle,Daß ihr in unserem Haus auch ohne Vergeltung dahinstürzt! Also sprach er, da sandte der Gott weithallender Donner |
150 | Einer nahe dem andern, mit ausgebreiteten Schwingen;Jetzo über der Mitte der stimmenvollen Versammlung,Und zerkratzten sich selbst mit den Klauen die Wangen und Hälse, |
155 | Und sie wandten sich rechts, und stürmten über die Stadt hin.Alle staunten dem Zeichen, das ihre Augen gesehen, Unter ihnen begann der graue Held Halitherses, |
160 | Vögelflüge zu deuten, und künftige Dinge zu reden;Dieser erhub im Volk die Stimme der Weisheit, und sagte: Höret mich jetzt, ihr Männer von Ithaka, was ich euch sage! |
165 | Denn nicht lange mehr weilet Odysseus fern von den Seinen;Sondern er nahet sich schon, und bereitet Tod und VerderbenÜberlegen, wie wir sie mäßigen; oder sie selber |
170 | Mäßigen sich, und gleich! zu ihrer eigenen Wohlfahrt!Euch weissaget kein Neuling, ich red' aus alter Erfahrung!Fuhren, mit ihnen zugleich der erfindungsreiche Odysseus: |
175 | Nach unendlicher Trübsal, entblößt von allen Gefährten,Allen Seinigen fremd, würd' er im zwanzigsten Jahre Aber Polybos' Sohn Eurymachos sagte dagegen: |
180 | Deinen Söhnen daheim, daß ihnen kein Übel begegne!Dieses versteh ich selber, und besser als du, zu deuten!Starb in der Fern'! O wärest auch du mit ihm ins Verderben |
185 | Hingefahren! Dann schwatztest du hier nicht so viel von der Zukunft,Suchtest nicht Telemachos Groll noch mehr zu erbittern,Wo du den Jüngling dort, kraft deiner alten Erfahrung, |
190 | Durch dein schlaues Geschwätz aufwiegelst, sich wild zu gebärden;Dann wird er selber zuerst noch tiefer sinken in Drangsal,Uns entgelten, damit du es tief in der Seele bereuest! |
195 | Aber Telemachos höre statt aller nun meinen Rat an:Zwing' er die Mutter zum Hause des Vaters wiederzukehren!Eher werden gewiß der Achaier Söhne nicht abstehn, |
200 | Penelopeia zu drängen; denn siehe! wir zittern vor niemand,Selbst vor Telemachos nicht, und wär' er auch noch so gesprächig!Unser schwelgender Schmaus soll wieder beginnen, und niemals |
205 | Ordnung im Hause bestehn, bis jene sich den AchaiernWegen der Hochzeit erklärt; wir wollen in steter Erwartung, Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
210 | Hör, Eurymachos, hört ihr andern glänzenden Freier!Hierum werd ich vor euch nicht weiter flehen noch reden;Welche mit mir die Pfade des weiten Meeres durchsegeln. |
215 | Denn ich gehe gen Sparta und zu der sandigen Pylos,Um nach Kunde zu forschen vom langabwesenden Vater;Hör' ich, er lebe noch, mein Vater, und kehre zur Heimat; |
220 | Dann, wie bedrängt ich auch sei, erduld' ich's noch ein Jahr lang.Hör' ich, er sei gestorben, und nicht mehr unter den Menschen;Reichlich, wie sich's gebührt, und geb' einem Manne die Mutter. |
225 | Also sprach der Jüngling, und setzte sich. Jetzo erhub sichMentor, ein alter Freund des tadellosen Odysseus,Dieser erhub im Volk die Stimme der Weisheit, und sagte: |
230 |
Höret mich jetzt, ihr Männer von Ithaka, was ich euch sage! |
235 | Von den Völkern, die er mit Vaterliebe beherrschte!Aber ich eifre jetzt nicht gegen die trotzigen Freier,Habe wie Räuber verprassen, und wähnen, er kehre nicht wieder. |
240 | Jetzo schelt' ich das übrige Volk, daß ihr alle so gänzlichStumm dasitzt, und auch nicht mit einem strafenden Worte Aber Euenors Sohn Leiokritos sagte dagegen: |
245 | Da vor Lästerung aus, und befahlst, uns Freier zu zähmen?Schwer, auch mehreren, ist der Kampf mit schmausenden Männern!Aus dem Palaste zu treiben gedächte; so würde sich dennoch |
250 | Seine Gemahlin nicht, wie sehr sie auch schmachtet, der AnkunftFreun! Ihn träfe gewiß auf der Stelle das Schreckenverhängnis,Diesem beschleunigen wohl Halitherses und Mentor die Reise, |
255 | Welche von alters her Odysseus Freunde gewesen!Aber ich hoffe, er sitzt noch lang', und spähet sich Botschaft Also sprach der Freier, und trennte schnell die Versammlung. |
260 | Aber die Freier gingen zum Hause des edlen Odysseus.
Und Telemachos ging beiseit ans Ufer des Meeres, Höre mich, Gott, der du gestern in unserm Hause erschienest, |
265 | Und nach Kunde zu forschen vom langabwesenden Vater:Himmlischer, siehe! das alles verhindern nun die Achaier, Also sprach er flehend. Ihm nahte sich Pallas Athene, |
270 | Und sie redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte:
Jüngling, du mußt dich hinfort nicht feige betragen noch töricht! |
275 | Aber bist du nicht sein Samen und Penelopeiens;Dann verzweifl' ich, du wirst niemals dein Beginnen vollenden.Wirst du dich aber hinfort nicht feige betragen noch töricht, |
280 | Und verließ dich nicht völlig der Geist des großen Odysseus;Dann ist Hoffnung genug, du wirst das Werk noch vollenden.Ahnen auch nicht einmal den Tod und das schwarze Verhängnis, |
285 | Welches schon naht, um sie alle an einem Tage zu würgen.Aber dich soll nichts mehr an deiner Reise verhindern.Gehe nun wieder zu Haus, und bleib in der Freier Gesellschaft; |
290 | Dann bereite dir Zehrung, und hebe sie auf in Gefäßen:Wein in irdenen Krügen, und Mehl, das Mark der Männer,An der umfluteten Küste von Ithaka, neue bei alten; |
295 | Hiervon will ich für dich der trefflichsten eines erlesen.Hurtig rüsten wir dieses, und steuren ins offene Weltmeer. Also sprach Athenaia, Kronions Tochter: und länger |
300 | Allda fand er die Schar der stolzen Freier: im HofeStreiften sie Ziegen ab, und sengten gemästete Schweine. Jüngling von trotziger Red' und verwegenem Mute, sei ruhig, |
305 | Und bekümmre dich nicht um böse Taten und Worte!Laß uns, künftig wie vor, in Wollust essen und trinken:Bald erreichst, und Kunde vom trefflichen Vater erforschest! |
310 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
315 | Jetzt da ich größer bin, und tüchtig, anderer RedenNachzuforschen, und höher der Mut im Busen mir steiget,Reisen will ich, und nichts soll meinen Entschluß mir vereiteln, |
320 | Im gedungenen Schiffe! Denn weder Schiffe noch RudrerHab' ich in meiner Gewalt: so schien es euch freilich am besten! Also sprach er, und zog die Hand aus der Hand des Verräters |
325 | Unter dem Schwarme begann ein übermütiger Jüngling:
Wahrlich, Telemachos sinnt recht ernstlich auf unsre Ermordung! |
330 | Seine Fahrt, und kauft sich tötende Gifte; die mischt erHeimlich in unseren Wein, dann sind wir alle verloren. Und von neuem begann ein übermütiger Jüngling: |
335 | Denkt, darin macht er uns hier noch sorgenvollere Arbeit!Teilen müßten wir ja das ganze Vermögen, und räumen Aber Telemachos stieg ins hohe weite Gewölbe |
340 | Prächtige Kleider in Kasten, und Fässer voll duftendes Öles.Allda stunden auch Tonnen mit altem balsamischen Weine,Wieder zur Heimat kehrte, nach seiner unendlichen Trübsal. |
345 | Fest verschloß das Gewölbe die wohleinfugende Türe,Mit zween Riegeln verwahrt. Die Schaffnerin schaltete drinnenUnd Telemachos rief sie hinein ins Gewölb', und sagte: |
350 |
Mütterchen, eil' und schöpfe mir Wein in irdene Krüge, |
355 | Ferner schütte mir Mehl in dichtgenähete Schläuche;Zwanzig Maße gib mir des feingemahlenen Mehles.In ihr oberes Zimmer entfernt, und der Ruhe gedenket. |
360 | Denn ich gehe gen Sparta und zu der sandigen Pylos,Um nach Kunde zu forschen von meines Vaters Zurückkunft. Also sprach er. Da schluchzte die Pflegerin Eurykleia; Liebes Söhnchen, wie kann in dein Herz ein solcher Gedanke |
365 | Kommen? Wo denkst du denn hin in die weite Welt zu gehen,Einziger liebster Sohn? Ach ferne vom VaterlandeDaß sie dich töten mit List, und alles unter sich teilen! |
370 | Bleibe denn hier, und sitz' auf dem Deinigen! Lieber, was zwingt dich,Auf der wütenden See in Not und Kummer zu irren? Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
375 | Ehe der elfte Tag vorbei ist oder der zwölfte,Oder mich jene vermißt, und hört von meiner Entfernung: Also sprach er; da schwur sie bei allen unsterblichen Göttern. |
380 | Schöpfte sie ihm alsbald des Weines in irdene Krüge,Schüttete ferner das Mehl in dichtgenähete Schläuche. Aber ein Neues ersann die heilige Pallas Athene: |
385 | Durch die Stadt, und sprach mit jedem begegnenden Manne,Und befahl, sich am Abend beim rüstigen Schiffe zu sammeln. Und die Sonne sank, und Dunkel umhüllte die Pfade. |
390 | Siehe nun zog die Göttin das Schiff in die Wellen, und brachteAlle Geräte hinein, die Rüstung segelnder Schiffe; Und ein Neues ersann die heilige Pallas Athene: |
395 | Eilend ging sie zum Hause des göttergleichen Odysseus,Übertauete sanft mit süßem Schlafe die Freier,Sitzen, da ihnen der Schlaf die Augenlider bedeckte. |
400 |
Aber Telemachos rief die heilige Pallas Athene Jetzo, Telemachos, sitzen die schöngeharnischten Freunde |
405 | Laß uns zu Schiffe gehn, und die Reise nicht länger verschieben!
Als sie die Worte geredet, da wandelte Pallas Athene |
410 | Unter ihnen begann Telemachos' heilige Stärke:
Kommt, Geliebte, mit mir, die Zehrung zu holen. Sie liegt schon Also sprach er, und eilte voran; sie folgten dem Führer, |
415 | Brachten alles, und legten's im schöngebordeten SchiffeNieder, wie ihnen befahl der geliebte Sohn von Odysseus.Setzte Telemachos sich. Die andern lösten die Seile, |
420 | Traten dann selber ins Schiff, und setzten sich hin auf die Bänke.Einen günstigen Wind' sandt' ihnen Pallas Athene,Schnell die Geräte zu ordnen. Sie folgeten seinem Befehle: |
425 | Stellten den fichtenen Mast in die mittlere Höhle des Bodens,Richteten hoch ihn empor, und banden ihn fest mit den Seilen;Wogte die purpurne Flut um den Kiel des gleitenden Schiffes; |
430 | Schnell durchlief es die Wogen in unaufhaltsamer Eile.Als sie nun die Geräte des schwarzen Schiffes befestigt,Aber am meisten für Zeus' blauäugichte Tochter Athene, |
435 | Welche die ganze Nacht und den Morgen die Wasser beschiffte. |
Dritter Gesang
Telemachos von Nestor, der am Gestade opfert, gastfrei empfangen, fragt nach des Vaters Rückkehr, Nestor erzählt, wie er selbst, und wer sonst, von Troja gekehrt sei, ermahnt den Telemachos zur Tapferkeit gegen die Freier, und rät ihm, bei Menelaos sich zu erkundigen. Der Athene, die als Adler verschwand, gelobt Nestor eine Kuh. Telemachos von Nestor geherbergt. Am Morgen, nach vollbrachtem Opfer, fährt er mit Nestors Sohne Peisistratos nach Sparta, wo sie den anderen Abend ankommen.
Jetzo erhub sich die Sonn' aus ihrem strahlenden TeicheAuf zum ehernen Himmel, zu leuchten den ewigen GötternUnd die Schiffenden kamen zur wohlgebaueten Pylos, |
|
5 | Neleus' Stadt. Dort brachten am Meergestade die MännerSchwarze Stiere zum Opfer dem bläulichgelockten PoseidonAlle der Eingeweide, und brannten dem Gotte die Lenden. |
10 | Jene steurten ans Land, und zogen die Segel herunter,Banden das gleichgezimmerte Schiff, und stiegen ans Ufer. Jetzo, Telemachos, brauchst du dich keinesweges zu scheuen! |
15 | Darum bist du die Wogen durchschifft, nach dem Vater zu forschen,Wo ihn die Erde verbirgt, und welches Schicksal ihn hinnahm.Aber du mußt ihm flehn, daß er die Wahrheit verkünde. |
20 | Lügen wird er nicht reden: denn er ist viel zu verständig!
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
25 |
Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: Als sie die Worte geredet, da wandelte Pallas Athene |
30 | Eilend voran, und er folgte den Schritten der wandelnder Göttin.Und sie erreichten die Sitze der pylischen Männer, wo NestorAls sie die Fremdlinge sahn, da kamen sie alle bei Haufen, |
35 | Reichten grüßend die Händ', und nötigten beide zum Sitze.Nestors Sohn vor allen, Peisistratos, nahte sich ihnen,Seinem Vater zur Seit' und Thrasymedes dem Bruder; |
40 | Legte vor jeden ein Teil der Eingeweide, und schenkteWein in den goldenen Becher, und reicht' ihn mit herzlichem Handschlag Bete jetzt, o Fremdling, zum Meerbeherrscher Poseidon, |
45 | Hast du, der Sitte gemäß, dein Opfer gebracht und gebetet,Dann gib diesem den Becher mit herzerfreuendem WeineAber er ist der Jüngste, mit mir von einerlei Alter; |
50 | Darum bring' ich dir zuerst den goldenen Becher.
Also sprach er, und reicht' ihr den Becher voll duftendes Weines. |
55 |
Höre mich, Poseidaon, du Erdumgürter! Verwirf nicht |
60 | Mich und Telemachos laß heimkehren als frohe VollenderDessen, warum wir hieher im schnellen Schiffe gekommen! Also betete sie, und erfüllte selber die Bitte, |
65 | Als sie das Fleisch nun gebraten, und von den Spießen gezogen,Teilten sie's allen umher, und feirten das prächtige Gastmahl. Jetzo ziemt es sich besser, die fremden Gäste zu fragen, |
70 | Wer sie sei'n, nachdem sie ihr Herz mit Speise gesättigt.Fremdlinge, sagt, wer seid ihr? Von wannen trägt euch die Woge?Die ihr Leben verachten, um fremden Völkern zu schaden? |
75 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen, Nestor, Neleus' Sohn, du großer Ruhm der Achaier |
80 | Fragst, von wannen wir sei'n; ich will dir alles erzählen.Siehe von Ithaka her am Neïon sind wir gekommen,Reis' ich umher, Odysseus des Leidengeübten, der ehmals, |
85 | Sagt man, streitend mit dir, die Stadt der Troer zerstört hat.Von den übrigen allen, die einst vor Ilion kämpften,Niemand weiß uns den Ort zu nennen, wo er gestorben: |
90 | Ob er auf festem Lande von feindlichen Männern vertilgt sei,Oder im stürmenden Meere von Amphitritens Gewässern.Ansahst, oder vielleicht von einem irrenden Wandrer |
95 | Ihn erfuhrst: denn ach! zum Leiden gebar ihn die Mutter!Aber schmeichle mir nicht, aus Schonung oder aus Mitleid;Einen Wunsch dir gewährt mit Worten oder mit Taten, |
100 | In dem troischen Lande, wo Not euch Achaier umdrängte: Daß du, dessen gedenkend, mir jetzo Wahrheit verkündest! |
Ihm antwortete drauf der Rossebändiger Nestor:Lieber weil du mich doch an jene Trübsal erinnerst,Die wir tapfern Achaier im troischen Lande geduldet; |
|
105 | Wann wir jetzt mit den Schiffen im dunkelwogenden MeereIrrten nach Beute umher, wohin Achilleus uns führte;Dort liegt Ajas, ein Held gleich Ares; dort auch Achilleus; |
110 | Dort sein Freund Patroklos, an Rat den Unsterblichen ähnlich;Dort mein geliebter Sohn Antilochos, tapfer und edel,Welcher sterbliche Mensch vermöchte sie alle zu nennen? |
115 | Bliebest du auch fünf Jahr' und sechs nacheinander, und forschtestAlle Leiden von mir der edlen Achaier; du würdestAlle Listen des Kriegs; und kaum vollbracht' es Kronion! |
120 | Da war keiner im Heere, der sich mit jenem an KlugheitMaß; allübersehend erfand der edle OdysseusAuch dein Reden gleichet ihm ganz; man sollte nicht glauben, |
125 | Daß ein jüngerer Mann so gut zu reden verstünde!Damals sprachen wir nie, ich und der edle Odysseus,Und mit Bedacht, wie am besten das Wohl der Achaier gediehe. |
130 | Als wir die hohe Stadt des Priamos endlich zerstöret,Gingen wir wieder zu Schiff, allein Gott trennte die Griechen.Noch gerecht; drum traf so viele das Schreckenverhängnis. |
135 | Siehe des mächtigen Zeus' blauäugichte Tochter entzweite,Zürnender Rache voll, die beiden Söhne von Atreus.Und es kamen, vom Weine berauscht, die Söhne der Griechen. |
140 | Jetzo trugen sie vor, warum sie die Völker versammelt.Menelaos ermahnte das ganze Heer der Achaier,Dort das Volk zu behalten, und Hekatomben zu opfern, |
145 | Daß er den schrecklichen Zorn der beleidigten Göttin versöhnte.Tor! er wußte nicht, daß sein Beginnen umsonst war!Und es erhuben sich die schöngeharnischten Griechen |
150 | Mit unendlichem Lärm, geteilt durch zwiefache Meinung.Beide ruhten die Nacht, voll schadenbrütendes Grolles;Brachten die Güter hinein, und die schöngegürteten Weiber. |
155 | Aber die andere Hälfte der Heerschar blieb am GestadeDort, bei Atreus' Sohn Agamemnon, dem Hirten der Völker.Als wir gen Tenedos kamen, da opferten alle den Göttern, |
160 | Heimverlangend; allein noch hinderte Zeus die Heimfahrt;Denn der Zürnende sandte von neuem verderbliche Zwietracht.Daß sie sich Atreus' Sohn' Agamemnon gefällig erwiesen. |
165 | Aber ich flohe voraus mit dem Schiffsheer, welches mir folgte;Denn es ahnete mir, daß ein Himmlischer Böses verhängte.Als wir in Lesbos noch ratschlagten wegen der Laufbahn: |
170 | Ob wir oberhalb der bergichten Chios die HeimfahrtLenkten auf Psyria zu, und jene zur Linken behielten;Deutete uns, und befahl, gerade durchs Meer nach Euböa |
175 | Hinzusteuern, damit wir nur schnell dem Verderben entflöhen.Jetzo blies ein säuselnder Wind in die Segel der Schiffe;Viele Lenden der Stiere zum Dank für die glückliche Meerfahrt. |
180 | Jetzt war der vierte Tag, als in Argos mit seinen GenossenLandete Tydeus' Sohn, Diomedes der Rossebezähmer.Also kam ich, mein Sohn, ohn' alle Kundschaft, und weiß nicht, |
185 | Welche von den Achaiern gestorben sind, oder noch leben.Aber so viel ich hier im Hause sitzend erkundet,Angeführt von dem trefflichen Sohne des großen Achilleus; |
190 | Glücklich auch Philoktetes, der glänzende Sohn des Pöas.Auch Idomeneus brachte gen Kreta alle Genossen,Selber gehört, wie Ägisthos den traurigsten Tod ihm bereitet. |
195 | Aber wahrlich er hat ihn mit schrecklicher Rache gebüßet!O wie schön, wenn ein Sohn von einem erschlagenen ManneAuch du, Lieber, denn groß und stattlich bist du von Ansehn, |
200 | Halte dich wohl, daß einst die spätesten Enkel dich preisen!
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
205 | O beschieden auch mir so viele Stärke die Götter,Daß ich den Übermut der rasenden Freier bestrafte,Meinem Vater und mir! Nun gilt nichts weiter, als dulden! |
210 |
Ihm antwortete drauf der Rossebändiger Nestor: |
215 | Dich die Völker des Landes, gewarnt durch göttlichen Ausspruch?Aber wer weiß, ob jener nicht einst, ein Rächer des Aufruhrs,Wie sie einst für Odysseus den Hochberühmten besorgt war, |
220 | In dem troischen Lande, wo Not uns Achaier umdrängte;(Niemals sah ich so klar die Zeichen göttlicher Obhut,Mancher von jenen vergäße der hochzeitlichen Gedanken! |
225 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
230 | Welche Rede, o Jüngling, ist deinen Lippen entflohen?Leicht bringt Gott, wenn er will, auch Fernverirrte zur Ruhe!Als heimkehrend sterben am eigenen Herde, wie jener |
235 | Durch Ägisthos' Verrat und seines Weibes dahinsank.Nur das gemeine Los des Todes können die Götter Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
240 | Mentor, rede nicht weiter davon, wie sehr wir auch trauren!Jener wird nimmermehr heimkehren; sondern es weihtenIhn, der vor allen Menschen Gerechtigkeit kennet und Weisheit. |
245 | Denn man saget, er hat drei Menschenalter beherrschet;Darum scheinet er mir ein Bild der unsterblichen Götter.Wo war denn Menelaos? Und welchen listigen Anschlag |
250 | Fand der Meuchler Ägisthos, den stärkeren Mann zu ermorden?War er etwa noch nicht im achaiischen Argos, und irrte Ihm antwortete drauf der Rossebändiger Nestor: |
255 | Siehe, du kannst es dir leicht vorstellen, wie es geschehn ist.Hätt' er Ägisthos noch lebendig im Hause gefunden,Sondern ihn hätten die Hund' und die Vögel des Himmels gefressen, |
260 | Liegend fern von der Stadt auf wüstem Gefild', und es hätteKeine Achaierin ihn, den Hochverräter! beweinet.Und liebkoste dem Weib' Agamemnons mit süßem Geschwätze. |
265 | Anfangs hörte sie zwar den argen Verführer mit Abscheu,Klytämnestra die Edle; denn sie war gut und verständig.Aber da sie die Götter in ihr Verderben bestrickten, |
270 | Führt' Ägisthos den Sänger auf eine verwilderte Insel,Wo er ihn zur Beute dem Raubgevögel zurückließ;Und behängte die Tempel mit Gold und feinem Gewebe, |
275 | Weil er das große Werk, das unverhoffte, vollendet.Jetzo segelten wir zugleich von Ilions Küste,Siehe da ward der Pilot des menelaïschen Schiffes |
280 | Von den sanften Geschossen Apollons plötzlich getötet,Haltend in seinen Händen das Steuer des laufenden Schiffes:Also ward Menelaos, wie sehr er auch eilte, verzögert, |
285 | Um den Freund zu begraben, und Totengeschenke zu opfern.Aber da nun auch jener, die dunkeln Wogen durchsegelnd,Ihm die traurigste Fahrt, sandt' ihm lautbrausende Stürme, |
290 | Und hoch wogten, wie Berge, die ungeheuren Gewässer.Plötzlich zerstreut' er die Schiffe; die meisten verschlug er gen Kreta,Türmt sich ein glatter Fels den dringenden Fluten entgegen, |
295 | Die der gewaltige Süd an das linke Gebirge vor PhästosStürmt; und der kleine Fels hemmt große brandende Fluten.Aber die übrigen fünfe der blaugeschnäbelten Schiffe |
300 | Wurden von Sturm und Woge zum Strom Ägyptos getrieben.Allda fuhr Menelaos bei unverständlichen VölkernBracht' Agamemnon um, und zwang das Volk zum Gehorsam. |
305 | Sieben Jahre beherrscht' er die schätzereiche Mykene.Aber im achten kam zum Verderben der edle OrestesBrachte dann mit dein Volk ein Opfer bei dem Begräbnis |
310 | Seiner abscheulichen Mutter und ihres feigen Ägisthos.Eben den Tag kam auch der Rufer im Streit Menelaos,Da du alle dein Gut und so unbändige Männer |
315 | In dem Palaste verließest: damit sie nicht alles verschlingen,Deine Güter sich teilend, und fruchtlos ende die Reise!Von entlegenen Völkern, woher kein Sterblicher jemals |
320 | Hoffen dürfte zu kommen, den Sturm und Woge so weithinÜber das Meer verschlugen, woher auch selbst nicht die VögelOder willst du zu Lande, so fodere Wagen und Rosse, |
325 | Meine Söhne dazu: sie werden dich sicher gen SpartaFühren, der prächtigen Stadt Menelaos' des Bräunlichgelockten.Lügen wird er nicht reden; denn er ist viel zu verständig! |
Also sprach er. Da sank die Sonn', und Dunkel erhob sich. | |
330 | Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene:
Wahrlich, o Greis, du hast mit vieler Weisheit geredet. |
335 | Denn schon sinket das Licht in Dämmerung. Länger geziemt sich'sNicht, am Mahle der Götter zu sitzen, sondern zu gehen. Also die Tochter Zeus', und jene gehorchten der Rede. |
340 | Teilten dann rechts herum die vollgegossenen Becher.Und sie verbrannten die Zungen, und opferten stehend des Weines.Wieder von dannen zu gehn zu ihrem geräumigen Schiffe. |
345 | Aber Nestor verbot es mit diesen strafenden Worten:
Zeus verhüte doch dieses und alle unsterblichen Götter, |
350 | Für sich selber zum Lager, und für besuchende Freunde!Aber ich habe genug der Mäntel und prächtigen Decken!Lebe! Und dann auch werden noch Kinder bleiben im Hause, |
355 | Einen Gast zu bewirten, der meine Wohnung besuchet!
Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
360 | Dort zu ruhn. Allein ich muß zum schwärzlichen SchiffeGehen, unsere Freunde zu stärken, und alles zu ordnen.Allesamt von des edlen Telemachos blühendem Alter. |
365 | Allda will ich die Nacht am schwarzen gebogenen SchiffeRuhn, und morgen früh zu den großgesinnten KaukonenSend' im Wagen gen Sparta, vom Sohne begleitet, und gib ihm |
370 | Zum Gespanne die schnellsten und unermüdlichsten Rosse.
Also redete Zeus' blauäugichte Tochter, und schwebte, |
375 |
Lieber, ich hoffe, du wirst nicht feige werden noch kraftlos; |
380 | Herrscherin, sei uns gnädig, und krön' uns mit glänzendem Ruhme,Mich und meine Kinder, und meine teure Genossin!Dieses will ich dir opfern, mit Gold die Hörner umzogen! |
385 |
Also sprach er flehend; ihn hörete Pallas Athene. |
390 | Und den Kommenden mischte der Greis von neuem im KelcheSüßen balsamischen Wein; im elften Jahre des AltersViel zu der Tochter des Gottes mit wetterleuchtendem Schilde. |
395 | Als sie ihr Opfer vollbracht, und nach Verlangen getrunken,Gingen sie alle heim, der süßen Ruhe zu pflegen.Unter der tönenden Hall', im schöngebildeten Bette. |
400 | Neben ihm ruhte der Held Peisistratos, welcher allein nochUnvermählt von den Söhnen in Nestors Hause zurückblieb. Als nun die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
405 | Da erhub sich vom Lager der Rossebändiger Nestor,Ging hinaus, und setzte sich auf gehauene Steine,Neleus sich hinzusetzen, an Rat den Unsterblichen ähnlich. |
410 | Aber er war schon tot und in der Schatten Behausung.Nun saß Nestor darauf, der gerenische Hüter der Griechen,Und Aretos der Held, und der göttliche Thrasymedes. |
415 | Auch der sechste der Brüder Peisistratos eilte zu Nestor.Und sie setzten den schönen Telemachos neben den Vater. Hurtig, geliebteste Kinder, erfüllt mir dieses Verlangen, |
420 | Welche mir sichtbar erschien am festlichen Mahle Poseidons!Gehe denn einer aufs Feld, damit in Eile zum OpferSeine Gefährten zu rufen, und lasse nur zween zur Bewahrung. |
425 | Einer heiße hieher den Meister in Golde LaerkesKommen, daß er mit Gold des Rindes Hörner umziehe.Und uns Sessel und Holz und frisches Wasser zu bringen. |
430 |
Also sprach er, und emsig enteilten sie alle. Die Kuh kam |
435 | Auszubilden das Gold. Es kam auch Pallas AtheneZu der heiligen Feier. Der Rossebändiger NestorStratios führte die Kuh am Horn und der edle Echephron. |
440 | Aber Aretos trug im blumigen Becken das WasserAus der Kammer hervor, ein Körbchen voll heiliger GerstePerseus hielt ein Gefäß, das Blut zu empfangen. Der Vater |
445 | Wusch zuerst sich die Händ', und streute die heilige Gerste,Flehte dann viel zu Athenen; und warf in die Flamme das Stirnhaar. Als sie jetzo gefleht und die heilige Gerste gestreuet, |
450 | Stürzte die Kuh in den Sand. Und jammernd beteten jetzoAlle Töchter und Schnür' und die ehrenvolle GemahlinAuf; da schlachtete sie Peisistratos, Führer der Menschen. |
455 | Schwarz entströmte das Blut, und der Geist verließ die Gebeine.Jene zerhauten das Opfer, und schnitten, nach dem Gebrauche,Und sie verbrannte der Greis auf dem Scheitholz, sprengte darüber |
460 | Dunkeln Wein; und die Jüngling' umstanden ihn mit dem Fünfzack.Als sie die Lenden verbrannt, und die Eingeweide gekostet, Aber den blühenden Jüngling Telemachos badet' indessen |
465 | Polykaste die Schöne, die jüngste Tochter des Nestor.Als sie ihn jetzo gebadet, und drauf mit Öle gesalbet,Ging und setzte sich hin bei Nestor, dem Hirten der Völker. |
470 |
Als sie das Fleisch nun gebraten, und von den Spießen gezogen, |
475 |
Eilt, geliebteste Kinder, und bringt schönmähnichte Rosse; Also sprach er; ihn hörten die Söhne mit Fleiß, und gehorchten. |
480 | Brot und feurigen Wein und göttlicher Könige Speisen.Und Telemachos stieg auf den künstlichgebildeten Wagen.Treibend schwang er die Geißel, und willig enteilten die Rosse |
485 | In das Gefild', und verließen die hochgebauete Pylos.Also schüttelten sie bis zum Abend das Joch an den Nacken. Und die Sonne sank, und Dunkel umhüllte die Pfade. |
490 | Ruhten bei ihm die Nacht, und wurden freundlich bewirtet.
Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
495 | Und durchliefen behende die Weizenfelder, und jetzoWar die Reise vollbracht: so flogen die hurtigen Rosse.Und die Sonne sank, und Dunkel umhüllte die Pfade. |
Vierter Gesang
Menelaos, der seine Kinder ausstattet, bewirtet die Fremdlinge, und äußert mit Helena teilnehmende Liebe für Odysseus. Telemachos wird erkannt. Aufheiterndes Mittel der Helena, und Erzählungen von Odysseus. Am Morgen fragt Telemachos nach dem Vater. Menelaos erzählt, was ihm der ägyptische Proteus von der Rückkehr der Achaier, und dem Aufenthalt des Odysseus bei der Kalypso, geweissagt. Die Freier beschließen den heimkehrenden Telemachos zwischen Ithaka und Samos zu ermorden. Medon entdeckt's der Penelopeia. Sie fleht zur Athene, und wird durch ein Traumbild getröstet.
Und sie erreichten im Tale die große Stadt Lakedämon,Lenkten darauf zur Burg Menelaos' des Ehregekrönten.Seines Sohnes im Hause, und seiner lieblichen Tochter. |
|
5 | Diese sandt' er dem Sohne des Scharentrenners Achilleus.Denn er gelobte sie ihm vordem im troischen Lande;Zu der berühmten Stadt des Myrmidonenbeherrschers. |
10 | Aber dem Sohne gab er aus Sparta die Tochter Alektors,Megapenthes dem Starken, den ihm in späterem AlterHermione, ein Bild der goldenen Aphrodite. |
15 |
Also feierten dort im hochgewölbeten Saale |
20 |
Aber die Rosse hielten am Tore des hohen Palastes, |
25 | Stellte sich nahe vor ihn, und sprach die geflügelten Worte:
Fremde Männer sind draußen, o göttlicher Held Menelaos, |
30 |
Voll Unwillens begann Menelaos der Bräunlichgelockte: |
35 | Zeus auch künftig vor Not bewahren! Drum spanne die RosseHurtig ab, und führe die Männer zu unserem Gastmahl! Also sprach er; und schnell durcheilete jener die Wohnung, |
40 | Führten sie dann in den Stall, und banden sie fest an die Krippen,Schütteten Hafer hinein, mit gelblicher Gerste gemenget, Staunend sahn sie die Burg des göttergesegneten Königs. |
45 | Gleich dem Strahle der Sonn', und gleich dem Schimmer des MondesBlinkte die hohe Burg Menelaos' des Ehregekrönten.Als sie die Mägde gebadet, und drauf mit Öle gesalbet, |
50 | Und mit wollichtem Mantel und Leibrock hatten bekleidet;Setzten sie sich auf Throne bei Atreus' Sohn Menelaos.Ihnen die Händ', und stellte vor sie die geglättete Tafel. |
55 | Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf,Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat.Beiden reichte die Hände der Held Menelaos, und sagte: |
60 |
Langt nun zu, und eßt mit Wohlgefallen, ihr Freunde! |
65 |
Also sprach er, und reichte den fetten gebratenen Rückgrat |
70 | Und sprach leise zu ihm, damit es die andern nicht hörten:
Schaue doch, Nestoride, du meines Herzens Geliebter, |
75 | Welch ein unendlicher Schatz! Mit Staunen erfüllt mich der Anblick!
Seine Rede vernahm Menelaos der Bräunlichgelockte, Liebe Söhne, mit Zeus wetteifre der Sterblichen keiner; |
80 | Doch von den Menschen mag einer mit mir sich messen an Reichtum,Oder auch nicht! Denn traun! nach vielen Leiden und IrrenSahe die Äthiopen, Sidonier dann und Erember, |
85 | Libya selbst, wo schon den Lämmern Hörner entkeimen.Denn es gebären dreimal im Laufe des Jahres die Schafe.Welche das ganze Jahr mit vollen Eutern einhergeht. |
90 | Also durchirrt' ich die Länder, und sammelte großes Vermögen.Aber indessen erschlug mir meinen Bruder ein andrerDoch dies habt ihr ja wohl von euren Vätern gehöret, |
95 | Wer sie auch sein. Denn viel, sehr vieles hab' ich erlitten,Und mein prächtiges Haus voll köstlicher Güter zerrüttet!Hingesunken sind, fern von der rossenährenden Argos! |
100 | Aber dennoch, wie sehr ich sie alle klag' und beweine;(Oftmal hab' ich hier so in meinem Hause gesessen,Dennoch, wie sehr ich traure, bewein' ich alle nicht so sehr, |
105 | Als den einen, der mir den Schlaf und die Speise verleidet,Denk' ich seiner! Denn das hat kein Achaier erduldet,Seinethalben des Langabwesenden, weil wir nicht wissen, |
110 | Ob er leb' oder tot sei. Vielleicht beweinen ihn jetzoSchon Laertes der Greis, und die keusche Penelopeia, Also sprach er, und rührte Telemachos herzlich zu weinen. |
115 | Hörte; da hüllt' er sich schnell vor die Augen den purpurnen Mantel,Fassend mit beiden Händen; und Menelaos erkannt' ihn.Oder ob er zuerst ihn fragt', und alles erforschte. |
120 |
Als er solche Gedanken in zweifelnder Seele bewegte; |
125 | Phylo brachte den silbernen Korb, den ehmals AlkandreIhr verehrte, die Gattin des Polybos, welcher in ThebäZween dreifüßige Kessel, und zehn Talente des Goldes. |
130 | Aber Helenen gab Alkandre schöne Geschenke,Eine goldene Spindel im länglichgeründeten Korbe,Angefüllt mit geknäueltem Garn, und über dem Garne |
135 | Lag die goldene Spindel mit violettener Wolle.Helena saß auf dem Sessel; ein Schemel stützte die Füße. Wissen wir schon, Menelaos du Göttlicher, welches Geschlechtes |
140 | Irr' ich, oder ahnet mir wahr? Ich kann es nicht bergen!Niemals erschien mir ein Mensch mit solcher ähnlichen Bildung,Sohne Telemachos gleicht, den er als Säugling daheimließ, |
145 | Jener Held, da ihr Griechen, mich Ehrvergeßne zu rächen,Hin gen Ilion schifftet, mit Tod und Verderben gerüstet! Ihr antwortete drauf Menelaos der Bräunlichgelockte: |
150 | So die Blicke der Augen, das Haupt und die lockichten Haare.Auch gedacht' ich jetzo des edelgesinnten Odysseus,Und er verhüllete schnell mit dem Purpurmantel sein Antlitz. |
155 |
Und der Nestoride Peisistratos sagte dagegen: |
160 | Deiner Rede, die uns, wie eines Gottes, erfreuet.Und mich sandte mein Vater, der Rossebändiger Nestor,Denn viel leidet ein Sohn des langabwesenden Vaters, |
165 | Wenn er, im Hause verlassen, von keinem Freunde beschützt wird:Wie Telemachos jetzt! Sein Vater ist ferne, und niemand Ihm antwortete drauf Menelaos der Bräunlichgelockte: |
170 | Welcher um meinetwillen so viele Gefahren erduldet!Und ich hoffte, dem Kommenden einst vor allen ArgeiernEine Stadt und ein Haus in Argos wollt' ich ihm schenken, |
175 | Und ihn aus Ithaka führen mit seinem ganzen Vermögen.Seinem Sohn und dem Volk, und räumen eine der Städte,Und nichts trennt' uns beid' in unserer seligen Eintracht, |
180 | Bis uns die schwarze Wolke des Todes endlich umhüllte!Aber ein solches Glück mißgönnte mir einer der Götter, Also sprach er, und rührte sie alle zu herzlichen Tränen. |
185 | Und Telemachos weinte, und Atreus' Sohn Menelaos.Auch Peisistratos konnte sich nicht der Tränen enthalten;Dessen gedacht' er jetzo, und sprach die geflügelten Worte: |
190 |
Atreus' Sohn Menelaos, vor allen Menschen verständig, |
195 | Dämmert ein Tag für uns. Ich tadele freilich mitnichten,Daß man den Toten beweine, der sein Verhängnis erfüllt hat.Auch mein Bruder verlor sein Leben, nicht der geringste |
200 | Im argeiischen Heer! Du wirst ihn kennen; ich selberHab' ihn nimmer gesehen: doch rühmen Antilochos alle, Ihm antwortete drauf Menelaos der Bräunlichgelockte: |
205 | Reden und handeln muß, und wär' er auch höheres Alters.Denn du redest als Sohn von einem verständigen Vater.Also krönet er nun auch Nestors Tage mit Wohlfahrt; |
210 | Denn er freut sich im Hause des stillen behaglichen Alters,Und verständiger Söhne, geübt die Lanze zu schwingen.Unsere Hände mit Wasser! Auch morgen wird Zeit zu Gesprächen |
215 | Mit Telemachos sein, uns beiden das Herz zu erleichtern!
Sprach's, und eilend begoß Asphalion ihnen die Hände, |
Aber ein Neues ersann die liebliche Tochter Kronions: | |
220 | Siehe sie warf in den Wein, wovon sie tranken, ein MittelGegen Kummer und Groll und aller Leiden Gedächtnis.Wär' ihm auch sein Vater und seine Mutter gestorben, |
225 | Würde vor ihm sein Bruder, und sein geliebtester Sohn auchMit dem Schwerte getötet, daß seine Augen es sähen.In Ägyptos geschenkt. Dort bringt die fruchtbare Erde |
230 | Mancherlei Säfte hervor, zu guter und schädlicher Mischung;Dort ist jeder ein Arzt, und übertrifft an ErfahrungDa begann sie von neuem, und sprach mit freundlicher Stimme: |
235 |
Atreus' göttlicher Sohn Menelaos, und ihr geliebten |
240 | Alles kann ich euch zwar nicht nennen oder beschreiben,Alle mutigen Taten des leidengeübten Odysseus;Seht, er hatte sich selbst unwürdige Striemen gegeißelt, |
245 | Und nachdem er die Schultern mit schlechten Lumpen umhüllet,Ging er in Sklavengestalt zur Stadt der feindlichen Männer.Also kam er zur Stadt der Troer; und sie verkannten |
250 | Alle den Helden; nur ich entdeckt' ihn unter der Hülle,Und befragt' ihn: doch er fand immer listige Ausflucht.Daß ich Odysseus den Troern nicht eher wollte verraten, |
255 | Bis er die schnellen Schiff' und Zelte wieder erreichet;Da verkündet' er mir den ganzen Entwurf der Achaier.Laut wehklageten jetzo die andern Weiber in Troja; |
260 | Aber mein Herz frohlockte; denn herzlich wünscht' ich die Heimkehr,Und beweinte den Jammer, den Aphrodite gestiftet,Dem kein Adel gebricht des Geistes oder der Bildung! |
265 |
Ihr antwortete drauf Menelaos der Bräunlichgelockte: |
270 | Gleich an erhabener Seele dem leidengeübten Odysseus!Also bestand er auch jene Gefahr, mit Kühnheit und Gleichmut,Dorthin kamest auch du, gewiß von einem der Götter |
275 | Hingeführt, der etwa die Troer zu ehren gedachte;Und der göttergleiche Deiphobos war dein Begleiter.Namen, indem du die Stimme von aller Gemahlinnen annahmst. |
280 | Aber ich und Tydeus' Sohn und der edle OdysseusSaßen dort in der Mitte, und höreten, wie du uns riefest.Aber Odysseus hielt uns zurück von dem raschen Entschlusse. |
285 | Jetzo saßen wir still, und alle Söhne der Griechen.Nur Antiklos wollte dir Antwort geben; doch eilendEher ließ er ihn nicht, bis Athene von dannen dich führte. |
290 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
295 | Jetzo auch die Ruhe des süßen Schlafes erquicke.
Als er dieses gesagt, rief Helena eilend den Mägden, |
300 | Und sie enteilten dem Saal, in den Händen die leuchtende Fackel,Und bereiteten schnell das Lager. Aber ein HeroldUnd der Atreide schlief im Innern des hohen Palastes; |
305 | Helena ruhte bei ihm, die schönste unter den Weibern.
Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
310 | Trat aus der Kammer hervor, geschmückt mit göttlicher Hoheit,Ging und setzte sich neben Telemachos nieder, und sagte: Welches Geschäft, o edler Telemachos, führte dich hieher, |
315 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
320 | Meine Ziegen und Schaf' und mein schwerwandelndes Hornvieh,Freier meiner Mutter, voll übermütiges Trotzes.Ansahst, oder vielleicht von einem irrenden Wandrer |
325 | Ihn erfuhrst: denn ach! zum Leiden gebar ihn die Mutter!Aber schmeichle mir nicht, aus Schonung oder aus Mitleid;Einen Wunsch dir gewährt mit Worten oder mit Taten, |
330 | In dem troischen Lande, wo Not euch Achaier umdrängte:Daß du, dessen gedenkend, mir jetzo Wahrheit verkündest! Voll Unwillens begann Menelaos der Bräunlichgelockte: |
335 | Aber wie wenn in den Dickicht des starken Löwen die HirschkuhIhre saugenden Jungen, die neugeborenen, hinlegt,Und den Zwillingen beiden ein schreckliches Ende bereitet: |
340 | So wird jenen Odysseus ein schreckliches Ende bereiten!Wenn er, o Vater Zeus, Athene und Phöbos Apollon!Und auf den Boden ihn warf, daß alle Achaier sich freuten; |
345 | Wenn doch in jener Gestalt Odysseus den Freiern erschiene!Bald wär' ihr Leben gekürzt, und ihnen die Heirat verbittert!Sondern was mir der wahrhafte Greis des Meeres geweissagt, |
350 | Davon will ich kein Wort dir bergen oder verhehlen.
Noch in Ägyptos hielten, wie sehr ich nach Hause verlangte, |
355 | Vor des Ägyptos Strome; die Menschen nennen sie Pharos:Von dem Strome so weit, als wohlgerüstete SchiffeFrisches Wasser sich schöpfen, und weiter die Wogen durchsegeln. |
360 | Allda hielten die Götter mich zwanzig Tage; denn niemalsWehten günstige Wind' in die See hinüber, die SchiffeHätte mich nicht erbarmend der Himmlischen eine gerettet. |
365 | Aber Eidothea, des grauen WogenbeherrschersProteus' Tochter bemerkt' es, und fühlte herzliches Mitleid.Durch die Insel, um Fische mit krummer Angel zu fangen. |
370 | Und sie nahte sich mir, und sprach mit freundlicher Stimme:
Fremdling, bist du so gar einfältig, oder so träge? |
375 |
Also sprach sie; und ich antwortete wieder und sagte: |
380 | Wer der Unsterblichen hält mich hier auf, und hindert die Reise?Und wie gelang' ich heim auf dem fischdurchwimmelten Meere? Gerne will ich, o Fremdling, dir lautere Wahrheit verkünden. |
385 | Proteus, der wahrhafte Gott aus Ägyptos, welcher des MeeresDunkle Tiefen kennt, ein treuer Diener Poseidons.Er weissagte dir wohl den Weg und die Mittel der Reise, |
390 | Und wie du heimgelangst auf dem fischdurchwimmelten Meere.Auch verkündigt' er dir, Zeus' Liebling, wenn du es wolltest, Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: |
395 | Nun verkünde mir selber, wie fang' ich den göttlichen Meergreis,Daß er mir nicht entfliehe, mich sehend oder auch ahnend? Also sprach ich; mir gab die hohe Göttin zur Antwort: |
400 | Wann die Mittagssonne den hohen Himmel besteiget,Siehe dann kommt aus der Flut der graue untrügliche Meergott,Und floßfüßige Robben der lieblichen Halosydne |
405 | Ruhn in Scharen um ihn, dem grauen Gewässer entstiegen,Und verbreiten umher des Meeres herbe Gerüche.Drei von den kühnsten Genossen der schöngebordeten Schiffe. |
410 | Alle furchtbaren Künste des Greises will ich dir nennenErstlich geht er umher, und zählt die liegenden Robben;Aber sobald ihr seht, daß er zum Schlummer sich hinlegt; |
415 | Dann erhebet euch mutig, und übet Gewalt und Stärke,Haltet den Sträubenden fest, wie sehr er auch ringt zu entfliehen!Aber greift unerschrocken ihn an, und haltet noch fester! |
420 | Wenn er nun endlich selbst euch anzureden beginnet,In der Gestalt, worin ihr ihn saht zum Schlummer sich legen;Und wie du heimgelangst auf dem fischdurchwimmelten Meere. |
425 |
Also sprach sie, und sprang in die hochaufwallende Woge. |
430 | Und wir lagerten uns am rauschenden Ufer des Meeres.Als die heilige Frühe mit Rosenfingern erwachte,Folgten mir drei, bewährt vor allen an Kühnheit und Stärke. |
435 | Aber indessen fuhr Eidothea tief in des MeeresWeiten Busen, und trug vier Robbenfelle von dannen,Saß und erwartete uns. Sobald wir die Göttin erreichten, |
440 | Legte sie uns nach der Reih', und hüllte jedem ein Fell um.Wahrlich die Lauer bekam uns fürchterlich! Bis zum ErstickenAber die Göttin ersann zu unserer Rettung ein Labsal: |
445 | Denn sie strich uns allen Ambrosia unter die Nasen,Dessen lieblicher Duft des Tranes Gerüche vertilgte.Nach der Reihe sich hin am rauschenden Ufer des Meeres. |
450 | Aber am Mittag kam der göttliche Greis aus dem Wasser,Ging bei den feisten Robben umher, und zählte sie alle.Plötzlich fuhren wir auf mit Geschrei, und schlangen die Hände |
455 | Schnell um den Greis; doch dieser vergaß der betrüglichen Kunst nicht.Erstlich ward er ein Leu mit fürchterlich wallender Mähne,Aber wir hielten ihn fest mit unerschrockener Seele. |
460 | Als nun der zaubernde Greis ermüdete sich zu verwandeln,Da begann er selber mich anzureden, und fragte: Welcher unter den Göttern, Atreide, gab dir den Anschlag, Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: |
465 | Alter, du weißt es, (warum verstellst du dich, dieses zu fragen?)Daß ich so lang' auf dieser Insel verweil', und nirgends ein AuswegWer der Unsterblichen hält mich hier auf, und hindert die Reise? |
470 | Und wie gelang ich heim auf dem fischdurchwimmelten Meere?
Also sprach ich; der Greis antwortete wieder, und sagte: |
475 | Denn dir verbeut das Schicksal, die Deinigen wieder zu sehenUnd dein prächtiges Haus und deiner Väter Gefilde,Sühnst der Unsterblichen Zorn, die den weiten Himmel bewohnen: |
480 | Dann verleihn dir die Götter die Heimfahrt, welche du wünschest.Also sagte der Greis. Mir brach das Herz vor Betrübnis,Aber ich faßte mich doch, und gab ihm dieses zur Antwort: |
485 |
Göttlicher Greis, ich will ausrichten, was du befiehlest, |
490 | Oder den Freunden im Arme, nachdem er den Krieg vollendet?
Also sprach ich; und drauf antwortete jener, und sagte: |
495 | Siehe, gefallen sind viele davon, und viele noch übrig;Aber nur zween Heerführer der erzgepanzerten GriechenAjas versank in die See mit den langberuderten Schiffen. |
500 | Anfangs rettete zwar den Scheiternden PoseidaonAus den Fluten des Meers an die großen gyräischen Felsen.Daß er den Göttern zum Trotz den stürmenden Wogen entflöhe. |
505 | Aber Poseidon vernahm die stolzen Worte des Prahlers,Und ergriff mit der nervichten Faust den gewaltigen Dreizack,Wo der Achaier saß, und die Gotteslästerung ausstieß; |
510 | Und er versank ins unendliche hochaufwogende Weltmeer.So fand Ajas den Tod, ersäuft von der salzigen Welle.Aber als er sich jetzo dem Vorgebirge Maleia |
515 | Näherte, rafft' ihn der wirbelnde Sturm und schleuderte plötzlichIhn, den Jammernden, weit in das fischdurchwimmelte Weltmeer,Aber ihm schien auch hier die Heimfahrt glücklich zu enden; |
520 | Denn die Götter wandten den Sturm, und trieben ihn heimwärts.Freudig sprang er vom Schiff ans vaterländische Ufer,Ihn erblickte der Wächter auf einer erhabenen Warte, |
525 | Von Ägisthos bestellt, der zwei Talente des GoldesIhm zum Lohne versprach. Ein Jahr lang hielt er schon Wache,Und Ägisthos gedachte sogleich des schlauen Betruges. |
530 | Zwanzig tapfere Männer erlas er im Volk, und verbarg sie;Auf der anderen Seite gebot er, ein Mahl zu bereiten.Führte den nichts argwöhnenden Mann ins Haus, und erschlug ihn |
535 | Unter den Freuden des Mahls: so erschlägt man den Stier an der Krippe!Keiner entrann dem Tode vom ganzen Gefolg' Agamemnons, Also sagte der Greis. Mir brach das Herz vor Betrübnis: |
540 | Unter den Lebenden hier das Licht der Sonne zu schauen.Aber als ich mein Herz durch Weinen und Wälzen erleichtert, Weine nicht immerdar, Sohn Atreus', hemme die Tränen; |
545 | Jetzt, aufs eiligste wieder dein Vaterland zu erreichen.Jenen findest du noch lebendig, oder Orestes Also sprach er, und stärkte mein edles Herz in dem Busen, |
550 | Und ich redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte:
Dieser Schicksal weiß ich nunmehr. Doch nenne den Dritten, Also sprach ich; und drauf antwortete jener, und sagte: |
555 | Das ist der Sohn Laertes, der Ithakas Fluren bewohnet.Ihn sah ich auf der Insel die bittersten Tränen vergießen,Denn es gebricht ihm dort an Ruderschiffen und Männern, |
560 | Über den weiten Rücken des Meeres ihn zu geleiten.Aber dir bestimmt, o Geliebter von Zeus, Menelaos,In die elysische Flur, wo der bräunliche Held Radamanthus |
565 | Wohnt, und ruhiges Leben die Menschen immer beseligt:(Dort ist kein Schnee, kein Winterorkan, kein gießender Regen;Weil du Helena hast, und Zeus als Eidam dich ehret. |
570 |
Also sprach er, und sprang in des Meeres hochwallende Woge. |
575 | Und wir lagerten uns ans rauschenden Ufer des Meeres.Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte,Traten dann selber ins Schiff, und setzten uns hin auf die Bänke, |
580 | Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern.Und ich fuhr zum Strome des himmelgenährten Ägyptos,Häuft' ich ein Grabmal auf, Agamemnon zum ewigen Nachruhm. |
585 | Als ich dieses vollbracht, entschifften wir. Günstige WindeSandten mir jetzo die Götter, und führten mich schnell zu der Heimat.Alsdann send' ich dich heim, und schenke dir köstliche Gaben: |
590 | Drei der mutigsten Rosse, und einen prächtigen Wagen;Auch ein schönes Gefäß, damit du den ewigen Göttern Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
595 | Denn ich säße mit Freuden bei dir ein ganzes Jahr lang,Ohne mich jemals heim nach meinen Eltern zu sehnen:In der göttlichen Pylos; und du verweilst mich noch länger. |
600 | Hast du mir ein Geschenk bestimmt, so sei es ein Kleinod.Rosse nützen mir nicht in Ithaka; darum behalteUnd mit Weizen und Spelt und weißer fruchtbarer Gerste. |
605 | Aber in Ithaka fehlt es an weiten Ebnen und Wiesen;Ziegen nährt sie: doch lieb' ich sie nicht, als irgend ein Roßland. Lächelnd hörte den Jüngling der Rufer im Streit Menelaos, |
610 | Faßte Telemachos Hand, und sprach mit freundlicher Stimme:
Edles Geblütes bist du, mein Sohn; das zeuget die Rede! |
615 | Gebe dir einen Kelch von künstlicherhobener Arbeit,Aus geläutertem Silber, gefaßt mit goldenem Rande;Mich Heimkehrenden pflegte. Den will ich jetzo dir schenken. |
620 | Also besprachen diese sich jetzo untereinander.Aber die Köche gingen ins Haus des göttlichen Königs,Also bereiteten sie im hohen Saale die Mahlzeit. |
625 |
Aber vor dem Palast Odysseus' schwärmten die Freier, |
630 | Aber Phronios' Sohn Noemon nahte sich ihnen,Redet' Antinoos an, den Sohn Eupeithes, und fragte: Ist es uns etwa bekannt, Antinoos, oder verborgen, |
635 | Nach den Auen von Älis hinüber zu fahren. Es weidenDort zwölf Stuten für mich, mit jungen lastbaren Mäulern: Sprach's; da erstaunten die Freier, daß er die Reise vollendet |
640 | Wo ihn die weidende Herd' erfreute, oder der Sauhirt.Und Eupeithes' Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: Sage mir ohne Falsch: Wann reist' er? Welche Genossen |
645 | Dann erzähle mir auch aufrichtig, damit ich es wisse:Brauchte der Jüngling Gewalt, dir das schwarze Schiff zu entreißen; Aber Phronios' Sohn Noemon sagte dagegen: |
650 | Wenn ihn ein solcher Mann, mit so bekümmertem Herzen,Bäte? Es wäre ja schwer, ihm seine Bitte zu weigern!Mentor, oder ein Gott, der jenem gleich an Gestalt war. |
655 | Aber das wundert mich: ich sah den trefflichen MentorGestern Morgen noch hier, und damals fuhr er gen Pylos! Also sprach Noemon, und ging zum Hause des Vaters. |
660 | Aber Eupeithes' Sohn Antinoos sprach zur Versammlung,Glühend vor Zorn; ihm schwoll von schwarzer strömender Galle Wahrlich ein großes Werk hat Telemachos kühnlich vollendet! |
665 | Und trotz allen entwischt er, der junge Knabe, wie spielend,Rüstet ein Schiff, und wählt sich die tapfersten Männer im Volke!Auf! und gebt mir ein rüstiges Schiff und zwanzig Gefährten, |
670 | Daß ich dem Reisenden selbst auflaure, wann er zurückkehrt,In dem Sunde, der Ithaka trennt und die bergichte Samos; Also sprach er; sie lobten ihn all', und reizten ihn stärker, |
675 |
Penelopeia blieb nicht lang' unkundig des Rates, |
680 | Als er die Schwelle betrat, da fragt' ihn Penelopeia:
Herold, sage, warum dich die stolzen Freier gesendet! |
685 | Sondern ihr letztes Mahl, ihr letztes! heute genießen!Die ihr hier täglich in Scharen das große Vermögen hinabschlingt,Wie sich gegen sein Volk Odysseus immer betragen, |
690 | Wie er keinem sein Recht durch Taten oder durch WorteJemals gekränkt? da sonst der mächtigen Könige Brauch ist,Und ihr zeiget euch ganz in eurer bösen Gesinnung, |
695 | Da ihr mit Undank nun so viel Wohltaten vergeltet!
Ihr antwortete drauf der gute verständige Medon: |
700 | Deinen Telemachos trachten sie jetzt mit dem Schwerte zu töten,Wenn er zur Heimat kehrt. Er forscht nach Kunde vom Vater Sprach's; und Penelopeien erzitterten Herz und Kniee. |
705 | Wurden mit Tränen erfüllt, und atmend stockte die Stimme.Endlich erholte sie sich, und gab ihm dieses zur Antwort: Sage mir, Herold, warum mein Sohn denn reiset! Was zwingt ihn |
710 | Will er, daß auch sein Name vertilgt sei unter den Menschen?
Ihr antwortete drauf der gute verständige Medon: |
715 |
Als er dieses gesagt, durcheilt' er die Wohnung Odysseus. |
720 | Mägde, jung und alt, so viel im Hause nur waren.Und mit heftigem Schluchzen begann itzt Penelopeia: O Geliebte, mich wählten vor allen Weibern der Erde, |
725 | Der mit jeglicher Tugend vor allen Achaiern geschmückt war,Tapfer und weitberühmt von Hellas bis mitten in Argos!Unglückselige Mädchen, wie konntet ihr alle so hart sein, |
730 | Daß ihr nicht aus dem Bette mich wecktet, da ihr es wußtet,Als er von hinnen fuhr im schwarzen gebogenen Schiffe!Oder er hätte mich tot in diesem Hause verlassen! |
735 | Aber man rufe geschwinde mir meinen Diener, den altenDolios, welchen mein Vater mir mitgab, als ich hieherzog,Jener möchte vielleicht sich eines Rates besinnen, |
740 | Und wehklagend zum Volke hinausgehn, welches nun trachtet,Sein und des göttlichen Helden Odysseus Geschlecht zu vertilgen! Ihr antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
745 | Alles hab' ich gewußt! Ich gab ihm, was er verlangte,Speise und süßen Wein. Doch mußt' ich ihm heilig geloben,Daß du nicht durch Tränen dein schönes Antlitz entstelltest. |
750 | Aber bade dich jetzo, und leg' ein reines Gewand an,Geh hinauf in den Söller mit deinen Mägden, und fleheAber den Greis, den betrübten, betrübe nicht mehr! Unmöglich |
755 | Ist den seligen Göttern der Same des ArkeisiadenGanz verhaßt; ihm bleibt noch jemand, welcher beherrsche Also sprach sie, und stillte der Königin weinenden Jammer. |
760 | Ging hinauf in den Söller, von ihren Mägden begleitet,Trug die heilige Gerst' im Korb', und flehte Athenen: Unbezwungene Tochter des wetterleuchtenden Gottes, |
765 | Daß du, dessen gedenkend, den lieben Sohn mir errettest,Und zerstreuest die Freier voll übermütiger Bosheit! Also flehte sie jammernd; ihr Flehn erhörte die Göttin. |
770 |
Sicher bereitet sich jetzo die schöne Fürstin zur Hochzeit, Also sprachen die Freier, und wußten nicht, was geschehn war. Unglückselige, meidet die übermütigen Reden |
775 | Allzumal, damit uns im Hause keiner verrate!Laßt uns jetzo vielmehr so still aufstehen, den Ratschluß Also sprach er, und wählte sich zwanzig tapfere Männer. |
780 | Zogen zuerst das Schiff hinab ins tiefe Gewässer,Trugen den Mast hinein und die Segel des schwärzlichen Schiffes;Ihre Rüstungen brachten die übermütigen Diener. |
785 | Und sie stellten das Schiff im hohen Wasser des Hafens,Stiegen hinein, und nahmen das Mahl, und harrten der Dämmrung. Aber Penelopeia im oberen Söller des Hauses |
790 | Oder ob ihn die Schar der trotzigen Freier besiegte.Wie im Getümmel der Männer die zweifelnde Löwin umherblickt,Und sie einschlief hinsinkend, es lösten sich alle Gelenke. |
795 |
Aber ein Neues ersann die heilige Pallas Athene: |
800 | Daß sie Penelopeia, die Jammernde, Herzlichbetrübte,Ruhen ließe vom Weinen, und ihrer zagenden Schwermut. Schläfst du, Penelopeia, du arme Herzlichbetrübte? |
805 | Wahrlich sie wollen es nicht, die seligen Götter des Himmels,Daß du weinst und traurest! Denn wiederkehren zur Heimat Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia, |
810 |
Warum kamst du hieher, o Schwester? Du hast mich ja nimmer |
815 | Der mit jeglicher Tugend vor allen Achaiern geschmückt war,Tapfer und weitberühmt von Hellas bis mitten in Argos!Diesen bejammre ich jetzt noch mehr, als meinen Odysseus! |
820 | Diesem erzittert mein Herz, und fürchtet, daß ihn ein UnfallTreffe, unter dem Volk, wo er hinfährt, oder im Meere! Und die dunkle Gestalt der Schwester gab ihr zur Antwort: |
825 | Sei getrost, und entreiße dein Herz der bangen Verzweiflung!Eine solche Gefährtin begleitet ihn, deren GesellschaftDiese sendet mich jetzo, damit ich dir solches verkünde. |
830 |
Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
835 |
Und die dunkle Gestalt der Schwester gab ihr zur Antwort: Also sprach die Gestalt, und verschwand beim Schlosse der Pforte |
840 | Schnell aus dem Schlummer empor, und freute sich tief in der Seele,Daß ihr ein deutender Traum in der Morgendämmrung erschienen. Aber die Freier im Schiffe befuhren die flüssigen Pfade, |
845 | In dem Sunde, der Ithaka trennt und die bergichte Samos,Asteris wird es genannt, wo ein sicherer Hafen die SchiffeMit zween Armen empfängt. Hier laurten auf ihn die Achaier. |
Fünfter Gesang
Zeus befiehlt durch Hermes der Kalypso, den Odysseus zu entlassen. Ungern gehorchend, versorgt sie den Odysseus mit Gerät, ein Floß zu bauen, und mit Reisekost. Am achtzehnten Tage der Fahrt sendet Poseidon ihm Sturm, der den Floß zertrümmert. Leukothea sichert ihn durch ihren Schleier. Am dritten Tage erreicht er der Phäaken Insel Scheria, rettet sich aus der Felsenbrandung in die Mündung des Stroms, und ersteigt einen waldigen Hügel, wo er in abgefallenen Blättern schläft.
Und die rosige Frühe entstieg des edlen TithonosLager, und brachte das Licht den Göttern und sterblichen Menschen.Saß der Donnerer Zeus, der alle Dinge beherrschet. |
|
5 | Und Athene gedachte der vielen Leiden Odysseus',Welchen Kalypso hielt, und sprach zu der Götter Versammlung: Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Götter, |
10 | Sondern er wüte nur stets und frevle mit grausamer Seele!Niemand erinnert sich ja des göttergleichen OdysseusIn dem Hause der Nymphe Kalypso, die mit Gewalt ihn |
15 | Hält; und wünschet umsonst, die Heimat wiederzusehen:Denn es gebricht ihm dort an Ruderschiffen und Männern,Wann er zur Heimat kehrt; er forscht nach Kunde vorn Vater |
20 | In der göttlichen Pylos und Lakedämon der großen.
Ihr antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: |
25 | Aber Telemachos führe mit Sorgfalt, denn du vermagst es:Daß er ohne Gefahr sein heimisches Ufer erreiche, Sprach's, und redete drauf zu seinem Sohne Hermeias: |
30 | Mit schönwallenden Locken der Götter heiligen RatschlußÜber den leidengeübten Odysseus! Er kehre von dannenKomm' er am zwanzigsten Tage zu Scherias fruchtbaren Auen, |
35 | In das glückliche Land der götternahen Phäaken!Diese werden ihn hoch, wie einen Unsterblichen, ehren,Mehr als jemals der Held von Ilion hätte geführet, |
40 | Wär' er auch ohne Schaden mit seiner Beute gekommen!Also gebeut ihm das Schicksal, die Freunde wiederzuschauen, Also sprach Kronion. Der rüstige Argosbesieger |
45 | Goldnen ambrosischen Sohlen, womit er über die WasserUnd das unendliche Land im Hauche des Windes einherschwebt.Diesen hielt er und flog, der tapfere Argosbesieger, |
50 | Stand auf Pieria still, und senkte sich schnell aus dem ÄtherNieder aufs Meer, und schwebte dann über die Flut, wie die Möwe,Also beschwerte Hermeias die weithinwallende Fläche. |
55 | Als er die ferne Insel Ogygia jetzo erreichte,Stieg er aus dem Gewässer des dunkeln Meeres ans Ufer,Vor ihr brannt' auf dem Herd' ein großes Feuer, und fernhin |
60 | Wallte der liebliche Duft vom brennenden Holze der CederUnd des Citronenbaums. Sie sang mit melodischer Stimme,Pappelweiden und Erlen und düftereicher Cypressen. |
65 | Unter dem Laube wohnten die breitgefiederten Vögel,Eulen und Habichte und breitzüngichte Wasserkrähen,Seine scharrenden Ranken, behängt mit purpurnen Trauben. |
70 | Und vier Quellen ergossen ihr silberblinkendes Wasser,Eine nahe der andern, und schlängelten hierhin und dorthin.Voll Verwunderung dort, und freute sich herzlich des Anblicks. |
75 | Voll Verwunderung stand der rüstige Argosbesieger;Und nachdem er alles in seinem Herzen bewundert,Denn die unsterblichen Götter verkennen nimmer das Antlitz |
80 | Eines anderen Gottes, und wohnt' er auch ferne von dannen.Aber nicht Odysseus den Herrlichen fand er zu Hause;Und durchschaute mit Tränen die große Wüste des Meeres. |
85 | Aber dem Kommenden setzte die hehre Göttin KalypsoEinen prächtigen Thron von strahlender Arbeit, und fragte: Warum kamst du zu mir, du Gott mit goldenem Stabe, |
90 | Steht es in meiner Macht, und sind es mögliche Dinge.Aber komm doch näher, daß ich dich gastlich bewirte. Also sprach Kalypso, und setzte dem Gott die Tafel |
95 | Und nachdem er gegessen, und seine Seele gelabet;Da begann er und sprach zur hehren Göttin Kalypso: Fragst du, warum ich komme, du Göttin den Gott? Ich will dir |
100 | Denn wer ginge wohl gern durch dieses salzigen MeeresUnermeßliche Flut? Ringsum ist keine der Städte,Zeus entgegen sich stellen, noch seinen Willen vereiteln. |
105 | Dieser sagt, es weile der Unglückseligste allerMänner bei dir, die Priamos' Stadt neun Jahre bekämpften,Daß sie die Göttin mit Sturm und hohen Fluten verfolgte. |
110 | Alle tapfern Gefährten versanken ihm dort in den Abgrund;Aber er selbst kam hier, von Sturm und Woge geschleudert.Sondern sein Schicksal ist, die Freunde wiederzuschauen, |
115 | Und sein prächtiges Haus, und seiner Väter Gefilde.
Als er es sprach, da erschrak die hehre Göttin Kalypso. Grausam seid ihr vor allen und neidisches Herzens, o Götter! |
120 | Mit dem sterblichen Manne, den sie zum Gatten erkoren.Als den schönen Orion die rosenarmige EosArtemis plötzlich erregte mit ihrem sanften Geschosse. |
125 | Als in Jasions Arm die schöngelockte Demeter,Ihrem Herzen gehorchend, auf dreimalgeackertem SaatfeldAlso verargt ihr auch mir des sterblichen Mannes Gemeinschaft, |
130 | Den ich vom Tode gewann, als er auf zertrümmertem KieleEinsam trieb; denn ihm hatte der Gott hochrollender DonnerAber er selbst kam hier von Sturm und Woge geschleudert. |
135 | Freundlich nahm ich ihn auf, und reicht' ihm Nahrung, und sagteIhm Unsterblichkeit zu und nimmerverblühende Jugend.Mög' er denn gehn, wo ihn des Herrschers Wille hinwegtreibt, |
140 | Über das wilde Meer! Doch senden werd' ich ihn nimmer;Denn mir gebricht es hier an Ruderschiffen und Männern,Daß er ohne Gefahr die Heimat wieder erreiche. |
145 |
Ihr antwortete drauf der rüstige Argosbesieger: |
Also sprach er und ging, der tapfere Argosbesieger. Aber Kalypso eilte zum großgesinnten Odysseus, |
|
150 | Als die heilige Nymphe Kronions Willen vernommen,Dieser saß am Gestade des Meers, und weinte beständig,Sondern er ruhte des Nachts in ihrer gewölbeten Grotte |
155 | Ohne Liebe bei ihr, ihn zwang die liebende Göttin;Aber des Tages saß er auf Felsen und sandigen Hügeln,Jetzo nahte sich ihm und sprach die herrliche Göttin: |
160 |
Armer, sei mir nicht immer so traurig, und härme dein Leben |
165 | Siehe dann will ich dir Brot und Wasser reichen, und rotenHerzerfreuenden Wein, damit dich der Hunger nicht töte;Wenn es die Götter gestatten, des weiten Himmels Bewohner, |
170 | Welche höher als ich an Weisheit sind und an Stärke.
Als sie es sprach, da erschrak der herrliche Dulder Odysseus. Wahrlich du denkst ein andres, als mich zu senden, o Göttin, |
175 | Furchtbare Flut zu durchfahren, die selbst kein künstlichgebautesRüstiges Schiff durchfährt, vom Winde Gottes erfreuet!Daß du bei dir nichts andres zu meinem Verderben beschließest! |
180 |
Sprach's, und lächelnd vernahm es die hehre Göttin Kalypso, Wahrlich du bist doch ein Schalk, und unermüdet an Vorsicht: |
185 | Und die stygischen Wasser der Tiefe; welches der größteFurchtbarste Eidschwur ist für alle unsterblichen Götter:Suchen würde zu raten, wär' ich in gleicher Bedrängnis! |
190 | Denn ich denke gewiß nicht ganz unbillig, und trageNicht im Busen ein Herz von Eisen, sondern voll Mitleid! Also sprach sie, und ging, die hehre Göttin Kalypso, |
195 | Allda setzte der Held auf den Thron sich nieder, auf welchemHermes hatte gesessen. Ihm reichte die heilige NympheUnd Ambrosia reichten ihr Dienerinnen und Nektar. |
200 | Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle.Als sie jetzo ihr Herz mit Trank und Speise gesättigt; Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, |
205 | In dein geliebtes Vaterland gehn? Nun Glück auf die Reise!Aber wüßte dein Herz, wie viele Leiden das SchicksalUnd ein Unsterblicher sein: wie sehr du auch wünschest, die Gattin |
210 | Wiederzusehn, nach welcher du stets so herzlich dich sehnest!Glauben darf ich doch wohl, daß ich nicht schlechter als sie bin, Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
215 | Zürne mir darum nicht, ehrwürdige Göttin! Ich weiß esSelber zu gut, wie sehr der klugen PenelopeiaAber ich wünsche dennoch und sehne mich täglich von Herzen, |
220 | Wieder nach Hause zu gehn, und zu schaun den Tag der Zurückkunft.Und verfolgt mich ein Gott im dunkeln Meere, so will ich'sSchrecken des Meers und des Kriegs: so mag auch dieses geschehen! |
225 |
Also sprach er, da sank die Sonne, und Dunkel erhob sich. Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
230 | Aber die Nymphe zog ihr silberfarbnes Gewand an,Fein und zierlich gewebt; und schlang um die Hüfte den Gürtel,Gab ihm die mächtige Axt, von gehärtetem Erze geschmiedet, |
235 | Unten und oben geschärft, und sicheres Schwunges, und drinnenWar ein zierlicher Stiel von Olivenholze befestigt;Pappelweiden und Erlen und wolkenberührender Tannen. |
240 | Viele waren von Alter verdorrt, und leichter zur Schiffahrt.Als sie den Ort ihm gezeigt, voll hoher schattender Bäume; Und er fällte die Bäum', und vollendete hurtig die Arbeit. |
245 | Schlichtete sie mit dem Beil, und nach dem Maße der Richtschnur.Jetzo brachte sie Bohrer, die hehre Göttin Kalypso.Von der Größe, wie etwa ein kluger Meister im Schiffbau |
250 | Zimmern würde den Boden des breiten geräumigen Lastschiffs,Baute den breiten Floß der erfindungsreiche Odysseus.Drinnen erhob er den Mast, von der Segelstange durchkreuzet. |
255 | Endlich zimmert' er sich ein Steuer, die Fahrt zu lenken.Beide Seiten des Floßes beschirmt' er mit weidenen FlechtenSegel davon zu schneiden; auch diese bereitet' er künstlich; |
260 | Band die Taue des Mastes und segelwendenden Seile;Wälzte darauf mit Hebeln den Floß in die heilige Meersflut. Jetzt war der vierte Tag, an dem ward alles vollendet. |
265 | Und sie legt' in den Floß zween Schläuche, voll schwärzliches WeinesEinen, und einen großen voll Wasser; und gab ihm zur ZehrungFreudig spannte der Held im Winde die schwellenden Segel. |
270 | Und nun setzt' er sich hin ans Ruder, und steuerte künstlichÜber die Flut. Ihm schloß kein Schlummer die wachsamen Augen,Welcher im Kreise sich dreht, den Blick nach Orion gewendet, |
275 | Und allein von allen sich nimmer im Ocean badet.Denn beim Scheiden befahl ihm die hehre Göttin Kalypso,Am achtzehnten erschienen die fernen schattigen Berge |
280 | Von dem phäakischen Lande, denn dieses lag ihm am nächsten;Dunkel erschienen sie ihm, wie ein Schild, im Nebel des Meeres. Jetzo kam aus dem Lande der Äthiopen Poseidon, |
285 | Schüttelte zürnend sein Haupt, und sprach in der Tiefe des Herzens:
Himmel, es haben gewiß die Götter sich über Odysseus |
290 | Aber ich meine, er soll mir noch Jammer die Fülle bestehen!
Also sprach er, versammelte Wolken, und regte das Meer auf, |
295 | Unter sich stürmten der Ost und der Süd und der sausende Westwind,Auch der hellfrierende Nord, und wälzte gewaltige Wogen. Weh mir, ich elender Mann! Was werd' ich noch endlich erleben! |
300 | Ach ich fürchte, die Göttin hat lauter Wahrheit geweissagt,Die mir im wilden Meere, bevor ich zur Heimat gelangte,Hüllt, und das Meer aufregt! wie sausen die wütenden Stürme |
305 | Aller Enden daher! Nun ist mein Verderben entschieden!Dreimal selige Griechen und viermal, die ihr in TrojasAn dem Tage vollendet, als mich, im Getümmel der Troer, |
310 | Eherne Lanzen umflogen, um unsern erschlagnen Achilleus!Dann wär' ich rühmlich bestattet, dann sängen mein Lob die Achaier! Also sprach er; da schlug die entsetzliche Woge von oben |
315 | Weithin warf ihn der Schwung des erschütterten Floßes, und raubteIhm aus den Händen das Steu'r; und mit einmal stürzte der MastbaumLange blieb er untergetaucht, und strebte vergebens, |
320 | Unter der ungestüm rollenden Flut sich empor zu schwingen;Denn ihn beschwerten die Kleider, die ihm Kalypso geschenket.Dennoch vergaß er des Floßes auch selbst in der schrecklichen Angst nicht, |
325 | Sondern schwung sich ihm nach durch reißende Fluten, ergriff ihn,Setzte sich wieder hinein, und entfloh dem Todesverhängnis.Durch die Gefilde dahin; sie entfliehn ineinander gekettet: |
330 | Also trieben durchs Meer ihn die Winde bald hiehin bald dorthin.Jetzo stürmte der Süd ihn dem Nordsturm hin zum Verfolgen;Jetzo sandte der Ost ihn dem brausenden Weste zum Spiele. |
Aber Leukothea sah ihn, die schöne Tochter des Kadmos, Ino, einst ein Mädchen mit heller melodischer Stimme, |
|
335 | Nun in den Fluten des Meers der göttlichen Ehre genießend.Und sie erbarmete sich des umhergeschleuderten Mannes, Armer, beleidigtest du den Erderschüttrer Poseidon, |
340 | Daß er so schrecklich zürnend dir Jammer auf Jammer bereitet?Doch verderben soll er dich nicht, wie sehr er auch eifre!Treiben; spring in die Flut, und schwimme mit strebenden Händen |
345 | An der Phäaken Land, allwo dir Rettung bestimmt ist.Da, umhülle die Brust mit diesem heiligen Schleier,Löse den Schleier ab, und wirf ihn ferne vom Ufer |
350 | In das finstere Meer, mit abgewendetem Antlitz.
Also sprach die Göttin, und gab ihm den heiligen Schleier; |
355 | Tiefaufseufzend sprach er zu seiner erhabenen Seele:
Weh mir! ich fürchte, mich will der Unsterblichen einer von neuem |
360 | Also will ich es machen, denn dieses scheint mir das Beste!Weil die Balken noch fest in ihren Banden sich halten,Dann will ich schwimmen; ich weiß mir ja doch nicht besser zu raten! |
365 |
Als er solche Gedanken im zweifelnden Herzen bewegte, |
370 | Also zerstreute die Flut ihm die Balken. Aber OdysseusSchwung sich auf einen, und saß, wie auf dem Rosse der Reiter;Vorwärts sprang er hinab in das Meer, die Hände verbreitet, |
375 | Und schwamm eilend dahin. Da sah ihn der starke Poseidon,Schüttelte zürnend sein Haupt, und sprach in der Tiefe des Herzens: So, durchirre mir jetzo, mit Jammer behäuft, die Gewässer, |
380 |
Also sprach er, und trieb die Rosse mit fliegender Mähne, Aber ein Neues ersann Athene, die Tochter Kronions. |
385 | Und ließ stürmen den Nord, und brach vor ihm die Gewässer:Bis er zu den Phäaken, den ruderliebenden Männern, Schon zween Tage trieb er und zwo entsetzliche Nächte |
390 | Als nun die Morgenröte des dritten Tages emporstieg,Siehe da ruhte der Wind; von heiterer Bläue des Himmels So erfreulich den Kindern des lieben Vaters Genesung |
395 | Kommt, der lange schon an brennenden Schmerzen der KrankheitNiederlag und verging, vom feindlichen Dämon gemartert;Und er strebte mit Händen und Füßen, das Land zu erreichen. |
400 | Aber so weit entfernt, wie die Stimme des Rufenden schallet,Hört' er ein dumpfes Getöse des Meers, das die Felsen bestürmte,Keine Buchten empfingen, noch schirmende Reeden, die Schiffe; |
405 | Sondern trotzende Felsen und Klippen umstarrten das Ufer.Und dem edlen Odysseus erzitterten Herz und Kniee; Weh mir! nachdem mich Zeus dies Land ohn' alles Vermuten |
410 | Öffnet sich nirgends ein Weg aus dem dunkelwogenden Meere!Zackichte Klippen türmen sich hier, umtobt von der BrandungMit den Füßen ergründen, um watend ans Land sich zu retten! |
415 | Wagt' ich durchhin zu gehn, unwiderstehliches SchwungesSchmetterte mich die rollende Flut an die zackichte Klippe!Ach dann fürcht' ich, ergreift der Orkan mich von neuem, und schleudert |
420 | Mich Schwerseufzenden weit in das fischdurchwimmelte Weltmeer!Oder ein Himmlischer reizt auch ein Ungeheuer des Abgrunds Als er solche Gedanken im zweifelnden Herzen bewegte, |
425 | Warf ihn mit einmal die rollende Wog' an das schroffe Gestade.Jetzo wär' ihm geschunden die Haut, die Gebeine zermalmet,Schmiegte sich keuchend an, bis die rollende Woge vorbei war. |
430 | Also entging er ihr jetzt. Allein da die Woge zurückkam,Raffte sie ihn mit Gewalt, und schleudert' ihn fern in das Weltmeer.Also blieb an dem Fels von den angeklammerten Händen |
435 | Abgeschunden die Haut; und die rollende Woge verschlang ihn.Jetzo wäre der Dulder auch wider sein Schicksal gestorben,Schwamm herum, und sah nach dem Land', abhängiges Ufer |
440 | Irgendwo auszuspähn und sichere Busen des Meeres.Jetzo hatt' er nun endlich die Mündung des herrlichen StromesUnd er erkannte den strömenden Gott, und betet' im Herzen: |
445 |
Höre mich, Herrscher, wer du auch seist, du Sehnlicherflehter! |
450 | Herrscher, erbarme dich mein, der deiner Gnade vertrauet!
Also sprach er. Da hemmte der Gott die wallenden Fluten, |
455 | Alles war ihm geschwollen, ihm floß das salzige WasserHäufig aus Nas' und Mund; der Stimme beraubt und des Atems,Löst' er ab von der Brust den heiligen Schleier der Göttin, |
460 | Warf ihn eilend zurück in die salzige Welle des Flusses;Und ihn führte die Welle den Strom hinunter, und InoTiefaufseufzend sprach er zu seiner erhabenen Seele: |
465 |
Weh mir Armen, was leid' ich, was werd' ich noch endlich erleben! |
470 | Aber klimm' ich hinan zum waldbeschatteten Hügel,Unter dem dichten Gesträuche zu schlafen, wenn Frost und Ermattung Dieser Gedanke schien dem Zweifelnden endlich der beste, |
475 | Hinzugehn in den Wald, der den weitumschauenden HügelNah am Wasser bewuchs. Hier grüneten, ihn zu umhüllen,Ihn erleuchtete nimmer mit warmen Strahlen die Sonne, |
480 | Selbst der gießende Regen durchdrang ihn nimmer: so dicht warSein Gezweige verwebt. Hier kroch der edle OdysseusDaß zween Männer darunter und drei sich hätten geborgen |
485 | Gegen den Wintersturm, auch wann er am schrecklichsten tobte.Freudig sahe das Lager der herrliche Dulder Odysseus, Also verbirgt den Brand in grauer Asche der Landmann; |
490 | Hegt er den Samen des Feuers, um nicht in der Ferne zu zünden:Also verbarg sich der Held in den Blättern. Aber AtheneQualen ihm schneller entnähme, die lieben Wimper verschließend. |
Sechster Gesang
Nausikaa, des Königs Alkinoos' Tochter, von Athene im Traum ermahnt, fährt ihre Gewande zu waschen an den Strom, und spielt darauf mit den Mägden. Odysseus, den das Geräusch weckte, naht flehend, erhält Pflege und Kleidung, und folgt der Beschützerin bis zum Pappelhain der Athene vor der Stadt.
Also schlummerte dort der herrliche Dulder Odysseus,Überwältigt von Schlaf und Arbeit. Aber AtheneDiese wohnten vordem in Hypereiens Gefilde, |
|
5 | Nahe bei den Kyklopen, den übermütigen Männern,Welche sie immer beraubten, und mächtiger waren und stärker.Und umringte mit Mauren die Stadt, und richtete Häuser, |
10 | Baute Tempel der Götter, und teilte dem Volke die Äcker.Dieser war jetzo schon tot und in der Schatten Behausung;Auf die Heimkehr denkend des edelgesinnten Odysseus. |
15 | Und sie eilte sofort in die prächtige Kammer der Jungfrau,Wo Nausikaa schlief, des hohen Alkinoos Tochter,Neben den Pfosten, und dicht war die glänzende Pforte verschlossen. |
20 | Aber sie schwebte, wie wehende Luft, zum Lager der Jungfrau,Neigte sich über ihr Haupt, und sprach mit freundlicher Stimme,Dieser gleich an Gestalt erschien die Göttin, und sagte: |
25 |
Liebes Kind, was bist du mir doch ein lässiges Mädchen! |
30 | Bei den Leuten; auch freun sich dessen Vater und Mutter.Laß uns denn eilen und waschen, sobald der Morgen sich rötet!Siehe, es werben ja schon die edelsten Jüngling' im Volke |
35 | Aller Phäaken um dich; denn du stammst selber von Edlen.Auf! erinnere noch vor der Morgenröte den Vater,Auch für dich ist es so bequemer, als wenn du zu Fuße |
40 | Gehen wolltest; denn weit von der Stadt sind die Spülen entlegen.Also redete Zeus' blauäugichte Tochter, und kehrteNimmer bestöbert vom Schnee; die wolkenloseste Heitre |
45 | Wallet ruhig umher, und deckt ihn mit schimmerndem Glanze:Dort erfreut sich ewig die Schar der seligen Götter. Und der goldene Morgen erschien, und weckte die Jungfrau |
50 | Schnell durcheilte sie jetzo die Wohnungen, daß sie den Eltern,Vater und Mutter, ihn sagte; und fand sie beide zu Hause.Kam an der Pfort' ihr entgegen: er ging zu der glänzenden Fürsten |
55 | Ratsversammlung, wohin die edlen Phäaken ihn riefen.Und Nausikaa trat zum lieben Vater, und sagte: Lieber Papa, laß mir doch einen Wagen bespannen, |
60 | Denn dir selber geziemt es, mit reinen Gewanden bekleidetIn der Ratsversammlung der hohen Phäaken zu sitzen.Diese wollen beständig mit reiner Wäsche sich schmücken, |
65 | Wenn sie zum Reigen gehn; und es kommt doch alles auf mich an.
Also sprach sie, und schämte sich, von der lieblichen Hochzeit Weder die Mäuler, mein Kind, sei'n dir geweigert; noch sonst was. |
70 | Hoch, mit hurtigen Rädern, und einem geflochtenen Korbe.
Also sprach er, und rief; und schnell gehorchten die Knechte, |
75 | Aus der Kammer, und legte sie auf den zierlichen Wagen.Aber die Mutter legt' ihr allerlei süßes GebacknesGab ihr auch geschmeidiges Öl in goldener Flasche, |
80 | Daß sie sich nach dem Bade mit ihren Gehilfinnen salbte.Und Nausikaa nahm die Geißel und purpurnen Zügel;Nicht sie allein, sie wurde von ihren Mägden begleitet. |
85 |
Als sie nun das Gestade des herrlichen Stromes erreichten, |
90 | Weiden im süßen Klee, und nahmen vom Wagen die Kleidung,Trugen sie Stück für Stück in der Gruben dunkles Gewässer,Breiteten sie's in Reihen am warmen Ufer des Meeres, |
95 | Wo die Woge den Strand mit glatten Kieseln bespület.Und nachdem sie gebadet und sich mit Öle gesalbet,Als sich Nausikaa jetzt und die Dirnen mit Speise gesättigt, |
100 | Spieleten sie mit dem Ball, und nahmen die Schleier vom Haupte.Unter den Fröhlichen hub die schöne Fürstin ein Lied an.Und sich ergötzt, die Eber und schnellen Hirsche zu fällen; |
105 | Um sie spielen die Nymphen, Bewohnerinnen der Felder,Töchter des furchtbaren Zeus; und herzlich freuet sich Leto;Also ragte vor allen die hohe blühende Jungfrau. |
110 |
Aber da sie nunmehr sich rüstete, wieder zur Heimfahrt |
115 | Und Nausikaa warf den Ball auf eine der Dirnen;Dieser verfehlte die Dirn', und fiel in die wirbelnde Tiefe; Weh mir! zu welchem Volke bin ich nun wieder gekommen? |
120 | Sind's unmenschliche Räuber und sittenlose Barbaren;Oder Diener der Götter, und Freunde des heiligen Gastrechts?Und die Quellen der Flüsse und grasbewachsenen Täler! |
125 | Bin ich hier etwa nahe bei redenden Menschenkindern?Auf! ich selber will hin, und zusehn, was es bedeute! Also sprach er, und kroch aus dem Dickicht, der edle Odysseus, |
130 | Ging dann einher, wie ein Leu des Gebirgs, voll Kühnheit und Stärke,Welcher durch Regen und Sturm hinwandelt; die Augen im HaupteSelbst in verschlossene Höf', ein kleines Vieh zu erhaschen: |
135 | Also ging der Held, in den Kreis schönlockiger JungfraunSich zu mischen, so nackend er war; ihn spornte die Not an.Nur Nausikaa blieb. Ihr hatte Pallas Athene |
140 | Mut in die Seele gehaucht, und die Furcht den Gliedern entnommen.Und sie stand, und erwartete ihn. Da zweifelt' Odysseus:Bäte, daß sie die Stadt ihm zeigt', und Kleider ihm schenkte. |
145 | Dieser Gedanke schien dem Zweifelnden endlich der beste.So wie er war, von ferne mit schmeichelnden Worten zu flehen; Hohe, dir fleh ich; du seist eine Göttin, oder ein Mädchen! |
150 | Bist du eine der Göttinnen, welche den Himmel beherrschen;Siehe so scheinst du mir der Tochter des großen KronionsDreimal selig dein Vater und deine treffliche Mutter, |
155 | Dreimal selig die Brüder! Ihr Herz muß ja immer von hoherÜberschwenglicher Wonne bei deiner Schöne sich heben,Der, nach großen Geschenken, als Braut zu Hause dich führet! |
160 | Denn ich sahe noch nie solch einen sterblichen Menschen,Weder Mann noch Weib! Mit Staunen erfüllt mich der Anblick!Denn auch dorthin kam ich, von vielem Volke begleitet, |
165 | Jenes Weges, der mir so vielen Jammer gebracht hat!Und ich stand auch also vor ihm, und betrachtet' ihn langeDeine Kniee zu rühren! Doch groß ist mein Elend, o Jungfrau! |
170 | Gestern am zwanzigsten Tag entfloh ich dem dunkeln Gewässer;Denn so lange trieb mich die Flut und die wirbelnden StürmeEnde nicht; mir ward viel mehr von den Göttern beschieden! |
175 | Aber erbarme dich, Hohe! Denn nach unendlicher TrübsalFand ich am ersten dich, und kenne der übrigen MenschenEtwa ein Wickeltuch, worin du die Wäsche gebracht hast! |
180 | Mögen die Götter dir schenken, so viel dein Herz nur begehret,Einen Mann und ein Haus, und euch mit seliger EintrachtRuhig ihr Haus verwalten: den Feinden ein kränkender Anblick, |
185 | Aber Wonne den Freunden; und mehr noch genießen sie selber! |
Ihm antwortete drauf die lilienarmige Jungfrau:Keinem geringen Manne noch törichten gleichst du, o Fremdling.Vornehm oder geringe, nach seinem Gefallen ihr Schicksal. |
|
190 | Dieser beschied dir dein Los, und dir geziemt es zu dulden.Jetzt, da du unserer Stadt und unsern Gefilden dich nahest,Zeigen will ich die Stadt, und des Volkes Namen dir sagen: |
195 | Wir Phäaken bewohnen die Stadt und diese Gefilde.Aber ich selber bin des hohen Alkinoos' Tochter, Also sprach sie, und rief den schöngelockten Gespielen: |
200 | Meinet ihr etwa, er komme zu uns in feindlicher Absicht?Wahrlich, der lebt noch nicht, und niemals wird er geboren,Wohnen wir abgesondert im wogenrauschenden Meere, |
205 | An dem Ende der Welt, und haben mit keinem Gemeinschaft.Nein, er kommt zu uns, ein armer irrender Fremdling,Kommt denn, ihr Dirnen, und gebt dem Manne zu essen und trinken; |
210 | Und dann badet ihn unten im Fluß, wo Schutz vor dem Wind ist.
Also sprach sie. Da standen sie still, und riefen einander, |
215 | Gaben ihm auch geschmeidiges Öl in goldener Flasche,Und geboten ihm jetzt, in den Wellen des Flusses zu baden. Tretet ein wenig beiseit', ihr Mädchen, daß ich mir selber |
220 | Salbe; denn wahrlich schon lang entbehr' ich dieser Erfrischung!Aber ich bade mich nimmer vor euch, ich würde mich schämen, Also sprach er, sie gingen beiseit', und sagten's der Fürstin. |
225 | Welches den Rücken ihm und die breiten Schultern bedeckte,Rieb sich dann von dem Haupte den Schaum der wüsten Gewässer.Siehe da schuf ihn Athene, die Tochter des großen Kronions, |
230 | Höher und jugendlicher an Wuchs, und goß von der ScheitelRingelnde Locken herab, wie der Purpurlilien Blüte.Vieler Künste gelehrt, und bildet reizende Werke: |
235 | Also umgoß die Göttin ihm Haupt und Schultern mit Anmut.Und er ging ans Ufer des Meers, und setzte sich nieder, Höret mich an, weißarmige Mädchen, was ich euch sage! |
240 | Nicht von allen Göttern verfolgt, die den Himmel bewohnen,Kam der Mann in das Land der göttergleichen Phäaken!Würde mir doch ein Gemahl von solcher Bildung bescheret, |
245 | Unter den Fürsten des Volks; und gefiel es ihm selber zu bleiben!Aber, ihr Mädchen, gebt dem Manne zu essen und trinken. Also sprach sie; ihr hörten die Mägde mit Fleiß, und gehorchten: |
250 | Voller Begier, denn er hatte schon lange nicht Speise gekostet.
Und ein Neues ersann die lilienarmige Jungfrau: |
255 |
Fremdling, mache dich auf, in die Stadt zu gehen! Ich will dich |
260 | Folge mit meinen Mägden dem mäulerbespanneten WagenHurtig zu Fuße nach, wie ich im Wagen euch fahre.Und die Einfahrt schmal; denn gleichgezimmerte Schiffe |
265 | Engen den Weg, und ruhn, ein jedes auf seinem Gestelle.Allda ist auch ein Markt um den schönen Tempel Poseidons,Segeltücher und Seile, und schöngeglättete Ruder. |
270 | Denn die Phäaken kümmern sich nicht um Köcher und Bogen;Aber Masten und Ruder und gleichgezimmerte Schiffe,Uns nachhöhnte; man ist sehr übermütig im Volke! |
275 | Denn es sagte vielleicht ein Niedriger, der uns begegnet:Seht doch, was folgt Nausikaen dort für ein schöner und großerSturm und Woge verschlug? Denn nahe wohnet uns niemand. |
280 | Oder kam gar ein Gott auf ihr inbrünstiges FlehenHoch vom Himmel herab, bei ihr zeitlebens zu bleiben?Sind ihr wahrlich zu schlecht, die vielen Söhne der Edeln! |
285 | Also sagten die Leut', und es wär' auch wider den Wohlstand.Denn ich tadelte selber an andern solches Verfahren,Aber vernimm, o Fremdling, was ich dir rate; wofern du |
290 | Wünschest, daß bald mein Vater in deine Heimat dich sende.Nah am Weg' ist ein Pappelgehölz, Athenen geheiligt.Nur so weit von der Stadt, wie die Stimme des Rufenden schallet. |
295 | Allda setze dich nieder im Schatten des Haines, und warte,Bis wir kommen zur Stadt, und des Vaters Wohnung erreichen.Dort nach meines Vaters, des hohen Alkinoos', Wohnung. |
300 | Leicht ist diese zu kennen, der kleinste Knab' auf der GasseFühret dich hin. Denn nicht auf gleiche Weise gebauetDann durcheile den Saal, und geh zur inneren Wohnung |
305 | Meiner Mutter. Sie sitzt am glänzenden Feuer des Herdes,Drehend die zierliche Spindel mit purpurfarbener Wolle,Wo er, wie ein Unsterblicher, ruht, und mit Weine sich labet. |
310 | Diesen gehe vorbei, und umfasse mit flehenden HändenUnserer Mutter Kniee; damit du den Tag der ZurückkunftO dann hoffe getrost, die Freunde wiederzusehen, |
315 | Und dein prächtiges Haus, und deiner Väter Gefilde!
Also sprach die Fürstin, und zwang mit glänzender Geißel |
320 | Ihre Mägd' und Odysseus, und schwang die Geißel mit Klugheit.Und die Sonne sank; und sie kamen zum schönen Gehölze, Höre mich, siegende Tochter des wetterleuchtenden Gottes! |
325 | Höre mich endlich einmal, da du vormals nimmer mich hörtest,Als der gestadumstürmende Gott mich zürnend umherwarf! Also sprach er flehend; ihn hörete Pallas Athene. |
330 | Ihres Vaters: er zürnte dem göttergleichen Odysseus Unablässig, bevor er die Heimat wieder erreichte. |
Siebenter Gesang
Nach Nausikaa geht Odysseus in die Stadt, von Athene in Nebel gehüllt, und zum Palaste des Königs geführt, wo die Fürsten versammelt sind. Er fleht der Königin Arete um Heimsendung, und wird von Alkinoos als Gast aufgenommen. Nach dem Mahle, da Arete um die Kleider ihn fragt, erzählt er seine Geschichte seit der Abfahrt von Kalypso.
Also betete dort der herrliche Dulder Odysseus.Aber Nausikaa flog in die Stadt mit der Stärke der Mäuler.Hielt sie still an der Pforte des Hofs. Da kamen die Brüder |
|
5 | Ringsumher, an Gestalt den Unsterblichen ähnlich; sie spanntenVon dem Wagen die Mäuler, und trugen die Wäsch' in die Kammer.Einst entführten die Schiffer sie aus Epeiros, und wählten |
10 | Für Alkinoos sie zum Ehrengeschenke, den König,Welcher hoch, wie ein Gott, im phäakischen Volke geehrt ward; Aber Odysseus ging in die Stadt; und Pallas Athene |
15 | Hüllt' ihn in finstere Nacht, aus Sorge für ihren Geliebten:Daß ihn nicht auf dem Wege der hochgesinnten PhäakenDa begegnet' ihm Zeus' blauäugichte Tochter Athene. |
20 | Wie ein blühendes Mädchen mit einem Wassergefäße,Stand sie nahe vor ihm. Da sprach der edle Odysseus: Liebe Tochter, willst du mir nicht Alkinoos Wohnung |
25 | Ferne von hier aus dem apischen Land; und kenne der MenschenKeinen, welche die Stadt und diese Gefilde bewohnen. Ihm antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
30 | Gehe so ruhig fort, und folge mir, wie ich dich führe;Schaue nach keinem Menschen dich um, und rede mit niemand.Sie bekümmern sich nur um schnelle hurtige Schiffe, |
35 | Über die Meere zu fliegen: denn dies gab ihnen Poseidon.Ihre Schiffe sind hurtig wie Flügel, und schnell wie Gedanken. Als sie die Worte geredet, da wandelte Pallas Athene |
40 | Als er die Stadt durchging: die schöngelockte AtheneLieß es nicht zu, die furchtbare Göttin, die heiliges DunkelUnd die Versammlungsplätze des Volks, und die türmenden Mauern, |
45 | Lang und hoch, mit Pfählen umringt, ein Wunder zu schauen!Als sie die prächtige Burg des Königes jetzo erreichten, Fremder Vater, hier ist das Haus, wohin du verlangtest, |
50 | Hier am festlichen Schmause versammelt finden; doch geheDreist hinein, und fürchte dich nicht! Dem Kühnen gelingetDiese heißt Arete mit Namen, und ward von denselben |
55 | Eltern gezeugt, von welchen der König Alkinoos herstammt.Denn Nausithoos war des Erdumstürmers PoseidonDieser beherrschte vordem die ungeheuren Giganten; |
60 | Aber er stürzte sich selbst und sein frevelndes Volk ins Verderben.Seine Tochter bezwang der Gott, und aus ihrer GemeinschaftDieser starb ohne Söhne vom silbernen Bogen Apollons, |
65 | Neuvermählt im Palast; die einzige Tochter AreteSeines Bruders nahm Alkinoos drauf zur Gemahlin:Also wird Arete mit herzlicher Liebe geehret |
70 | Von Alkinoos selbst, und ihren blühenden Kindern,Und dem Volke, das sie wie eine Göttin betrachtet,Und sie entscheidet selbst der Männer Zwiste mit Weisheit. |
75 | Fremdling, ist diese dir nur in ihrem Herzen gewogen;O dann hoffe getrost, die Freunde wiederzusehen, Also redete Zeus' blauäugichte Tochter, und eilte |
80 | Bis sie gen Marathon kam, und den weiten Gassen Athenäs,In die prächtige Wohnung Erechtheus. Aber Odysseus Gleich dem Strahle der Sonn', und gleich dem Schimmer des Mondes |
85 | Blinkte des edelgesinnten Alkinoos' prächtige Wohnung.Eherne Wände liefen an jeglicher Seite des HausesSilberne Pfosten, gepflanzt auf ihrer ehernen Schwelle, |
90 | Trugen den silbernen Kranz; der Ring der Pforte war golden.Jegliche Seit' umstanden die goldnen und silbernen Hunde,Drohend standen sie dort, unsterblich und nimmer veraltend. |
95 | Innerhalb reihten sich Sessel um alle Wände des SaalesTief hinein von der Schwell'; und Teppiche deckten die Sessel,Festlich bei Speis' und Trank, und schmausten von Tage zu Tage. |
100 | Goldene Jünglinge standen auf schöngebauten AltärenRingsumher, und hielten in Händen brennende Fackeln,Diese bei rasselnden Mühlen zermalmeten gelbes Getreide; |
105 | Jene saßen und webten, und dreheten emsig die Spindel,Anzuschaun, wie die Blätter der hohen wehenden Pappel:Hurtige Schiffe zu lenken verstehn; so siegen die Weiber |
110 | In der Kunst des Gewebes: sie lehrete selber Athene,Wundervolle Gewande mit klugem Geiste zu wirken. Außer dem Hofe liegt ein Garten, nahe der Pforte, |
115 | Voll balsamischer Birnen, Granaten und grüner Oliven,Oder voll süßer Feigen, und rötlichgesprenkelter Äpfel.Blühen die Knospen dort, hier zeitigten schwellende Früchte: |
120 | Birnen reifen auf Birnen, auf Äpfel röten sich Äpfel,Trauben auf Trauben erdunkeln, und Feigen schrumpfen auf Feigen.An der Sonne verbreitet, und andere schneidet der Winzer, |
125 | Andere keltert man schon. Hier stehen die Herling' in Reihen,Dort entblühen sie erst, dort bräunen sich leise die Beeren,Auch zwo Quellen sind dort: die eine durchschlängelt den Garten; |
130 | Und die andere gießt sich unter die Schwelle des HofesAn den hohen Palast, allwo die Bürger sie schöpfen. Lange stand bewundernd der herrliche Dulder Odysseus. |
135 | Eilet' er über die Schwell', und ging in die strahlende Wohnung.Und er fand der Phäaken erhabene Fürsten und Pfleger.Schnell durchging er den Saal, der herrliche Dulder Odysseus, |
140 | Rings in Nebel gehüllt, den ihm Athene umgossen,Bis er Alkinoos fand und seine Gemahlin Arete.Alle verstummten im Saale, da sie den Fremdling erblickten, |
145 | Und sahn staunend ihn an. Jetzt flehte der edle Odysseus:
O Arete, du Tochter des göttergleichen Rexenors, |
150 | Reichtum im Hause nach, und die Würde, die ihm das Volk gab!Aber erbarmet euch mein, und sendet mich eilig zur Heimat; Also sprach er, und setzt' am Herd in die Asche sich nieder |
155 | Endlich brach die Stille der graue Held Echeneos,Welcher der älteste war der hohen phäakischen Fürsten, König, es ziemet sich nicht, und ist den Gebräuchen entgegen, |
160 | Einen Fremdling am Herd' in der Asche sitzen zu lassen.Diese Männer schweigen, und harren deiner Befehle.Füllen mit Weine den Kelch; damit wir dem Gotte des Donners |
165 | Opfer bringen, der über die Hilfeflehenden waltet. Und die Schaffnerin speise von ihrem Vorrat den Fremdling. |
Als die heilige Macht Alkinoos' solches vernommen;Faßt' er die Hand des tapfern erfindungsreichen Odysseus,Richtet' ihn auf aus der Asch', und führt' ihn zum schimmernden Sessel |
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170 | Nahe bei sich, und hieß den edlen Laodamas aufstehn,Seinen mutigen Sohn, den er am zärtlichsten liebte.Ihm die Händ', und stellte vor ihn die geglättete Tafel. |
175 | Auch die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf,Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat. Mische Wein in dem Kelche, Pontonoos; reiche dann allen |
180 | Männern im Saal' umher: damit wir dem Gotte des DonnersOpfer bringen, der über die Hilfeflehenden waltet. Sprach's; und Pontonoos mischte des süßen Weines im Kelche. |
185 | Hub Alkinoos an, und sprach zur edlen Versammlung:
Merket auf, der Phäaken erhabene Fürsten und Pfleger, |
190 | Und den Fremdling im Hause bewirten, mit heiligen OpfernUns die Götter versöhnen, und dann die gefoderte HeimfahrtFreudig komme, und bald, er wohn' auch ferne von hinnen; |
195 | Und ihm nicht auf dem Weg' ein neues Übel begegne,Eh' er sein Vaterland erreicht hat. Dort begegn' ihm,Aber kam vielleicht der Unsterblichen einer vom Himmel, |
200 | Wahrlich dann haben mit uns die Götter ein andres im Sinne!Sonst erscheinen uns stets die Götter in sichtbarer Bildung,Oft auch, wann ihnen irgend ein einsamer Wandrer begegnet, |
205 | Hüllen sie sich in Gestalt: denn wir sind ihnen so nahe,Wie die wilden Kyklopen und ungezähmten Giganten. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
210 | Weder an Kleidung noch Wuchs; ich gleiche sterblichen Menschen.Kennt ihr einen, der euch der unglückseligste allerWelche der Götter Rat auf meine Seele gehäuft hat! |
215 | Aber erlaubt mir nun zu essen, wie sehr ich auch traure.Denn nichts ist unbändiger, als der zürnende Hunger,Also bin ich von Herzen bekümmert; aber beständig |
220 | Fodert er Speis' und Trank, der Wüterich! und ich vergesseAlles, was ich gelitten, bis ich den Hunger gesättigt.Denn soviel ich erlitten, ich stürbe sogar um den Anblick |
225 | Meiner Güter und Knechte und meines hohen Palastes!
Also sprach er; da lobten ihn alle Fürsten, und rieten, |
230 | Aber im Saale blieb der göttergleiche Odysseus;Neben ihm saß der König und seine Gemahlin Arete;Denn sie erkannte den Mantel und Rock, die schönen Gewande, |
235 | Welche sie selber gewirkt mit ihren dienenden Jungfraun;Und sie redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte: Hierum muß ich dich, Fremdling, vor allen Dingen befragen: |
240 |
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
245 | Wo des Atlas' Tochter, die listenreiche KalypsoWohnet, die Schöngelockte, die furchtbare Göttin. Es pflegetIrgend ein Dämon, nachdem mir der Gott hochrollender Donner |
250 | Mitten im Meere mein Schiff mit dem dampfenden Strahle zerschmettert!Alle tapfern Gefährten versanken mir dort in den Abgrund.Führten die Himmlischen mich gen Ogygia, wo Kalypso |
255 | Wohnet, die Schöngelockte, die furchtbare Göttin. Sie nahm michFreundlich und gastfrei auf, und reichte mir Nahrung, und sagteSieben Jahre blieb ich bei ihr, und netzte mit Tränen |
260 | Stets die ambrosischen Kleider, die mir Kalypso geschenket.Als nun endlich das achte der rollenden Jahre gekommen,Mich auf vielgebundenem Floß, und schenkte mir reichlich |
265 | Speise und süßen Wein, und gab mir ambrosische Kleider;Ließ dann leise vor mir ein laues Lüftchen einherwehn.Eures Landes von fern, und freute mich herzlich des Anblicks. |
270 | Ich Unglücklicher! Ach noch viele schreckliche TrübsalStand mir bevor, vom Zorne des Erderschüttrers Poseidon!Daß ich länger im Floße mit bangem Seufzen dahinfuhr: |
275 | Ihn zerschmetterte schnell die Gewalt der kommenden Windsbraut.Aber schwimmend durchkämpft' ich die ungeheuren Gewässer,Und an die drohenden Klippen, den Ort des Entsetzens, geschmettert. |
280 | Aber ich eilte zurück, und schwamm herum, bis ich endlichKam an den Strom. Hier fand ich bequem zum Landen das Ufer,Und ich ging vom Gestade des göttlichen Stromes, und legte |
285 | Mich in ein dichtes Gebüsch, und häufte verdorrete BlätterUm mich her; da sandte mir Gott unendlichen Schlummer.Als die Sonne sich neigte, verließ mich der liebliche Schlummer. |
290 | Und am Ufer des Meers erblickt' ich die spielenden JungfraunDeiner Tochter, mit ihnen sie selbst, den Unsterblichen ähnlich.Hoffen ließ; denn selten sind jüngere Leute verständig. |
295 | Speise reichte sie mir und funkelnden Wein zur Erquickung,Badete mich im Strom, und schenkte mir diese Gewande. Ihm antwortete drauf Alkinoos wieder, und sagte: |
300 | Daß sie dich nicht zu uns mit ihren dienenden JungfraunFührte. Du hattest ja ihr zuerst um Hilfe geflehet. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
305 | Aber ich weigerte mich, aus Scheu, und weil ich besorgte,Daß sich etwa dein Herz ereiferte, wenn du es sähest. Ihm antwortete drauf Alkinoos wieder, und sagte: |
310 | Brennte von jähem Zorn. Doch besser ist immer der Wohlstand.Schaffte doch Vater Zeus, Athene und Phöbos Apollon,Und hier bliebe! Ich wollte dir Haus und Habe verehren, |
315 | Bliebest du willig hier. Doch wider Willen soll niemandVon den Phäaken dich halten: das wolle Gott nicht gefallen!Da sie die Stille des Meers durchrudern, bis du erreichest |
320 | Deine Heimat, dein Haus, und was dir irgendwo lieb ist;Wär' es auch von hinnen noch weiter, als selbst Euböa.Fuhren, der Tityos dort, den Sohn der Erde, besuchte; |
325 | Und sie kamen dahin, und vollbrachten an einem TageOhne Mühe die Fahrt, und brachten ihn wieder zur Heimat. Sprach's; und freudig vernahm es der herrliche Dulder Odysseus. |
330 | Drauf begann er zu reden, und brach in ein lautes Gebet aus:
Vater Zeus, o gib, daß Alkinoos alles vollende, Also besprachen diese sich jetzo untereinander. |
335 | Aber den Mägden befahl die lilienarmige Fürstin,Unter die Hall' ein Bette zu setzen, unten von PurpurUnd sie enteilten dem Saal', in den Händen die leuchtende Fackel. |
340 | Als sie jetzo geschäftig das warme Lager bereitet,Gingen sie hin, und ermahnten den göttergleichen Odysseus: Fremdling, gehe nun schlafen; dein Lager ist schon bereitet. |
345 | Unter der tönenden Hall', im schöngebildeten Bette.Aber Alkinoos schlief im Innern des hohen Palastes,Und die Königin schmückte das Eh'bett ihres Gemahles. |
Achter Gesang
Alkinoos empfiehlt dem versammelten Volke die Heimsendung des Fremdlings und ladet die Fürsten samt den Reisegefährten zum Gastmahl. Kampfspiele. Odysseus wirft die Scheibe. Tanz zu Demodokos' Gesang von Ares und Aphrodite. Andere Tänze. Odysseus wird beschenkt. Beim Abendschmaus singt Demodokos von dem hölzernen Roß; den weinenden Fremdling ersucht der König um seine Geschichte.
Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte,Stand die heilige Macht Alkinoos' auf von dem Lager.Und die heilige Macht Alkinoos' führte den Helden |
|
5 | Zu der Phäaken Markte, der bei den Schiffen erbaut war.Allda setzten sie sich auf schöngeglättete SteineAuf die Heimkehr denkend des großgesinnten Odysseus, |
10 | Ging sie umher, und sprach zu jedem begegnenden Manne:
Auf, und kommt, der Phäaken erhabene Fürsten und Pfleger, |
15 |
Also sprach sie, das Herz in aller Busen erregend. |
20 | Hatt' ihn höher an Wuchs und jugendlicher gebildet:Daß bei allen Phäaken Odysseus Liebe gewönne,Als die Versammelten jetzt in geschlossener Reihe sich drängten, |
25 | Hub Alkinoos an, und redete zu der Versammlung:
Merket auf, der Phäaken erhabene Fürsten und Pfleger, |
30 | Und verlangt nun weiter, und fleht um Bestimmung der Abfahrt.Laßt uns denn jetzo die Reise beschleunigen, wie wir gewohnt sind.Auf! wir wollen ein schwärzliches Schiff von den neueren am Strande |
35 | Wälzen ins heilige Meer, und zweiundfünfzig der bestenJüngling' im Volk erlesen, die sich schon vormals gezeiget!Schnell mit Speise zur Fahrt; ich will euch allen bereiten. |
40 | Dieses ist mein Befehl an die Jünglinge. Aber ihr andernSceptertragenden Fürsten, versammelt euch zu dem Palaste,Unsern Demodokos her; denn ihm gab Gott überschwenglich |
45 | Süßen Gesang, wovon auch sein Herz zu singen ihn antreibt.
Also sprach er, und ging. Die Sceptertragenden alle |
50 | Als sie jetzo das Schiff am Strande des Meeres erreichten,Zogen sie eilig das schwärzliche Schiff ins tiefe Gewässer,Alles, wie sich's gehört, und spannten die schimmernden Segel. |
55 | Und sie stellten das Schiff im hohen Wasser des Hafens,Gingen dann in die Burg des weisen Phäakenbeherrschers. Allda wimmelten schon die Säle, die Hallen und Höfe |
60 | Acht weißzahnichte Schwein', und zween schwerwandelnde Stiere.Diese zogen sie ab, und bereiteten hurtig das Gastmahl. Jetzo kam auch der Herold, und führte den lieblichen Sänger, |
65 | Und Pontonoos setzt' ihm den silberbeschlagenen Sessel,Mitten unter den Gästen, an eine ragende Säule;Vor ihn stellte der Herold den schönen Tisch und den Eßkorb, |
70 | Und den Becher voll Weins, zu trinken, wann ihm beliebte.Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle. Aber als die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, |
75 | Wählt' er Odysseus' Zank und des Peleiden Achilleus:Wie sie einst miteinander am festlichen Mahle der GötterDenn dies Zeichen war ihm von Phöbos Apollon geweissagt, |
80 | In der heiligen Pytho, da er die steinerne SchwelleForschend betrat; denn damals entsprang die Quelle der Trübsal Dieses sang der berühmte Demodokos. Aber Odysseus |
85 | Zog ihn über das Haupt, und verhüllte sein herrliches Antlitz;Daß die Phäaken nicht die tränenden Wimper erblickten.Faßte den doppelten Becher, und goß den Göttern des Weines. |
90 | Aber da jener von neuem begann, und die edlen PhäakenIhn zum Gesang ermahnten, vergnügt durch die reizenden Lieder;Nur Alkinoos sah aufmerksam die Trauer des Fremdlings, |
95 | Welcher neben ihm saß, und hörte die tiefen Seufzer.Und der König begann zu den ruderliebenden Männern: Merket auf, der Phäaken erhabene Fürsten und Pfleger. |
100 | Laßt uns denn jetzt aufstehen, und alle Kämpfe beginnen:Daß der Fremdling davon bei seinen Freunden erzähle, Also sprach er, und ging; es folgten ihm alle Phäaken. |
105 | Aber der Herold hängt' an den Nagel die klingende Harfe,Faßte Demodokos' Hand, und führt' ihn aus dem Palaste,Und sie eilten, verfolgt vom großen Getümmel des Volkes, |
110 | Auf den Markt. Da erhuben sich viele der Edlen zum Wettkampf,Stand Akroneos auf, Okyalos dann, und Elatreus,Auch Amphialos, Sohn von Tektons Sohn Polyneos, |
115 | Und Euryalos, gleich dem menschenvertilgenden Kriegsgott:Auch Naubolides kam, an Wuchs und Bildung der schönsteErst Laodamas, Halios dann, und der Held Klytoneos. |
120 | Diese versuchten zuerst miteinander die Schnelle der Füße.Ihnen ward von dem Stande das Ziel gemessen, und eilendSo viel Raum vor den Stieren die pflügenden Mäuler gewinnen, |
125 | So weit eilte der Held vor den übrigen Läufern zum Ziele.Andre versuchten darauf im mühsamen Ringen die Kräfte,Und die Scheibe zu werfen der beste von allen Elatreus; |
130 | Und im Kampfe der Faust besiegte Laodamas alle.
Als die Kämpfer ihr Herz mit den edlen Spielen erfreuet, |
135 | Seine Lenden und Schenkel, und beide nervichten Arme,Und die hohe Brust, und der starke Nacken; auch JugendEinen Mann zu verwüsten, und wär' er auch noch so gewaltig. |
140 |
Ihm antwortete drauf Euryalos wieder, und sagte: Als der treffliche Sohn Alkinoos' solches vernommen, |
145 |
Fremder Vater, auch du mußt dich in den Kämpfen versuchen, |
150 | Deine Reise, die wird nicht lange mehr dauern; das Schiff istSchon ins Wasser gesenkt, und bereit sind deine Gefährten. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
155 | Denn ich habe schon vieles erduldet, schon vieles erlitten;Und nun sitz' ich hier in eurer Heldenversammlung, Und Euryalos gab ihm diese schmähende Antwort: |
160 | Sich versteht, so viele bei edlen Männern bekannt sind;Sondern so einer, der stets vielrudrichte Schiffe befähret,Und den erscharrten Gewinst! Ein Kämpfer scheinst du mitnichten! |
165 |
Zürnend schaute auf ihn und sprach der weise Odysseus: |
170 | Aber es krönet Gott die Worte mit Schönheit; und alleSchaun mit Entzücken auf ihn; er redet sicher und treffend,Mancher andere scheint den Unsterblichen ähnlich an Bildung; |
175 | Aber seinen Worten gebricht die krönende Anmut,Also prangst auch du mit reizender Bildung; nicht schönerWeil du nicht billig sprachst! Ich bin kein Neuling im Wettkampf, |
180 | Wie du eben geschwatzt; ich rühmte mich einen der ersten,Als ich der Jugend noch und meinen Armen vertraute.Aber auch jetzt, so entkräftet ich bin, versuch' ich den Wettstreit! |
185 | Denn an der Seele nagt mir die Red', und du hast mich gefodert!
Sprach's; und mitsamt dem Mantel erhub er sich, faßte die Scheibe, |
190 | Und hinsauste der Stein. Da bückten sich eilig zur ErdenAlle Phäaken, die Führer der langberuderten Schiffe,Eines Mannes Gestalt nachahmend, und sprach zu Odysseus: |
195 |
Selbst ein blinder Mann mit tappenden Händen, o Fremdling, |
Also rief ihm die Göttin. Der herrliche Dulder Odysseus | |
200 | Freute sich, einen gewogenen Mann im Volke zu sehen;Und mit leichterem Herzen begann er zu den Phäaken: Schleudert jetzo mir nach, ihr Jünglinge! Bald soll die andre, |
205 | Komm und versuch' ihn mit mir; denn ihr habt mich höchlich beleidigt!Auf die Faust, im Ringen, im Lauf, ich weigre mich keines!Wahrlich vernunftlos ist und keines Wertes der Fremdling, |
210 | Welcher in fernem Lande den Freund, der ihn speiset und herbergt,Zum Wettkampfe beruft; er opfert sein eigenes Wohl hin.So gar schlecht bin ich, traun! in keinem Kampfe der Männer! |
215 | Wohl versteh' ich die Kunst, den geglätteten Bogen zu spannen;Ja ich träfe zuerst im Haufen feindlicher MännerPhiloktetes allein übertraf mich an Kunde des Bogens, |
220 | Als vor Ilions Stadt wir Achaier im Schnellen uns übten.Doch vor den übrigen Schützen behaupt' ich selber den Vorrang,Weder mit Eurytos, dem Öchalier, noch mit Herakles, |
225 | Die den Unsterblichen sich an Bogenkunde verglichen.Drum starb Eurytos auch so plötzlich, ehe das AlterUnd mit dem Wurfspieß treff' ich so weit, als kein andrer mit Pfeilen. |
230 | Bloß an Schnelle der Füße besorg' ich, daß der PhäakenEiner vielleicht mich besiege. So über die Maßen entkräftet Also sprach er, und alle verstummten umher, und schwiegen. |
235 | Endlich hub Alkinoos an, und sprach zu Odysseus:
Fremdling, wir sagen dir Dank, daß du uns solches verkündest, |
240 | Welcher Verstand besitzt, anständige Worte zu reden!Aber höre nun auch mein Wort, damit du es andernUnd dich unserer Tugend und unserer Taten erinnerst, |
245 | Welche beständig Zeus von der Väter Zeiten uns anschuf.Denn wir suchen kein Lob im Faustkampf oder im Ringen;Oft veränderten Schmuck, und warme Bäder, und Ruhe. |
250 | Auf denn, und spielt vor uns, ihr besten phäakischen Tänzer:Daß der Fremdling davon bei seinen Freunden erzähle,Einer gehe geschwind, und hole die klingende Harfe |
255 | Für Demodokos her, die in unserem Hause wo lieget.
Also sagte der Held Alkinoos. Aber der Herold Jetzo erhuben sich auch die neun Kampfrichter vom Sitze, |
260 | Maßen und ebneten schnell die schöne Fläche des Reigens.
Aber der Herold kam und brachte die klingende Harfe |
265 | Sah voll stiller Bewundrung die fliegende Eile der Füße.
Lieblich rauschte die Harfe; dann hub der schöne Gesang an. |
270 | Feuerbeherrschers Lager. Doch plötzlich bracht' ihm die BotschaftHelios, der sie gesehn in ihrer geheimen Umarmung.Stellt auf den Block den gewaltigen Amboß, und schmiedete starke |
275 | Unauflösliche Ketten, um fest und auf ewig zu binden.Und nachdem er das trügliche Werk im Zorne vollendet,Viele spannt er auch oben herab vom Gebälke der Kammer, |
280 | Zart wie Spinnengewebe, die keiner zu sehen vermöchte,Selbst von den seligen Göttern: so wunderfein war die Arbeit!Die er am meisten liebt von allen Ländern der Erde. |
285 | Ares schlummerte nicht, der Gott mit goldenen Zügeln,Als er verreisen sahe den kunstberühmten Hephästos.Aphrodite war eben vom mächtigen Vater Kronion |
290 | Heimgekehrt und saß. Er aber ging in die Wohnung,Faßte der Göttin Hand, und sprach mit freundlicher Stimme: Komm, Geliebte, zu Bette, der süßen Ruhe zu pflegen! |
295 |
Also sprach er, und ihr war sehr willkommen die Ruhe. |
300 | Jetzo nahte sich ihnen der hinkende Feuerbeherrscher.Dieser kehrte zurück, bevor er Lemnos erreichte,Stand in dem Vorsaal still; und der rasende Eifer ergriff ihn. |
305 | Fürchterlich ruft er aus, und alle Götter vernahmen's:
Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Götter! |
310 | Darum, weil jener schön ist und grade von Beinen, ich aberSolche Krüppelgestalt! Doch keiner ist schuld an der Lähmung,Ruhn, und der Wollust pflegen! Das Herz zerspringt mir beim Anblick! |
315 | Künftig möchten sie zwar, auch nicht ein Weilchen, so liegen!Wie verbuhlt sie auch sind, sie werden nicht wieder verlangen,Die ich als Bräutigam gab für sein schamloses Gezüchte! |
320 | Seine Tochter ist schön, allein unbändiges Herzens!
Also sprach er. Da eilten zum ehernen Hause die Götter: |
325 | Jetzo standen die Götter, die Geber des Guten, im Vorsaal;Und ein langes Gelächter erscholl bei den seligen Göttern, Böses gedeihet doch nicht; der Langsame haschet den Schnellen! |
330 | Also ertappt Hephästos, der Langsame, jetzo den Ares,Welcher am hurtigsten ist von den Göttern des hohen Olympos, Also besprachen sich die Himmlischen untereinander. |
335 |
Hermes, Zeus' Gesandter und Sohn, du Geber des Guten, Ihm erwiderte darauf der geschäftige Argosbesieger: |
340 | Fesselten mich auch dreimal so viel unendliche Bande,Und ihr Götter sähet es an, und die Göttinnen alle: Also sprach er; da lachten laut die unsterblichen Götter. |
345 | Zum kunstreichen Hephästos, den Kriegsgott wieder zu lösen.Und er redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte: Lös' ihn! Ich stehe dafür: er soll, wie du es verlangest, Drauf antwortete jenem der hinkende Feuerbeherrscher: |
350 | Fodere solches nicht, du Erdumgürter Poseidon!Elende Sicherheit gibt von Elenden selber die Bürgschaft. Ihm erwiderte drauf der Erderschüttrer Poseidon: |
355 | Nun Hephästos, wofern denn auch Ares fliehend hinwegeilt,Um der Schuld zu entgehn; ich selbst will dir dieses bezahlen! Drauf antwortete jenem der hinkende Feuerbeherrscher: Also sprach er, und löste das Band, der starke Hephästos. |
360 | Und kaum fühlten sich beide der mächtigen Fessel entledigt,Sprangen sie hurtig empor. Der Kriegsgott eilte gen Threke.Allda badeten sie die Charitinnen, und salbten |
365 | Sie mit ambrosischem Öle, das ewige Götter verherrlicht;Schmückten sie dann mit schönen und wundervollen Gewanden. Also sang der berühmte Demodokos. Aber Odysseus |
370 |
Und Alkinoos hieß den mutigen Halios einzeln |
375 | Rückwärts gebeugt; dann sprang der andere hoch von der ErdeAuf, und fing ihn behend', eh' sein Fuß den Boden berührte.Mit oft wechselnder Stellung; die andern Jünglinge klappten |
380 | Rings im Kreise dazu; es stieg ein lautes Getös' auf.Und zu Alkinoos sprach der göttergleiche Odysseus: Weitgepriesener Held, Alkinoos, mächtigster König! |
385 |
Aber die heilige Macht Alkinoos' erfreute sich innig. Merket auf, der Phäaken erhabene Fürsten und Pfleger! |
390 | Denn in unserm Volke sind zwölf ehrwürdige Fürsten,Welche Gerechtigkeit üben; und mir gehorchen die zwölfe.Dieses wollen wir alle zugleich dem Fremdlinge bringen, |
395 | Daß er fröhlichen Mutes zum Abendschmause sich setze.Aber Euryalos soll mit Worten und mit GeschenkenIhn versöhnen; denn nicht anständig hat er geredet. |
Also sprach der König, und alle riefen ihm Beifall. Schnell, die Geschenke zu holen, entsandte jeder den Herold. |
|
400 | Aber Euryalos gab dem Könige dieses zur Antwort:
Weitgepriesener Held, Alkinoos, mächtigster König! |
405 | Neu vom Künstler geglättet. Es wird nicht wenig ihm wert sein.
Also sprach er, und reicht' ihm das Schwert mit silbernen Buckeln; Freue dich, Vater und Gast! Und fiel ein kränkendes Wort hier |
410 | Dir verleihn die Götter, die Heimat und deine GemahlinWieder zu sehn, nachdem du so lang' in Trübsal umherirrst! Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
415 | Welches du mir anjetzt mit versöhnenden Worten gereicht hast!
Sprach's, und hängt' um die Schulter das Schwert mit silbernen Buckeln. |
420 | Bei der Mutter sie hin, die köstlichen Ehrengeschenke.Aber die heilige Macht Alkinoos' führte die andern; Komm, Geliebte, und bring die beste der zierlichen Laden; |
425 | Lege darein den schöngewaschenen Mantel und Leibrock.Dann setzt Wasser zum Sieden im ehernen Kessel aufs Feuer,Froher genieße des Mahls, und froher horche dem Liede. |
430 | Dieses schöne Gefäß von Golde will ich ihm schenken.Daß er in seinem Palaste für Zeus und die übrigen Götter Also sprach er; und schnell gebot Arete den Mägden, |
435 | Und sie setzten das Badegeschirr auf das lodernde Feuer,Gossen Wasser hinein, und legten Holz an die Flamme; Aber die Königin brachte dem Fremdling die zierliche Lade |
440 | Gold und Kleider, hinein, was ihm die Phäaken gegeben,Legte darauf den Mantel hinein, und den prächtigen Leibrock. Siehe nun selbst den Deckel, und schürze behende die Knoten; |
445 | In dem schwärzlichen Schiffe des süßen Schlummers genießest.
Als er dieses vernommen, der herrliche Dulder Odysseus, |
450 | In die Wanne zu steigen. Ein herzerfreuender AnblickWar ihm das warme Bad; denn keiner Pflege genoß er,Als ihn die Mägde jetzo gebadet, mit Öle gesalbet, |
455 | Und ihm die Kleider umhüllt, den Mantel und prächtigen Leibrock,Stieg er hervor aus dem Bad', und ging zu den trinkenden Männern. Aber Nausikaa stand, geschmückt mit göttlicher Schönheit, |
460 | Und sie redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte:
Lebe wohl, o Fremdling, und bleib' in der Heimat auch meiner Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
465 | Lasse mich jetzo nur Zeus, der donnernde Gatte der Here,Glücklich zur Heimat kehren, und schaun den Tag der Zurückkunft! Also sprach er, und setzte sich hin zur Seite des Königs. |
470 | Jene teileten schon das Fleisch, und mischten des Weines.Aber der Herold kam, und führte den lieblichen Sänger,Und dem Herolde rief der erfindungsreiche Odysseus, |
475 | Und zerteilte den Rücken, sein großes ehrendes AnteilVom weißzahnichten Schweine, mit frischem Fette bewachsen: Herold, reiche dies Fleisch Demodokos hin, daß er esse. |
480 | Billig mit Achtung auf und Ehrfurcht; selber die MuseLehrt sie den hohen Gesang, und waltet über die Sänger. Also sprach Odysseus. Der Herold reicht' es dem edlen |
485 | Jetzo war die Begierde des Tranks und der Speise gestillet,Und zu Demodokos sprach der erfindungsreiche Odysseus: Wahrlich vor allen Menschen, Demodokos, achtet mein Herz dich! |
490 | Alles was sie getan und erduldet im mühsamen Kriegszug,Gleich als hättest du selbst es gesehen oder gehöret.Und zum Betrug in die Burg einführte der edle Odysseus, |
495 | Mit bewaffneten Männern gefüllt, die Troja bezwangen.Wenn du mir dieses auch mit solcher Ordnung erzählest; Sprach's; und eilend begann der gottbegeisterte Sänger, |
500 | Wie das Heer der Achaier in schöngebordeten SchiffenVon dem Gestade fuhr, nach angezündetem Lager.Welches die Troer selbst in die Burg von Ilion zogen. |
505 | Allda stand nun das Roß, und ringsum saßen die Feinde,Hin und her ratschlagend. Sie waren dreifacher Meinung:Andre, es einzuweihen zum Sühnungsopfer der Götter. |
510 | Und der letzteren Rat war bestimmt erfüllet zu werden.Denn das Schicksal beschloß Verderben, wann Troja das großeUnd er sang, wie die Stadt von Achaias Söhnen verheert ward, |
515 | Welche dem hohlen Bauche des trüglichen Rosses entstürzten;Sang, wie sie hier und dort die stolze Feste bestürmten;Und wie er dort voll Mutes dem schrecklichsten Kampfe sich darbot, |
520 | Aber zuletzt obsiegte, durch Hilfe der hohen Athene.
Dieses sang der berühmte Demodokos. Aber Odysseus |
525 | Streitend, den grausamen Tag von der Stadt und den Kindern zu fernen;Jene sieht ihn jetzt mit dem Tode ringend und zuckend,Binden und schleppen als Sklavin sie fort zu Jammer und Arbeit; |
530 | Und im erbärmlichsten Elend verblühn ihr die reizenden Wangen:So zum Erbarmen entstürzt' Odysseus' Augen die Träne.Welcher neben ihm saß, und hörte die tiefen Seufzer. |
535 | Und der König begann zu den ruderliebenden Männern:
Merket auf, der Phäaken erhabene Fürsten und Pfleger, |
540 | Hat er nimmer geruht von seinem traurenden Grame,Unser Gast; ihm drückt wohl ein schwerer Kummer die Seele.Für den edlen Fremdling ist diese Feier, des Schiffes |
545 | Rüstung, und die Geschenke, die wir aus Freundschaft ihm geben.Lieb wie ein Bruder ist ein hilfeflehender FremdlingWas ich jetzo dich frage. Auch dieses fodert der Wohlstand. |
550 | Sage, mit welchem Namen benennen dich Vater und Mutter,Und die Bürger der Stadt, und welche rings dich umwohnen?Sondern man nennet jeden, sobald ihn die Mutter geboren. |
555 | Sage mir auch dein Land, dein Volk und deine Geburtstadt;Daß, dorthin die Gedanken gelenkt, die Schiffe dich bringen.Sondern sie wissen von selbst der Männer Gedanken und Willen, |
560 | Wissen nah und ferne die Städt' und fruchtbaren LänderJegliches Volks, und durchlaufen geschwinde die Fluten des Meeres,Nur erzählete mir mein Vater Nausithoos ehmals, |
565 | Daß uns Poseidon der Erderschütterer zürne,Weil wir ohne Gefahr jedweden zu Schiffe geleiten;Plötzlich verderben, und rings um die Stadt ein hohes Gebirg ziehn. |
570 | So weissagte der Greis; der Gott vollende nun solches,Oder vollend' es nicht; wie es seinem Herzen gelüstet;Und wie fandest du dort die Völker und prächtigen Städte? |
575 | Welche schwärmten noch wild als sittenlose Barbaren?Welche dienten den Göttern, und liebten das heilige Gastrecht?Dieses beschloß der Unsterblichen Rat, und bestimmte der Menschen |
580 | Untergang; daß er würd' ein Gesang der Enkelgeschlechter.Sank vielleicht auch dir in Ilions blutigen SchlachtenOder etwa ein tapferer Freund von gefälligem Herzen? |
585 | Denn fürwahr nicht geringer, als selbst ein leiblicher Bruder, Ist ein treuer Freund, verständig und edler Gesinnung. |
Neunter Gesang
Odysseus erzählt seine Irrfahrt von Troja. Siegende Kikonen. Bei Maleia Nordsturm, der ihn ins Unbekannte zu den Lotophagen verschlägt. Dorther zu den einäugigen Kyklopen verirrt, besucht er Poseidons Sohn Polyphemos, der sechs seiner Genossen frißt, dann, im Schlafe geblendet, den Fliehenden Felsstücke nachschleudert.
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus:Weitgepriesener Held, Alkinoos, mächtigster König,Wenn ein Sänger, wie dieser, die Töne der Himmlischen nachahmt. |
|
5 | Denn ich kenne gewiß kein angenehmeres Leben,Als wenn ein ganzes Volk ein Fest der Freude begehet,Mit Gebacknem und Fleisch, und der Schenke den Wein aus dem Kelche |
10 | Fleißig schöpft, und ringsum die vollen Becher verteilet.Siehe das nennet mein Herz die höchste Wonne des Lebens! Jetzo gefällt es dir, nach meinen kläglichen Leiden |
15 | Denn viel Elend häuften auf mich die himmlischen Götter!Sagen will ich zuerst, wie ich heiße: damit ihr mich kennet,Ich hin Odysseus, Laertes Sohn, durch mancherlei Klugheit |
20 | Unter den Menschen bekannt; und mein Ruhm erreichet den Himmel.Ithakas sonnige Höhn sind meine Heimat; in dieserSame, Dulichion und die waldbewachsne Zakynthos. |
25 | Ithaka liegt in der See am höchsten hinauf an die Feste,Gegen den Nord; die andern sind östlich und südlich entfernet.Siehe mich hielt bei sich die hehre Göttin Kalypso |
30 | In der gewölbeten Grotte, und wünschte mich zum Gemahle;Ebenso hielt mich auch die ääische Zauberin KirkeDenn nichts ist doch süßer, als unsere Heimat und Eltern, |
35 | Wenn man auch in der Fern' ein Haus voll köstlicher Güter,Unter fremden Leuten, getrennt von den Seinen, bewohnet! Aber wohlan! vernimm itzt meine traurige Heimfahrt, |
40 | Ismaros hin. Da verheert' ich die Stadt, und würgte die Männer.Aber die jungen Weiber und Schätze teilten wir alleWeiter zu fliehn; allein die Unbesonnenen blieben. |
45 | Und nun ward in dem Weine geschwelgt, viel Ziegen und SchafeAn dem Ufer geschlachtet, und viel schwerwandelndes Hornvieh.Aus der Mitte des Landes. Sie waren geübt, von den Wagen, |
50 | Und wenn es nötig war, zu Fuß mit dem Feinde zu kämpfen.Zahllos schwärmten sie jetzt, wie die Blätter und Blumen des Frühlings,Bei den rüstigen Schiffen begann die wütende Feldschlacht, |
55 | Und von Treffen zu Treffen entschwirrten die ehernen Lanzen.Weil der heilige Tag noch mit dem Morgen emporstieg,Sank, da siegte der Feind, und zwang die Achaier zum Weichen. |
60 | Jedes der Schiffe verlor sechs wohlgeharnischte Männer;Und wir andern entflohn dem schrecklichen Todesverhängnis. Also steuerten wir mit trauriger Seele von dannen, |
65 | Ehe wir dreimal jedem der armen Freunde gerufen,Welche der siegende Feind auf dem Schlachtgefilde getötet.Meer und Erde zugleich; und dem düstern Himmel entsank Nacht. |
70 | Schnell mit gesunkenen Masten entflohen die Schiff'; und mit einmalRasselte rauschend der Sturm, und zerriß die flatternden Segel.Zwo graunvolle Nächte und zween langwierige Tage |
75 | Lagen wir mutlos dort, von Arbeit und Kummer entkräftet.Aber da nun die dritte der Morgenröten emporstieg,Jetzo hofften wir sicher den Tag der fröhlichen Heimkehr. |
80 | Aber als wir die Schiff um Maleia lenkten, da warf unsPlötzlich die Flut und der Strom und der Nordwind fern von Kythera.Hin zu den Lotophagen, die blühende Speise genießen. |
85 |
Allda stiegen wir an das Gestad', und schöpften uns Wasser. |
90 | Zween erlesene Freund'; ein Herold war ihr Begleiter.Und sie erreichten bald der Lotophagen Versammlung.Wer nun die Honigsüße der Lotosfrüchte gekostet, |
95 | Dieser dachte nicht mehr an Kundschaft oder an Heimkehr:Sondern sie wollten stets in der Lotophagen GesellschaftWarf sie unter die Bänke der Schiff, und band sie mit Seilen. |
100 | Drauf befahl ich und trieb die übrigen lieben Gefährten,Eilend von dannen zu fliehn, und sich in die Schiffe zu retten,Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern. |
105 |
Also steuerten wir mit traurigen Seele von dannen. |
110 | Weizen und Gerste dem Boden, und edle Reben, die tragenWein in geschwollenen Trauben, und Gottes Regen ernährt ihn.In gehöhleten Felsen, und jeder richtet nach Willkür |
115 | Seine Kinder und Weiber, und kümmert sich nicht um den andern.
Gegenüber der Bucht des Kyklopenlandes erstreckt sich, |
120 | Und nie scheuchet sie dort ein spürender Jäger, der mühsamSich durch den Forst arbeitet, und steile Felsen umklettert.Ewig menschenleer, und nähret nur meckernde Ziegen. |
125 | Denn es gebricht den Kyklopen an rotgeschnäbelten Schiffen,Auch ist unter dem Schwarm kein Meister, kundig des Schiffbaus,Menschen über das Meer in Schiffen einander besuchen; |
130 | Welche die Wildnis bald zu blühenden Auen sich schüfen.Denn nicht karg ist das Land, und schmückte jegliche Jahrszeit.Und leicht pflügte der Pflug, und dicke Saatengefilde |
135 | Reiften jährlich der Ernte; denn fett ist unten der Boden.Und der Hafen so sicher! Kein Schiff bedarf da der Fessel,Weiter zu fahren beliebt, und günstige Winde sich heben. |
140 | Oben am Ende der Bucht entrieselt der felsichten GrotteSilberblinkend ein Quell, von Pappelweiden umschattet.Dickes Dunkel umdrängte die Schiff'; es leuchtet' am Himmel |
145 | Weder Mond noch Stern, in schwarze Wolken gehüllet.Niemand erblickte daher mit seinen Augen die Insel;Und nachdem wir gelandet, da zogen wir nieder die Segel, |
150 | Stiegen dann aus den Schiffen ans krumme Gestade des Meeres,Schlummerten dort ein wenig, und harrten der heiligen Frühe. Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
155 | Kletternde Ziegen uns hin, zum Schmause meiner Gefährten.Eilend holten wir Bogen und langgeschaftete SpießeZwölf war die Zahl der Schiffe, die mir gehorchten; und jedem |
160 | Teilte das Los neun Ziegen, und zehn erlas ich mir selber.Also saßen wir dort den Tag, bis die Sonne sich neigte,Sondern wir hatten genung; denn reichlich schöpften wir alle |
165 | In die Eimer, da wir die Stadt der Kikonen beraubten.Und wir sahen den Rauch des Kyklopenlandes, und hörtenLegten wir uns zum Schlummer am Strande des rauschenden Meeres. |
170 |
Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, Bleibt ihr übrigen jetzt, ihr meine lieben Gefährten. |
175 | Ob unmenschliche Räuber, und sittenlose Barbaren;Oder Diener der Götter, und Freunde des heiligen Gastrechts. Also sprach ich, und trat ins Schiff, und befahl den Gefährten, |
180 | Saßen in Reihn und schlugen die graue Woge mit Rudern. |
Als wir das nahe Gestad' erreichten, sahn wir von ferneEine Felsenhöhl' am Meer in der Spitze des Landes,Viele Ziegen und Schafe des Nachts zu ruhen; und ringsum |
|
185 | War ein hohes Gehege von Felsenstücken gebauet,Von erhobenen Fichten und himmelanwehenden Eichen.Umging, sondern für sich auf arge Tücke bedacht war. |
190 | Gräßlich gestaltet war das Ungeheuer, wie keiner,Welchen der Halm ernährt: er glich dem waldichten Gipfel Eilend befahl ich jetzo den übrigen lieben Gefährten, |
195 | Und ging selber mit zwölf der Tapfersten, die ich mir auskor,Einen ziegenledernen Schlauch auf der Achsel, voll schwarzesDiesen verschoneten wir, und seine Kinder und Gattin, |
200 | Ehrfurchtsvoll; denn er wohnete dort in Phöbos ApollonsHeiligem Schattenhain. Drum schenkt' er mir köstliche Gaben:Schöpft' er mir dieses Weines in zwölf gehenkelte Krüge: |
205 | Süß und unverfälscht, ein Göttergetränk! Auch wußteKeiner der Knecht' im Hause darum, und keine der Mägde;Einen Becher, und goß ihn in zwanzig Becher voll Wasser |
210 | Und den schäumenden Kelch umhauchten balsamische Düfte,Göttlicher Kraft: da war es gewiß nicht Freude zu dursten!Einen Mann besuchen, mit großer Stärke gerüstet, |
215 | Grausam und ungerecht, und durch keine Gesetze gebändigt.
Eilig wanderten wir zur Höhl' und fanden den Riesen |
220 | Drängeten sich in den Ställen, und jede waren besondersEingesperrt: die Frühling' allein, allein auch die Mittlern,Anfangs baten mich zwar die Freunde mit dringenden Worten, |
225 | Nur von den Käsen zu nehmen, und wegzuschleichen; dann wieder,Hurtig zu unserm Schiff' aus den Ställen die Lämmer und ZickleinUm ihn selber zu sehn, und seiner Bewirtung zu harren: |
230 | Ach für meine Gefährten ein unerfreulicher Anblick!
Und wir zündeten Feuer, und opferten; nahmen dann selber |
235 | Und in der Höhle stürzt' er es hin; da krachte der Felsen;Und wir erschraken, und flohn in den innersten Winkel der Höhle.Ließ er draußen zurück, im hochummaurten Gehege. |
240 | Hochauf schwenkt' er und setzte das große Spund vor den Eingang:Fürchterlich groß! die Gespanne von zweiundzwanzig starkenJetzo saß er, und melkte die Schaf' und meckernden Ziegen |
245 | Nach der Ordnung, und legte den Müttern die Säugling' ans Euter;Ließ von der weißen Milch die Hälfte gerinnen, und setzteDaß er beim Abendschmause den Durst mit dem Tranke sich löschte. |
250 | Und nachdem er seine Geschäft' in Eile verrichtet,Zündet' er Feuer an, und sah uns stehen, und fragte: Fremdlinge, sagt, wer seid ihr? Von wannen trägt euch die Woge? |
255 | Die ihr Leben verachten, um fremden Völkern zu schaden?
Also sprach der Kyklop. Uns brach das Herz vor Entsetzen Griechen sind wir, und kommen von Trojas fernem Gestade, |
260 | Über das große Meer von mancherlei Stürmen geschleudert,Als wir ins Vaterland hinsteuerten: andere Fahrten,Welchen der größte Ruhm itzt unter dem Himmel verherrlicht, |
265 | Weil er die mächtige Stadt und so viele Völker vertilgt hat!Jetzo fallen wir dir zu Füßen, und flehen in Demut:Scheue doch, Bester, die Götter! Wir Armen flehn dir um Hilfe! |
270 | Und ein Rächer ist Zeus den hilfeflehenden Fremden,Zeus der Gastliche, welcher die heiligen Gäste geleitet! Also sprach ich; und drauf versetzte der grausame Wütrich: |
275 | Wir Kyklopen kümmern uns nicht um den König des Himmels,Noch um die seligen Götter; denn wir sind besser, als jene!Sage mir an: wo bist du mit deinem Schiffe gelandet? |
280 | Irgendwo in der Fern', oder nahe? damit ich es wisse!
Also sprach er voll Tück'; allein ich kannte dergleichen. Ach mein Schiff hat der Erderschütterer Poseidaon |
285 | Eures Landes es warf, und der Sturm aus dem Meer es verfolgte!Ich nur und diese Gefährten entflohn dem Schreckenverhängnis! Also sprach ich; und nichts versetzte der grausame Wütrich! |
290 | Schmetterte: blutig entspritzt' ihr Gehirn, und netzte den Boden.Dann zerstückt' er sie Glied für Glied, und tischte den Schmaus auf,Weinend erhuben wir die Hände zum Vater Kronion, |
295 | Als wir den Jammer sahn, und starres Entsetzen ergriff uns.Doch kaum hatte der Riese den großen Wanst sich gestopfetJetzo stieg der Gedank' in meine zürnende Seele: |
300 | Näher zu gehn, das geschliffene Schwert von der Hüfte zu reißen,Und ihm die Brust zu durchgraben, wo Zwerchfell und Leber sich treffen,Unsere Hände vermochten ja nicht von der hohen Pforte |
305 | Abzuwälzen den mächtigen Fels, den der Riese davorschob.Drum erwarteten wir mit Seufzen die heilige Frühe. Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
310 | Und nachdem er seine Geschäft' in Eile verrichtet,Packt' er abermal Zween, und tischte die Stücke zum Schmaus auf.Setzt' er sie vor, als setzt' er auf seinen Köcher den Deckel. |
315 | Und nun trieb der Kyklop mit gellendem Pfeifen die HerdeAuf das Gebirg'. Ich blieb in der Höhle mit tausend Entwürfen, Neben dem Stalle lag des Kyklopen gewaltige Keule, |
320 | Grün, aus Olivenholze gehaun. Zum künftigen StabeDorrte sie hier an der Wand, und kam uns vor nach dem Ansehn,Diesem schien sie an Läng', und diesem an Dicke zu gleichen. |
325 | Und ich haute davon, soviel die Klafter umspannet,Reichte meinen Gefährten den Pfahl, und hieß ihn mir glätten;Drauf verbarg ich den Knittel bedachtsam unter dem Miste, |
330 | Welcher dick und breit durch die ganze Höhle gesät war.Jetzo befahl ich den andern, durchs heilige Los zu entscheiden,Und es traf gerade das Los, die ich heimlich mir wünschte, |
335 | Vier von meinen Gefährten; ich selbst war der fünfte mit ihnen.
Und am Abende kam er mit seiner gemästeten Herde, |
340 | Hochauf schwenkt' er und setzte das große Spund vor den Eingang.Und nun saß er, und melkte die Schaf' und meckernden ZiegenPackt' er abermal Zween, und tischte die Stücke zum Schmaus auf. |
345 | Jetzo trat ich näher, und sagte zu dem Kyklopen,Einen hölzernen Becher voll schwarzes Weines in Händen: Nimm, Kyklop, und trink eins; auf Menschenfleisch ist der Wein gut! |
350 | Heim mich sendetest. Aber du wütest ja ganz unerträglich!Böser Mann, wer wird dich hinfort von den Erdebewohnern Also sprach ich. Er nahm und trank, und schmeckte gewaltig |
355 |
Lieber, schenk mir noch eins, und sage mir gleich, wie du heißest; |
360 |
Also sprach er; ich bracht' ihm von neuem des funkelnden Weines. Meinen berühmten Namen, Kyklop? Du sollst ihn erfahren. |
365 | Aber vergiß mir auch nicht die Bewirtung, die du verhießest!Niemand ist mein Name; denn Niemand nennen mich alle, Also sprach ich; und drauf versetzte der grausame Wütrich: |
370 | Alle die andern zuvor! Dies sei die verheißne Bewirtung!
Sprach's, und streckte sich hin, fiel rücklings, und lag mit gesenktem |
375 | Und nun hielt ich die Spitze des Knittels in glimmende Asche,Bis sie Feuer fing, und stärkte mit herzhaften WortenDrohte zu brennen, so grün er auch war, und fürchterlich glühte; |
380 | Zog ich ihn eilend zurück aus dem Feuer, und meine GefährtenStanden um mich; und ein Himmlischer haucht' uns Mut in die Seele.Drehete. Wie wenn ein Mann, den Bohrer lenkend, ein Schiffholz |
385 | Bohrt; die Unteren ziehn an beiden Enden des Riemens,Wirbeln ihn hin und her; und er flieget in dringender Eile:Alle Wimpern und Augenborsten versengte die Lohe |
390 | Seines entflammten Sterns; es prasselten brennend die Wurzeln.Wie wenn ein kluger Schmied die Holzaxt oder das SchlichtbeilAlso zischte das Aug' um die feurige Spitze des Ölbrands. |
395 | Fürchterlich heult' er auf, daß rings die dumpfige Kluft scholl.Und wir erschraken und flohn in den innersten Winkel. Doch jenerUnd nun ruft er mit Zetergebrüll den andern Kyklopen, |
400 | Welche ringsum die Klüfte des stürmischen Felsen bewohnten.Und sie vernehmen das Brüllen, und drängten sich dorther und daher, Was geschah dir für Leid, Polyphemos, daß du so brülltest |
405 | Raubt der Sterblichen einer dir deine Ziegen und Schafe?Oder würgt man dich selbst, arglistig oder gewaltsam? Ihnen erwiderte drauf aus der Felsenkluft Polyphemos: Drauf antworteten sie, und schrien die geflügelten Worte: |
410 | Wenn dir denn keiner Gewalt antut in der einsamen Höhle;Gegen Schmerzen, die Zeus dir schickt, ist kein anderes Mittel: Also schrien sie, und gingen. Mir lachte die Seele vor Freude, |
415 | Aber ächzend vor Qual, mit jammervollem GewinselTappte der blinde Kyklop, und nahm den Stein von der Pforte,So einfältig hielt mich in seinem Herzen der Riese. |
420 | Aber ich sann umher, das sicherste Mittel zu finden,Wie ich meine Gefährten und mich von dem schrecklichen TodeDoch von allen Entwürfen gefiel mir dieser am besten. |
425 |
Seine Widder waren sehr feist, dickbuschichter Vliese, |
430 | Und zween gingen beiher, und schirmten meine Gefährten.Also trugen jeglichen Mann drei Widder. Ich selberUnter den wollichten Bauch, und lag mit duldendem Herzen, |
435 | Beide Hände fest im Gekräusel der Flocken verwickelt.Also erwarteten wir mit Seufzen die heilige Frühe. Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
440 | Denn die Euter strotzten von Milch. Der grausame WütrichSaß von Schmerzen gefoltert, und tastete sorgsam die RückenLangsam folgte nun der übrigen Herde mein Widder, |
445 | Schwerbeladen mit Wolle, und mir, der mancherlei dachte.Streichelnd betastet' auch ihn das Ungeheuer, und sagte: Süßes Böckchen, wie geht's? Du kommst zuletzt aus der Höhle? |
450 | Gräschen und Blümelein; eilst auch zuerst in die Wellen der Flüsse;Trachtest auch immer zuerst in den Stall zu kommen des Abends!Er samt seinem Gesindel, indem er mit Wein mich berauschte, |
455 | Niemand! Ich mein', er ist mir noch nicht dem Verderben entronnen!Hättest du nur Gedanken wie ich, und verstündest die Sprache;Hiehin und dahin zerspritzen! Wie würde mein Herz von dem Jammer |
460 | Sich erlaben, den mir der Taugenicht machte, der Niemand!
Also sprach er, und ließ den Widder von sich hinausgehn. |
465 | Hochgeschenkelten Böcke durch mancherlei Krümmen zum Schiffe.Und mit herzlicher Freud' empfingen die lieben GefährtenNicht zu weinen; befahl dann, die schöne wollichte Herde |
470 | Hurtig ins Schiff zu werfen, und über die Wogen zu steuern.Und sie traten ins Schiff, und setzten sich hin auf die Bänke.Da begann ich, und rief dem Kyklopen mit schmähenden Worten: |
475 |
Ha, Kyklope, so recht! Nicht eines Feigen Gefährten |
480 |
Also rief ich. Noch wütender tobte der blinde Kyklope, |
485 | Raffte mit Ungestüm der strudelnde Schwall der Gewässer,Landwärts flutend, das Schiff, und warf es zurück an das Ufer.Hurtig die Ruder zu regen, daß wir dem Verderben entrönnen, |
490 | Deutend und nickend; sie flogen ans Werk, und ruderten keuchend.
Als wir nun doppelt so weit in das hohe Meer uns gerettet, Waghals! willst du noch mehr den grausamen Riesen erbittern, |
495 | Welcher mit seinem Geschoß in die See hinspielet, und ebenWieder ans Ufer uns warf, wo Tod und Verderben uns drohte?Samt den Balken des Schiffes zerschellt! Er versteht sich aufs Schleudern! |
500 |
Aber sie strebten umsonst, mein edles Herz zu bewegen. |
505 | Der in Ithaka wohnt, der hat mein Auge geblendet!
Also rief ich ihm zu; und heulend gab er zur Antwort: |
510 | Und bis ins Alter beschäftigt, sie uns Kyklopen zu deuten;Der weissagte mir alles, was jetzt nach Jahren erfüllt wird:Würde mich hier besuchen, mit großer Stärke gerüstet! |
515 | Und nun kommt so ein Ding, so ein elender Wicht, so ein Weichling,Und verbrennt mir das Auge, nachdem er mit Wein mich berauschet!Denn ich bin sein Sohn, und rühmend nennt er sich Vater! |
520 | Dieser kann mich auch heilen, wenn's ihm gelüstet; kein andrerUnter den seligen Göttern, noch unter den sterblichen Menschen! Also sprach der Kyklop! ich gab ihm dieses zur Antwort: |
525 | Als dein Auge selbst der hohe Poseidon nicht heilet!
Also sprach ich. Da streckt' er empor zum sternichten Himmel Höre mich, Erdumgürter, du bläulichgelockter Poseidon, |
530 | Gib, daß Odysseus, der Sohn Laertes, der Städteverwüster,Der in Ithaka wohnt, nicht wiederkehre zur Heimat!Laß ihn spät, unglücklich, und ohne Gefährten, zur Heimat |
535 | Kehren auf fremdem Schiff', und Elend finden im Hause!
Also sprach er flehend; ihn hörte der Bläulichgelockte. |
540 | Nieder, und wenig gefehlt, so traf er die Spitze des Steuers.Hochauf wogte das Meer von dem stürzenden Felsen; und vorwärts Also erreichten wir des Eilands Bucht, wo die andern |
545 | Traurend die Freunde saßen, und uns beständig erwartend.Jetzo landeten wir am sandigen Ufer des Eilands,Unter uns gleich, daß keiner leer von der Beute mir ausging. |
550 | Aber den Widder schenkten die schöngeharnischten FreundeMir bei der Teilung voraus. Ihn opfert' ich an dem GestadeUnversöhnt beschloß er in seinem Rate Vertilgung |
555 | Aller rüstigen Schiff' und meiner lieben Gefährten.
Also saßen wir dort den Tag, bis die Sonne sich neigte, Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte, |
560 | Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte,Trat ich selber ins Schiff, und ermahnete meine Gefährten,Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern. |
565 | Also steuerten wir mit trauriger Seele von dannen, Froh der bestandnen Gefahr, doch ohne die lieben Gefährten. |
Zehnter Gesang
Äolos, der Winde erregt und stillt, entsendet den Odysseus mit günstigem West, und gibt ihm die Gewalt über die andern in einem Zauberschlauch. Nahe vor Ithaka öffnen ihn die Genossen; der Sturm wirft sie nach dem schwimmenden Eilande zurück, woher, von Äolos verjagt, sie in die fabelhafte Westgegend geraten. Die Lästrygonen vertilgen elf Schiffe; in den übrigen erreicht er Ääa. Kirke verwandelt die Hälfte der Seinigen in Schweine. Er selbst, durch ein Heilkraut des Hermes geschützt, gewinnt die Liebe der Zauberin, und rettet die Freunde. Nach einem Jahre fodert er Heimkehr; Kirke befiehlt ihm zuvor, zum Eingange des Totenreichs am Okeanos zu schiffen, und den Teiresias zu befragen. Elpenors Tod.
Und wir kamen zur Insel Äolia. Diese bewohnteÄolos, Hippotes' Sohn, ein Freund der unsterblichen Götter.Eine Mauer von Erz, und ein glattes Felsengestade. |
|
5 | Kinder waren ihm zwölf in seinem Palaste geboren,Lieblicher Töchter sechs, und sechs der blühenden Söhne.Schmausen sie stets, bewirtet mit tausend köstlichen Speisen. |
10 | Und das duftende Haus erschallt von Tönen der FlöteTages, aber des Nachts ruht neben der züchtigen GattinEinen Monat bewirtet' er mich, und forschte nach allem, |
15 | Ilions Macht, der Achaier Schiffen, und unserer Heimfahrt;Und ich erzählt' ihm darauf umständlich die ganze Geschichte.Und er gab mir, verschlossen im dichtgenäheten Schlauche |
20 | Vom neunjährigen Stiere, das Wehn lautbrausender Winde.Denn ihn hatte Kronion zum Herrscher der Winde geordnet,Fest in dem hohlen Schiffe, daß auch kein Lüftchen entwehte. |
25 | Vor mir ließ er den Hauch des freundlichen Westes einherwehn,Daß sie die Schiff' und uns selbst heimführeten. Aber dies sollte Schon durchsegelten wir neun Tag' und Nächte die Wogen; |
30 | Daß wir schon in der Nähe die Feuerwachen erblickten.Jetzo schlummert' ich ein, ermüdet von langer Arbeit;Und die Genossen besprachen sich heimlich untereinander, |
35 | Wähnend, ich führte mit mir viel Gold und Silber zur Heimat,Äolos' Ehrengeschenke, des hippotadischen Königs. Wunderbar! Dieser Mann gewinnt die Achtung und Liebe |
40 | Aus der troischen Beute wie manches unschätzbare KleinodBringet er mit! und wir, die alle Gefahren geteilet,Ihm verehrt! Auf, laßt uns denn eilen und sehen, was dies sei, |
45 | Wie viel Silber und Gold in diesem Schlauche doch stecke.
Also sprach man. Es siegte der böse Rat der Genossen; |
50 | Schnell aus dem Schlaf, und erwog in meiner unsträflichen Seele:Ob ich vom Schiffe hinab in die tobenden Wogen mich stürzte,Auf dem Verdeck; und es warf der Orkan aufbrausend die Schiffe |
55 | Nach der äolischen Insel zurück; es seufzten die Männer.
Allda stiegen wir aus an den Strand, und schöpften uns Wasser. |
60 | Zu der herrlichen Burg des Äolos. Diesen erblickt' ichSitzend mit seinem Weib' und seinen Kindern beim Schmause. Siehe woher, Odysseus? Welch böser Dämon verfolgt dich? |
65 | Haben wir doch die Fahrt so sorgsam gefördert, damit duHeim in dein Vaterland, und wohin dir's beliebte, gelangtest! Also sprach man; und ich antwortete, trauriges Herzens: |
70 |
Also wollt' ich sie mir mit schmeichelnden Worten gewinnen. Hebe dich eilig hinweg von der Insel, du Ärgster der Menschen! |
75 | Hebe dich weg, denn du kömmst mit dem Zorne der Götter beladen!
Also sprach er, und trieb mich Seufzenden ans dem Palaste. |
80 |
Als wir nun sechs Tag' und Nächte die Wogen durchrudert, |
85 | Eines als Rinderhirte, des andern als Hirte der Schafe;Denn nicht weit sind die Triften der Nacht und des Tages entfernet.Und wo vorn in der Mündung sich zwo vorragende Spitzen |
90 | Gegeneinander drehn; ein enggeschlossener Eingang!Meine Gefährten lenkten die gleichgezimmerten SchiffeWeder groß und klein; rings herrschst spiegelnde Stille. |
95 | Ich allein blieb draußen mit meinem schwärzlichen Schiffe,An dem Ende der Bucht, und band es mit Seilen am Felsen,Sondern wir sahn nur Rauch von der Erd' am Himmel hinaufziehn. |
100 | Jetzo sandt' ich Männer voraus, das Land zu erkunden,Was für Sterbliche dort die Frucht des Halmes genössen,Holzbeladene Wagen vom hohen Gebirge zur Stadt fährt. |
105 | Ihnen begegnete dicht vor der Stadt ein Mädchen, das WasserSchöpfte, des Lästrygonen Antiphates rüstige Tochter.Und sie traten hinzu, begrüßten das Mädchen, und fragten, |
110 | Wer dort König wäre, und welches Volk er beherrschte.Jene wies sie sogleich zum hohen Palaste des Vaters.Jene rief den berühmten Antiphates aus der Versammlung, |
115 | Ihren Gemahl, der ihnen ein schreckliches Ende bestimmte.Ungestüm packt' er den einen Gefährten, und tischte den Schmaus auf.Kamen hieher und dorther die rüstigen Lästrygonen |
120 | Zahllos zuhauf, sie glichen nicht Menschen, sondern Giganten.Diese schleuderten jetzt von dem Fels unmenschliche LastenUnd man durchstach sie, wie Fische, und trug sie zum scheußlichen Fraß hin. |
125 | Während diese die Männer im tiefen Hafen vertilgten,Eilt' ich geschwind, und riß das geschliffene Schwert von der Hüfte,Hurtig die Ruder zu regen, daß wir dem Verderben entrönnen; |
130 | Keuchend schlugen sie alle die Flut, aus Furcht vor dem Tode.Aber glücklich enteilte mein Schiff von den hangenden KlippenFroh der bestandnen Gefahr, doch ohne die lieben Gefährten. |
135 |
Und wir kamen zur Insel Ääa. Diese bewohnte |
140 | Allda liefen wir still mit unserm Schiff' ans GestadeIn die schirmende Bucht; ein Gott war unser Geleiter.Als nun die Morgenröte des dritten Tages emporstieg, |
145 | Nahm ich die Lanz' in die Hand, und hängte das Schwert um die Schulter,Eilte vom Schiff, und bestieg den Hügel, ob ich vielleicht woKam es mir vor, daß Rauch von der weitumwanderten Erde |
150 | Hinter dem dicken Gebüsch aus Kirkes Wohnung emporstieg.Jetzo sann ich umher, und erwog den wankenden Vorsatz,Erst zu dem schnellen Schiffe zu gehn am Strande des Meeres, |
155 | Meine Genossen mit Speise zu stärken, und Späher zu senden.Als ich schon nahe war dem gleichberuderten Schiffe,Mir auf den Weg; er sprang aus der Weide des Waldes zum Bache |
160 | Lechzend hinab, denn ihn brannten bereits die Strahlen der Sonne.Diesen schoß ich im Lauf, und traf ihm die Mitte des Rückgrats,Hierauf zog ich, den Fuß anstemmend, die eherne Lanze |
165 | Ans der Wunde zurück, und legte sie dort auf den BodenNieder. Dann brach ich am Bache mir schwanke weidene Ruten,Hängt' es mir über den Hals, und trug es zum schwärzlichen Schiffe, |
170 | Auf die Lanze gestützt; denn einer Schulter und Hand warViel zu schwer die Last des riesenmäßigen Tieres. Lieben, wir werden ja doch, trotz unserm Grame, nicht früher |
175 | Sinken in Aïdes Reich, eh' der Tag des Schicksals uns abruft!Auf denn, so lange das Schiff noch Trank und Speise verwahret,Eßt nach Herzensbegier, damit uns der Hunger nicht töte! |
Also sprach ich; und schnell gehorchten sie meinem Befehle, Kamen aus ihren Hüllen, am Ufer des wüsten Meeres, |
|
180 | Und verwunderten sich des riesenmäßigen Hirsches.Und nachdem sie die Augen an seiner Größe geweidet,An der Fülle des Fleisches und süßen Weines uns labend. |
185 | Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte,Legten wir uns zum Schlummer am Strande des rauschenden Meeres. Höret jetzo mich an, ihr meine Genossen im Unglück! |
190 | Freunde, wir wissen ja nicht, wo Abend oder wo Morgen;Nicht, wo die leuchtende Sonne sich unter die Erde hinabsenkt,Denn ich umschauete dort von der Höhe des zackichten Felsens |
195 | Diese Insel, die rings das unendliche Meer umgürtet,Nahe liegt sie am Land'; und in der Mitte der Insel Also sprach ich; und ihnen brach das Herz vor Betrübnis, |
200 | Und des Kyklopen Gewalt, des grausamen Menschenfressers.Und sie weineten laut, und vergossen häufige Tränen. Jetzo teilt' ich die Schar der wohlgeharnischten Freunde |
205 | Diesen führte ich selbst, der edle Eurylochos jenen.Eilend schüttelten wir im ehernen Helme die Lose;Weinend gingen sie fort, und verließen uns traurend am Ufer. |
210 |
Und sie fanden im Tal des Gebirgs die Wohnung der Kirke, |
215 | Schmeichelnd an ihnen empor mit langen wedelnden Schwänzen.Also umwedeln die Hunde den Hausherrn, wenn er vom SchmauseAber sie fürchteten sich vor den schrecklichen Ungeheuern. |
220 | Und sie standen am Hofe der schöngelocketen Göttin,Und vernahmen im Haus anmutige Melodieen.Unter ihnen begann der Völkerführer Polites, |
225 | Welcher der liebste mir war und geehrteste meiner Genossen:
Freunde, hier wirket jemand, und singt am großen Gewebe Also sprach Polites; die Freunde gehorchten, und riefen. |
230 | Jene kam, und öffnete schnell die strahlende Pforte,Nötigte sie; und alle, die Unbesonnenen, folgten.Mengte geriebenen Käse mit Mehl und gelblichem Honig |
235 | Unter pramnischen Wein, und mischte betörende SäfteIn das Gericht, damit sie der Heimat gänzlich vergäßen.Denn sie hatten von Schweinen die Köpfe, Stimmen und Leiber, |
240 | Auch die Borsten; allein ihr Verstand blieb völlig, wie vormals.Weinend ließen sie sich einsperren; da schüttete Kirke Und Eurylochos kam zu dem schwärzlichen Schiffe geeilet, |
245 | Uns das herbe Verhängnis der übrigen Freunde zu melden.Aber er konnte kein Wort aussprechen, so gern er auch wollte.Lange hatten wir all' ihn voll Erstaunen befraget; |
250 | Endlich hub er an, und erzählte der Freunde Verderben:
Edler Odysseus, wir gingen, wie du befahlst, durch die Waldung! |
255 | Eine Göttin, oder ein Weib! Ihr riefen die andern!Jene kam, und öffnete schnell die strahlende Pforte,Aber mit einmal waren die andern verschwunden, und keiner |
260 | Kehrte zurück; so lang' ich auch saß, und nach ihnen mich umsah!
Also sprach er; und ich warf eilend das silberbeschlagne |
265 | Und wehklagete laut, und sprach die geflügelten Worte:
Göttlicher, lasse mich hier, und führe mich nicht mit Gewalt hin! |
270 |
Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: Also sprach ich, und ging von dem Schiff' und dem Ufer des Meeres. |
275 | Jetzo nähert' ich mich, die heiligen Tale durchwandelnd,Schon dem hohen Palaste der furchtbaren Zauberin Kirke;Dessen Wange sich bräunt, im holdesten Reize der Jugend. |
280 | Dieser gab mir die Hand, und sagte mit freundlicher Stimme:
Armer, wie gehst du hier so allein durch die bergichte Waldung, |
285 | Nicht von dannen zurück, du bleibest selbst bei den andern.Aber wohlan! ich will dich vor allem Übel bewahren!Alle verderblichen Künste der Zauberin will ich dir nennen. |
290 | Weinmus rührt sie dir ein, und mischt ihr Gift in die Speise:Dennoch gelingt es ihr nicht, dich umzuschaffen; die TugendSiehe dann reiße du schnell das geschliffene Schwert von der Hüfte, |
295 | Spring auf die Zauberin los, und drohe sie gleich zu erwürgen.Diese wird in der Angst zu ihrem Lager dich rufen;Aber sie schwöre zuvor der Seligen großen Eidschwur, |
300 | Daß sie bei sich nichts anders zu deinem Schaden beschlossen;Daß sie dir Waffenlosen nicht raube Tugend und Stärke. Also sprach Hermeias, und gab mir die heilsame Pflanze, |
305 | Moly wird sie genannt von den Göttern. Sterblichen MenschenIst sie schwer zu graben; doch alles vermögen die Götter. Und der Argosbesieger enteilte zum hohen Olympos |
310 | Und ich stand an der Pforte der schöngelocketen Göttin,Stand und rief; und die Göttin vernahm des Rufenden StimmeHierauf führte sie mich zu ihrem silberbeschlagnen |
315 | Schönen prächtigen Thron, mit füßestützendem Schemel,Mischte mir dann ein Gemüs' im goldenen Becher zu trinken,Drauf berührte sie mich mit der Zauberrute, und sagte: |
320 | Gehe nun in den Kofen, und liege bei deinen Gefährten.Also sprach sie; da riß ich das schneidende Schwert von der Hüfte,Laut wehklagend rief sie die schnellgeflügelten Worte: |
325 |
Wer, wes Volkes bist du? und wo ist deine Geburtstadt? |
330 | Bist du jener Odysseus, der, viele Küsten umirrend,Wann er von Ilion kehrt im schnellen Schiffe, auch hieherUnser Lager besteigen, damit wir, beide versöhnet |
335 | Durch die Freuden der Liebe, hinfort einander vertrauen!
Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: |
340 | In die Kammer zu gehn, und auf dein Lager zu steigen;Daß du mich Waffenlosen der Tugend und Stärke beraubest?Daß du bei dir nichts anders zu meinem Verderben beschließest! |
345 |
Also sprach ich; und eilend beschwur sie, was ich verlangte. Und in dem hohen Palaste der schönen Zauberin dienten |
350 | Diese waren Töchter der Quellen und schattigen Haine,Und der heiligen Ströme, die in das Meer sich ergießen.Und die andere stellte die schönen Tische von Silber |
355 | Vor die Throne, und setzte darauf die goldenen Körbe.Und die dritte mischte in silberner Schale den süßenUnter dem großen Dreifuß an, das Wasser zu wärmen. |
360 | Und nachdem das Wasser im blinkenden Erze gekochet,Führte sie mich in das Bad, und strömt' aus dem dampfenden KesselAls sie mich jetzo gebadet, und drauf mit Öle gesalbet, |
365 | Da umhüllte sie mir den prächtigen Mantel und Leibrock,Und dann führte sie mich ins Gemach zum silberbeschlagnenÜber dem silbernen Becken das Wasser, beströmte zum Waschen |
370 | Mir die Händ', und stellte vor mich die geglättete Tafel.Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf,Sondern ich saß zerstreut, und ahnete Böses im Herzen. |
375 | Kirke bemerkte mich jetzt, wie ich dasaß, ohne die SpeiseMit den Händen zu rühren, versunken in tiefe Schwermut; Warum sitzest du so wie ein Stummer am Tische, Odysseus, |
380 | Ist dir noch bange vor Hinterlist? Du mußt dich nicht fürchten!Denn ich habe dir's ja mit hohem Eide geschworen! Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: |
385 | Eh' er die Freunde gerettet, und selbst mit Augen gesehen?Darum, wenn du aus Freundschaft zum Essen und Trinken mich nötigst; Also sprach ich. Sie ging, in der Hand die magische Rute, |
390 | Und trieb jene heraus, in Gestalt neunjähriger Eber.Alle stellten sich jetzt vor die mächtige Kirke, und dieseJenes vergifteten Tranks, den ihnen die Zauberin eingab. |
395 | Männer wurden sie schnell, und jüngere Männer, denn vormals,Auch weit schönerer Bildung und weit erhabneres Wuchses.Laut die Wohnung erscholl. Es jammerte selber die Göttin. |
400 | Und sie nahte sich mir, die hehre Göttin, und sagte:
Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, |
405 | Dann komm eilig zurück, und bringe die lieben Gefährten.
Also sprach sie, und zwang mein edles Herz zum Gehorsam. |
410 | Wie wenn im Meierhofe die Kälber den Kühen der Herde,Welche satt von der Weide zum nächtlichen Stalle zurückgehn,Ihre Mutter: so flogen die Freunde, sobald sie mich sahen, |
415 | Alle weinend heran; und ihnen war also zu Mute,Als gelangten sie heim in Ithakas rauhe Gefilde Göttlicher Mann, wir freun uns so herzlich deiner Zurückkunft, |
420 | Als gelangten wir jetzo in Ithakas heimische Fluren!Aber wohlan! erzähl' uns der übrigen Freunde Verderben! Also riefen sie aus; und ich antwortete freundlich: |
425 | Und dann machet euch auf, mich allesamt zu begleiten,Daß ihr unsere Freund' in Kirkes heiliger Wohnung Also sprach ich; und schnell gehorchten sie meinem Befehle. |
430 | Und er redte sie an, und sprach die geflügelten Worte:
Arme, wo gehen wir hin? Welch heißes Verlangen nach Unglück |
435 | Ebenso ging es auch dort den Freunden, die des KyklopenFelsengrotte besuchten, geführt von dem kühnen Odysseus! Also sprach er; und ich erwog den wankenden Vorsatz, |
440 | Und sein Haupt, von dem Rumpfe getrennt, auf den Boden zu stürzen,Ob er gleich nahe mit mir verwandt war. Aber die Freunde Göttlicher Held, wir lassen ihn hier, wenn du es befiehlest, |
445 | Aber führe du uns zu Kirkes heiliger Wohnung.
Also sprachen die Freunde, und gingen vom Strande des Meeres. Aber der übrigen Freund' in der Wohnung hatte die Göttin |
450 | Sorgsam gepflegt, sie gebadet, mit duftendem Öle gesalbet,Und mit schönen Gewanden, mit Rock und Mantel, bekleidet.Weinten und jammerten sie, daß rings die Wohnung ertönte. |
455 | Aber sie nahte sich mir, die hehre Göttin, und sagte:
Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus! |
460 | Aber wohlan! eßt jetzo der Speis', und trinket des Weines,Bis ihr so frischen Mut in eure Herzen gesammelt,Und erinnert euch stets der mühsamen Irren, und niemals |
465 | Stärkt euch die Freude den Mut: ihr habt sehr vieles erlitten!
Also sprach sie, und zwang ihr edles Herz zum Gehorsam. |
470 | Und mit dem wechselnden Mond viel Tage waren verschwunden;Da beriefen mich heimlich die lieben Gefährten, und sagten: Unglückseliger, denke nun endlich des Vaterlandes; |
475 |
Also bewegten die Freunde mein edles Herz zum Gehorsam. |
480 | Und ich bestieg mit Kirke das köstlichbereitete Lager,Faßt' ihr flehend die Knie'; und die Göttin hörte mein Flehen. Kirke, erfülle mir jetzt das Gelübde, so du gelobtest, |
485 | Und der übrigen Freunde, die rings mit Weinen und KlagenMeine Seele bestürmen, sobald du den Rücken nur wendest. Also sprach ich; mir gab die hehre Göttin zur Antwort: |
490 | Aber ihr müßt zuvor noch eine Reise vollenden,Hin zu Aïdes' Reich und der strengen Persephoneia,Ihm gab Persephoneia im Tode selber Erkenntnis; |
495 | Und er allein ist weise: die andern sind flatternde Schatten.
Also sagte die Göttin; mir brach das Herz vor Betrübnis. |
500 | Da antwortet' ich ihr, und sprach die geflügelten Worte:
Kirke, wer soll mich denn auf dieser Reise geleiten? Also sprach ich; mir gab die hehre Göttin zur Antwort: |
505 | Kümmre dich nicht so sehr um einen Führer des Schiffes!Sondern richte den Mast, und spanne die schimmernden Segel;Und an dem niedern Gestad' und den Hainen Persephoneiens, |
510 | Voll unfruchtbarer Weiden und hoher Erlen und Pappeln;Lande dort mit dem Schiff' an des Oceans tiefem Gestrudel,Und der Strom Kokytos, ein Arm der stygischen Wasser, |
515 | An dem Fels, wo die zween lautbrausenden Ströme sich mischen;Nahe bei diesem Orte gebiet' ich dir, edler Odysseus,Erst von Honig und Milch, von süßem Weine das zweite, |
520 | Und das dritte von Wasser, mit weißem Mehle bestreuet.Dann gelobe flehend den Luftgebilden der Toten:Und für Teiresias noch besonders den stattlichsten Widder |
525 | Eurer ganzen Herde, von schwarzer Farbe, zu schlachten.Hast du den herrlichen Scharen der Toten geflehet, dann opfreWende dein Antlitz zurück nach den Fluten des Stromes. Dann werden |
530 | Viele Seelen kommen der abgeschiedenen Toten.Jetzo ermahn' und treib aufs äußerste deine Gefährten,Aïdes schreckliche Macht und die strenge Persephoneia. |
535 | Aber du reiße schnell das geschliffene Schwert von der Hüfte,Setze dich hin, und laß die Luftgebilde der TotenDaß er dir weissage den Weg und die Mittel der Reise, |
540 | Und wie du heimgelangst auf dem fischdurchwimmelten Meere.
Also sprach sie; da kam die goldenthronende Eos. |
545 | Goldgetriebenen Gürtel, und schmückte das Haupt mit dem Schleier.Aber ich ging durch die Burg, und ermunterte meine Gefährten, Lieget nun nicht länger, vom süßen Schlummer umduftet! |
550 |
Also sprach ich, und zwang ihr edles Herz zum Gehorsam. |
555 | Von der Hitze des Weins sich abzukühlen, gelagert.Jetzo vernahm er den Lärm und das rege Getümmel der Freunde;Sondern er stürzte sich grade vom Dache hinunter; der Nacken |
560 | Brach aus seinem Gelenk, und die Seele fuhr in die Tiefe.
Zu der versammelten Schar der übrigen sprach ich im Gehen: |
565 | Um des thebäischen Greises Teiresias' Seele zu fragen.
Als sie dieses vernommen, da brach ihr Herz vor Betrübnis; Während wir nun zu dem rüstigen Schiff am Strande des Meeres |
570 | Herzlich bekümmert gingen, und viele Tränen vergießend;Ging auch Kirke dahin, und band bei dem schwärzlichen SchiffeMag des Unsterblichen Gang, der sich verhüllet, entdecken? |
Elfter Gesang
Ein nördlichen Götterwind führt den Odysseus zum Gestade der nächtlichen Kimmerier, wo der Weltstrom Okeanos ins Meer einströmt. An der Kluft, die in Aïdes unterirdisches Reich hinabgeht, opfert er Totenopfer; worauf die Geister aus der Tiefe dein Blute nahn. Elpenor fleht um Bestattung. Die Mutter wird vom Blute gehemmt, bis Teiresias getrunken und geweissagt. Dann trinkt die Mutter, und erkennt ihn. Dann Seelen uralter Heldinnen. Dann Agamemnon mit den Seinigen. Achilleus mit Patroklos und Antilochos; auch Ajas, Telamons Sohn. In der Ferne der richtende Minos; Orion jagend; Tityos, Tantalos und Sisyphos gequält. Des Herakles' Bild annahend. Rückfahrt aus dem Okeanos.
Als wir jetzo das Schiff und des Meeres Ufer erreichten,Zogen wir erstlich das Schiff hinab in die heilige Meersflut,Brachten darauf die Schafe hinein, und traten dann selber |
|
5 | Herzlich bekümmert ins Schiff, und viele Tränen vergießend.Jene sandte vom Ufer dem blaugeschnäbelten Schiffe,Eilig brachten wir jetzt die Geräte des Schiffes in Ordnung, |
10 | Saßen dann still, und ließen vom Wind und Steuer uns lenken.Und wir durchschifften den Tag mit vollem Segel die Wasser. Jetzo erreichten wir des tiefen Oceans Ende. |
15 | Diese tappen beständig in Nacht und Nebel; und niemalsSchauet strahlend auf sie der Gott der leuchtenden Sonne;Sondern schreckliche Nacht umhüllt die elenden Menschen. |
20 |
Und wir zogen das Schiff an den Strand, und nahmen die Schafe |
25 | Eine Grube zu graben, von einer Ell' ins Gevierte.Hierum gossen wir rings Sühnopfer für alle Toten:Dann gelobt' ich flehend den Luftgebilden der Toten, |
30 | Wann ich gen Ithaka käm, eine Kuh, unfruchtbar und fehllos,In dem Palaste zu opfern, und köstliches Gut zu verbrennen,Und nachdem ich flehend die Schar der Toten gesühnet, |
35 | Nahm ich die Schaf', und zerschnitt die Gurgeln über der Grube;Schwarz entströmte das Blut: und aus dem Erebos kamenUnd aufblühende Mädchen, im jungen Grame verloren. |
40 | Viele kamen auch, von ehernen Lanzen verwundet,Kriegerschlagene Männer, mit blutbesudelter Rüstung.Nun befahl ich, und trieb aufs äußerste meine Gefährten, |
45 | Beide liegenden Schafe, vom grausamen Erze getötet,Abzuziehn und ins Feuer zu werfen, und anzubetenSetzte mich hin, und ließ die Luftgebilde der Toten |
50 | Sich dem Blute nicht nahn, bevor ich Teiresias fragte.Erstlich kam die Seele von unserm Gefährten Elpenor.Weder beweint noch begraben; uns drängten andere Sorgen. |
55 | Weinend erblickt' ich ihn, und fühlete herzliches Mitleid,Und ich redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte: Sag', Elpenor, wie kamst du hinab ins nächtliche Dunkel? Also sprach ich; und drauf begann er mit schluchzender Stimme: |
60 | Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus,Ach ein feindlicher Geist und der Weinrausch war mein Verderben!Sondern ich stürzte mich grade vom Dache hinunter; der Nacken |
65 | Brach aus seinem Gelenk, und die Seele fuhr in die Tiefe.Doch nun fleh' ich dich an bei deinen verlassenen Lieben,Denn ich weiß es, du kehrst zurück aus Aïdes Herrschaft, |
70 | Und dein rüstiges Schiff erreicht die Insel Ääa!Dort, begehr' ich von dir, gedenke meiner, o König:Sondern verbrenne mich, samt meiner gewöhnlichen Rüstung, |
75 | Häufe mir dann am Gestade des grauen Meeres ein Grabmal,Daß die Enkel noch hören von mir unglücklichem Manne! Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: |
80 | Dies, unglücklicher Freund, will ich dir alles vollenden.
Also saßen wir dort, und redeten traurige Worte; Jetzo kam die Seele von meiner gestorbenen Mutter, |
85 | Antikleia, des großgesinnten Autolykos' Tochter,Welche noch lebte, da ich zur heiligen Ilios schiffte.Sich dem Blute zu nahn, bevor ich Teiresias fragte. |
90 |
Jetzo kam des alten Thebäers Teiresias' Seele. Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, |
95 | Aber weiche zurück, und wende das Schwert von der Grube,Daß ich trinke des Blutes, und dir dein Schicksal verkünde. Also sprach er; ich wich, und steckte das silberbeschlagene |
100 |
Glückliche Heimfahrt suchst du, o weitberühmter Odysseus: |
105 | Möchtest du nur dein Herz und deiner Freunde bezähmen,Wann du jetzo, den Schrecken des dunkeln Meeres entfliehend,Heilig dem Sonnengotte, der alles siehet und höret. |
110 | Denn so du, eingedenk der Heimkunft, diese verschonest,Könner ihr einst, obzwar unglücklich, gen Ithaka kommen.Wirst du doch spät, unglücklich, und ohne Gefährten zur Heimat |
115 | Kommen, auf fremdem Schiff', und Elend finden im Hause,Übermütige Männer, die deine Habe verschlingen,Hast du jetzo die Freier, mit Klugheit, oder gewaltsam |
120 | Mit der Schärfe des Schwerts, in deinem Palaste getötet;Siehe dann nimm in die Hand ein geglättetes Ruder, und geheWelchen auch Kenntnis fehlt von rotgeschnäbelten Schiffen, |
125 | Und von geglätteten Rudern, den Fittichen eilender Schiffe.Deutlich will ich sie dir bezeichnen, daß du nicht irrest.Siehe dann steck' in die Erde das schöngeglättete Ruder, |
130 | Bringe stattliche Opfer dem Meerbeherrscher Poseidon,Einen Widder und Stier und einen mutigen Eber.Nach der Reihe herum. Zuletzt wird außer dem Meere |
135 | Kommen der Tod, und dich, vom hohen behaglichen AlterAufgelöseten, sanft hinnehmen, wann ringsum die Völker Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: |
140 | Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit.Dort erblick' ich die Seele von meiner gestorbenen Mutter:Wie beginn' ich es, Herrscher, daß sie als Sohn mich erkenne? |
145 |
Also sprach ich; und schnell antwortete jener, und sagte: |
150 |
Also sprach des hohen Teiresias' Seele, und eilte |
155 |
Lieber Sohn, wie kannst du hinab ins nächtliche Dunkel, |
160 | Schweifst du jetzo hieher, nachdem du vom troischen UferMit dem Schiff' und den Freunden so lange geirret? Und kamst du Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: |
165 | Um des thebäischen Greises Teiresias' Seele zu fragen.Denn noch hab' ich Achaia, noch hab' ich unsere HeimatHin gen Ilion zog, zum Kampf mit den Reisigen Trojas. |
170 | Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit:Welches Schicksal bezwang dich des schlummergebenden Todes?Sage mir auch von dem Vater und Sohne, den ich daheim ließ. |
175 | Ruht noch meine Würde auf ihnen, oder empfing sieSchon ein anderer Mann; und glaubt man, ich kehre nicht wieder?Oder ward sie bereits die Gattin des besten Achaiers? |
180 |
Also sprach ich; mir gab die teure Mutter zur Antwort: |
185 | Baut Telemachos noch des Königes Erbe, und speisetMit am Mahle des Volks, wie des Landes Richter gebühret;Bettgestelle, bedeckt mit Mänteln und prächtigen Polstern; |
190 | Sondern den Winter schläft er, bei seinen Knechten im Hause,Neben dem Feuer im Staube, mit schlechten Gewanden umhüllet.Auf der Erde sein Lager von abgefallenen Blättern. |
195 | Seufzend liegt er darauf, bejammert dein Schicksal, und häufetGrößeren Schmerz auf die Seele; und schwerer drückt ihn das Alter.Artemis unversehns mit ihrem sanften Geschosse. |
200 | Auch besiegten mich nicht Krankheiten, welche gewöhnlichMit verzehrendem Schmerze den Geist den Gliedern entreißen.Dein holdseliges Bild nahm deiner Mutter das Leben! |
Also sprach sie; da schwoll mein Herz vor inniger Sehnsucht, | |
205 | Sie zu umarmen, die Seele von meiner gestorbenen Mutter.Dreimal sprang ich hinzu, an mein Herz die Geliebte zu drücken;Und ich redte sie an, und sprach die geflügelten Worte: |
210 |
Meine Mutter, warum entfliehst du meiner Umarmung? |
215 |
Also sprach ich; mir gab die treffliche Mutter zur Antwort: |
220 | Sondern die große Gewalt der brennenden Flamme verzehretAlles, sobald der Geist die weißen Gebeine verlassen.Alles, damit du es einst der lieben Gattin erzählest. |
225 |
Also besprachen wir uns miteinander. Siehe da kamen |
230 | Aber von allen Entwürfen gefiel mir dieser am besten:Eilend zog ich das lange Schwert von der nervichten Hüfte,Meldete mir ihr Geschlecht; und so befragt' ich sie alle. |
235 |
Jetzo erblickt' ich zuerst die edelentsprossene Tyro, |
240 | Einst lustwandelte sie an Enipeus' schönen Gewässern;Siehe da nahm der Erderschüttrer seine Gestalt an,Hochgewölbt, und verbarg den Gott und die sterbliche Jungfrau. |
245 | Schmeichelnd löst' er den Gürtel der Keuschheit, und ließ sie entschlummern.Und da jetzo der Gott das Werk der Liebe vollendet; Freue dich, Mädchen, der Liebe! Du wirst im Laufe des Jahres |
250 | Streut ein unsterblicher Gott. Du pfleg' und nähre sie sorgsam.Jetzo gehe zu Haus', und schweig, und sage dies niemand: Also sprach er, und sprang in des Meers hochwallende Woge. |
255 | Welche beide des großen Zeus' gewaltige DienerWurden: Pelias einst, der iaolkischen FlurenÄson und Pheres, und drauf Amythaon, den Tummler der Rosse. |
260 |
Auch Antiope kam, die schöne Tochter Asopos', |
265 | Beide, wie stark sie auch waren, die große Thebä nicht schützen.
Hierauf kam Alkmene, Amphitryons Ehegenossin, |
270 | Und des nimmerbezwungnen Amphitryoniden Gemahlin.
Hierauf kam Epikaste, die schöne, Ödipus' Mutter, |
275 | Ödipus herrschte, mit Kummer behäuft, in der lieblichen Thebä,Über Kadmos' Geschlecht, durch der Götter verderblichen Ratschluß.Selbst das erdrosselnde Seil, und ließ unnennbares Elend |
280 | Jenem zurück, den Fluch der blutgeschändeten Mutter.
Jetzo nahte sich Chloris, die schöne Gemahlin von Neleus. |
285 | Pylos Fürstin gebar dem Neleus herrliche Söhne,Nestor gebar sie ihm, und Chromios, und den berühmtenGab sie keinem, der nicht des mächtigen Königs Iphikles' |
290 | Breitgestirnete Rinder aus Phylakes Auen entführte.Schwer war die Tat, und nur der treffliche Seher MelampusAber nachdem die Monden und Tage waren vollendet, |
295 | Und ein neues Jahr mit den kreisenden Horen herankam;Siehe da löste den Seher der mächtige König Iphikles, Jetzo erblickt' ich Leda, Tyndareos' Ehegenossin, |
300 | Kastor durch Rosse berühmt, und Polydeikes im Faustkampf.Diese leben noch beid' in der allernährenden Erde.Leben und wieder sterben, und göttlicher Ehre genießen. |
305 |
Drauf kam Iphimedeia, die Ehegenossin Aloeus, |
310 | Und bei weitem die schönsten, nach jenem berühmten Orion.Denn im neunten Jahre, da maß neun Ellen die BreiteMit verheerendem Sturm und Schlachtengetümmel zu füllen. |
315 | Ossa mühten sie sich auf Olympos zu setzen, auf OssaPelions Waldgebirg', um hinauf in den Himmel zu steigen.Beide mit Todesgeschoß, eh' unter den Schläfen des Bartes |
320 | Blume wuchs, und dem Kinn die zarten Sprößlinge bräunten.
Drauf kam Phädra und Prokris, und Ariadne die schöne, |
325 | Hielt sie Artemis an, auf Dionysos Verkündung.
Mära und Klymene kam, und das schändliche Weib Eriphyle, Aber ich kann unmöglich sie alle beschreiben und nennen, |
330 | Sonst vergeht die ambrosische Nacht; und die Stunde gebeut mir,Schlafen zu gehn, bei den Freunden in unserm gerüsteten Schiffe, Also sprach er; und alle verstummten umher, und schwiegen, |
335 | Endlich begann Arete, die lilienarmige Fürstin:
Sagt mir doch, ihr Phäaken, was haltet ihr von dem Manne, |
340 | Bei dem darbenden Manne nicht allzukärglich; ihr habt jaReiche Schätze daheim, durch die Gnade der Götter, verwahret! Hierauf sprach zur Versammlung der graue Held Echeneos, Freunde, nicht unserem Wunsch, noch unsrer Erwartung entgegen, |
345 | Redete jetzt voll Weisheit die Königin; darum gehorchet!Aber Alkinoos selber gebührt es zu reden und handeln. Ihm antwortete drauf Alkinoos wieder, und sagte: |
350 | Aber der Fremdling wolle, wie sehr er zur Heimat verlanget,Noch bis morgen bei uns verweilen, bis ich das ganze Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
355 | Weitgepriesener Held, Alkinoos, mächtigster König!Zwänget ihr mich allhier auch ein ganzes Jahr zu verweilen,Wenn ich mit vollerer Hand in mein liebes Vaterland kehrte. |
360 | Weit willkommener würd' ich und weit ehrwürdiger allenMännern in Ithaka sein, die mich Heimkehrenden sähen. Ihm antwortete drauf Alkinoos wieder, und sagte: |
365 | Sonst die verbreiteten Völker der schwarzen Erde durchstreifen,Welche Lügen erdichten, woher sie keiner vermutet.Von des argeiischen Heers und deinen traurigen Leiden. |
370 | Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit,Ob du einige sahst der göttlichen Freunde, die mit dirSchlafen zu gehn nicht da. Erzähle mir Wundergeschichten. |
375 | Selbst bis zur heiligen Frühe vermöcht' ich zu hören, so langeDu in diesem Gemache mir deine Leiden erzähltest! Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
380 | Aber wenn du verlangst, mich weiter zu hören, so will ichOhne Weigern dir jetzt noch tränenwerteres UnglückUnd auf der Heimkehr starben, durch List des heillosen Weibes. |
385 |
Als sich auf den Befehl der schrecklichen Persephoneia |
390 | Dieser erkannte mich gleich, sobald er des Blutes gekostet.Und nun weint' er laut, und vergoß die bittersten Tränen,Welche die biegsamen Glieder des Helden vormals belebte. |
395 | Weinend erblickt' ich ihn, und fühlete herzliches Mitleid;Und ich redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte: Atreus' rühmlicher Sohn, weitherrschender Held Agamemnon, |
400 | Da er den wilden Orkan lautbrausender Winde dir sandte?Oder ermordeten dich auf dem Lande feindliche Männer,Oder indem sie die Stadt und ihre Weiber verfochten? |
Also sprach ich; und drauf antwortete jener und sagte: | |
405 | Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus,Nein, mich tötete nicht der Erderschüttrer Poseidon,Sondern Ägisthos bereitete mir das Schicksal des Todes, |
410 | Samt dem heillosen Weibe! Er lud mich zu Gast, und erschlug michUnter den Freuden des Mahls: so erschlägt man den Stier an der Krippe!Die man im Hause des reichen gewaltigen Mannes zur Hochzeit, |
415 | Oder zum Feiergelag' abschlachtet, oder zum Gastmahl.Schon bei vieler Männer Ermordung warst du zugegen,Als wie wir um den Kelch und die speisebeladenen Tische |
420 | Lagen im weiten Gemach, und rings der Boden in Blut schwamm!Jämmerlich hört' ich vor allen Kassandra, Priamos' Tochter,Und griff sterbend ins Schwert der Mörderin. Aber die Freche |
425 | Ging von mir weg, ohn einmal die Augen des sterbenden MannesZuzudrücken, noch ihm die kalten Lippen zu schließen.Wie sie jene verübt, die Grausame! welche den Liebling |
430 | Ihrer Jugend mit List hinrichtete! Ach wie entzückteMich die Hoffnung, daheim von meinen Leuten und KindernEwig entehrt, wenn eine sich auch des Guten befleißigt! |
435 |
Also sprach er; und ich antwortete wieder und sagte: |
440 |
Also sprach ich; und drauf antwortete jener, und sagte: |
445 | Denn sie ist rechtschaffen, und Weisheit adelt die SeeleVon Ikarios Tochter, der klugen Penelopeia.Lag an der Brust, der nun in den Kreis der Männer sich hinsetzt. |
450 | Glücklicher Sohn! ihn schaut einst wiederkehrend sein Vater,Und er begrüßt den Vater mit frommer kindlicher Liebe!Höre nun meinen Rat, und bewahr' ihn sorgsam im Herzen: |
455 | Lande mit deinem Schiff ans vaterländische UferHeimlich, nicht öffentlich an; denn nimmer ist Weibern zu trauen!In Orchomenos, oder vielleicht in der sandigen Pylos, |
460 | Oder bei Menelaos in Spartas weiten Gefilden?Denn noch starb er nicht auf Erden, der edle Orestes. Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: |
465 |
Also standen wir beide, mit trauervollen Gesprächen |
470 | In dem achaiischen Heer, nach dem tadellosen Achilleus.Mich erkannte die Seele des schnellen äakischen Helden, Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, |
475 | Welche Kühnheit, herab in die Tiefe zu steigen, wo ToteNichtig und sinnlos wohnen, die Schatten gestorbener Menschen! Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: |
480 | Mir weissagte, wie ich zur felsichten Ithaka käme.Denn noch hab' ich Achaia, noch hab' ich unsere HeimatVormals im Leben ehrten wir dich, wie einen der Götter, |
485 | Wir Achaier; und nun, da du hier bist, herrschest du mächtigUnter den Geistern: drum laß dich den Tod nicht reuen, Achilleus! Also sprach ich; und drauf antwortete jener, und sagte: |
490 | Der nur kümmerlich lebt, als Tagelöhner das Feld baun,Als die ganze Schar vermoderter Toten beherrschen.Melde mir auch, wo du Kunde vom großen Peleus vernahmest, |
495 | Ob er noch weitgeehrt die Myrmidonen beherrsche,Oder ob man ihn schon durch Hellas und Phtia verachte,Wie ich war, da ich einst in Trojas weitem Gefilde, |
500 | Für die Danaer streitend, die tapfersten Völker erlegte.Käm' ich in jener Kraft nur ein wenig zum Hause des Vaters; Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: |
505 | Keine Kunde hab' ich vom großen Peleus vernommen.Aber von deinem Sohn Neoptolemos, deinem GeliebtenHer von Skyros gebracht zu den schöngeharnischten Griechen. |
510 | Wann wir Achaier vor Ilions Stadt uns setzten zum Kriegsrat;Redet' er immer zuerst, und sprach nicht flatternde Worte:Blieb er nimmer im Schwarm, noch unter den Haufen der Heerschar: |
515 | Sondern er eilte vorauf mit freudiger Kühnheit, und stürzteViele Männer dahin im schrecklichen Waffengetümmel.Sondern Eurypylos nur, den kriegrischen Telephiden. |
520 | Diesen durchstach er mit ehernem Spieß, und viele KeteierSanken blutig um ihn, durch Weibergeschenke verleitet.Welches Epeios gebaut; und mir die Sorge vertraut ward, |
525 | Unser festes Gehäuse zu öffnen, oder zu schließen:Siehe da saßen viele der hohen Fürsten und Pfleger,Daß der blühende Jüngling erblaßte, oder sein Antlitz |
530 | Feige Tränen benetzten; mit Flehen bat er mich oftmal,Ihn aus dem Rosse zu lassen, ergriff die eherne Lanze,Stieg er, mit Ehrengeschenken und großer Beute bereichert, |
535 | Unbeschädigt ins Schiff, von keinem fliegenden Erze,Noch von der Schärfe des Schwerts verwundet; welches doch selten Also sprach ich; da ging die Seele des schnellen Achilleus |
540 | Freudenvoll, daß ich ihm des Sohnes Tugend verkündigt.
Aber die anderer Seelen der abgeschiedenen Toten |
545 | Den ich einst vor den Schiffen, mit ihm um die Waffen AchilleusRechtend, gewann; sie setzte zum Preis die göttliche Mutter,Denn ein solches Haupt birgt ihrenthalben die Erde: |
550 | Ajas, der an Gestalt und Edeltaten der größteUnter den Danaern war, nach dem tadellosen Achilleus.Selbst nach dem Tode den Groll forttragen wegen der Rüstung, |
555 | Welche der Götter Rat zum Verderben der Griechen bestimmte?Denn du sankst, ihr Turm in der Feldschlacht; und wir AchaierSchuldig, als Zeus, der, entbrannt vom schrecklichen Eifer, Achaias |
560 | Kriegerscharen verwarf, und dein Verhängnis dir sandte!Aber wohlan, tritt näher zu mir, o König, und höre Also sprach ich; er schwieg, und ging in des Erebos Dunkel |
565 | Dennoch hätte mich dort der Zürnende angeredet,Oder ich ihn; allein mich trieb die Begierde des Herzens, Und ich wandte den Blick auf Minos, den göttlichen, Zeus' Sohn! |
570 | Strafe den Toten und Lohn; sie rechteten rings um den König,Sitzend und stehend, im weitgeöffneten Hause des Aïs. Und nach diesem erblickt' ich den ungeheuren Orion. |
575 | In den Händen die eherne, nie zerbrechliche Keule.
Auch den Tityos sah ich, den Sohn der gepriesenen Erde. |
580 | Weil er Leto entehrt, Zeus' heilige Lagergenossin,Als sie gen Pytho ging, durch Panopeus' liebliche Fluren. Auch den Tantalos sah ich, mit schweren Qualen belastet. |
585 | Denn so oft sich der Greis hinbückte, die Zunge zu kühlen;Schwand das versiegende Wasser hinweg, und rings um die FüßeVoll balsamischer Birnen, Granaten und grüner Oliven, |
590 | Oder voll süßer Feigen und rötlichgesprenkelter Äpfel.Aber sobald sich der Greis aufreckte, der Früchte zu pflücken; Auch den Sisyphos sah ich, von schrecklicher Mühe gefoltert, |
595 | Angestemmt, arbeitet' er stark mit Händen und Füßen,Ihn von der Au aufwälzend zum Berge. Doch glaubt' er ihn jetzoUnd von vorn arbeitet' er, angestemmt, daß der Angstschweiß |
600 | Seinen Gliedern entfloß, und Staub sein Antlitz umwölkte.
Und nach diesem erblickt' ich die hohe Kraft Herakles, |
605 | Ringsum schrie, wie Vögelgeschrei, das Geschrei der gescheuchtenFlatternden Geister um ihn; er stand der greulichen Nacht gleich,Seine Brust umgürtet' ein fürchterlich Wehrgehenke, |
610 | Wo, getrieben aus Gold, die Wunderbildungen strahlten:Bären, und Eber voll Wut, und grimmig funkelnde Löwen,Der ein solches Gehenke mit hohem Geiste gebildet! |
615 | Dieser erkannte mich gleich, sobald er mit Augen mich sahe,Wandte sich seufzend zu mir, und sprach die geflügelten Worte: Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, |
620 | Zeus' des Kroniden Sohn war ich, und duldete dennochUnaussprechliches Elend; dem weit geringeren ManneSchien dem Tyrannen für mich die entsetzlichste aller Gefahren. |
625 | Aber ich brachte den Hund empor aus Aïdes Wohnung;Hermes geleitete mich und Zeus' blauäugichte Tochter. Also sprach er, und ging zurück in Aïdes Wohnung. |
630 | Und noch manchen vielleicht, den ich wünschte, hätt' ich gesehen:Theseus und seinen Freund Peirithoos, Söhne der Götter;Fürchtend, es sende mir jetzo die strenge Persephoneia |
635 | Tief aus der Nacht die Schreckengestalt des gorgonischen Unholds,Floh ich eilend von dannen zum Schiffe, befahl den Gefährten,Also durchschifften wir die Flut des Oceanstromes, |
640 | Erst vom Ruder getrieben, und drauf vom günstigen Winde. |
Zwölfter Gesang
Ankunft in Meer und Tageslicht bei Ääa. Elpenors Bestattung. Kirke meldet die Gefahren des Wegs: erst die Sirenen; dann rechts die malmenden Irrfelsen, links die Enge zwischen Skylla und Charybdis; jenseits diesen die Sonnenherden in Thrinakia. Abfahrt mit Götterwind. Nach Vermeidung der Sirenen, läßt Odysseus die Irrfelsen rechts, und steuert an Skyllas Fels in die Meerenge, indem Charybdis einschlurft; Skylla raubt sechs Männer. Erzwungene Landung an Thrinakia, wo durch Sturm ausgehungert, die Genossen heilige Rinder schlachten. Schiffbruch; Odysseus auf der Trümmern zur schlurfenden Charybdis zurückgetrieben, dann nach Ogygia zur Kalypso.
Als wir jetzo die Flut des Oceanstromes durchsegelt,Fuhren wir über die Woge des weithinwogenden MeeresWohnung und Tänze sind, und Helios leuchtender Aufgang. |
|
5 | Jetzo landeten wir am sandigen Ufer der Insel,Stiegen alsdann aus dem Schiff' ans krumme Gestade des Meeres, Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
10 | Unsers toten Gefährten Elpenors Leichnam zu holen.Eilig fällten wir Holz auf der höchsten Spitze des Landes,Häuften wir ihm ein Grab, und errichteten drüber ein Denkmal, |
15 | Pflanzten dann hoch auf das Grab sein schöngeglättetes Ruder.
Also bestellten wir dies nach der Ordnung. Doch unsre Zurückkunft |
20 | Und sie trat in die Mitte, die hehre Göttin, und sagte:
Arme, die ihr lebendig in Aïdes Wohnung hinabfuhrt! |
25 | Schifft! Ich will euch den Weg und alle Gefahren des WegesSelbst verkünden, damit nicht hinfort unselige Torheit, Also sprach sie, und zwang der Edlen Herz zum Gehorsam. |
30 | An der Fülle des Fleisches und süßen Weines uns labend.Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte,Legte sich neben mir nieder, und fragete, was mir begegnet! |
35 | Und ich erzählte darauf umständlich die ganze Geschichte.Jetzt antwortete mir die hohe Kirke, und sagte: Dieses hast du denn alles vollbracht; vernimm nun, Odysseus, |
40 | Alle sterblichen Menschen, wer ihre Wohnung berühret.Welcher mit törichtem Herzen hinanfährt, und der SirenenDenn es bezaubert ihn der helle Gesang der Sirenen, |
45 | Die auf der Wiese sitzen, von aufgehäuftem GebeineModernder Menschen umringt und ausgetrockneten Häuten.Von den andern sie höre. Doch willst du selber sie hören; |
50 | Siehe dann binde man dich an Händen und Füßen im Schiffe,Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen:Eilend feßle man dich mit mehreren Banden noch stärker! |
55 |
Sind nun deine Gefährten bei diesen vorüber gerudert, Hier stürmt gegen den Fuß der überhangenden Klippen |
60 | Hochaufbrausend die Woge der bläulichen Amphitrite.Irrende Klippen nennt sie die Sprache der seligen Götter.Sondern der glatte Fels raubt eine von ihnen beständig! |
65 | Aber der Vater erschafft eine andre, die Zahl zu ergänzen.Und noch nimmer entrann ein Schiff, das ihnen sich nahte;Eins nur steurte vorbei von den meerdurchwandelnden Schiffen, |
70 | Argo, die Allbesungne, da sie von Äëtes zurückfuhr;Und bald hätte die Flut auch sie an die Klippe geschmettert, Dorthin drohn zween Felsen: der eine berühret den Himmel |
75 | Rings umhüllt, das nimmer zerfließt; und nimmer erhellenHeitere Tage den Gipfel, im Sommer oder im Herbste.Denn der Stein ist so glatt, als wär' er ringsum behauen. |
80 | In der Mitte des Felsen ist eine benachtete Höhle,Abendwärts, gewandt nach des Erebos' Gegend, allwo ihrNicht den gefiederten Pfeil bis an die Höhle zu schnellen. |
85 | Diese Höhle bewohnt die fürchterlich bellende Skylla,Deren Stimme hell, wie der jungen saugenden HundeSiehe das Ungeheuer hat zwölf abscheuliche Klauen, |
90 | Und sechs Häls' unglaublicher Läng', auf jeglichem HalseEinen gräßlichen Kopf, mit dreifachen Reihen gespitzterAber die Köpfe bewegt sie hervor aus dem schrecklichen Abgrund, |
95 | Blickt heißhungrig umher, und fischt sich rings um den FelsenMeerhund' oft und Delphine, und oft noch ein größeres Seewild,Rühmt sich verschont zu sein; sie schwingst in jeglichem Rachen |
100 | Einen geraubeten Mann aus dem blaugeschnäbelten Schiffe.
Doch weit niedriger ist der andere Felsen, Odysseus, |
105 | Dreimal gurgelt sie täglich es aus, und schlurfet es dreimalSchrecklich hinein. Weh dir, wofern du der Schlurfenden nahest!Schnell mit dem Schiffe davon. Es ist doch besser, Odysseus, |
110 | Sechs Gefährten im Schiff zu vermissen, als alle mit einmal!
Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: |
115 |
Also sprach ich; mir gab die hohe Göttin zur Antwort: |
120 | Nichts hilft Tapferkeit dort; entfliehn ist die einzige Rettung.Denn verweilst du am Felsen, zum Kampfe gerüstet; so fürcht' ich,Rudre denn hurtig vorüber, und rufe die Göttin Kratäis, |
125 | Skyllas Mutter an, die die Plage der Menschen geboren:Diese wird sie bezähmen, daß sie nicht ferner dir schade. Jetzt erreichst du die Insel Thrinakia. Siehe da weiden |
130 | Fünfzig in jeglicher Herd'; und diese vermehren sich niemals,Noch vermindern sie sich. Zwo Göttinnen pflegen der Weide,Denn die göttliche Mutter, sobald sie die Töchter erzogen, |
135 | Sandte sie fern hinweg in Thrinakias Insel, des VatersFette Schafe zu hüten und sein schwerwandelndes Hornvieh.Wenn du sie aber beraubst; alsdann weissag' ich Verderben |
140 | Deinem Schiff' und den Freunden; und so du auch selber entrinnest,Kehrst du doch spät, unglücklich, und ohne Gefährten, zur Heimat. Also sprach sie; da kam die goldenthronende Eos; |
145 | Einzusteigen, und schnell am Ufer die Seile zu lösen.Und sie traten ins Schiff, und setzten sich hin auf die Bänke,Günstigen segelschwellenden Wind, zum guten Begleiter, |
150 | Kirke, die schöngelockte, die hehre melodische Göttin.Eilig brachten wir jetzt die Geräte des Schiffes in Ordnung, Freunde, nicht einem allein, noch Zweenen, gebührt es zu wissen, |
155 | Welche Dinge mir Kirke, die hohe Göttin, geweissagt.Drum verkünd' ich sie euch, daß jeder sie wisse; wir mögenSüße Stimme zu meiden, und ihre blumige Wiese. |
160 | Mir erlaubt sie allein, den Gesang zu hören; doch bindetIhr mich fest, damit ich kein Glied zu regen vermöge,Eilend fesselt mich dann mit mehreren Banden noch stärker. |
165 |
Also verkündet' ich jetzo den Freunden unser Verhängnis. |
170 | Meine Gefährten gingen, und falteten eilig die Segel,Legten sie nieder im Schiff, und setzten sich hin an die Ruder;Kleine Kugeln, knetete sie mit nervichten Händen; |
175 | Und bald weichte das Wachs, vom starken Drucke bezwungen,Und dem Strahle des hochhinwandelnden Sonnenbeherrschers.Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen; |
180 | Setzten sich dann, und schlugen die graue Woge mit Rudern.Als wir jetzo so weit, wie die Stimme des Rufenden schallet, Komm, besungner Odysseus, du großer Ruhm der Achaier! |
185 | Lenke dein Schiff ans Land, und horche unserer Stimme.Denn hier steurte noch keiner im schwarzen Schiffe vorüber,Uns ist alles bekannt, was ihr Argeier und Troer |
190 | Durch der Götter Verhängnis in Trojas Fluren geduldet:Alles, was irgend geschieht auf der lebenschenkenden Erde! Also sangen jene voll Anmut. Heißes Verlangen |
195 | Und es erhuben sich schnell Eurylochos und Perimedes,Legten noch mehrere Fesseln mir an, und banden mich stärker.Eilend nahmen sich nun die teuren Genossen des Schiffes |
200 | Von den Ohren das Wachs, und lösten mich wieder vorn Mastbaum.
Als wir jetzo der Insel entruderten, sah ich von ferne |
205 | Still, weil keiner mehr das lange Ruder bewegte.Aber ich eilte durchs Schiff, und ermahnete meine Gefährten, Freunde, wir sind ja bisher nicht ungeübt in Gefahren; |
210 | Mit unmenschlicher Kraft im dunkeln Felsen uns einschloß;Dennoch entflohn wir auch jener durch meine Tugend und Weisheit;Ihr, schlagt alle des Meers hochstürmende Woge mit Rudern, |
215 | Sitzend auf euren Bänken! Vielleicht verstattet KronionZeus, daß wir, durch die Flucht, doch diesem Verderben entrinnen.Lenke das Schiff mit aller Gewalt aus dem Dampf und der Brandung, |
220 | Und arbeite gerad' auf den Fels zu; daß es nicht dorthin Unversehens sich wend', und du ins Verderben uns stürzest! |
Also sprach ich, und schnell gehorchten sie meinem Befehle.Aber von Skylla schwieg ich, dem unvermeidlichen Unglück!Daß nicht meine Gefährten, aus Furcht des Todes, die Ruder |
|
225 | Sinken ließen, und all' im Schiffe zusammen sich drängten.Jetzo dacht' ich nicht mehr des schreckenvollen Gebotes,Zween weitschattende Speer' in der Hand, und stieg auf des Schiffes |
230 | Vorderverdeck; denn ich hoffte, die Felsenbewohnerin SkyllaDorther kommen zu sehn, um mir die Freunde zu rauben.Seufzend ruderten wir hinein in die schreckliche Enge: |
235 | Denn hier drohete Skylla, und dort die wilde Charybdis,Welche die salzige Flut des Meeres fürchterlich einschlang;Spritzte der Schaum, und bedeckte die beiden Gipfel der Felsen. |
240 | Wenn sie die salzige Flut des Meeres wieder hineinschlang,Senkte sich mitten der Schlund des reißenden Strudels, und ringsumWährend wir nun, in der Angst des Todes, alle dahinsahn, |
245 | Neigte sich Skylla herab, und nahm aus dem Raume des SchiffesMir sechs Männer, die stärksten an Mut und nervichten Armen.Die hoch über mir schwebten; sie schrien und jammerten alle |
250 | Laut, und riefen mir, ach! zum letztenmale! beim Namen.Wie am Vorgebirge mit langer Rute der FischerWirft, und die zappelnde Beute geschwind' ans Ufer hinaufschwenkt: |
255 | Also wurden sie zappelnd empor an dem Felsen gehoben.Dort an der Höhle fraß sie das Ungeheuer, und schreiendSo viel Jammer mich auch im stürmenden Meere verfolgte! |
260 |
Als wir jetzo die Felsen der Skylla und wilden Charybdis |
265 | Hört' ich schon das Gebrüll der eingeschlossenen Rinder,Und der Schafe Geblök. Da erwacht' in meinen GedankenJa die Insel zu meiden der menschenerfreuenden Sonne. |
270 | Und mit trauriger Seele begann ich zu meinen Gefährten:
Höret meine Worte, ihr teuren Genossen im Unglück, |
275 | Denn dort würden wir uns den schrecklichsten Jammer bereiten.Auf denn, Geliebteste, lenkt das Schiff bei der Insel vorüber! Also sprach ich; und jenen brach das Herz vor Betrübnis. |
280 | Deine Glieder, sie sind aus hartem Stahle gebildet!Daß du den müden Freunden, von Arbeit und Schlummer entkräftet,Sondern befiehlst, daß wir die Insel meiden, und blindlings |
285 | Durch die dickeste Nacht im düstern Meere verirren!Und die Stürme der Nacht sind fürchterlich; Schiffe zertrümmertOder der sausende West herwirbelte, welche die Schiffe |
290 | Oft auch gegen den Willen der herrschenden Götter zerschmettern?Laßt uns denn jetzo der Nacht aufsteigenden Schatten gehorchen, Also sprach er; und laut rief jeder Eurylochos Beifall, |
295 | Und ich erkannte jetzt, daß ein Himmlischer Böses verhängte;Drauf antwortet' ich ihm, und sprach die geflügelten Worte: Freilich, Eurylochos, zwingt ihr mich einzelnen leicht zum Gehorsam. |
300 | Finden, daß keiner mir dann, durch schreckliche Bosheit verblendet,Weder ein Rind noch ein Schaf abschlachte, sondern geruhig Also sprach ich; und schnell beschwuren sie, was ich verlangte. |
305 | Landeten wir in der Bucht mit dem starkgezimmerten Schiffe,Nahe bei süßem Wasser; und meine Gefährten entstiegenDa beweineten sie der lieben Freunde Gedächtnis, |
310 | Welche Skylla geraubt, und vor der Höhle verschlungen;Auf die Weinenden sank allmählich der süße Schlummer. Schon war die dritte Wache der Nacht, und es sanken die Sterne; |
315 | Meer und Erde zugleich; und dem düstern Himmel entsank Nacht.Als nun die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte,Jetzo rief ich die Freunde zur Ratsversammlung, und sagte: |
320 |
Freunde, wir haben ja noch im Schiffe zu essen und trinken; Also sprach ich, und zwang ihr edles Herz zum Gehorsam. |
325 | Aber der Süd durchstürmte den ganzen Monat, und niemalsHub sich ein anderer Wind, als der Ost und der herrschende Südwind.Und da endlich im Schiffe der ganze Vorrat verzehrt war, |
330 | Streiften sie alle aus Not, vom nagenden Hunger gefoltert,Durch die Insel umher, mit krummer Angel sich FischeAnzuflehn, ob einer den Weg mir zeigte zur Heimkehr. |
335 | Als ich, die Insel durchgehend, mich weit von den Freunden entfernet,Am windfreien Gestade; da wusch ich die Händ', und flehte Aber Eurylochos reizte die andern Freunde zum Bösen: |
340 | Höret meine Worte, ihr teuren Genossen im Unglück.Zwar ist jeglicher Tod den armen Sterblichen furchtbar;Für die Unsterblichen her, die den weiten Himmel bewohnen. |
345 | Kommen wir einst zurück in Ithakas heimische Fluren,Seht dann weihen wir schnell dem hohen SonnenbeherrscherUnser Schiff zu verderben, und ihm willfahren die Götter; |
350 | Lieber will ich mit einmal den Geist in den Fluten verhauchen,Als noch lang' hinschmachten auf dieser einsamen Insel! Also sprach er, und laut rief jeder Eurylochos Beifall. |
355 | Weideten jetzt, breitstirnig und schön, die heiligen Rinder.Diese umstanden die Freunde, den Göttern flehend, und streutenAlso fleheten sie, und schlachteten, zogen die Haut ab, |
360 | Schnitten die Lenden aus, umwickelten diese mit Fette,Und bedeckten sie drauf mit blutigen Stücken der Glieder.Als sie die Lenden verbrannt, und die Eingeweide gekostet, |
365 | Schnitten sie auch das übrige klein, und steckten's an Spieße.
Meinen Augen entfloh nunmehr der liebliche Schlummer, |
370 | Da erschrak ich, und rief wehklagend den ewigen Göttern:
Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Götter! Und Lampetia stieg zu Helios' leuchtendem Sitze |
375 | Schnell mit der Botschaft empor, daß jene die Rinder getötet;Dieser entbrannte vor Zorn, und sprach zu den ewigen Göttern: Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Götter, |
380 | Meiner Tage, so oft ich den sternichten Himmel hinanstieg,Oder wieder hinab vom Himmel zur Erde mich wandte! Ihm antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: |
385 | Helios, leuchte forthin den unsterblichen Göttern des Himmels,Und den sterblichen Menschen auf lebenschenkender Erde. Dieses erfuhr ich hernach von der schöngelockten Kalypso, |
390 | Die es selbst von Hermeias, dem Göttergesandten, erfahren.
Als ich jetzo das Schiff und des Meeres Ufer erreichte, |
395 | Ringsum krochen die Häute, es brüllte das Fleisch an den Spießen,Rohes zugleich und gebratnes, und laut wie Rindergebrüll scholl's.Als nun der siebente Tag von Zeus Kronion gesandt ward, |
400 | Siehe da legten sich schnell die reißenden Wirbel der Windsbraut;Und wir stiegen ins Schiff, und steurten ins offene Weltmeer, Als wir das grüne Gestade Thrinakias jetzo verlassen, |
405 | Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewölk ausÜber das laufende Schiff, und Nacht lag über der Tiefe.Plötzlich zerbrach der Orkan die beiden Taue des Mastbaums; |
410 | Aber der Mast fiel krachend zurück, und Segel und StangeSanken hinab in den Raum; die Last des Fallenden stürzteKöpflings herab vom Verdeck, und der Geist entwich den Gebeinen. |
415 | Und nun donnerte Zeus; der hochgeschleuderte Strahl schlugSchmetternd ins Schiff: und es schwankte, vom Donner des Gottes erschüttert;Steigend und sinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr. |
420 | Einsam durchwandelt' ich jetzo das Schiff; da trennte der WogenSturz von den Seiten den Kiel, und trug die eroberten Trümmer;Eilend ergriff ich das Tau, und verband den Kiel und den Mastbaum; |
425 | Setzte mich drauf, und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten.
Jetzo legten sich schnell die reißenden Wirbel des Westes; |
430 | Kam ich an Skyllas Fels und die schreckenvolle Charybdis.Diese verschlang an jetzo des Meeres salzige Fluten;Nirgendwo mit den Füßen zu ruhn, noch höher zu klimmen. |
435 | Denn fern waren die Wurzeln, und nieder schwankten die Äste,Welche, lang und groß, Charybdis mit Schatten bedeckten.Kamen sie. Wann zum Mahle der Richter aus der Versammlung |
440 | Kehrt, der viele Zwiste der hadernden Jüngling' entschieden;Zu der Stund' entstürzten Charybdis' Schlunde die Balken.Setzte mich eilend darauf, und ruderte fort mit den Händen. |
445 | Aber Skylla ließ mich der Vater der Menschen und GötterNicht mehr schaun; ich wäre sonst nie dem Verderben entronnen! Und neun Tage trieb ich umher; in der zehnten der Nächte |
450 | Huldreich nahm sie mich auf... Doch warum erzähl' ich dir dieses?Hab' ich es doch schon dir und deiner edlen GemahlinEinmal erzählete Dinge von neuem zu wiederholen. |
Dreizehnter Gesang
Odysseus, von neuem beschenkt, geht am Abend zu Schiffe, wird schlafend nach Ithaka gebracht, und in Phorkis Bucht ausgesetzt. Das heimkehrende Schiff versteinert Poseidon. Odysseus in Götternebel verkennt sein Vaterland. Athene entnebelt ihm Ithaka, verbirgt sein Gut in der Höhle der Nymphen, entwirft der Freier Ermordung, und gibt ihm die Gestalt eines bettelnden Greises.
Also sprach er; und alle verstummten umher, und schwiegen,Horchten noch, wie entzückt, im großen schattigen Saale. Da du zu meiner hohen mit Erz gegründeten Wohnung |
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5 | Kamst; so hoff' ich, Odysseus, dich sollen doch jetzt von der HeimfahrtKeine Stürme verwehn, wie sehr du auch immer geduldet!Ehrenweines genießt, und des Sängers Begeisterung anhört. |
10 | Kleider liegen bereits in der schöngeglätteten LadeFür den Fremdling, auch Gold von künstlicher Arbeit, und andreIhm verehren. Wir fodern uns dann vom versammelten Volke |
15 | Wieder Ersatz; denn einen belästigten solche Geschenke.
Also sprach er; und allen gefiel die Rede des Königs. |
20 | Aber die heilige Macht Alkinoos legte das alles,Selber das Schiff durchgehend, mit Sorgfalt unter die Bänke; Hierauf gingen sie alle zur Burg, und besorgten das Gastmahl. |
25 | Zeus den donnerumwölkten Kroniden, der alles beherrschet.Und sie verbrannten die Lenden, und feirten das herrliche Gastmahl,Wandte zur strahlenden Sonn' oft ungeduldig sein Haupt auf, |
30 | Daß sie doch unterginge; denn herzlich verlangt' ihn zur Heimat.Also sehnt sich ein Pflüger zur Mahlzeit, welcher vom MorgenEilet zur Abendkost, und dem Gehenden wanken die Kniee: |
35 | Also freute sich jetzt Odysseus der sinkenden Sonne.Schnell begann er darauf zu den rudergeübten Phäaken, Weitgepriesener Held, Alkinoos, mächtigster König! |
40 | Denn ich habe nun alles, was meine Seele gewünscht hat:Eine sichere Fahrt und werte Geschenke. Die GötterIhr, die ich jetzo verlasse, beglückt noch lange die Weiber |
45 | Eurer Jugend, und Kinder! Euch segnen die Götter mit TugendUnd mit Heil, und nie heimsuche die Insel ein Unglück! Also sprach er; es lobten ihn alle Fürsten, und rieten, |
50 | Mische Wein in dem Kelche, Pontonoos; reiche dann allenMännern im Saal' umher; daß wir dem Vater Kronion Sprach's; und Pontonoos mischte des herzerfreuenden Weines, |
55 | Flehend den Göttern des Tranks, die den weiten Himmel bewohnen,Jeder von seinem Sitz. Da erhub sich der edle Odysseus, Lebe beständig wohl, o Königin, bis dich das Alter |
60 | Sanft beschleicht und der Tod, die allen Menschen bevorstehn!Jetzo scheid' ich von dir. Sei glücklich in diesem Palaste, Eilend ging nun der Held Odysseus über die Schwelle. |
65 | Ihn zu dem rüstigen Schiff ans Meergestade zu führen.Auch die Königin ließ ihn von drei Jungfrauen begleiten:Jene folgte dem Zuge mit Speis' und rötlichem Weine. |
70 |
Als sie jetzo das Schiff und des Meeres Ufer erreichten, |
75 | Ruhig schliefe. Dann stieg er hinein, und legte sich schweigendAuf sein Lager. Nun setzten sich alle hin auf die Bänke,Und ein sanfter Schlaf bedeckte die Augen Odysseus', |
80 | Unerwecklich und süß, und fast dem Tode zu gleichen.
Wie wenn auf ebener Bahn vier gleichgespannete Hengste |
85 | Dunkel und groß die Woge des lautaufrauschenden Meeres.Schnell und sicheres Laufes enteilten sie; selber kein HabichtHeimwärts tragend den Mann, an Weisheit ähnlich den Göttern. |
90 | Ach! er hatte so viel unnennbare Leiden erduldet,Da er die Schlachten der Männer und tobende Fluten durchkämpfte; Als nun östlich der Stern mit funkelndem Schimmer emporstieg, |
95 | Schwebten sie nahe der Insel im meerdurchwallenden Schiffe.Phorkys, dem Greise des Meers, ist eine der Buchten geheiligt,Diese zwingen die Flut, die der Sturm lautbrausend heranwälzt, |
100 | Draußen zurück; inwendig am stillen Ufer des HafensRuhn unangebunden die schöngebordeten Schiffe.Ist den Nymphen geweiht, die man Najaden benennet. |
105 | Steinerne Krüge stehn und zweigehenkelte UrnenInnerhalb; und Bienen bereiten drinnen ihr Honig.Unversiegende Quellen durchströmen sie. Zwo sind der Pforten: |
110 | Eine gen Mitternacht, durch welche die Menschen hinabgehn;Mittagwärts die andre geheiligte: diese durchwandelt Jene lenkten hinein, denn sie kannten den Hafen schon vormals. |
115 | Stürmend ans Land: so stark war der Schwung von der Ruderer Händen.Und sie stiegen vom Schiffe mit zierlichen Bänken ans Ufer,Und dann legten sie ihn, wie er schlummerte, nieder im Sande. |
120 | Und sie enthoben das Gut, das die edlen Phäaken beim AbschiedIhm geschenkt, durch Fügung der mutigen Pallas Athene.Heimlich zu rauben käme, bevor Odysseus erwachte. |
125 | Und nun fuhren sie heim. Doch Poseidaon vergaß nichtSeiner Drohung, die er dem göttergleichen Odysseus Vater Zeus, auf immer ist bei den unsterblichen Göttern |
130 | Jene Phäaken, die selbst von meinem Blute gezeugt sind!Sieh, ich vermutet', es sollte nach vielen Leiden OdysseusUnd sie bringen im Schlaf ihn über die Wogen, und setzen |
135 | Ihn in Ithaka aus, und geben ihm teure Geschenke,Erzes und Goldes die Meng', und schöngewebete Kleider, Ihm antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: |
140 | Welche Red' entfiel dir, du erderschütternder König?Nimmer verachten dich die Götter! vermessene KühnheitDich, wie er soll, zu ehren; so bleibt dir ja immer die Rache. |
145 | Tue jetzt, wie du willst, und deinem Herzen gelüstet!
Drauf erwiderte jenem der Erderschüttrer Poseidon: |
150 | Das vom Geleiten kehrt, im dunkelwogenden MeerePlötzlich verderben; damit sie sich scheun, und die Männergeleitung Ihm antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: |
155 | Wann die Bürger der Stadt dem näher rudernden SchiffeAlle entgegen schaun, dann verwandel' es nahe dem Ufer Als er solches vernommen, der Erderschüttrer Poseidon, |
160 | Ging er gen Scheria hin, dem Lande der stolzen Phäaken.Allda harrt' er; und bald kam nahe dem Ufer das schnelleWurzelt' es fest am Boden des Meers. Drauf ging er von dannen. |
165 |
Aber am Ufer besprachen mit schnellgeflügelten Worten Wehe! wer hemmt im Meere den Lauf des rüstigen Schiffes, |
170 |
Also redeten sie, und wußten nicht, was geschehn war. Weh mir! es trifft mich jetzo ein längst verkündetes Schicksal. |
175 | Dieser würde dereinst ein treffliches Schiff der Phäaken,Das vom Geleiten kehrte, im dunkelwogenden MeereAber wohlan! gehorcht nun alle meinem Befehle. |
180 | Laßt die Männergeleitung, woher auch ein Sterblicher komme,Unserem Volke zu flehn; und opfert jetzo Poseidon Also sprach er, und bange bereiteten jene das Opfer. |
185 | Also beteten dort zum Meerbeherrscher Poseidon,Für der Phäaken Stadt, die erhabenen Fürsten und Pfleger,Und er kannte sie nicht; denn eine Göttin umhüllt' ihn |
190 | Rings mit dunkler Nacht, Zeus' Tochter, Pallas Athene,Ihn unkennbar zu machen, und alles mit ihm zu besprechen:Alles erschien daher dem ringsumschauenden König |
195 | Unter fremder Gestalt: Heerstraßen, schiffbare Häfen,Wolkenberührende Felsen, und hochgewipfelte Bäume.Beide mit flacher Hand, und sprach mit klagender Stimme: |
200 |
Weh mir! zu welchem Volke hin ich nun wieder gekommen? |
205 | Und mir hätte dagegen ein anderer mächtiger KönigHilfe gewährt, mich bewirtet und hingesendet zur Heimat!Ach! so galt denn bei jenen Gerechtigkeit weder, noch Weisheit, |
210 | Bei des phäakischen Volks erhabenen Fürsten und Pflegern,Die in ein fremdes Land mich gebracht! Sie versprachen so heilig,Menschen Beginnen schaut, und alle Sünde bestrafet! |
215 | Aber ich will doch jetzo die Güter zählen und nachsehn, Ob sie mir etwas geraubt, als sie im Schiffe davon flohn. |
Also sprach er, und zählte die Becken und schönen GeschirreMit drei Füßen, das Gold und die prächtig gewebeten Kleider;Und ihm fehlte kein Stück. Nun weint' er sein Vaterland wieder, |
|
220 | Wankt' umher am Ufer des lautaufrauschenden Meeres,Und wehklagete laut. Da nahte sich Pallas Athene,Diese trug um die Schultern ein wallendes feines Gewebe, |
225 | Einen Spieß in der Hand, und Sohlen an glänzenden Füßen.Als sie Odysseus erblickte; da freut' er sich, ging ihr entgegen, Lieber, weil du zuerst mir an diesem Orte begegnest, |
230 | Sondern beschütze mich selbst und dieses. Wie einem der Götter,Fleh ich dir, und umfasse die werten Kniee voll Demut.Ist dies eine der Inseln voll sonnenreicher Gebirge; |
235 | Oder die meereinlaufende Spitze der fruchtbaren Feste?
Ihm antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
240 | Alle die morgenwärts, und wo die Sonne sich umdreht,Wohnen, oder da hinten, gewandt zum nächtlichen Dunkel.Reichlich gedeihet bei uns die Frucht des Feldes, und reichlich |
245 | Lohnet der Wein; denn Regen und Tau befruchten das Erdreich.Treffliche Ziegenweiden sind hier, auch Weiden der Rinder;Und das, sagen sie, liegt sehr fern vom achaiischen Lande! |
250 |
Also sprach er; da freute der herrliche Dulder Odysseus |
255 | Und sein erfindungsreicher Verstand war in steter Bewegung:
Ja, von Ithaka hört' ich in Kretas weitem Gefilde, |
260 | Jenem hurtigen Helden Orsilochos, welcher in KretaAlle geübtesten Läufer an Schnelle der Füße besiegte.Blutige Schlachten der Männer und tobende Fluten durchkämpfend, |
265 | Weil ich seinem Vater zu dienen nimmer gewillfahrt,In dem troischen Land', und selbst ein Geschwader geführet.Eine düstere Nacht umhüllte den Himmel, und unser |
270 | Nahm kein Sterblicher wahr, und heimlich raubt' ich sein Leben.Dennoch, sobald ich jenen mit ehernem Speere getötet,Daß sie an Pylos Gestade mich auszusetzen versprachen, |
275 | Oder der göttlichen Elis, die von den Epeiern beherrscht wird.Aber leider! sie trieb die Gewalt des Orkanes von dannen,Mühsam ruderten wir das Schiff in den Hafen, und niemand |
280 | Dachte der Abendkost, so sehr wir auch ihrer bedurften;Sondern wir stiegen nur so ans Ufer, und legten uns nieder.Legten es auf dem Sande, wo ich sanft schlummerte, nieder; |
285 | Stiegen dann ein, und steurten der wohlbevölkerten KüsteVon Sidonia zu; ich blieb mit traurigem Herzen. Also sprach er; da lächelte Zeus' blauäugichte Tochter, |
290 | Und sie redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte:
Geist erfoderte das und Verschlagenheit, dich an Erfindung |
295 | Und erdichtete Worte, die du als Knabe schon liebtest?Aber laß uns hievon nicht weiter reden; wir kennenHochgepriesen an Rat und Weisheit. Aber du kanntest |
300 | Pallas Athene nicht, Zeus' Tochter, welche beständigUnter allen Gefahren dir beistand, und dich beschirmte,Und zu verbergen das Gut, so viel die edlen Phäaken |
305 | Dir Heimkehrenden schenkten, durch meine Klugheit geleitet:Auch zu verkünden, daß deiner im schöngebauten PalasteDaß du von Leiden verfolgt hier ankamst; sondern erdulde |
310 | Schweigend dein trauriges Los, und schmiege dich unter die Stolzen.
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
315 | Als wir Achaier noch die hohe Troja bekriegten.Aber seit wir die Stadt des Priamos niedergerissen,Daß du mein Schiff betratst, mich einer Gefahr zu entreißen; |
320 | Sondern immer, im Herzen von tausend Sorgen verwundet,Irrt' ich umher, bis die Götter sich meines Jammers erbarmten:Jetzo fleh' ich dich an bei deinem Vater: (ich fürchte |
325 | Immer, ich sei noch nicht in Ithaka, sondern durchirreWieder ein anderes Land, und spottend habest du, Göttin, Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
330 | Stets bewahrest du doch im Herzen jene Gesinnung:Darum kann ich dich auch im Unglück nimmer verlassen,Würd' er zu Hause nun eilen, sein Weib und die Kinder zu sehen! |
335 | Aber dich kümmert das nicht, zu wissen oder zu fragen,Eh' du selber dein Weib geprüft hast, welche beständigZwar ich zweifelte nie an der Wahrheit, sondern mein Herz war |
340 | Überzeugt, du kehrtest ohn' alle Gefährten zur Heimat;Aber ich scheuete mich, Poseidon entgegen zu kämpfen,Aber damit du mir glaubest, so zeig' ich dir Ithakas Lage. |
345 | Phorkys, dem Greise des Meers, ist dieser Hafen geheiligt;Hier am Gestade grünt der weitumschattende Ölbaum;Jenes hohe Gebirg ist Neritons waldichter Gipfel. |
350 |
Sprach's, und zerstreute den Nebel; und hell lag vor ihm die Gegend. Zeus' unsterbliche Töchter, ihr hohen Najaden, ich hoffte |
355 | Nimmer, euch wieder zu sehn; seid nun in frommem GebeteMir gegrüßt: bald bringen wir euch Geschenke, wie ehmals, Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
360 | Sei getrost, und laß dich diese Gedanken nicht kümmern!Aber wohlan, wir wollen im Winkel der heiligen Grotte Also sprach die Göttin, und ging in die dämmernde Grotte, |
365 | Heimliche Winkel umher ausspähend. Aber OdysseusBrachte das Gut hinein, die schöngewebeten Kleider,Einen Stein vor die Türe, des Wetterleuchtenden Tochter. |
370 |
Hierauf setzten sie sich am Stamme des heiligen Ölbaums, Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, |
375 | Welche nun schon drei Jahr' obwalten in deinem Palaste,Und dein göttliches Weib mit Brautgeschenken umwerben.Schmeichelnde Botschaft; allein im Herzen denket sie anders. |
380 |
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
385 | Stehe du selber mir bei, und hauche mir Mut und Entschluß ein,Wie vordem, da wir Troja die prächtiggetürmte zerstörten!Heilige Göttin, mit dir, wenn du mir Hilfe gewährtest! |
390 |
Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
395 | Aber damit dich keiner der sterblichen Menschen erkenne;Muß einschrumpfen das schöne Fleisch der biegsamen Glieder,Triefend und blöde sein die anmutstrahlenden Augen: |
400 | Daß du so ungestalt vor allen Freiern erscheinest,Deinem Weib', und dem Sohne, den du im Hause verließest.Und Telemachos liebt und die züchtige Penelopeia. |
405 | Sitzend findest du ihn bei der Schweine weidender Herde,Nahe bei Korax' Felsen, im arethusischen Borne.Bleib bei jenem, und setze dich hin, und frage nach allem. |
410 | Ich will indes gen Sparta, dem Lande rosiger Mädchen,Gehn, und deinen Sohn Telemachos rufen, Odysseus: Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
415 | Warum sagtest du ihm nicht alles, da du es wußtest?Etwa damit auch er, in des Meeres wüsten Gewässern Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
420 | Ich geleitet' ihn selbst, damit er dort in der FremdeRuhm sich erwürb'; auch sitzt er, ohn allen Kummer, geruhigDaß sie ihn töten, bevor er in seine Heimat zurückkehrt. |
425 | Aber ich hoffe das nicht; erst deckt die Erde noch manchenVon der Rotte der Freier, die deine Habe verzehren. Also sprach die Göttin, und rührt' ihn sanft mit der Rute. |
430 | Hing an den schlaffen Gliedern die Haut des alternden Greises;Triefend und blöde wurden die anmutstrahlenden Augen.Auch bedeckt' ihn ein großes Fell des hurtigen Hirsches, |
435 | Kahl von Haaren. Er trug einen Stab und garstigen Ranzen,Allenthalben geflickt, mit einem geflochtenen Tragband. Also besprachen sie sich, und schieden. Pallas Athene |
Vierzehnter Gesang
Odysseus vom Sauhirten Eumäos in die Hütte geführt, und mit zwei Ferkeln bewirtet. Seine Versicherung von Odysseus' Heimkehr findet nicht Glauben. Erdichtete Erzählung von sich. Die Unterhirte treiben die Schweine vom Felde, und Eumäos opfert ein Mastschwein zum Abendschmaus. Stürmische Nacht. Odysseus verschafft sich durch Erdichtung einen Mantel zur Decke, indes Eumäos draußen die Eber bewacht.
Aber Odysseus ging den rauhen Pfad von dem HafenÜber die waldbewachs'nen Gebirge, hin wo AtheneHaushielt unter den Knechten des göttergleichen Odysseus. |
|
5 |
Sitzend fand er ihn jetzt an der Schwelle des Hauses, im Hofe, |
10 | Von gesammelten Steinen, und oben mit Dornen umflochten.Draußen hatt' er Pfähle von allen Seiten in MengeEinen nahe dem andern, zum nächtlichen Lager der Schweine. |
15 | Fünfzig lagen in jedem der erdaufwühlenden Schweine,Alle gebärende Mütter; und draußen schliefen die Eber,Immer die besten zum Schmause von allen gemästeten Ebern; |
20 | Und der übrigen Zahl war nur dreihundert und sechzig.Auch vier große Hunde, wie reißende Tiere, bewachtenSohlen um seine Füße. Die untergeordneten Hirten |
25 | Hatten sich schon zerstreut: drei hüteten weidende Schweine;Aber der vierte war in die Stadt gesendet, ein Mastschwein Plötzlich erblickten Odysseus die wachsambellenden Hunde, |
30 | Und sie stürzten auf ihn lautschreiend. Aber OdysseusSetzte sich klüglich nieder, und legte den Stab ans den Händen.Hinter den bellenden her, und warf aus den Händen das Leder, |
35 | Scheltend verfolgt' er die Hund', und zerstreute sie hierhin und dorthinMit geworfenen Steinen; und jetzo sprach er zum König: Alter, es fehlte nicht viel, so hätten die Hunde mit einmal |
40 | Denn um den göttlichen König die bittersten Tränen vergießend,Sitz' ich hier, und sende die fettgemästeten SchweineWenn er anders noch lebt, und das Licht der Sonne noch schauet! |
45 | Aber folge mir, Greis, in meine Hütte, damit du,Wann sich deine Seele mit Brot und Weine gelabt hat, Also sprach er, und führt' ihn hinein, der treffliche Sauhirt, |
50 | Setzen, und breitete drauf der buntgesprenkelten GemseGroßes und zottichtes Fell, worauf er zu schlafen gewohnt war. Zeus beschere dir, Freund, und die andern unsterblichen Götter, |
55 |
Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
60 | Welche sich immer scheun, weil ihre gebietenden HerrenJünglinge sind. Denn ach! ihm wehren die Götter die Heimkehr,Nämlich Haus und Hof und ein liebenswürdiges Ehweib: |
75 | Weil er ihm treulich gedient, und Gott die Arbeit gedeihn ließ.Also gedeiht auch mir die Arbeit, welche mir obliegt;Stürzen, die in den Staub so viele Männer gestürzt hat! |
70 | Denn auch jener zog, Agamemnons Ehre zu rächen,Gegen Ilion hin, und bekämpfte die Reisigen Trojas. Also sprach er; und schnell umband er den Rock mit dem Gürtel, |
75 | Sengte sie, haute sie klein, und steckte die Glieder an Spieße,Briet sie über der Glut, und setzte sie hin vor Odysseus,Setzte sich gegen ihm über, und nötigt' ihn also zum Essen: |
80 |
Iß nun, fremder Mann, so gut wir Hirten es haben, |
85 | Selbst die barbarischen Räuber, die durch Kronions VerhängnisAn ein fremdes Gestad' anlandeten, Beute gewannen,Aber diesen entdeckte vielleicht die Stimme der Götter |
90 | Jenes traurigen Tod, da sie nicht werben, wie recht ist,Und zu dem Ihrigen nicht heimkehren; sondern in RuheOpfern die Üppigen stets, und nicht ein Opfer, noch zwei bloß! |
95 | Und verschwelgen den Wein mit ungezähmter Begierde.Reichlich war er gesegnet an Lebensgütern; es hatteHaben so viel Reichtümer. Ich will sie dir jetzo beschreiben. |
100 | Rinderherden sind zwölf auf der Feste, der weidenden SchafeEben so viel, auch der Schweine so viel, und der streifenden Ziegen.Auf entlegenen Weide, von wackern Männern gehütet. |
105 | Jeder von diesen sendet zum täglichen Schmause den FreiernImmer die trefflichste Ziege der fettgemästeten Herde. Also sprach er; und schnell aß jener des Fleisches, begierig |
110 | Trank er des Weins, und schwieg; er dachte der Freier Verderben.Als er jetzo gespeist, und seine Seele gelabet,Redete jenen an, und sprach die geflügelten Worte: |
115 |
Lieber, wer kaufte dich denn mit seinem Vermögen? Wie heißt er, |
120 | Botschaft verkündigen kann! Ich sah viel Männer auf Reisen!
Ihm antwortete drauf der männerbeherrschende Sauhirt: |
125 | Durch die schmeichelnde Lüg', und reden selten die Wahrheit.Jeder Fremdling, wen auch das Schicksal nach Ithaka führet,Und der Traurenden Antlitz umfließen Tränen der Wehmut, |
130 | Wie es dem Weibe geziemt, der fern ihr Gatte verschieden.Und bald würdest auch du, o Greis, ein Märchen ersinnen,Schon die Haut von dem weißen Gebein, und die Seele verließ es; |
135 | Oder ihn fraßen die Fische des Meers, und seine GebeineDorren an fremdem Gestade, vom wehenden Sande bedecket.Find' ich einen so gütigen Herrn, wohin ich auch gehe; |
140 | Käm' ich auch wieder ins Haus, das Vater und Mutter bewohnen,Wo ich geboren ward, und meine Jugend verlebte.Als Odysseus' Verlust mein ganzes Leben verbittert! |
145 | Ja, ich schäme mich, Fremdling, ihn bloß beim Namen zu nennen,Ob er es zwar nicht hört; denn er pflegte mich gar zu liebreich! Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
150 | Daß er zur Heimat kehrt, und stets ungläubig dein Herz bleibt;Siehe, so will ich es nicht bloß sagen, sondern beschwören:Mich mit schönen Gewanden, mit Rock und Mantel, bekleiden. |
155 | Eher, wie sehr ich auch jetzo entblößt bin, nähm' ich sie nimmer!Denn der ist mir verhaßt, wie die Pforten der untersten Tiefe,Und Odysseus' heiliger Herd, zu welchem ich fliehe: |
160 | Daß dies alles gewiß geschehen wird, wie ich verkünde!Selbst noch in diesem Jahre wird wiederkehren Odysseus!Und des glänzenden Sohnes Gewalt und Ehre gekränkt hat! |
165 | Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine:Alter, ich werde wohl nie den Lohn der Botschaft bezahlen,Hieran erinnre mich nicht; denn meine Seele durchdringet |
170 | Schmerz, wann einer mich nur an den besten König erinnert!Was du geschworen hast, laß gut sein; aber OdysseusJetzo bewein' ich von Herzen den Sohn des edlen Odysseus! |
175 | Ach! Telemachos nährten, wie eine Pflanze, die Götter;Und ich hofft' ihn dereinst nicht schlechter unter den Männern,Oder ein sterblicher Mensch! Er ging, den Vater zu suchen, |
180 | Nach der göttlichen Pylos; nun stellen die mutigen FreierIhm, wann er heimkehrt, nach: damit Arkeisios' NameFallen, oder entfliehn, und Gottes Hand ihn bedecken. |
185 | Auf! erzähle mir jetzo von deinen Leiden, o Alter!Auch verkündige mir aufrichtig, damit ich es wisse:Dich nach Ithaka her? was rühmen sich jene für Leute? |
190 | Denn unmöglich bist du doch hier zu Fuße gekommen!
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
195 | Ruhig sitzen am Mahl, und andre bestellten die Arbeit;Siehe dann könnte leicht ein Jahr verfliegen, und dennochAus dem weiten Gefilde von Kreta stamm' ich; mein Vater |
200 | War ein begüterter Mann, und noch viel andere SöhneWurden in seinem Hause geboren und auferzogen,Kastor, Hylakos' Sohn, aus dessen Blut ich gezeugt hin. |
205 | Dieser ward, wie ein Gott, im kretischen Volke geehret,Wegen seiner Gewalt, Reichtümer und rühmlichen Söhne.Warfen darauf das Los, und teilten das Erbe des Vaters. |
210 | Mir beschieden sie nur ein Haus und wenige Güter.Aber ich nahm mir ein Weib aus einem der reichsten Geschlechter,Dennoch glaub' ich, du wirst noch aus der Stoppel die Ähre |
215 | Kennen; denn ach! es drückte mich sehr viel Drangsal zu Boden!Wahrlich, Entschlossenheit hatte mir Ares verliehn und AtheneSchwebte mir nimmer des Todes Bild vor der mutigen Seele: |
220 | Sondern ich sprang zuerst von allen hervor, und streckteJeglichen Feind in den Staub, den meine Schenkel ereilten.Aber das Ruderschiff war meine Freude beständig. |
225 | Schlachtengetös' und blinkende Speer' und gefiederte Pfeile:Lauter schreckliche Dinge, die andre mit Grauen erfüllen!Eh' der Achaier Söhne gen Troja waren gesegelt, |
230 | Führt' ich neunmal Männer in schnellgeruderten SchiffenGegen entlegene Völker, und kehrte mit Beute zur Heimat.Und ich ward geehrt und hochgeachtet in Kreta. |
235 | Aber da Zeus' Vorsehung die jammerbringende KriegsfahrtOrdnete, welche das Leben so vieler Männer geraubt hat;Mich zu befrein mißlangen; mich schreckte der Tadel des Volkes. |
240 | Und neun blutige Jahre durchkämpften wir Söhne der Griechen;Und im zehnten verheerten wir Priamos' türmende Feste,Denn nur einen Monat verweilt' ich daheim, mit dem Weibe |
245 | Meiner Jugend, den Kindern und meinem Gesinde mich freuend.Und mich reizte mein Herz, mit göttergleichen GefährtenHierauf schmausten bei mir sechs Tage die lieben Gefährten, |
250 | Und ich schlachtete viele gemästete Tiere zum OpferFür die seligen Götter, und zum erfreuenden Schmause.Sanft, wie mit dem Strome, dahin; und keines der Schiffe |
255 | Wurde verletzt; wir saßen, gesund und fröhliches Mutes,Auf dem Verdeck, und ließen vom Wind' und Steuer uns lenken.Dringend ermahnt' ich jetzo die lieben Reisegefährten, |
260 | An dem Gestade zu bleiben, und unsere Schiffe zu hüten,Und versendete Wachen umher auf die Höhen des Landes.Plünderten, ihre Weiber gefangen führten, die Männer |
265 | Und unmündigen Kinder ermordeten. Und ihr Geschrei kamSchnell in die Stadt. Sobald der Morgen sich rötete, zogenSendete meinen Gefährten die schändliche Flucht, und es wagte |
270 | Keiner dem Feinde zu stehn; denn ringsum drohte Verderben.Viele töteten sie mit eisernen Lanzen, und vieleMir ins Herz: (o hätte mich lieber des Todes Verhängnis |
275 | Dort in Ägyptos ereilt, denn meiner harrte nur Unglück!)Eilend nahm ich den schöngebildeten Helm von dem Haupte,Seine Knie', und er schenkte mir voll Erbarmen das Leben, |
280 | Hieß in den Wagen mich steigen, und führte mich Weinenden heimwärts.Zwar es stürzten noch oft mit eschenen Lanzen die FeindeWelcher die Fremdlinge schützt, und ihre Beleidiger strafet. |
285 | Sieben Jahre blieb ich bei ihm, und sammelte ReichtumVon dem ägyptischen Volke genung; denn sie gaben mir alle.Und Erzschinder, der viele Menschen ins Elend gestürzt hat. |
290 | Dieser beredete mich, mit ihm nach Phönike zu fahren,Wo der Bube sein Haus und sein Erworbenes hatte.Und ein anderes Jahr mit den kreisenden Horen herankam; |
295 | Führt' er gen Libya mich im meerdurchwallenden Schiffe,Unter dem listigen Schein, als braucht' er mich bei der Ladung:Und sie steurten, im Wehn des reinen beständigen Nordwinds, |
300 | Über Kreta dahin; doch Zeus beschloß ihr Verderben.Als wir das grüne Gestade von Kreta jetzo verlassen,Über das laufende Schiff, und Nacht lag über der Tiefe. |
305 | Und nun donnerte Zeus, der hochgeschleuderte Strahl schlugSchmetternd ins Schiff, und es schwankte vom Donner des Gottes erschüttert,Steigend und sinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr. |
310 | Aber Kronion gab, in der schrecklichen Angst und Betäubung,Selber den hohen Mast des blaugeschnäbelten SchiffesUnd neun Tage trieb ich umher; in der zehnten der Nächte |
315 | Warf mich ans Land der Thesproten die hochherrollende Woge.Allda nahm mich Pheidon, der edle thesprotische König,Mich mit stützender Hand zu seines Vaters Palaste, |
320 | Und bekleidete mich mit prächtigem Mantel und Leibrock.Jener erzählte mir dort von Odysseus, welcher, zur HeimatErzes und Goldes die Meng' und künstlichgeschmiedetes Eisens; |
325 | Daß bis ins zehnte Glied sein Geschlecht noch könnte versorgt sein.Solch ein unendlicher Schatz lag dort im Hause des Königs.Wie er in Ithaka ihm, nach seiner langen Entfernung, |
330 | Heimzukehren beföhle, ob öffentlich, oder verborgen.Pheidon beschwur es mir selbst, und beim Trankopfer im Hause,Aber mich sandt' er zuvor: denn ein Schiff thesprotischer Männer |
335 | Ging zu dem weizenreichen Dulichion. Diesen befahl er,Mich sorgfältig dahin zum König Akastos zu bringenAls das segelnde Schiff nun weit von dem Ufer entfernt war, |
340 | Droheten jene mir gleich mit dem schrecklichen Tage der Knechtschaft.Meinen Mantel und Rock entrissen mir jetzo die Räuber,Und am Abend erreichten wir Ithakas sonnige Hügel. |
345 | Jetzo banden sie mich im schöngezimmerten SchiffeFest mit dem starkgeflochtenen Seil, und stiegen dann selberUnd ich band um das Haupt die zusammengewickelten Lumpen, |
350 | Ließ am geglätteten Steuer mich nieder, legte mich vorwärtsAuf das Wasser, und schwamm, mit beiden Händen mich rudernd,Schmiegte mich hin, und lag. Die andern suchten indessen |
355 | Mich lautkeuchend umher; allein sie fanden nicht ratsam,Tiefer ins Land zu gehn. Sie kehrten zurück, und bestiegenHütte mich hin. Denn noch verlängt das Schicksal mein Leben. |
360 | Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine:Unglückseliger Fremdling, ich fühl' es im innersten Herzen,Nimmer glaub' ich es dir! Was zwingt dich, ehrlicher Alter, |
365 | So in den Wind zu lügen? Ich weiß zu gut von der HeimkehrMeines Herren Bescheid! Er ist den Unsterblichen allenDenn ein Denkmal hätt' ihm das Volk der Achaier errichtet, |
370 | Und so wäre zugleich sein Sohn bei den Enkeln verherrlicht!Sondern er ward unrühmlich ein Raub der wilden Harpyen.Mir zu kommen gebeut, wenn Botschaft irgendwoher kam. |
375 | Ringsum sitzen sie dann, und fragen den Fremdling nach allem:Einige grämen sich um den langabwesenden König,Seit mich jüngst ein ätolischer Mann durch Märchen getäuscht hat. |
380 | Dieser war Totschlages halber schon weit geflüchtet, und irrteEndlich zu meiner Hütte, wo ich mit Freundschaft ihn aufnahm.Und er käme gewiß, im Sommer oder im Herbste, |
385 | Mit dem unendlichen Schatz und den göttergleichen Gefährten.Drum, unglücklicher Greis, den mir ein Himmlischer zuführt,Sondern aus Furcht vor dem gastlichen Zeus, und weil du mich jammerst. |
390 |
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
395 | Kehrt er wieder zurück zu diesem Hause, dein König;Siehe dann sollst du mich, mit Rock und Mantel bekleidet,Alsdann reize die Knechte, vom Felsen herab mich zu stürzen: |
400 | Daß die Bettler hinfort sich scheuen, Lügen zu schwatzen.
Ihm antwortete drauf der edle Hüter der Schweine: |
405 | Und erschlage dich dann, und raubte dein liebes Leben!Freudigkeit gäbe mir das, vor Zeus Kronion zu beten! Also besprachen diese sich jetzo untereinander. |
410 | Und nun kamen die Schwein' und ihre Hirten vorn Felde.Diese schlossen sie drauf in ihre Ställe zum Schlafen, Bringt das fetteste Schwein, für den fremden Gast es zu opfern, |
415 | Und uns selber einmal zu erquicken, da wir so langeUm weißzahnichte Schweine Verdruß und Kummer erduldet, Also sprach er, und spaltete Holz mit dem grausamen Erze. |
420 | Stellten es drauf an den Herd. Es vergaß der treffliche SauhirtAuch der Unsterblichen nicht, denn fromm war seine Gesinnung!Daß sie dem weisen Odysseus doch heimzukehren vergönnten; |
425 | Schwung nun die Eichenkluft, die er beim Spalten zurückwarf,Schlugs, und sein Leben entfloh; die andern schlachteten, sengten,Dieses warf er ins Feuer, mit feinem Mehle bestreuet. |
430 | Und sie schnitten das übrige klein, und steckten's an Spieße.Brieten's mit Vorsicht über der Glut, und zogen's herunter,Und in sieben Teile zerlegt' er alles Gebratne: |
435 | Einen legt' er den Nymphen, und Hermes, dem Sohne der Mäa,Betend den andern hin; die übrigen reicht' er den Männern.Fröhlich sagte zu ihm der erfindungsreiche Odysseus: |
440 |
Liebe dich Vater Zeus, wie ich dich liebe, Eumäos, Drauf antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
445 | Wie es seinem Herzen gefällt; denn er herrschet mit Allmacht.
Sprach's, und weihte den Göttern die Erstlinge, opferte selber |
450 | Selber sich angeschafft, indes sein König entfernt war:Ohne Penelopeia, und ohne den alten Laertes,Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, |
455 | Trug Mesaulios wieder das Brot von dannen; und alle,Von dem Brot und dem Fleische gesättigt, eilten zur Ruhe. Eine grauliche Nacht, unerleuchtet vom schwindenden Monde, |
460 | Nicht den Mantel vielleicht darbieten, oder der KnechteEinem es würde befehlen, da er für ihn so besorgt war: Höre mich jetzt, Eumäos, und hört, ihr übrigen Hirten! |
465 | Ihn zum herzlichen Lachen und Gaukeltanze verleitet,Und manch Wort ihm entlockt, das besser wäre verschwiegen.Als da vor Troja wir uns im Hinterhalte verbargen! |
470 | Führer waren Odysseus, und Atreus' Sohn Menelaos,Und der dritte war ich; denn sie verlangten es selber.Zwischen Weiden und Schilfen uns nieder, unter der Rüstung. |
475 | Eine stürmische Nacht brach an; der erstarrende NordwindStürzte daher; und stöbernder Schnee, gleich duftigem Reife,Mit dem Schilde die Schulter bedeckt, und schlummerten ruhig. |
480 | Aber ich Unbesonnener ließ den Mantel beim WeggehnMeinen Gefährten zurück, denn ich achtete gar nicht der Kälte;Stieß ich Odysseus, der mir zur Seiten lag, mit dem Arme, |
485 | Und sprach schaudernd zu ihm; und schnell war er munter, und hörte:
Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, |
490 |
Also sprach ich, und schnell beschloß er dieses im Herzen; Schweige jetzt, damit kein andrer Achaier dich höre! |
495 |
Hört, ihr Lieben, ein göttlicher Traum erschien mir im Schlafe. Also sprach er; und Thoas, der Sohn Andrämons, erhub sich |
500 | Eilend, und warf zur Erde den schönen purpurnen Mantel,Und lief schnell zu den Schiffen; und ich umhüllte mir freudigAch! dann schenkte mir wohl ein Sauhirt hier in der Hütte |
505 | Einen Mantel, aus Lieb' und Achtung gegen den Tapfern!Nun verachten sie mich, weil ich so elend bedeckt bin! Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
510 | Drum soll's weder an Kleidung, noch etwas anderen, dir mangeln,Was unglücklichen Fremden, die Hilfe suchen, gebühret,Haben wir anzuziehn; nur einen hat jeglicher Sauhirt. |
515 | Kehrt einst wieder zurück der geliebte Sohn von Odysseus,Gerne wird dich dieser mit Rock und Mantel bekleiden, Also sprach er, erhub sich, und setzte neben dem Feuer |
520 | Und Odysseus legte sich hin. Da bedeckte der SauhirtIhn mit dem großen wollichten Mantel, womit er sich pflegte Also schlummerte dort Odysseus; neben Odysseus |
525 | Liebte nicht, in dem Bett', entfernt von den Schweinen, zu schlafen;Sondern er waffnete sich, hinauszugehn; und OdysseusHüllte sich dann in den windabwehrenden wollichten Mantel, |
530 | Nahm das zottichte Fell der großen gemästeten Ziege,Nahm auch den scharfen Speer, den Schrecken der Menschen und Hunde,Lagen, unter dem Hange des Felsen, geschirmt vor dem Nordwind. |
Fünfzehnter Gesang
Telemachos, dem Athene die Heimkehr befiehlt und sichert, eilt von Menelaos grade zum Schiffe; nimmt den Wahrsager Theoklymenos auf und vermeidet die nachstellenden Freier durch einen Umweg zu den spitzigen Inseln. Des Sauhirten Eumäos' Gespräch mit Odysseus beim Abendessen, und Erzählung, wie ihn, eines sikanischen Königes Sohn aus der Insel Syria bei Ortygia, entführende Phöniker dem Laertes verkauft. Telemachos in der Frühe jenseits anlandend, läßt sein Schiff nach der Stadt herumfahren, und geht zu Eumäos.
Pallas Athene ging zu der großen Stadt Lakedämon,Daß sie den rühmlichen Sohn des hochgesinnten OdysseusUnd Telemachos lag mit Nestors blühendem Sohne |
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5 | Ruhend vor dem Palast Menelaos' des Ehregekrönten.Nestors blühender Sohn lag sanft vom Schlummer gefesselt;Vor ihn stellte sich Zeus' blauäugichte Tochter, und sagte: |
10 |
Länger ziemt es sich nicht, Telemachos, ferne zu irren, |
15 | Heim dich zu senden, damit du die treffliche Mutter noch findest.Denn schon wird sie vom Vater und ihren Brüdern gedränget,Und man könnte dir leicht, ohn' deinen Dank, aus dem Hause |
20 | Manches Gut mitnehmen; du kennst ja des Weibes Gesinnung!Immer sucht sie den Mann, der ihr beiwohnt, zu bereichern;Darum eile nun heim, und vertraue selber die Güter |
25 | Einer Dienerin an, die dir am tüchtigsten scheinet,Bis die himmlischen Götter ein edles Weib dir verleihen.In dem Sunde, der Ithaka trennt und die bergichte Samos, |
30 | Daß sie dich töten, bevor du die Heimat wieder erreichest.Aber ich hoffe das nicht! Erst deckt die Erde noch manchenFahr auch nur in der Nacht! Dir wird der Unsterblichen einer |
35 | Günstigen Wind nachsenden, der dich behütet und schützet.Wenn du das nächste Gestade von Ithaka jetzo erreicht hast,Deiner Schweine hütet, der stets mit Eifer dir anhängt. |
40 | Allda bleibe die Nacht, und sende jenen zur Stadt hin,Um die Botschaft zu bringen der klugen Penelopeia, Also sprach die Göttin, und eilte zum großen Olympos. |
45 | Ihn mit der Ferse berührend, und sprach zu dem blühenden Jüngling:
Nestors Sohn, wach' auf, Peisistratos; spann' an den Wagen Und der Nestoride Peisistratos gab ihm zur Antwort: |
50 | Diese düstere Nacht zu durchfahren! Und bald ist es Morgen;Darum warte, bis uns mit Geschenken den Wagen beladeDenn es erinnert sich ein Gast zeitlebens des Mannes, |
55 | Welcher in fernem Lande mit Lieb' und Freundschaft ihn aufnahm.
Also sprach er; da kam die goldenthronende Eos. |
60 | Hüllte sich eilend der Held in den feinen prächtigen Leibrock,Warf den großen Mantel sich über die rüstigen Schultern, Atreus' göttlicher Sohn, Menelaos, Führer der Völker, |
65 | Denn von ganzem Herzen begehr' ich jetzo der Heimkehr.
Ihm antwortete drauf der Rufer im Streit Menelaos: |
70 | Plagende Feindschaft wird. Das Beste bei allem ist Ordnung!Traun! gleich arg sind beide: Wer seinem zögernden GasteAber warte, bis ich ein schönes Geschenk auf den Wagen |
75 | Leg', und du selber es sehest; und meinen Weibern befehle,Dir von des Hauses Kost ein reichliches Mahl zu bereiten.Hast du auch Lust, umher durch Hellas und Argos zu reisen; |
80 | Warte, bis ich die Ross' anspanne, dich selber begleite,Und zu jeglicher Stadt hinfahre. Keines der VölkerOder ein Joch Maultiere, auch wohl einen goldenen Becher. |
85 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
90 | Oder ein köstliches Gut aus meinem Hause verschwinde.
Als er solches vernommen, der Rufer im Streit Menelaos, |
95 | Seinem Lager entstiegen; er wohnte nicht ferne vom König.Diesem befahl der Held Menelaos, Feuer zu machen,Nicht er allein; mit ihm ging Helena und Megapenthes. |
100 | Als sie die Kammer erreicht, wo seine Kleinode lagen,Nahm Menelaos Atreides sich einen doppelten Becher.Wo sie die schönen Gewande verwahrt, die sie selber gewirket. |
105 | Eines von diesen nahm die Königin unter den Weibern,Welches das größeste war und reichste an künstlicher Arbeit:Sohn erreichten; da sprach Menelaos der Bräunlichgelockte: |
110 |
Deine Heimkehr lasse, Telemachos, wie du sie wünschest, |
115 | Aus geglättetem Silber, gefaßt mit goldenem Rande,Und ein Werk von Hephästos! Ihn gab der Sidonier König Also sprach er, und reichte, der Held Menelaos Atreides, |
120 | Ihm den doppelten Becher. Sein tapferer Sohn MegapenthesTrug den schimmernden Kelch von lauterem Silber, und setzt' ihn Dieses Geschenk will ich, mein liebes Kind, dir verehren, |
125 | Zum Andenken von Helenas Hand. Bei der lieblichen HochzeitTrag' es deine Gemahlin; bis dahin lieg' es im Hause Also sprach sie, und reicht' es ihm hin; und freudig empfing er's. |
130 | Jetzo legte der Held Peisistratos alle GeschenkeNieder im Wagenkorb, und bewunderte jedes im Herzen. Und sie führt' in den Saal Menelaos der Bräunlichgelockte; |
135 | Über dem silbernen Becken das Wasser, beströmte zum WaschenIhnen die Händ', und stellte vor sie die geglättete Tafel.Aber das Fleisch zerschnitt und verteilte der Sohn des Boethos, |
140 | Und des Königes Sohn verteilte die Becher voll Weines.Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle. Jetzo war die Begierde des Tranks und der Speise gestillet, |
145 | Lenkten darauf aus dem Tore des Hofs, und der tönenden Halle.Ihnen zur Seite ging Menelaos der Bräunlichgelockte;Stand vor den Rossen, und trank, reicht' ihnen den Becher, und sagte: |
150 |
Lebt, ihr Jünglinge, wohl, und grüßt den Hirten der Völker Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
155 | Dieses alles verkünden, sobald wir kommen. O fänd' ich,Heim gen Ithaka kehrend, auch meinen Vater zu Hause; Sprach's; und zur Rechten flog ein heilweissagender Adler, |
160 | Welcher die ungeheure, im Hofe gemästete, weißeGans in den Klauen trug; mit überlautem GeschreieFreuten sie sich, und allen durchglühete Wonne die Herzen. |
165 | Nestors blühender Sohn Peisistratos redete jetzo:
Denke nach, Menelaos, du göttlicher Führer der Völker, Also sprach er; da sann der kriegrische Held Menelaos |
170 | Aber Helena kam ihm zuvor; so sprach die Geschmückte:
Höret; ich will euch jetzt weissagen, wie es die Götter |
175 | Also wird auch Odysseus, nach vielen Leiden und Irren,Endlich zur Heimat kehren und strafen; oder er kehrteSchon, und rüstet sich nun zu aller Freier Verderben. |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Also vollend' es Zeus, der donnernde Gatte der Here! |
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180 | O dann werd' ich auch dort, wie eine Göttin, dich anflehn!
Sprach's, und schwang auf die Rosse die Geißel; mit hurtiger Eile |
185 | Und sie kamen gen Pherä, zur Burg des edlen Diokles,Welchen Alpheios' Sohn Orsilochos hatte gezeuget, Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
190 | Lenkten darauf aus dem Tore des Hofs, und der tönenden Halle.Treibend schwang er die Geißel, und willig enteilten die Rosse. Kannst du mir, Nestors Sohn, wohl eine Bitte gewähren? |
195 | Siehe wir rühmen uns ja von den Zeiten unserer VäterSchon Gastfreunde zu sein, und sind auch einerlei Alters;Denn mich möchte der Greis aufhalten in seinem Palaste, |
200 | Um mir Gutes zu tun; Und ich muß aufs Eiligste reisen.
Also sprach er, und Nestors Sohn bedachte sich schweigend, |
205 | Legte dann hinten ins Schiff Telemachos' schöne Geschenke,Sein Gewand und das Gold, so ihm Menelaos verehret. Steige nun eilend ins Schiff, und ermuntere deine Gefährten, |
210 | Denn ich kenne zu gut in meinem Herzen des VatersHeftigen starren Sinn: er würde dich nimmer entlassen, Also sprach er, und lenkte die Rosse mit wallenden Mähnen |
215 | Heim zu der Pylier Stadt, und bald erreicht' er die Wohnung.Aber Telemachos trieb und ermahnete seine Genossen: Freunde, bringt die Geräte des schwarzen Schiffes in Ordnung, Also sprach er; sie hörten ihn alle mit Fleiß, und gehorchten: |
220 | Stiegen eilend ins Schiff, und setzten sich hin auf die Bänke.
Also besorgt' er dieses, und opferte Pallas Athenen |
225 | Welcher vor langer Zeit in der schafegebärenden PylosWohnete, mächtig im Volk, und prächtige Häuser beherrschte.Welcher ein ganzes Jahr mit Gewalt sein großes Vermögen |
230 | Vorenthielt; indes lag jener in Phylakos Wohnung,Hartgefesselt mit Banden, und schwere Leiden erduldend,Dennoch entfloh er dem Tod', und trieb aus Phylakes Auen |
235 | Heim die brüllenden Rinder gen Pylos, strafte den HochmutNeleus' des Göttergleichen, und führte dem Bruder zur GattinIhm forthin zu wohnen, ein Herrscher vieler Argeier. |
240 | Allda nahm er ein Weib, und baute die prächtige Wohnung,Zeugte Antiphates dann und Mantios, tapfere Söhne!Diesen liebte der Donnerer Zeus und Phöbos Apollon |
245 | Mit allwaltender Huld; doch erreicht' er die Schwelle des AltersNicht; er starb vor Thebä, durch seines Weibes Geschenke.Diesen Kleitos entführte die goldenthronende Eos, |
250 | Seiner Schönheit halben, zum Sitz der unsterblichen Götter.Aber auf Polypheides, dem Hocherleuchteten, ruhteUnd weissagete dort den Sterblichen allen ihr Schicksal. |
255 |
Dessen Sohn, genannt Theoklymenos, nahte sich jetzo, Lieber, weil ich allhier beim heiligen Opfer dich finde; |
260 | Siehe, so fleh' ich dich an, beim Opfer und bei der Gottheit,Deinem eigenen Heil', und der Freunde, welche dir folgen: Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
265 | Dieses will ich dir, Fremdling, und nach der Wahrheit verkünden.Ich bin aus Ithaka her; mein Vater heißet Odysseus,Kundschaft mir zu erforschen vom langabwesenden Vater. |
270 |
Und der göttliche Mann Theoklymenos gab ihm zur Antwort: |
275 | Fliehend! Von nun an ist mein Schicksal, die Welt zu durchirren!Aber nimm mich ins Schiff, den Flüchtling, welcher dich anfleht: Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
280 | Folg' uns; wir wollen dich dort bewirten, so gut wir es haben.
Also sprach er, und nahm Theoklymenos' eherne Lanze, |
285 | Theoklymenos sich. Die andern lösten die Seile.Aber Telemachos trieb und ermahnte die lieben Gefährten,Richteten hoch ihn empor, und banden ihn fest mit den Seilen; |
290 | Spannten die weißen Segel mit starkgeflochtenen Riemen.Einen günstigen Wind sandt' ihnen Pallas Athene;Segelte Krunö vorüber und Chalkis liebliche Mündung. |
295 | Und die Sonne sank, und Dunkel umhüllte die Pfade.Und er steuert' gen Pherä, vom Winde Gottes erfreuet,Sorgend, ob er dem Tod' entfliehen würd', oder erliegen. |
300 |
Und in der Hütte genoß mit Odysseus der treffliche Sauhirt |
305 | Oder ihn treiben würd', in die Stadt zu eilen; so sprach er:
Höre mich jetzt, Eumäos, und hört, ihr übrigen Hirten. |
310 | Welcher den Weg mich führe. Die Stadt muß ich selber durchirren,Ob man ein Becherchen Weins und ein wenig Brosam mir biete.Und alsdann in die Schar der stolzen Freier mich mischen, |
315 | Ob sie mich einmal speisen von ihrem reichlichen Gastmahl.Alles, was sie befehlen, bin ich bereit zu verrichten.Was die Menschen beginnen, mit Ehre schmücket und Anmut, |
320 | Kann der Sterblichen keiner mit mir wetteifern im Dienste:Feuer geschickt zu legen, und trockene Klötze zu spalten, Zürnend erwidertest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
325 | Wehe mir, Fremdling, wie kann in dein Herz ein solcher GedankeKommen? Wahrlich du eilst, dich dort ins Verderben zu stürzen,Wahrlich solche Leute sind ihre Diener mitnichten; |
330 | Jünglinge sind's, mit Mantel und Leibrock zierlich gekleidet,Und stets duftet von Salben ihr Haar und blühendes Antlitz:Aber bleibe; du bist hier keinem Menschen beschwerlich, |
335 | Weder mir, noch einem der Freunde, welche mir helfen.Kehrt einst wieder zurück der geliebte Sohn von Odysseus, Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
340 | Liebe dich Vater Zeus, wie ich dich liebe, Eumäos,Weil du nach schrecklicher Not mir Irrenden Ruhe gewährest!Leute, die Lebensgefahr und bitterer Mangel umhertreibt, |
345 | Aber weil du begehrst, daß ich bleib' und jenen erwarte;Nun so erzähle mir von der Mutter des edlen Odysseus,Oder sind sie schon tot und in der Schatten Behausung? |
350 | Ihm antwortete drauf der männerbeherrschende Sauhirt:Dieses will ich dir, Fremdling, und nach der Wahrheit erzählen.Denn untröstlich beweint er des fernen Sohnes Gedächtnis, |
355 | Und den Tod des edlen geliebten Weibes der Jugend,Der ihn so innig gekränkt, und sein herbes Alter beschleunigt.Welcher in diesem Lande mir Liebes und Gutes getan hat. |
360 | Als noch jene lebte, wiewohl in steter Betrübnis,Hatt' ich noch etwas Lust zu fragen und mich zu erkunden.Diese erzog sie mit mir, und ehrte mich wenig geringer. |
365 | Und da wir beide das Ziel der lieblichen Jugend erreichten,Gaben sie jene nach Samä, und nahmen große Geschenke.Sandte mich her aufs Land, und tat mir Gutes auf Gutes. |
370 | Dieses muß ich nun alles entbehren: aber die GötterSegnen mit reichem Gedeihn die Arbeit, welche mir obliegt;Weder Wort noch Tat, seitdem die Plage das Haus traf, |
375 | Jener verwüstende Schwarm! Und Knechte wünschen doch herzlich,Vor der Frau des Hauses zu reden, und alles zu hören, Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
380 | Ei so bist du als Kind, Eumäos, Hüter der Schweine,Fern von dem Vaterland und deinen Eltern verirret!Welche dein Vater einst und die treffliche Mutter bewohnten? |
385 | Oder fanden dich einsam bei Schafen oder bei RindernRäuber, und schleppten dich fort zu den Schiffen, und boten im Hause Ihm antwortete drauf der männerbeherrschende Sauhirt: |
390 | Nun so sitze still, erfreue dich horchend, und trinkeWein. Die Nächte sind lang; man kann ausruhen, und kann auchSehnt sich der übrigen einer in seinem Herzen zur Ruhe, |
395 | Dieser gehe zu Bett; und sobald der Morgen sich rötet,Frühstück' er, und treibe des Königes Schweine zu Felde.Aufzuheitern; denn auch der Trübsal denket man gerne, |
400 | Wenn man so vieles erduldet, so viele Länder durchirrt ist.Jetzo will ich dir das verkündigen, was du mich fragtest: Eine der Inseln im Meer heißt Syria, wenn du sie kennest, |
405 | Reich an Schafen und Rindern, an Wein und schönem Getreide.Nimmer besucht der Hunger, und nimmer eine der andernKömmt die Freundin der Pfeil' und der Gott des silbernen Bogens, |
410 | Welche sie unversehens mit sanften Geschossen erlegen.Allda sind zwo Städte, die zwiefach alles geteilet; Einst besuchten uns dort Phöniker, berühmt in der Seefahrt |
415 | Und Erzschinder, und führten im Schiff unzähliges Spielzeug.Aber im Hause des Vaters war eine phönikische Sklavin,Einer von ihnen pflog, da sie wusch, beim schwärzlichen Schiffe, |
420 | Heimlicher Liebe mit ihr; die das Herz der biegsamen WeiberGanz in die Irre führt, wenn eine die Tugend auch ehret. Meine Geburtstadt ist die erzdurchschimmerte Sidon, |
425 | Und ich rühme mich dort des reichen Arybas' Tochter.Aber mich raubeten einst, da ich vom Felde zurückkam, Ihr antwortete drauf der Mann, der sie heimlich beschlagen |
430 | Möchtest du jetzo denn nicht mit uns nach Hause zurückgehn,Deiner Eltern hohen Palast, und Vater und Mutter Und das phönikische Weib antwortete jenem, und sagte: |
435 | Angelobt, mich sicher und wohl nach Hause zu bringen.
Also sprach sie; und alle beschworen, was sie verlangte. Seid nun still, und keiner von eures Schiffes Genossen |
440 | Rede mit Worten mich an, er begegne mir auf der Straße,Oder beim Wasserschöpfen: daß niemand zu unserem HauseSondern haltet die Sache geheim, und beschleunigt den Einkauf |
445 | Aber sobald ihr das Schiff mit Lebensgütern beladen;Dann geh' einer geschwind' in die Burg, und bringe mir Botschaft,Denn ich erziehe den Sohn des alten Herrn im Palaste, |
450 | Welcher schon witzig ist, und aus dem Hause so mitläuft.Diesen brächt' ich gerne zum Schiff; ihr würdet nicht wenig Also sprach das Weib, und kehrte zum schönen Palaste. |
455 | Kauften und schleppten ins Schiff unzählige Güter zusammen.Als sie das hohle Schiff zur Heimfahrt hatten befrachtet,Bracht' ein goldnes Geschmeide, besetzt mit köstlichem Bernstein, |
460 | Welches die Mägde des Hauses und meine treffliche MutterMit den Händen befühlten und sehr aufmerksam besahen.Nahm mich drauf bei der Hand, und führte mich aus dem Palaste. |
465 | Und sie fand in dem vorderen Saal Weinbecher und TischeFür die Gäste gestellt, die meinen Vater besuchten;Eilte dann weg, von mir einfältigen Kinde begleitet. |
470 | Und die Sonne sank, und Dunkel umhüllte die Pfade.Jetzo hatten wir schnell den berühmten Hafen erreichet,Über die Woge des Meers, von Gottes Winde getrieben. |
475 | Also durchsegelten wir sechs Tag' und Nächte die Wasser.Als der siebente Tag von Zeus Kronion gesandt ward,Und man warf sie, den Fischen und Ungeheuern zur Beute, |
480 | Über den Bord; allein ich blieb mit traurigem Herzen.Wind und Woge trieben sie jetzt an Ithakas Ufer, Und der göttliche Held Odysseus gab ihm zur Antwort: |
485 | Wahrlich, Eumäos, ich fühl' es im Innersten meines Herzens,Alles, was du mir jetzo von deinen Leiden erzählt hast!Wohnung kamst, der dir sorgfältig zu essen und trinken |
490 | Reicht; denn du lebst hier ganz gemächlich. Aber ich ArmerIrre, von Stadt zu Stadt vertrieben, Hilfe zu suchen! Also besprachen diese sich jetzo untereinander, |
495 | Lösten Telemachos Freunde die Segel, senkten den MastbaumEilend herab, vollendeten dann mit Rudern die Landung,Eilten das Mahl zu bereiten, und mischten des funkelnden Weines. |
500 | Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war,Sprach der verständige Jüngling Telemachos zu der Versammlung: Rudert, ihr andern, jetzt nach der Stadt mit dem schwärzlichen Schiffe; |
505 | Morgen dächt' ich euch wohl ein gutes Mahl nach der ReiseVorzusetzen, von Fleisch und herzerfreuendem Weine. Und der göttliche Mann Theoklymenos gab ihm zur Antwort: |
510 | Geh ich gerade zu deinem und deiner Mutter Palaste?
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
515 | Siehet dich nicht; sie erscheint nicht oft vor den Freiern im Saale;Abgesondert wirkt sie im obern Stock' ihr Gewebe.Welcher jetzt, wie ein Gott, in der Ithaker Volke geehrt wird. |
520 | Und er ist auch bei weitem der Edelste, wünscht auch am meistenMeine Mutter zum Weib , und Odysseus' Würde zu erben. Sprach's; und rechtsher flog ein heilweissagender Vogel, |
525 | Phöbos schneller Gesandte, der Habicht: zwischen den KlauenHielt er und rupfte die Taub', und goß die Federn zur ErdeFaßte des Jünglings Hand, und erhub die Stimme der Weisheit: |
530 |
Jüngling, nicht ohne Gott flog dir zur Rechten der Vogel; Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
535 | Fremdling, erfülleten doch die Götter, was du geweissagt!Dann erkenntest du bald an vielen und großen Geschenken Also sprach er, und rief dem treuen Gefährten Peiräos: |
540 | Die mich nach Pylos gebracht, mir immer am meisten gewillfahrt.Führe mir denn auch nun zu deinem Hause den Fremdling; Und der lanzenberühmte Peiräos sagte dagegen: |
545 | Gerne bewirt' ich den Gast; auch soll es an nichts ihm gebrechen!
Also sprach er, und trat in das Schiff, und befahl den Gefährten, Aber Telemachos band um die Füße die prächtigen Sohlen, |
550 | Nahm dann die mächtige Lanze, mit scharfer eherner Spitze,Von des Schiffes Verdeck. Die andern lösten die Seile,Dieser eilte von dannen mit hurtigen Füßen zum Hofe, |
555 | Wo die Herden der Schwein' itzt ruheten, welche der Sauhirt Schützte, der gute Mann, der seinen Herren so treu war. |
Sechzehnter Gesang
Ankunft des Telemachos in des Sauhirten Gehege. Während Eumäos der Königin die Botschaft bringt, entdeckt sich Odysseus dem Sohne, und verabredet der Freier Ermordung. An der Stadt landen Telemachos' Genossen, und drauf' seine Nachsteller, die ihn in Ithaka selbst zu ermorden beschließen. Des Sauhirten Rückkehr.
Frühe bereitete schon mit Odysseus der treffliche SauhirtIn der Hütte das Mahl bei angezündetem Feuer,Und Telemachos kam; ihn umhüpften die wachsamen Hunde |
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5 | Schmeichelnd, und bellten nicht. Der göttergleiche OdysseusSah die schmeichelnden Hund', und hörte des Kommenden Fußtritt; Sicher, Eumäos, besucht dich einer von deinen Gesellen, |
10 | Schmeichelnd, und bellen nicht; auch hör' ich des Kommenden Fußtritt.
Als er noch redete, siehe da stand an der Schwelle des Hauses |
15 | Küßte sein Angesicht, und beide glänzenden Augen,Beide Hände dazu; und Tränen umflossen sein Antlitz.Ach! den einzigen, spätgebornen, mit Kummer erzognen: |
20 | Also umarmte den schönen Telemachos jetzo der Sauhirt,Und bedeckt' ihn mit Küssen, als wär' er vom Tod' erstanden. Kommst du, Telemachos, kommst du, mein süßes Leben? Ich hoffte |
25 | Komm doch herein, du trautes Kind; daß mein Herz sich erfreueDeines Anblicks, du! der erst aus der Fremde zurückkommt!Stets den verwüstenden Schwarm der bösen Freier zu sehen! |
30 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
35 | Aller Betten beraubt, von Spinneweben entstellt sei?
Ihm antwortete drauf der männerbeherrschende Sauhirt: |
40 |
Also sprach er, und nahm ihm die eherne Lanze, da jener Fremder Mann, bleib sitzen; wir finden in unserer Wohnung |
45 | Wohl noch anderswo Platz; der Mann hier wird mich schon setzen!
Sprach's; und Odysseus kam und setzte sich. Aber der Sauhirt |
50 | Fleisches auf, die sie letzt von der Mahlzeit übrig gelassen;Eilte hinweg, und brachte gehäufte Körbe mit Kuchen,Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle. |
55 | Jetzo war die Begierde des Tranks und der Speise gestillet;Und Telemachos sprach zu dem edlen Hüter der Schweine: Vater, woher kam dieser Gast? Wie brachten die Schiffer |
60 |
Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
65 | Jetzo entrann er vom Schiffe thesprotischer Männer, und eilteHer in mein Hirtengeheg'. Ich geb' ihn dir in die Hände: Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
70 | Denn wie kann ich den Fremdling in meinem Hause bewirten?Sieh, ich selber bin jung, und Stärke fehlet den Händen,Ob sie noch weile bei mir, und meine Güter bewahre, |
75 | Scheuend das Lager des Ehegemahls, und die Stimme des Volkes;Oder jetzt von den Freiern im Hause den tapfersten Jüngling,Will ich mit schönen Gewanden, mit Rock und Mantel, ihn kleiden, |
80 | Ein zweischneidiges Schwert und tüchtige Sohlen ihm schenken,Und ihn senden, wohin es seinem Herzen gelüstet.Senden, daß er nicht dich und deine Freunde beschwere. |
85 | Aber dort gestatt' ich ihm nicht in der Freier GesellschaftHinzugehn; sie schalten mit zu unbändiger Frechheit:Sei er auch noch so stark; sie behalten immer den Vorrang! |
90 |
Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
95 | Sprich: erträgst du das Joch freiwillig; oder verabscheunDich die Völker des Landes, gewarnt durch göttlichen Ausspruch;Wollten die Götter, ich wäre so jung mit dieser Gesinnung, |
100 | Oder ein Sohn von Odysseus, dem Herrlichen! oder er selber...Kehrete heim der Verirrte; denn noch ist Hoffnung zur Heimkehr:Eilt' in den hohen Palast des Laertiaden Odysseus! |
105 | Und wenn ich Einzelner auch von der Menge würde besieget;O so wollt' ich doch lieber in meinem Hause des TodesZur abscheulichen Lust in den prächtigen Kammern umherziehn, |
110 | Allen Wein ausleeren, und alle Speise verprassen,Frech, ohne Maß, ohne Ziel, mit unersättlicher Raubgier! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
115 | Noch liegt etwa die Schuld an den Brüdern, welchen ein StreiterSonst in der Schlacht vertraut, auch wann sie am hitzigsten wütet.Und von Laertes war's nur Odysseus; aber Odysseus |
120 | Zeugte nur mich, den er noch ungenossen daheim ließ!Diesem erfüllen anitzt unzählige Feinde die Wohnung.Und so viele hier in der felsichten Ithaka herrschen; |
125 | Alle werben um meine Mutter, und zehren das Gut auf.Aber die Mutter kann die aufgedrungne VermählungAber dieses ruhet im Schoße der seligen Götter. |
130 | Väterchen, eile du schnell zu der klugen Penelopeia;Sag' ihr, daß ich gesund aus Pylos wieder zurückkam.Höre dich; denn es trachten mir viele das Leben zu rauben! |
135 |
Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
140 | Selber das Land bestellte; doch stets mit den Knechten des HausesAß und trank, so oft die Begierde des Herzens ihn antrieb.Noch auf die Wirtschaft gesehn; in unaufhörlicher Schwermut |
145 | Sitzt er, und härmt sich ab, daß die Haut an den Knochen verdorret.
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
150 | Aber kehre zurück, sobald du's verkündet, und schweifeNicht auf dem Lande herum zu jenem. Doch sage der Mutter, Also sprach er, und trieb ihn. Der Sauhirt langte die Sohlen, |
155 | Band sie unter die Füß', und eilete. Aber AtheneWard des Hirten gewahr, der aus dem Gehege zur Stadt ging,Stand an der Türe des Hofs, und erschien dem edlen Odysseus. |
160 | Aber Telemachos sah und merkte nichts von der Göttin;Denn nicht allen sichtbar erscheinen die seligen Götter:Und sie winkte; den Wink verstand der edle Odysseus, |
165 | Ging aus der Hütte hinaus vor die hohe Mauer des Hofes,Stellete sich vor die Göttin; da sagte Pallas Athene: Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, |
170 | Zu der berühmten Stadt der Ithaker wandelt. Ich selberWerd' euch nicht lange verlassen; mich drängt die Begierde des Kampfes. Also sprach die Göttin, und rührt' ihn mit goldener Rute. |
175 | Brauner ward des Helden Gestalt, und voller die Wangen;Und sein silberner Bart zerfloß in finstere Locken.Wandte die Augen hinweg, und fürchtete, daß er ein Gott sei; |
180 | Und er redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte:
Anders erscheinst du mir jetzt, o Fremdling, als vormals, auch hast du |
185 | Und Geschenke von köstlichem Gold! Erbarme dich unser!
Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
190 |
Also sprach er, und küßte den Sohn; und über die Wange Aber Telemachos stand noch staunend, und konnte nicht glauben, Nein! du bist nicht mein Vater Odysseus; sondern ein Dämon |
195 | Täuscht mich, daß ich noch mehr mein großes Elend beseufze.Denn kein sterblicher Mann vermochte mit seinem Verstande,Siehe nur eben warst du ein Greis, und häßlich bekleidet; |
200 | Jetzo den Göttern gleich, die den weiten Himmel bewohnen!
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
205 | Sondern ich bin der Mann, der nach vielem Jammer und ElendEndlich im zwanzigsten Jahr in seine Heimat zurückkehrt.Darum erschein' ich jetzo zerlumpt wie ein Bettler, und jetzo |
210 | Wieder in Jünglingsgestalt, mit schönen Gewanden bekleidet.Denn leicht können die Götter, des weiten Himmels Bewohner, Also sprach er, und setzte sich hin. Da umarmte der Jüngling |
215 | Und in beiden erhob sich ein süßes Verlangen zu trauren.Ach! sie weineten laut, und klagender noch, als Vögel,So zum Erbarmen weinten sie beide Tränen der Wehmut. |
220 | Über der Klage wäre die Sonne niedergesunken,Hätte Telemachos nicht zu seinem Vater geredet: Und in welcherlei Schiffe, mein Vater, brachten die Schiffer |
225 |
Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
230 | Mich in Ithaka aus, und gaben mir teure Geschenke,Erzes und Goldes die Meng', und schöngewebete Kleider.Daß wir uns über den Tod der Feindlichgesinnten beraten. |
235 | Auf denn, verkündige mir die Zahl der trotzigen Freier:Daß ich wisse, wie viel' und was für Leute so trotzen.Streiten können; oder ob's nötig sei, Hilfe zu suchen. |
240 | Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen:Vater, ich habe viel von dem großen Ruhme gehöretDaß zween Männer allein so viele Starke bekämpften? |
245 | Siehe der Freier sind nicht zehn nur, oder nur zwanzig;Sondern bei weitem mehr! Berechne du selber die Menge:Aus der bergichten Samä sind vierundzwanzig in allem; |
250 | Aus Zakynthos Gefilden sind zwanzig achaiische Fürsten;Und aus Ithaka selbst sind zwölfe der tapfersten Männer.Wollten wir diesen allen im Hause begegnen; du möchtest |
255 | Traurig und schreckenvoll die Strafe der Trotzigen enden.Überlege vielmehr, ob du noch andere Freunde Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
260 | Denke nach: wird uns Athene und Vater KronionGnügen; oder ist's nötig, noch andere Hilfe zu suchen? Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
265 | Über die Menschen auf Erden, und alle unsterblichen Götter.
Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
270 | Aber gehe du jetzo, sobald der Morgen sich rötet,Heim, und bleib' in dem Schwarm der übermütigen Freier.Werden mich dann im Hause die Freier beschimpfen, so dulde |
275 | Standhaft dein Herz im Busen, wie sehr ich beleidiget werde!Schleppten sie auch bei den Füßen mich durch den Saal vor die Haustür,Ihr ruchloses Verfahren zu mäßigen; aber sie werden |
280 | Dich nicht hören: denn schon naht ihnen der Tag des Verderbens!Noch verkünd' ich dir dieses, bewahr' es im innersten Herzen:Dieses siehst, darin nimm aus dem Saale die Waffen des Krieges, |
285 | Und verwahre sie alle im Winkel des oberen Söllers.Aber erkundigen sich die Freier, wo sie geblieben;Wie sie Odysseus einst, gen Troja schiffend, zurückließ! |
290 | Sondern sind ganz entstellt von dem rußichten Dampfe des Feuers.Und noch ein größeres gab Kronion mir zu bedenken:Blutig entweiht! denn selbst das Eisen ziehet den Mann an! - |
295 | Aber uns beiden laß zwei Schwerter unten im SaaleUnd zween Speere zurück, und zween stierlederne Schilde;Noch verkünd' ich dir dieses, bewahr' es im innersten Herzen: |
300 | Bist du wirklich mein Sohn, und unsers edlen Geblütes;So erfahre von dir kein Mensch, daß Odysseus daheim sei;Sondern nur ich und du; damit wir der Weiber Gesinnung |
305 | Prüfen, auch unsere Knechte zugleich ein wenig erforschen,Wo man uns beide noch mit treuem Herzen verehret, Und sein trefflicher Sohn Telemachos sagte dagegen: |
310 | Kennen lernen; ich hin nicht unvorsichtig und sorglos!Aber ich glaube doch nicht, daß diese Prüfung uns beidenNahe belauschen wolltest; indes verschwelgen die andern |
315 | Ruhig in deinem Palast und ohne Scheu dein Vermögen.Zwar der Weiber Gesinnung zu prüfen, rat' ich dir selber:Dieses wünscht' ich nicht; verspar' es lieber auf künftig, |
320 | Wenn du wirklich ein Zeichen vom großen Kronion gesehn hast.
Also besprachen diese sich jetzo untereinander. |
325 | Zogen sie eilend das schwärzliche Schiff ans hohe Gestade;Ihre Geräte trugen die stolzen Diener von dannen.Hause, um Botschaft zu bringen der klugen Penelopeia, |
330 | Daß ihr Sohn auf dem Lande sei, und dem Schiffe befohlen,Nach der Stadt zu fahren: damit vor Kummer des HerzensBeide gingen, der Mutter die selbige Botschaft zu bringen. |
335 |
Als sie jetzo ins Haus des göttlichen Königes kamen, Fürstin, dein lieber Sohn ist jetzo wieder gekommen! |
340 | Und nachdem er der Fürstin Telemachos' Worte verkündigt,Eilt' er zurück zu den Schweinen, den Hof des Hauses verlassend. Aber die Freier wurden bestürzt und niedergeschlagen; |
345 | Und des Polybos' Sohn Eurymachos sprach zur Versammlung:
Lieben, ein großes Werk hat Telemachos kühnlich vollendet, |
350 | Schnell die Botschaft verkünden, um eilig wiederzukehren.
Also sprach er; und siehe Amphinomes wandte sein Antlitz |
355 |
Keiner ferneren Botschaft bedarf es; sie sind schon zu Hause! Sprach's; da erhuben sie sich, und gingen zum Ufer des Meeres, |
360 | Ihre Geräte trugen die stolzen Diener zu Hause.Aber sie selber eilten zum Markt; und keinen der andern Wunder! wie haben die Götter doch den vom Verderben errettet! |
365 | Tages stellten wir Späher umher auf die luftigen Höhen,Immer andre nach andern; und wann die Sonne sich senkte,Auf Telemachos laurend, damit wir ihn fingen und heimlich |
370 | Töteten. Aber ihn führte der Himmlischen einer zu Hause!Nun so wollen wir hier auf den Tod des Telemachos sinnen!Denn er selber kennt schon alle Künste der Klugheit, |
375 | Und die Völker sind uns nicht mehr so gänzlich gewogen.Aber wohlan, bevor er zur allgemeinen VersammlungWie wir ihn zu ermorden gesucht, und wie er entflohn sei. |
380 | Diese werden die Tat nicht loben, wann sie ihn hören;Ja sie könnten uns gar mißhandeln, und aus dem LandeOder auch auf dem Wege! Die Güter behalten wir selber, |
385 | Alles unter uns teilend nach Billigkeit; aber die HäuserGeben wir seiner Mutter, und wen sie zum Bräutigam wählet.Nun so laßt uns nicht länger in solcher großen Versammlung |
390 | Seine köstlichen Schätze verprassen; sondern es werbeJeder außer dem Hause mit Brautgeschenken; sie aber Also sprach er; und alle verstummten umher, und schwiegen. |
395 | Nisos' rühmlicher Sohn, des aretiadischen Königs;Der aus des weizenreichen Dulichions grünen GefildenDieser erhub sich, und sprach wohlmeinend zu der Versammlung: |
400 |
Lieben, ich wünschte nicht, daß wir Telemachos heimlich |
405 | Aber verbieten es uns die Götter, dann rat' ich zu ruhen.
Also sprach er, und allen gefiel Amphinomos' Rede. Aber jetzo beschloß die kluge Penelopeia, |
410 | Sich zu zeigen den Freiern voll übermütiger Bosheit.Denn sie vernahm des Sohnes Gefahr in ihren Gemächern;Als das göttliche Weib die Freier jetzo erreichte, |
415 | Stand sie still an der Schwelle des schönen gewölbeten Saales;Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes. Tückischer frecher Empörer Antinoos, nennen doch alle |
420 | An Verstand und Reden; allein du warest es nimmer!Rasender, sprich, was suchst du Telemachos' Tod und Verderben;Weißt du nicht mehr, wie einst dein Vater flehend zu uns kam, |
425 | Von dem Volke geschreckt? Denn sie waren heftig erbittert,Weil er die Räuberschiffe der Taphier hatte begleitet,Und ausplündern den reichen Palast voll köstlicher Güter; |
430 | Aber Odysseus hielt sie zurück, und stillte den Aufruhr.Und nun entehrst du sein Haus durch Schwelgen, wirbst um die Gattin, Aber Polybos' Sohn Eurymachos sagte dagegen: |
435 | O Ikarios Tochter, du kluge Penelopeia,Sei getrost, und laß dich diese Gedanken nicht kümmern!Nimmer, so lang' ich leb', und mein Auge die Erde noch schauet! |
440 | Denn ich sage hier frei, und werd' es wahrlich erfüllen:Schnell wird sein schwarzes Blut an meiner Lanze herunterIn die Hände gegeben, und roten Wein mir gereichet. |
445 | Drum ist Telemachos mir von allen Menschen der liebste;Und ich sag' es, er soll sich durchaus vor dem Tode nicht fürchten, Also sprach er ihr zu, und dacht' ihn selbst zu ermorden. |
450 | Ihren trauten Gemahl Odysseus, bis ihr AtheneSanft mit süßem Schlummer die Augenlider bedeckte. Abends kam zu Odysseus und seinem Sohne der Sauhirt. |
455 | Hatte zuvor sich genaht dem Laertiaden Odysseus,Ihn mit der Rute gerührt, und wieder zum Greise verwandelt,Liefe, die Botschaft zu bringen der keuschen Penelopeia. |
460 |
Und Telemachos rief dem kommenden Hirten entgegen: Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
465 | Hierum hab' ich mich nicht bekümmert, die Stadt zu durchwandern,Und die Leute zu fragen; es lag mir näher am Herzen,Der auch deiner Mutter zuerst die Botschaft verkündet. |
470 | Noch ein anderes weiß ich, das sah ich selber mit Augen.Diesseits über der Stadt, dicht an dem hermeiischen Hügel,Und mit Schilden beschwert und langen doppelten Lanzen. |
475 | Und ich meinte, sie waren's; allein ich weiß es nicht sicher.
Also sprach er; da blickte Telemachos' heilige Stärke |
480 | Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, Legten sie sich zur Ruh, und genossen die Gabe des Schlafes. |
Siebzehnter Gesang
Am Morgen geht Telemachos in die Stadt. Odysseus, als Bettler, mit Eumäos nachfolgend, wird vom Ziegenhirten Melantheus gemißhandelt. Sein Hund Argos erkennt ihn. Den Bettelnden wirft Antinoos. Der Königin, die ihn zu sprechen wünscht, bestimmt er den Abend. Eumäos geht ab.
Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte,Stand Telemachos auf, der Sohn des großen Odysseus,Nahm dann die mächtige Lanze, die seinen Händen gerecht war, |
|
5 | Hinzugehn in die Stadt, und sprach zum Hüter der Schweine:
Väterchen, ich will jetzt in die Stadt gehn, daß mich die Mutter |
10 | Führ' ihn auch zu der Stadt, den unglückseligen Fremdling,Daß er sich Nahrung bettle; ihm gebe jeder nach WillkürDünkt sich der Fremdling etwa durch diese Worte beleidigt, |
15 | Desto schlimmer für ihn; ich rede gerne die Wahrheit.
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
20 | Denn mein Alter verstattet mir nicht, auf dem Lande zu bleiben,Und die Dienste zu tun, die mir ein Schaffner geböte.Diese Lumpen bedecken mich nur! Die Kälte des Morgens |
25 | Möchte mir schaden; ihr sagt ja, die Stadt sei ferne von hinnen.
Also sprach er. Telemachos ging aus der Pforte des Hofes, |
30 | Überschritt dann selber die steinerne Schwelle des Saales.
Ihn erblickte zuerst die Pflegerin Eurykleia, |
35 | Hießen ihn froh willkommen, und küßten ihm Schultern und Antlitz.Jetzo ging aus der Kammer die kluge Penelopeia,Küßte sein Angesicht, und beide glänzenden Augen, |
40 | Und begann lautweinend, und sprach die geflügelten Worte:
Kommst du, Telemachos, kommst du, mein süßes Leben. Ich hoffte |
45 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
50 | Und gelobe den Göttern, vollkommene HekatombenDarzubringen, wenn Zeus doch endlich Rache vergölte.Diesen sandt' ich voran mit meinen edlen Gefährten, |
55 | Und befahl Peiräos, ihn mit nach Hause zu nehmenUnd sorgfältig zu pflegen, bis ich heimkehrte vorn Lande. Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde. |
60 | Darzubringen, wenn Zeus doch endlich Rache vergölte.
Aber Telemachos ging, mit seiner Lanze gerüstet, |
65 | Um ihn versammelten sich die übermütigen Freier,Die viel Gutes ihm sagten, und Böses im Herzen gedachten.Welche von Anbeginn des Vaters Freunde gewesen, |
70 | Setzte bei ihnen sich nieder, und diese fragten nach allem.
Ihnen nahte sich jetzo der lanzenberühmte Peiräos, |
75 |
Eile, Telemachos, Mägde nach meinem Hause zu senden, Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
80 | Heimlich ermorden, und dann mein väterlich Erbe sich teilen;Will ich doch lieber, daß du, als ein anderer, jenes besitze. Sprach's, und führte zu Hause den unglückseligen Fremdling. |
85 | Als sie jetzo erreichten die schöngebauete WohnungLegten sie ihre Mäntel auf prächtige Sessel und Throne,Und mit wollichtem Mantel und Leibrock hatten bekleidet; |
90 | Stiegen sie aus dem Bad', und setzten sich nieder auf Sessel.Eine Dienern trug in der schönen goldenen KanneUnd die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, |
95 | Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat.Gegenüber saß auf dem Ruhesessel die MutterUnd nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, |
100 | Da begann das Gespräch die kluge Penelopeia:
Sohn, ich muß wohl wieder in meine Kammer hinaufgehn, |
105 | Ehe der Freier Schwarm zum Freudengelage zurückkehrt,Mir zu erzählen, was du von deinem Vater gehört hast! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
110 | Freundlich empfing mich dieser in seinem hohen Palaste,Und bewirtete mich mit so geschäftiger Liebe,Doch von dem leidengeübten Odysseus hatte der König |
115 | Nicht das geringste gehört; ob er tot sei, oder noch lebe.Aber zu Atreus' Sohn Menelaos dem LanzenberühmtenUnd Argeier so viel, nach dem Rat der Götter, erduldet. |
120 | Und mich fragte sogleich der Rufer im Streit Menelaos,Was mich zu kommen genötigt zur göttlichen Stadt Lakedämon. O ihr Götter, ins Lager des übergewaltigen Mannes |
125 | Wollten jene sich legen, die feigen verworfenen Menschen!Aber wie wenn in dem Dickicht des starken Löwen die HirschkuhWeide sucht; und jener darauf in sein Lager zurückkehrt, |
130 | Und den Zwillingen beiden ein schreckliches Ende bereitet:So wird jenen Odysseus ein schreckliches Ende bereiten.Sich mit Philomeleides zum Wetteringen emporhub, |
135 | Und auf den Boden ihn warf, daß alle Achaier sich freuten;Wenn doch in jener Gestalt Odysseus den Freiern erschiene:Ohn' Umschweife, dir sagen, und nicht durch Lügen dich täuschen; |
140 | Sondern was mir der wahrhafte Greis des Meeres geweissagt,Davon will ich kein Wort dir bergen oder verhehlen.Hält; und er sehnt sich umsonst nach seiner heimischen Insel: |
145 | Denn es gebricht ihm dort an Ruderschiffen und Männern,Über den weiten Rücken des Meeres ihn zu geleiten. Also verkündigte mir Menelaos der Lanzenberühmte. |
150 |
Also sprach er; ihn hörte mit inniger Rührung die Mutter. Du ehrwürdiges Weib des Laertiaden Odysseus, |
155 | Zeus von den Göttern bezeug' es, und diese gastliche Tafel,Und Odysseus heiliger Herd, zu welchem ich fliehe:Untersucht, und den Freiern ein schreckliches Ende bereitet. |
160 | Dieses ersah ich, sitzend im schöngebordeten Schiffe,Aus des Vogels Fluge, und sagt' es Telemachos heimlich. Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
165 | Deine Freundin, und jeder Begegnende priese dich selig!
Also besprachen diese sich jetzo untereinander, |
170 | Jetzo kam die Stunde des Mahls, und die Hirten vom FeldeBrachten den täglichen Zoll des auserlesensten Mastviehs. Jünglinge, da ihr euch alle mit edlen Spielen erfreuet, |
175 | Geht nun wieder ins Haus, und bereitet die köstliche Mahlzeit;Denn es ist nicht übel, zur rechten Stunde zu essen. Also sprach er; da standen sie auf, und folgten dem Herold. |
180 | Schlachteten große Schafe zum Mahl, und gemästete Ziegen,Schlachteten fette Schwein' und eine Kuh von der Weide.Also begann das Gespräch der männerbeherrschende Sauhirt: |
185 |
Fremdling, weil du denn doch in die Stadt zu gehen verlangest, |
190 | Auf denn, so wollen wir gehn! Die größte Hälfte des TagesIst dahin, und die Kälte wird gegen Abend noch strenger. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
195 | Hast du auch einen Stab zurecht geschnitten, so gib ihnMir zur Stütze; ihr sagt ja, der Weg sei rauh und gefährlich. Also sprach er, und hängt' um die Schulter den häßlichen Ranzen, |
200 | Und sie gingen. Den Hof bewachten indessen die HundeUnd die übrigen Hirten; und dieser führte den König,Wankend am Stabe schlich, mit häßlichen Lumpen bekleidet. |
Als die Wandernden jetzo auf ihrem höckrichten Wege | |
205 | Nahe kamen der Stadt, am schöngebaueten Brunnen,Welchem die Bürger der Stadt das klare Wasser entschöpften;In die Runde gepflanzt, und hoch von Felsen herunter |
210 | Schäumte das kalte Wasser; ein Altar stand auf der Höhe,Wo die Wanderer alle den Nymphen pflegten zu opfern:)Brachte zum Schmaus; es begleiteten ihn zween andere Hirten. |
215 | Als sie dieser erblickte, da stieß er mit schreiender StimmeFreche Schmähungen aus, und reizte die Seele des Königs: Wahrlich das heißt wohl recht, ein Taugenicht führet den andern! |
220 | Diesen beschwerlichen Bettler, der schmierigen Brocken Verschlinger,Welcher von Türe zu Tür' an den Pfosten die Schulter sich reibet,Daß er die Ställe fegt', und Laub vortrüge den Zicklein; |
225 | Molken sollt' er mir saufen, um Fleisch auf die Lenden zu kriegen!Aber da er nun nichts als Bubenstücke gelernt hat,Aber ich sage dir an, und das wird wahrlich erfüllet: |
230 | Kommt er je in das Haus des göttergleichen Odysseus,Hageln werden die Schemel im Saal aus den Händen der Männer Also sprach er, und kam und stieß mit der Ferse vor Bosheit |
235 | Sondern stand unerschüttert. Nun überlegte Odysseus:Ob er auf ihn mit dem Stab' anrennt', und das Leben ihm raubte;Schalt ihn ins Antlitz, und betete laut mit erhobenen Händen: |
240 |
Nymphen des heiligen Quells, Zeus' Töchter! Hat jemals Odysseus |
245 | Welche du Trotziger jetzo hegst, da du immer die Stadt durch-Irrst, indes die Herde von bösen Hirten verderbt wird! Und der Ziegenhirte Melanthios gab ihm zur Antwort: |
250 | Fern von Ithaka bringen, damit ich ihn teuer verkaufe!Tötete doch so gewiß der silberne Bogen Apollons, Also sprach er, und eilte voran; sie folgten ihm langsam. |
255 | Und mit hurtigen Schritten erreicht' er des Königes Wohnung,Ging gerade hinein, und setzte sich unter die Freier,Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, |
260 | Und er aß. Nun kam mit Odysseus der treffliche SauhirtNahe; sie standen still. Der hohlen Harfe Getön scholl Wahrlich, Eumäos, dies ist die prächtige Wohnung Odysseus'! |
265 | Diese würde man leicht auch unter vielen erkennen!Zimmer stehen auf Zimmern; den Hof umschließet die schöneAuch bemerk' ich dieses, daß viele Männer ein Gastmahl |
270 | Drinnen begehn; denn es duftet von Speisen umher, und die HarfeTönet, welche die Götter dem Mahl zur Freundin verliehen. Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
275 | Geh du entweder zuerst in die schöngebauete WohnungUnter den Haufen der Freier; so wart' ich hier noch ein wenig:Schlagen oder auch werfen. Dies überlege nun selber. |
280 |
Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
285 | Schrecken des Meers und des Kriegs; so mag auch dies noch geschehen!Aber man kann unmöglich die Wut des hungrigen MagensÜber das wilde Meer, mit Schrecken des Krieges gerüstet! |
290 |
Also besprachen sich diese jetzo untereinander. |
295 | Immer auf wilde Ziegen und flüchtige Hasen und Rehe:Aber jetzt, da sein Herr entfernt war, lag er verachtetKnechte von dannen führen, des Königes Äcker zu düngen; |
300 | Hier lag Argos der Hund, von Ungeziefer zerfressen.Dieser, da er nun endlich den nahen Odysseus erkannte,Und Odysseus sah es, und trocknete heimlich die Träne, |
305 | Unbemerkt von Eumäos, und fragete seinen Begleiter:
Wunderbar ist es, Eumäos, daß dieser Hund auf dem Miste |
310 | Sind; denn solche Herren erziehn sie bloß zum Vergnügen.
Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
315 | Sicherlich würdest du jetzo die Kraft und die Schnelle bewundern!Trieb er ein Wildbret auf im dichtverwachsenen Waldtal,Starb sein Herr, und die Weiber, die faulen, versäumen ihn gänzlich. |
320 | Das ist die Art der Bedienten: Sobald ihr Herr sie nicht antreibt,Werden sie träge zum Guten, und gehn nicht gern an die Arbeit. Also sprach er, und ging in die schöngebauete Wohnung, |
325 | Eilte dann grad' in den Saal zu den übermütigen Freiern.Aber Argos umhüllte der schwarze Schatten des Todes, Jenen sahe zuerst Telemachos, göttlich von Bildung, |
330 | Eilig, und rief ihn heran. Der ringsumschauende SauhirtNahm den ledigen Stuhl, worauf der Zerleger gesessen,Gegenüber, und setzte sich drauf; dann brachte der Herold |
335 | Ihm ein Teil des Fleisches, und gab ihm Brot aus dem Korbe.
Lange saß er noch nicht; da trat in die Wohnung Odysseus, |
340 | An die cypressene Pfoste den Rücken lehnend, die vormalsKünstlich der Meister gebildet, und nach dem Maße der Richtschnur.Und des Fleisches so viel, als er mit den Händen umfaßte: |
345 | Bringe dieses dem Fremdlinge hin, und sag' ihm, er möchteSelber bei allen Freiern im Saale bittend umhergehn; Sprach's; und der Sauhirt ging, sobald er die Rede vernommen, |
350 |
Fremdling, Telemachos sendet dir dies, und saget, du möchtest Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
355 | Und vollend' ihm alles, was seine Seele begehret!
Also sprach er, empfing es mit beiden Händen, und legt' es |
360 | Aber die Freier durchlärmten den Saal; und Pallas AtheneNahte sich abermal dem Laertiaden Odysseus,Dennoch sollte nicht einen die schreckliche Rache verschonen! |
365 | Und er wandte sich rechts, und trat zu jeglichem Manne,Reichte flehend die Hand, als hätt' er schon lange gebettelt.Und der Ziegenhirte Melanthios sprach zur Versammlung: |
370 |
Höret mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fürstin, Sprach's; und Antinoos schalt den edlen Hirten der Schweine: |
375 | Warum führtest du diesen zur Stadt, du berüchtigter Sauhirt?Irren nicht etwa genug Landstreicher vor unseren Türen,Deines Herrn verschlingen; daß du auch diesen noch herrufst? |
380 |
Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
385 | Oder den göttlichen Sänger, der uns durch Lieder erfreuet?Diese laden die Menschen in allen Landen der Erde.Knechten hart, und mir am härtesten; aber mich kümmert's |
390 | Nicht: denn siehe noch lebt die kluge PenelopeiaUnd ihr göttlicher Sohn Telemachos in dem Palaste! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
395 | Hart und beleidigend redet er selbst, und verführt auch die andern!
Und zu Antinoos sprach er die schnell geflügelten Worte: |
400 | Nimm und gib ihm; ich sehe nicht scheel, ich heiß' es dir selber!Scheue dich hierin auch nicht vor meiner Mutter, noch jemandLieber alles allein aufschlingen, als etwas verschenken. |
405 | Und Antinoos rief, und gab ihm dieses zur Antwort:Jüngling von trotziger Red' und verwegenem Mute, was sagst du? Also sprach er, und hob den Schemel unter dem Tische |
410 | Drohend empor, auf welchem die Füße des Schmausenden ruhten.Aber die andern gaben ihm all', und füllten den RanzenAber er stellte sich erst vor Antinoos' Tafel, und sagte: |
415 |
Lieber, beschenke mich auch! Du scheinst mir nicht der Geringste, |
420 | Eines reichen Palastes, und gab dem irrenden FremdlingOftmals, wer er auch war, und welche Not ihn auch drängte;Aber das nahm mir Zeus nach seinem heiligen Ratschluß; |
425 | Denn er verleitete mich, mit küstenumirrenden RäubernWeit nach Ägyptos zu schiffen, um mein Verderben zu finden.An dem Gestade zu bleiben, und unsere Schiffe zu hüten, |
430 | Und versendete Wachen umher auf die Höhen des Landes.Aber sie wurden vom Trotz und Übermute verleitet,Und unmündigen Kinder ermordeten. Und ihr Geschrei kam |
435 | Schnell in die Stadt. Sobald der Morgen sich rötete, zogenStreiter zu Roß und zu Fuße daher, und vom blitzenden ErzeKeiner dem Feinde zu stehn; denn ringsum drohte Verderben. |
440 | Viele töteten sie mit ehernen Lanzen, und vieleSchleppten sie lebend hinweg zu harter sklavischer Arbeit.Und von dannen komm' ich nun hier, mit Kummer beladen. |
445 |
Und Antinoos rief, und gab ihm dieses zur Antwort: |
450 | Gehst nach der Reihe bei allen umher; und ohne BedenkenGeben sie dir! Wozu auch so sparsam, oder so ängstlich, Weichend erwiderte drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
455 | Von dem Deinigen schenkst du dem Darbenden schwerlich ein Salzkorn,Da du an fremdem Tische dich nicht erbarmst, ein wenig Also sprach er; da ward Antinoos' Herz noch erboster; |
460 |
Nun so sollst du gewiß auf diesem Saale nicht wieder Sprach's, und warf mit dem Schemel die rechte Schulter Odysseus' |
465 | Sondern schüttelte schweigend das Haupt, und sann auf Verderben;Ging dann zur Schwelle zurück, und setzte sich, legte den Ranzen Höret mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fürstin, |
470 | Nicht der mindeste Schmerz noch Kummer beuget die SeeleEines Mannes, der, streitend für seine Güter, vom FeindeWelcher den elenden Menschen so vielen Kummer verursacht! |
475 | Aber beschützt auch die Armen der Götter und Göttinnen Rache,Dann ereile der Tod Antinoos vor der Vermählung! Und Eupeithes' Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: |
480 | Durch den Palast fortschleppen, und deine Glieder zerreißen!
Also sprach er; allein die übrigen zürnten ihm heftig. Übel, Antinoos, tatst du, den armen Fremdling zu werfen! |
485 | Denn oft tragen die Götter entfernter Fremdlinge Bildung;Unter jeder Gestalt durchwandern sie Länder und Städte, Also sprachen die Freier; allein er verachtete solches. |
490 | Als er ihn warf: doch netzt' ihm keine Träne die Wangen;Sondern er schüttelte schweigend das Haupt, und sann auf Verderben. Auch in der Kammer vernahm es die kluge Penelopeia, Also treffe dich selbst der bogenberühmte Apollon! |
495 | Aber die Schaffnerin Eurynome gab ihr zur Antwort:
Ja! wenn die Sache, mein Kind, nach unsern Wünschen geschehe, Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
500 | Aber Antinoos gleicht doch am meisten dem schwarzen Verhängnis!Denn es wanket im Saal ein unglückseliger FremdlingEr nur warf ihm am Hals auf die rechte Schulter den Schemel. |
505 |
Also redete sie, umringt von dienenden Weibern, Eile schnell in den Saal, Eumäos, und heiße den Fremdling |
510 | Ob er etwa gehört von dem leidengeübten Odysseus,Oder ihn selber gesehn; denn er scheint viel Länder zu kennen. Ihr antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
515 | Denn ich hatt' ihn bei mir drei Tag' und Nächt' in der Hütte,Wo er zuerst ankam, nachdem er vom Schiffe geflohn war;Anschaut, welcher die Menschen mit reizenden Liedern erfreuet; |
520 | Voller Begierde horcht die Versammlung seinem Gesange:Eben so rührt' er mein Herz, da er bei mir saß in der Hütte.Und von dannen komm' er nun hier, durch mancherlei Trübsal |
525 | Weiter und weiter gewälzt; auch hab' er gehört, daß OdysseusNahe bei uns im fetten Gebiet der thesprotischen Männer Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
530 | Jene mögen indes vor der Türe sitzen und scherzen,Oder auch dort im Saale, da ihre Herzen vergnügt sind.Aber sie schalten von Tage zu Tag' in unserem Hause, |
535 | Schlachten unsere Rinder und Schaf' und gemästeten ZiegenFür den üppigen Schmaus, und schweigen im funkelnden WeineKäm' Odysseus zurück in seine Heimat, er würde |
540 | Bald mit seinem Sohne den Frevel der Männer bestrafen!
Also sprach sie; da nieste Telemachos laut, und ringsum Gehe mir gleich in den Saal, Eumäos, und rufe den Fremdling! |
545 | Siehst du nicht, wie mein Sohn mir alle Worte beniest hat?Ja nun werde der Tod das unvermeidliche SchicksalWann ich merke, daß jener mir lautere Wahrheit erzählet, |
550 | Will ich mit schönen Gewanden, mit Rock und Mantel, ihn kleiden.
Sprach's; und der Sauhirt eilte, sobald er die Rede vernommen, Fremder Vater, dich läßt die kluge Penelopeia |
555 | Wegen des Mannes zu fragen, um den sie so herzlich betrübt ist.Wann sie merkt, daß du ihr lautere Wahrheit erzählest,Leicht durch Betteln im Volk; es gebe dir jeder nach Willkür. |
560 |
Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
565 | Deren Trotz und Gewalt den eisernen Himmel erreichet.Denn jetzt eben, da jener mich warf, daß der Schmerz mich betäubte,Sage denn Penelopeien, sie möcht' in ihren Gemächern |
570 | Harren, wie sehr sie verlangt, bis erst die Sonne gesunken.Alsdann frage sie mich nach ihres Mannes Zurückkunft, Sprach's; und der Sauhirt eilte, sobald er die Rede vernommen. |
575 | Als er die Schwelle betrat, da fragte Penelopeia:
Bringst du ihn nicht, Eumäos, warum bedenkt sich der Fremdling? Ihr antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
580 | Was er sagt, hat Grund; so würd' auch ein anderer denken,Um den Trotz zu vermeiden der übermütigen Männer.Daß du den fremden Mann allein befragest und hörest. |
585 |
Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: Also redete sie. Drauf ging der treffliche Sauhirt |
590 | Zu der Freier Versammlung, da sein Gewerbe bestellt war;Und er neigte das Haupt zu Telemachos, redete leise, Lieber, ich gehe nun weg, die Schwein' und das andre zu hüten, |
595 | Aber vor allen erhalte dich selbst, und siehe dich wohl vor,Daß dir kein Böses geschehe: denn viele sinnen auf Unglück. Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
600 | Morgen früh komm wieder, und bring' die gemästeten Opfer;Für das übrige laß mich und die Unsterblichen sorgen. Sprach's; und der Sauhirt setzte sich auf den zierlichen Sessel. |
605 | Wo die schwelgenden Freier sich schon beim Tanz und Gesange Freuten; denn jetzo neigte der Tag sich gegen den Abend. |
Achtzehnter Gesang
Odysseus kämpft mit dem Bettler Iros. Amphinomos wird umsonst gewarnt Penelopeia besänftigt die Freier durch Hoffnung, und empfängt Geschenke. Odysseus von den Mägden beleidigt, von Eurymachos verhöhnt und geworfen. Die Freier gehn zur Ruhe.
Jetzo kam ein Bettler von Ithaka, welcher die GassenHaus bei Haus durchlief, ein weitberüchtigter Vielfraß:Weder Stärke noch Kraft, so groß auch seine Gestalt war. |
|
5 | Dieser hieß Arnäos; denn also nannt' ihn die MutterBei der Geburt; allein die Jünglinge nannten ihn Iros,Wegzutreiben; er schalt ihn, und sprach die geflügelten Worte: |
10 |
Geh von der Türe, du Greis, daß man nicht beim Fuße dich schleppe! Zürnend schaute auf ihn und sprach der weise Odysseus: |
15 | Elender, hab ich doch nimmer mit Wort oder Tat dich beleidigt!Auch mißgönn' ich's dir nicht, wie viel dir einer auch schenke.Eben wie ich; der Reichtum kömmt von den seligen Göttern. |
20 | Aber fodre mich nicht so übermütig zum Faustkampf:Daß ich nicht zürn', und dir, trotz meines Alters, mit BluteWieder zurück in das Haus des Laertiaden Odysseus! |
25 |
Und mit zürnendem Blick antwortete Iros der Bettler: |
30 | Auf, und gürte dich jetzo, damit sie alle des KampfesZeugen sei'n. Wie willst du des Jüngeren Stärke bestehen? Also zankten sie sich vor der hohen Pforte des Saales, |
35 | Und mit herzlicher Lache begann er unter den Freiern:
So was, ihr Lieben, ist uns bisher noch nimmer begegnet! |
40 |
Also sprach er; und schnell erhuben sich alle mit Lachen, Höret, was ich euch sage, ihr edelmütigen Freier! |
45 | Die wir zum Abendschmaus auf glühende Kohlen geleget.Wer nun am tapfersten kämpft, und seinen Gegner besieget;Und kein anderer Bettler soll diese Schwelle betreten. |
50 |
Also sprach er; und allen gefiel Antinoos' Rede. Lieben, ich alter Mann, durch so viel Elend entkräftet, |
55 | Nun wohlan! verheißt mir denn alle mit heiligem Eidschwur,Daß nicht Iros zuliebe mich einer mit nervichter Rechte Also sprach er; und alle beschwuren, was er verlangte. |
60 |
Fremdling, gebeut es dein Herz und deine mutige Seele, |
65 |
Seine Rede lobten die übrigen. Aber Odysseus |
70 | Aber die Freier alle umstaunten die Wundererscheinung;Einer wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte: Iros, der arme Iros bereitet sich wahrlich ein Unglück! Also sprachen die Freier; und Iros ward übel zu Mute. |
75 | Aber es gürteten ihn mit Gewalt die Diener, und führtenIhn wie er zitterte fort, und sein Fleisch umbebte die Glieder, Wärst du doch tot, Großprahler, ja wärst du nimmer geboren, |
80 | Vor dem alten Manne, den mancherlei Elend geschwächt hat!Aber ich sage dir an, und das wird wahrlich erfüllet:Echetos in Epeiros, dem Schrecken des Menschengeschlechtes: |
85 | Daß er dir Nas' und Ohren mit grausamem Erze verstümmle,Und die entrissene Scham den Hunden gebe zu fressen! Sprach's; da zitterte jener noch stärker an Händen und Füßen. |
90 | Ob er ihn schlüge, daß gleich auf der Stelle sein Leben entflöhe;Oder mit sanftem Schlage nur bloß auf den Boden ihn streckte.Iros schlug mit der Faust die rechte Schulter Odysseus'; |
95 | Dieser ihm unter das Ohr an den Hals, daß der Kiefer des BettlersKnirschend zerbrach, und purpurnes Blut dem Rachen entstürzte.Jauchzend die Händ', und lachten sich atemlos. Aber Odysseus |
100 | Zog ihn beim Fuß aus der Tür, und schleppt' ihn über den VorhofDurch die Pforte der Halle; da lehnt' er ihn mit dem Rücken Sitze nun ruhig hier, und scheuche die Hund' und die Schweine! |
105 | Hüte dich ferner, den Armen und Fremdlingen hier zu befehlen,Elender Mensch; damit dir kein größeres Übel begegne! Also sprach er, und warf um die Schulter den häßlichen Ranzen, |
110 | Gingen mit herzlichem Lachen hinein, und grüßten ihn also:
Fremdling, dir gebe Zeus und die andern unsterblichen Götter, |
115 | Echetos in Epeiros, dem Schrecken des Menschengeschlechtes.
Also sprachen die Freier; der vorbedeutenden Worte |
120 | Brachte sie, trank ihm zu aus goldenem Becher, und sagte:
Freue dich, fremder Vater! Es müsse dir wenigstens künftig Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
125 | Und ein würdiger Sohn von deinem rühmlichen VaterNisos, der, wie ich höre, ein edler und mächtiger KönigSiehe kein Wesen ist so eitel und unbeständig, |
130 | Als der Mensch, von allem, was lebt und webet auf Erden.Denn so lange die Götter ihm Heil und blühende JugendDann erträgt er sein Leiden mit Ungeduld und Verzweiflung, |
135 | Denn wie die Tage sich ändern, die Gott vom Himmel uns sendet,Ändert sich auch das Herz der erdebewohnenden Menschen.Weil mein Vater mich schützte und meine mächtigen Brüder. |
140 | Drum erhebe sich nimmer ein Mann, und frevele nimmer;Sondern genieße, was ihm die Götter bescheren, in Demut!Welcher vielleicht nicht lange von seinen Freunden und Ländern |
145 | Ferne bleibt, vielleicht schon nah ist! Aber es führeDich ein Himmlischer heim, daß du nicht jenem begegnest,Ohne Blut voneinander, sobald er unter sein Dach kommt! |
150 |
Also sprach er, und goß des süßen Weines den Göttern, |
155 | Daß ihn Telemachos' Hand mit der Todeslanze vertilgte.Und er setzte sich nieder auf seinen verlassenen Sessel. Aber Ikarios' Tochter, der klugen Penelopeia |
160 | Ihre Herzen noch mehr erweiterte, und bei OdysseusUnd Telemachos sich noch größere Achtung erwürbe. Jetzt, Eurynome, fühl' ich zum erstenmal ein Verlangen, |
165 | Gerne möcht' ich den Sohn zu seinem Besten erinnern,Daß er ganz die Gesellschaft der stolzen Freier vermiede; Aber die Schaffnerin Enrynome gab ihr zur Antwort: |
170 | Gehe denn hin, und sprich mit deinem Sohne von Herzen;Aber bade zuvor den Leib, und salbe dein Antlitz.Siehe, du hast den erwachsenen Sohn; und du wünschest ja herzlich, |
175 | Daß dir die Götter gewährten, ihn einst im Barte zu sehen!
Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
180 | Gänzlich geraubt, seit jener in hohlen Schiffen hinwegfuhr!Aber laß mir Autonoe gleich und Hippodameia Also sprach sie; da ging die Schaffnerin aus dem Gemache, |
185 | Brachte der Fürstin Befehl, und trieb die Mägde zu eilen.
Jetzo ersann ein andres die heilige Göttin Athene: |
190 | Ihr unsterbliche Gaben, damit sie die Freier entzückte:Wusch ihr schönes Gesicht mit ambrosischem Öle der Schönheit,Schuf sie höher an Wuchs, und jugendlicher an Bildung, |
195 | Schuf sie weißer, als Elfenbein, das der Künstler geglättet. Als sie dieses vollbracht, entschwebte die heilige Göttin. |
Lärmend stürzten anjetzo die Mägde mit LilienarmenAus dem Saale herein: da verließ sie der süße Schlummer;Und sie rieb mit den Händen die schönen Wangen, und sagte: |
|
200 |
Ach ein sanfter Schlaf umhüllte mich Herzlichbetrübte! |
205 |
Also sprach sie, und stieg vom prächtigen Söller herunter, |
210 | Und an jeglichem Arm stand eine der stattlichen Jungfraun.Allen erbebten die Knie', es glühten die Herzen vor Inbrunst, Sohn, in deinem Herzen ist weder Verstand noch Empfindung! |
215 | Weit vernünftiger hast du dich schon als Knabe bewiesen!Nun da du größer bist, und des Jünglings Alter erreicht hast,Siehe nun zeigt dein Herz so wenig Verstand als Empfindung! |
220 | Welch unwürdige Tat ist hier im Saale geschehen!Da man den Fremdling so sehr mißhandelte, saßest du ruhig?Dieses bringt dir ja Schimpf und Verachtung unter den Menschen! |
225 |
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
230 | Denn mich betäubt die Furcht vor diesen Übelgesinnten,Welche mich rings umgeben; und niemand ist, der mir helfe.Gäbe doch Vater Zeus, Athene und Phöbos Apollon, |
235 | Daß auch jetzo die Freier, in unserem Hause bezwungen,So ihr schwindelndes Haupt hinneigeten, draußen im Vorhof,Jetzo mit wankendem Haupt, gleich einem Betrunkenen, dasitzt, |
240 | Und auf seinen Füßen nicht grade zu stehen, noch wiederHeimzukehren vermag, weil seine Glieder gelähmt sind! Also besprochen diese sich jetzo untereinander, O Ikarios' Tochter, du kluge Penelopeia, |
245 | Sähen dich die Achaier im ganzen jasischen Argos,Wahrlich vom Morgen an erschienen noch mehrere Freier Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
250 | Ach! die Tugend des Geistes, Eurymachos, Schönheit und Bildung,Raubten die Himmlischen mir am Tage, da die ArgeierJa dann möchte mein Ruhm wohl größer werden und schöner. |
255 | Aber jetzo traur' ich; denn Leiden beschied mir ein Dämon!Ach! da er Abschied nahm am vaterländischen Ufer,Werden alle gesund und wohl von Ilion kehren. |
260 | Denn wie man sagt, sind auch die Troer streitbare Männer,Mit Wurfspießen geübt, und geübt den Bogen zu spannen,Darum weiß ich nicht, ob Gott von Troja mich heimführt, |
265 | Oder mich dort abfodert. Du sorg' hier fleißig für alles!Pfleg' auch meinen Vater und meine Mutter im Hause,Magst du das Haus verlassen, und, wem du willst, dich vermählen. |
270 | Also sprach er zuletzt; das wird nun alles erfüllet!Kommen wird einst die Nacht, die schreckliche Nacht der Vermählung!Unter den Freiern galt ja sonst nicht diese Begegnung! |
275 | Denn die ein edles Weib und eines Begüterten TochterSich zur Gemahlin wünschen, und Nebenbuhler befürchten,Aber verschwelgen nicht so umsonst ein fremdes Vermögen! |
280 |
Sprach's; da freuete sich der herrliche Dulder Odysseus, Aber Eupeithes' Sohn Antinoos gab ihr zur Antwort: |
285 | Was dir jeder Achaier an köstlichen Gaben hieherbringt,Dieses empfang'; es wäre nicht fein, das Geschenk dir zu weigern. Also sprach er, und allen gefiel Antinoos' Rede. |
290 | Und die Geschenke zu bringen, entsandte jeder den Herold.Für Antinoos bracht' er ein prächtiges blumengesticktesFür Eurymachos bracht' er ein köstliches Halsgeschmeide, |
295 | Lauteres Gold, mit Ambra besetzt, der Sonne vergleichbar.Für Eurydamas brachten zwei Ohrgehenke die Diener,Brachte der Diener ein reiches und lieblichschimmerndes Halsband. |
300 | Also schenkte jeder Achaier ein anderes Kleinod.
Und das göttliche Weib stieg wieder zur oberen Wohnung; Aber die Freier wandten sich wieder zum Tanz und Gesange, |
305 | Als den Lustigen nun der dunkle Abend herabsank,Setzten sie alsobald drei Feuerfässer im SaaleUnd Kienstäbe darauf. Die Mägde des Helden Odysseus |
310 | Gingen vom einen zum andern, und schürten die sinkende Flamme.Aber zu ihnen sprach der göttliche weise Odysseus: O ihr Mägde Odysseus', des langabwesenden Königs, |
315 | Fleißig die Spindel, oder bereitet die flockichte Wolle.Diese will ich schon alle mit leuchtender Flamme versorgen. Also sprach er; da lachten sie laut, und sahn nacheinander. |
320 | Aber nun fuhr ihn Melantho, die rosenwangichte TochterDolios, an. Es hatte sie Penelopeia erzogen,Sondern sie buhlte geheim mit Eurymachos, ihrem Geliebten. |
325 | Diese lästerte schändlich den edlen Dulder Odysseus:
Elender Fremdling, du bist wohl deiner Sinne nicht mächtig: |
330 | Plauderst! Traun dich betört der Weinrausch, oder du bist auchImmer ein solcher Geck, und schwatzest solche Geschwätze!Denn er möchte dein Haupt mit starken Fäusten zerschlagen, |
335 | Und aus dem Hause dich stoßen, mit triefendem Blute besudelt.
Zürnend schaute auf sie und sprach der weise Odysseus: Also sprach er, und schreckte die bangen Weiber von hinnen; |
340 | Und sie entflohn aus dem Saal, und eileten durch die Gemächer,Zitternd vor Angst; denn sie meinten, er hab' im Ernste geredet. Und Odysseus stand, der leuchtenden Feuergeschirre |
345 |
Aber den mutigen Freiern verstattete Pallas Athene |
350 |
Höret mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fürstin, |
355 |
Sprach's, und wandte sich drauf zum Städteverwüster Odysseus: |
360 | Und bekleidete dich, und gäbe dir Schuh' an die Füße.Aber da du nun nichts als Bubenstücke gelernt hast, Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
365 | O arbeiteten wir, Eurymachos, beide zur WetteEinst in der Frühlingszeit, wann die Tage heiter und lang sind,Bis zur sinkenden Nacht, so lang' es an Grase nicht fehlte! |
370 | Oder trieb' ich ein Joch der trefflichsten Rinder am Pfluge,Rötlich und groß von Wuchs, mit fettem Grase gesättigt,Sehen solltest du dann, wie grade Furchen ich zöge! |
375 | Oder sendete Zeus uns heute noch Krieg, und ging ichMit zwo blinkenden Lanzen und einem Schilde gerüstet,Und mich nicht so höhnend an meinen Magen erinnern! |
380 | Aber du bist sehr stolz und menschenfeindliches Herzens;Und du dünkst dir vielleicht ein großer und starker Achaier,O bald würde die Türe, so weit sie der Zimmerer baute, |
385 | Dennoch zu enge dir sein, wann du zum Hause hinausflöhst!
Also sprach er; da ward Eurymachos' Herz noch erboster, Elender, gleich empfange den Lohn, daß du unter so vielen |
390 | Plauderst! Traun dich betört der Weinrausch, oder du bist auchImmer ein solcher Geck, und schwatzest solche Geschwätze! Also sprach er, und griff nach dem Schemel. Aber Odysseus |
395 | Fürchtend Eurymachos' Wurf; und der Schemel flog an des SchenkenRechte Hand, daß die Kanne voll Weins ihm tönend entstürzte, Aber nun lärmten die Freier umher in dem schattichten Saale; |
400 |
Wäre der irrende Fremdling doch ferne gestorben, bevor er Und die heilige Kraft Telemachos sprach zur Versammlung: |
405 | Unglückselige Männer, ihr rast, und eure GesprächeZeugen von Speis' und Trank; euch reizet wahrlich ein Dämon! Also sprach er; da bissen sie ringsumher sich die Lippen, |
410 | Über den Jüngling erstaunt, der so entschlossen geredet.Drauf erhub sich und sprach Amphinomos zu der Versammlung, Freunde, Telemachos hat mit großem Rechte geredet; |
415 | Auch mißhandelt nicht ferner den armen Fremdling, noch jemandVon den Leuten im Hause des göttergleichen Odysseus.Aber der Fremdling bleib' im Hause des edlen Odysseus |
420 | Unter Telemachos' Schutz; denn ihm vertraut' er sein Heil an.
Also sprach er, und allen gefiel Amphinomos' Rede. |
425 | Opferten jetzt, und tranken des herzerfreuenden Weines.Und nachdem sie geopfert und nach Verlangen getrunken,Gingen sie alle heim, der süßen Ruhe zu pflegen. |
Neunzehnter Gesang
Odysseus trägt mit Telemachos die Waffen in die obere Kammer, und bleibt im Saale allein. Sein Gespräch mit Penelopeia. Er wird beim Fußwaschen von der Pflegerin Eurykleia an der Narbe erkannt. Die Königin, nachdem sie durch einen Bogenkampf die Freiwerbung zu endigen beschlossen, entfernt sich.
Aber im Saale blieb der göttergleiche Odysseus,Und umdachte den Tod der Freier mit Pallas Athene. Laß uns, Telemachos, gleich die Waffen im Hause verbergen! |
|
5 | Aber erkundigen sich die Freier, wo sie geblieben;Dann besänftige sie mit guten Worten: Ich trug sieSondern sind ganz entstellt von dem rußichten Dampfe des Feuers. |
10 | Und noch ein Größeres gab ein Himmlischer mir zu bedenken:Daß ihr nicht etwa im Rausch euch zankt, und einander verwundet, Also sprach Odysseus. Der Sohn gehorchte dem Vater, |
15 | Und rief Eurykleia, die Pflegerin, zu sich, und sagte:
Mütterchen, halte die Weiber so lang' in ihren Gemächern, |
20 | Jetzo verwahr' ich sie dort, wo der Dampf des Feuers nicht hinkommt.
Ihm antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
25 | Wann die Mägde, die dir sonst leuchten, nicht dürfen herausgehn?
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde. |
30 | Schnell verschloß sie die Pforten der schöngebaueten Wohnung.Nun erhub sich Odysseus mit seinem trefflichen Sohne,Mit der goldenen Lamp', und verbreitete leuchtenden Schimmer. |
35 | Und Telemachos sprach zu seinem Vater Odysseus:
Vater, ein großes Wunder erblick' ich hier mit den Augen! |
40 | Wahrlich ein Gott ist hier, des weiten Himmels Bewohner!
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
45 | Um die Mägde hieher und deine Mutter zu locken:Diese wird mich weinend nach allen Dingen befragen. Sprach's; und Telemachos ging mit angezündeten Fackeln |
50 | Allda schlief er auch jetzt, und harrte der heiligen Frühe.Aber im Saale blieb der göttergleiche Odysseus, Jetzo ging aus der Kammer die kluge Penelopeia, |
55 | Neben das Feuer setzten sie ihren gewöhnlichen Sessel,Welcher mit Elfenbein und Silber umzogen, ein KunstwerkAllda setzte sich nun die kluge Penelopeia. |
60 | Und weißarmige Mägde, die aus der hinteren WohnungKamen, trugen von dannen das viele Brot und die Tische,Anderes Holz darauf, zum Leuchten und zur Erwärmung. |
65 | Aber Melantho schalt von neuem den edlen Odysseus:
Fremdling, willst du auch noch die Ruhe der Nacht uns verderben, |
70 |
Zürnend schaute auf sie und sprach der weise Odysseus: |
75 | Siehe, ich selber war einst ein glücklicher Mann, und BewohnerEines reichen Palastes, und gab dem irrenden FremdlingDie man zum Überfluß und zur Pracht der Reichen erfodert. |
80 | Aber das nahm mir Zeus nach seinem heiligen Ratschluß!Darum, Mädchen, bedenk: wenn auch du so gänzlich dein AnsehnOder Odysseus käme: denn noch ist Hoffnung zur Heimkehr! |
85 | Aber er sei schon tot, und kehre nimmer zur Heimat:Dennoch lebt ja sein Sohn Telemachos, welchen Apollons Also sprach er; ihn hörte die kluge Penelopeia. |
90 | Zürnend wandte sie sich zu der Magd mit scheltenden Worten:
Unverschämteste Hündin, ich kenne jegliche Schandtat, |
95 | Wegen meines Gemahls, um den ich so herzlich betrübt bin!
Und zu der Schaffnerin Eurynome sagte sie also: |
100 |
Also sprach sie; da ging die Schaffnerin eilig, und brachte Hierum muß ich dich, Fremdling, vor allen Dingen befragen: |
105 | Wer, wes Volkes bist du, und wo ist deine Geburtstadt?
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
110 | Welcher ein großes Volk von starken Männern beherrschet,Und die Gerechtigkeit schützt. Die fetten Hügel und TälerUnter dem weisen König, der seine Völker beseligt. |
115 | Aber frage mich hier im Hause nach anderen Dingen,Und erkunde dich nicht nach meinem Geschlecht und Geburtsland:Denn mit Klagen und Weinen im fremden Hause zu sitzen, |
120 | Ziemet mir nicht; und langer Gram vermehrt nur das Leiden.Auch möcht' eine der Mägde mir zürnen, oder du selber, Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
125 | Raubten die Himmlischen mir am Tage, da die ArgeierSchifften gen Troja, mit ihnen mein trauter Gemahl Odysseus!Aber jetzo traur' ich; denn Leiden beschied mir ein Dämon! |
130 | Alle Fürsten, so viel in diesen Inseln gebieten,Samä, Dulichion und der waldbewachs'nen Zakynthos,Darum kümmern mich Fremdling' und Hilfeflehende wenig, |
135 | Selbst die Herolde nicht, des Volks geheiligte Diener;Sondern ich härme mich ab um meinen trauten Odysseus.Trüglich zettelt ich mir in meiner Kammer ein feines |
140 | Übergroßes Geweb', und sprach zu der Freier Versammlung:Jünglinge, die ihr mich liebt, nach dem Tode des edlen Odysseus!Welcher dem Helden Laertes zum Leichengewande bestimmt ist, |
145 | Wann ihn die finstere Stunde mit Todesschlummer umschattetDaß nicht irgend im Lande mich eine Achaierin tadle,Und nun webt' ich des Tages an meinem großen Gewande; |
150 | Aber des Nachts, dann trennt' ich es auf, beim Scheine der Fackeln.Also täuschte ich sie drei Jahr', und betrog die Achaier.Da verrieten mich Mägde, die Hündinnen sonder Empfindung! |
155 | Und mich trafen die Freier, und schalten mit drohenden Worten.Also mußt' ich es nun, auch wider Willen, vollenden.Mich zur Heirat; auch sieht es mein Sohn mit großem Verdruß an, |
160 | Wie man sein Gut verzehrt: denn er ist nun ein Mann, der sein ErbeSelber zu schützen vermag, und dem Zeus Ehre verleihet. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
165 | Du ehrwürdiges Weib des Laertiaden Odysseus,Also hörst du nicht auf nach meinem Stamme zu forschen?Welcher so lang' als ich von seiner Heimat entfernt ist, |
170 | Und mit Jammer umringt so viele Städte durchwandert.Aber ich will dir doch, was du mich fragest, verkünden.Dort unzählige Menschen, und ihrer Städte sind neunzig: |
175 | Völker von mancherlei Stamm und mancherlei Sprachen. Es wohnenDort Achaier, Kydonen und eingeborene Kreter,Der neunjährig mit Zeus, dem großen Gotte, geredet. |
180 | Dieser war des edelgesinnten Deukalions Vater,Meines Vaters, der mich und den König Idomeneus zeugte.Ich bin der jüngere Sohn, und mein rühmlicher Name ist Äthon. |
185 | Damals sah ich Odysseus, und gab ihm Geschenke der Freundschaft.Denn an Kretas Küste verschlug ihn die heftige Windsbraut,Kaum, und ankerte dort bei der Grotte der Eileithya, |
190 | Ging darin gleich in die Stadt, um Idomeneus selber zu sehen;Denn er nannt' ihn seinen geliebten und teuersten Gastfreund.Und ich führte den werten Gast in unsere Wohnung: |
195 | Freundlich bewirtet' ich ihn von des Hauses reichlichem Vorrat,Und versorgte sein Schiff und seiner ReisegefährtenUnd zwölf Tage blieben bei uns die edlen Achaier; |
200 | Denn der gewaltige Nord, den ein zürnender Dämon gesendet,Wütete, daß man kaum auf dem Lande zu stehen vermochte.Am dreizehnten ruhte der Sturm, und sie schifften von dannen. |
Also täuscht' er die Gattin mit wahrheitgleicher Erdichtung. Aber die horchende Gattin zerfloß in Tränen der Wehmut. |
|
205 | Wie der Schnee, den der West auf hohen Bergen gehäuft hat,Vor dem schmelzenden Hauche des Morgenwindes herabfließt;Da sie den nahen Gemahl beweinete. Aber Odysseus |
210 | Fühlt' im innersten Herzen den Gram der weinenden Gattin;Dennoch standen die Augen wie Horn ihm, oder wie Eisen,Da begann sie von neuem, und gab ihm dieses zur Antwort: |
215 |
Nun ich muß dich doch ein wenig prüfen, o Fremdling, |
220 |
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
225 | Einen zottichten schönen gefütterten Mantel von PurpurTrug der edle Odysseus, mit einer zwiefachgeschloßnenZappelt' ein fleckichtes Rehchen; und alle sahn mit Bewundrung, |
230 | Wie, aus Golde gebildet, der Hund an der Gurgel das RehkalbHielt, und das ringende Reh zu entfliehn mit den Füßen sich sträubte.War das feine Geweb', und glänzendweiß, wie die Sonne. |
235 | Wahrlich viele Weiber betrachteten ihn mit Entzücken.Eines sag' ich dir noch, und du nimm solches zu Herzen!Oder irgend ein Fremdling, der ihn bewirtet. Denn viele |
240 | Waren Odysseus hold, ihm glichen wenig Achaier.Ich auch schenkt' ihm ein ehernes Schwert, ein gefüttertes schönesEndlich folgte dem Helden ein etwas älterer Herold |
245 | Nach; auch dessen Gestalt will ich dir jetzo beschreiben.Bucklicht war er, und schwarz sein Gesicht, und lockicht sein Haupthaar; Also sprach er; da hub sie noch heftiger an zu weinen, |
250 | Als sie die Zeichen erkannte, die ihr Odysseus beschrieben.Und nachdem sie ihr Herz mit vielen Tränen erleichtert, Nun du sollst mir, o Fremdling, so jammervoll du vorhin warst, |
255 | Denn ich selber gab ihm die Kleider, wovon du erzählest,Wohlgefügt aus der Kammer, und setzte die goldene SpangeZur unseligen Stund' einschiffte mein trauter Odysseus, |
260 | Troja zu sehn, die verwünschte, die keiner nennet ohn' Abscheu!
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
265 | Denn es weint wohl jegliche Frau, die den Gatten verloren,Ihrer Jugend Gemahl, mit dem sie Kinder gezeugt hat;Denn ich will dir die Wahrheit verkünden, und nichts dir verhehlen, |
270 | Was ich von deines Gemahls Zurückkunft hörte, der jetzoNahe von hier im fetten Gebiet der thesprotischen MännerUnd sein rüstiges Schiff verlor er im stürmenden Meere, |
275 | Als er Thrinakiens Ufer verließ; denn es zürnten dem HeldenZeus und der Sonnengott, des Rinder die Seinen geschlachtet.An das glückliche Land der götternahen Phäaken. |
280 | Diese verehrten ihn herzlich, wie einen der seligen Götter,Schenkten ihm großes Gut, und wollten ihn unbeschädigtNoch durch mehrere Länder zu reisen, und Güter zu sammeln: |
285 | So wie immer Odysseus vor allen Menschen auf ErdenWußte, was Vorteil schafft; kein Sterblicher gleicht ihm an Weisheit!Segelfertig wäre das Schiff, und bereit die Gefährten, |
290 | Um ihn heimzusenden in seiner Väter Gefilde.Aber mich sandt' er zuvor im Schiffe thesprotischer Männer,Noch bis ins zehnte Glied sind seine Kinder versorget: |
295 | Solch ein unendlicher Schatz lag dort im Hause des Königs!Jener war, wie es hieß, nach Dodona gegangen, aus GottesHeimzukehren beföhle, ob öffentlich oder verborgen. |
300 | Also lebt er noch frisch und gesund, und kehret gewiß nunBald zurück; er irrt nicht lange mehr in der FremdeUnd Odysseus' heiliger Herd, zu welchem ich fliehe: |
305 | Daß dies alles gewiß geschehn wird, wie ich verkünde!Selbst noch in diesem Jahre wird wiederkehren Odysseus, Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
310 | Dann erkenntest du bald an vielen und großen GeschenkenDeine Freundin, und jeder Begegnende priese dich selig!Jemals weiter gebracht; denn hier sind keine Gebieter, |
315 | Welche, wie einst der Held Odysseus, da er noch lebte,Edle Gäste mit Ehren bewirteten oder entließen.Daß er in warmer Ruhe den goldenen Morgen erwarte. |
320 | Aber morgen sollt ihr ihn frühe baden und salben,Daß er also geschmückt an Telemachos' Seite das FrühmahlHab' er hier ferner zu schaffen, und zürnt' er noch so gewaltig! |
325 | Denn wie erkenntest du doch, o Fremdling, ob ich an KlugheitUnd verständigem Herzen vor andern Frauen geschmückt sei,Wer nun grausam denkt, und grausame Handlungen ausübt; |
330 | Diesem wünschen alle, so lang' er lebet, nur Unglück,Und noch selbst im Tode wird sein Gedächtnis verabscheut.Unter die Menschen auf Erden, und jeder segnet den Guten. |
335 |
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
340 | Laß mich denn diese Nacht so ruhn, wie ich es gewohnt hin:Viele schlaflose Nächte hab' ich auf elendem LagerDenn ich möchte nicht gern verstatten, daß eine der Mägde, |
345 | Die im Hause dir dienen, mir meine Füße berühre.Wo du nicht etwa sonst eine alte verständige Frau hast, Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
350 | Lieber Gast! denn nie ist solch ein verständiger Fremdling,Nie ein werterer Gast in meine Wohnung gekommen:Welche die Pflegerin war des unglückseligen Mannes, |
355 | Und in die Arme ihn nahm, sobald ihn die Mutter geboren:Diese wird, so schwach sie auch ist, die Füße dir waschen.Jetzt Odysseus' Händ' und Füße schon eben so kraftlos. |
360 | Denn im Unglück altern die armen Sterblichen frühe.
Also sprach sie. Die Alte verbarg mit den Händen ihr Antlitz, Wehe mir, wehe, mein Sohn! Ich Verlassene! Also verwarf dich |
365 | Denn kein Sterblicher hat dem Gotte des Donners so vieleFette Lenden verbrannt und erlesene Hekatomben,Und nun raubt er dir gänzlich den Tag der fröhlichen Heimkehr! |
370 | Ach! es höhnten vielleicht auch ihn in der Fremde die Weiber,Wann er hilfeflehend der Mächtigen Häuser besuchte;Daß sie die Füße dir waschen. Doch mich, die willig gehorchet, |
375 | Heißt es Ikarios' Tochter, die kluge Penelopeia.Und nicht Penelopeiens, auch deinethalben, o Fremdling,Unser Haus besuchte schon mancher bekümmerte Fremdling; |
380 | Aber ich habe noch nimmer so etwas Ähnlichs gesehen,Als du, an Stimme, Gestalt und Füßen, Odysseus gleichest. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
385 | Ähnlich sind; wie auch du mit Scharfsinn jetzo bemerkest.
Also sprach er. Da trug die Alte die schimmernde Wanne |
390 | Denn es fiel ihm mit einmal aufs Herz, sie möchte beim WaschenSeine Narbe bemerken, und sein Geheimnis verraten.Als er an dem Parnaß Autolykos, seiner Mutter |
395 | Edlen Vater, besucht' und Autolykos' Söhne, des KlügstenAn Verstellung und Schwur! Hermeias selber gewährt' ihm Dieser Autolykos kam in Ithakas fruchtbares Eiland, |
400 | Eben da seine Tochter ihm einen Enkel geboren.Eurykleia setzte das neugeborene Knäblein, Finde nun selbst den Namen, Autolykos, deinen geliebten |
405 |
Und Autolykos sprach zu seinem Eidam und Tochter: |
410 | Wann er mich einst als Jüngling im mütterlichen PalasteAm Parnassos besucht, wo ich meine Güter beherrsche;Will ihn reichlich beschenkt und fröhlich wieder entlassen. |
Jetzo besucht' ihn Odysseus, die reichen Geschenke zu holen. Aber Autolykos selbst und Autolykos' treffliche Söhne |
|
415 | Reichten Odysseus die Hand, und hießen ihn freundlich willkommen;Auch Amphithea lief dem Enkel entgegen, umarmt' ihn,Daß sie Odysseus ein Mahl bereiteten. Diese gehorchten: |
420 | Eilten hinaus, und führten ein stark fünfjähriges Rind her,Schlachteten, zogen es ab, und hauten es ganz voneinander,Also saßen sie dort den Tag bis die Sonne sich neigte, |
425 | Und erfreuten ihr Herz am gleichgeteileten Mahle.Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte, Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
430 | Und die spürenden Hunde; mit ihnen der edle Odysseus.Und sie erstiegen die Höhe des waldbewachs'nen Parnassos,Jetzo die Sonn', und erhellte mit jungen Strahlen die Gegend. |
435 | Aber die Jäger durchsuchten das waldbewachsene Bergtal:Vornan liefen die spürenden Hund', und hinter den HundenAllda lag im dichten Gesträuch ein gewaltiger Eber. |
440 | Nie durchstürmte den Ort die Wut naßhauchender Winde,Ihn erleuchtete nimmer mit warmen Strahlen die Sonne,Jener vernahm das Getös von den Füßen der Männer und Hunde, |
445 | Welche dem Lager sich nahten, und stürzte hervor aus dem Dickicht,Hoch die Borsten gesträubt mit feuerflammenden Augen,Ihn zu verwunden, hinzu; doch er kam ihm zuvor, und hieb ihm |
450 | Über dem Knie in die Lende: der seitwärts mähende HauerRiß viel Fleisch ihm hinweg, doch drang er nicht auf den Knochen.Schreiend stürzt' er dahin in den Staub, und das Leben verließ ihn. |
455 | Um ihn waren sogleich Autolykos' Söhne beschäftigt.Diese verbanden dem edlen, dem göttergleichen OdysseusAls ihn Autolykos dort und Autolykos' Söhne mit Sorgfalt |
460 | Hatten geheilt; da beschenkten sie ihn sehr reichlich, und ließen,Froh des Jünglings, ihn froh nach seiner heimischen InselWo er die Narbe bekommen; da sagt' er die ganze Geschichte: |
465 | Wie ein Eber sie ihm mit weißem Zahne gehauen,Als er auf dem Parnaß mit Autolykos' Söhnen gejaget. Diese betastete jetzo mit flachen Händen die Alte, |
470 | Stürzt' auf die Seite herum, und das Wasser floß auf den Boden.Freud' und Angst ergriffen das Herz der Alten: die Augen Wahrlich du bist Odysseus, mein Kind! und ich habe nicht eher |
475 | Meinen Herren erkannt, bevor ich dich ringsum betastet!
Also sprach sie, und wandte die Augen nach Penelopeia, |
480 | Faßte schnell mit der rechten Hand die Kehle der Alten,Und mit der andern zog er sie näher heran, und sagte: Mütterchen, mache mich nicht unglücklich! Du hast mich an deiner |
485 | Aber da du mich nun durch Gottes Fügung erkannt hast,Halt es geheim, damit es im Hause keiner erfahre!Siehe dann werd' ich auch deiner, die mich gesäuget, nicht schonen; |
490 | Sondern ich töte dich selbst mit den übrigen Weibern im Hause!
Ihm antwortete drauf die verständige Eurykleia: |
495 | Eins verkünd' ich dir noch, und du nimm solches zu Herzen:Wann dir Gott die Vertilgung der stolzen Freier gewähret, Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
500 | Mütterchen, warum willst du sie nennen? Es ist ja nicht nötig.Kann ich nicht selbst aufmerken, und ihre Gesinnungen prüfen? Also sprach er. Da eilte die Pflegerin aus dem Gemache, |
505 | Als sie ihn jetzo gewaschen, und drauf mit Öle gesalbet;Nahm Odysseus den Stuhl, und zog ihn näher ans Feuer, Fremdling, ich will dich jetzo nur noch ein weniges fragen; |
510 | Denn es nahet bereits die Stunde der lieblichen Ruhe,Wem sein Leiden vergönnt, in süßem Schlummer zu ruhen.In dem Saale zu wirken, und auf die Mägde zu sehen. |
515 | Aber kömmt nun die Nacht, da alle Sterblichen ausruhn;Lieg' ich schlaflos im Bett, und tausend nagende SorgenIhren schönen Gesang im beginnenden Frühling erneuert; |
520 | Sitzend unter dem Laube der dichtumschattenden Bäume,Rollt sie von Tönen zu Tönen die schnelle melodische Stimme,Also wendet sich auch mein Geist bald hiehin bald dorthin: |
525 | Ob ich noch weile beim Sohn, und alle Güter bewahre,Meine Hab', und die Mägd', und die hohe prächtige Wohnung,Welcher das meiste geschenkt, zu meinem Bräutigam wähle. |
530 | Als mein Sohn noch ein Kind war und schwaches Verstandes, da durft' ichIhm zuliebe nicht wählen, noch diese Wohnung verlassen;Zürnend wegen der Habe, so ihm die Achaier verschwelgen. |
535 | Aber höre den Traum, und sage mir seine Bedeutung.Zwanzig Gänse hab' ich in meinem Hause, die fressenVon dem Gebirg', und brach den Gänsen die Hälse; getötet |
540 | Lagen sie all' im Haus', und er flog in die heilige Luft auf.Und ich begann zu weinen, und schluchzt' im Traume. Da kamen,Plötzlich flog er zurück, und saß auf dem Simse des Rauchfangs, |
545 | Wandte sich tröstend zu mir, und sprach mit menschlicher Stimme:
Tochter des fernberühmten Ikarios, fröhliches Mutes! |
550 | Daß ich den Freiern allein ein schreckliches Ende bereite.
Also sprach der Adler. Der süße Schlummer verließ mich; Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
555 | Fürstin, es wäre vergebens, nach einer anderen DeutungDeines Traumes zu forschen. Dir sagte ja selber Odysseus, Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
560 | Fremdling, es gibt doch dunkle und unerklärbare Träume,Und nicht alle verkünden der Menschen künftiges Schicksal.Welche nun aus der Pforte von Elfenbeine herausgehn, |
565 | Diese täuschen den Geist durch lügenhafte Verkündung;Andere, die aus der Pforte von glattem Horne hervorgehn,Zu mir kam. O wie herzlich erwünscht wär' es mir und dem Sohne! |
570 | Eins verkünd' ich dir noch, und du nimm solches zu Herzen.Morgen erscheinet der Tag, der entsetzliche! der von Odysseus'Pflegte, wie Hölzer des Kiels, in grader Reihe zu stellen; |
575 | Ferne stand er alsdann, und schnellte den Pfeil durch die Äxte.Diesen Wettkampf will ich den Freiern jetzo gebieten.Sieh, dem folg' ich als Weib aus diesem werten Palaste |
580 | Meines ersten Gemahls, dem prächtigen reichen Palaste,Dessen mein Herz sich vielleicht noch künftig in Träumen erinnert. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
585 | Wahrlich noch eher kommt der erfindungsreiche Odysseus,Ehe von allen, die mühsam den glatten Bogen versuchen, Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
590 | Unterhalten, mir würde kein Schlaf die Augen bedecken.Aber es können ja doch die sterblichen Menschen nicht immerDarum will ich jetzo in meine Kammer hinaufgehn, |
595 | Auf dem Lager zu ruhig, dem jammervollen, das immerMeine Tränen benetzen, seitdem Odysseus hinwegfuhr,Hier im Haus auf der Erd', oder laß ein Bette dir bringen. |
600 |
Also sprach Sie, und stieg empor zu den schönen Gemächern, |
Zwanzigster Gesang
Odysseus, im Vorsaal ruhend, bemerkt die Unarten der Mägde. Bald erweckt ihn das Jammern der Gemahlin. Glückliche Zeichen. Eurykleia bereitet den Saal zum früheren Schmause des Neumondfestes. Nach dem Sauhirten und Ziegenhirten kömmt der Rinderhirt Philötios, und bewährt seine Treue. Die Freier hindert ein Zeichen an Telemachos' Mord. Beim Schmause wird nach Odysseus ein Kuhfuß geworfen. Verwirrung der Freier, die in wilder Lust den Tod ahnen. Der weissagende Theoklymenos wird verhöhnt, und geht weg. Penelopeia bemerkt die Ausgelassenheit.
Aber im Vorsaal lagerte sich der edle Odysseus.Über die rohe Haut des Stieres breitet' er vieleUnd Eurynome deckte den Ruhenden zu mit dem Mantel. |
|
5 | Allda lag Odysseus, und sann dem Verderben der FreierWachend nach. Nun gingen die Weiber aus dem Palaste,Aber dem Könige ward sein Herz im Busen erreget; |
10 | Und er bedachte sich hin und her mit wankendem Vorsatz:Ob er sich plötzlich erhübe, die Frechen alle zu töten;So wie die mutige Hündin, die zarten Jungen umwandelnd, |
15 | Jemand, den sie nicht kennt, anbellt, und zum Kampfe hervorspringt.Also bellte sein Herz, durch die schändlichen Greuel erbittert. Dulde, mein Herz! Du hast noch härtere Kränkung erduldet, |
20 | Tapfern Freunde dir fraß. Du duldetest, bis dich ein AnschlagAus der Höhle befreite, wo dir dein Tod schon bestimmt war. Also strafte der Edle sein Herz im wallenden Busen; |
25 | Also wendet der Pflüger am großen brennenden FeuerEinen Ziegenmagen, mit Fett und Blute gefüllet,Wie er den schrecklichen Kampf mit den schamlosen Freiern begönne, |
30 | Er allein mit so vielen. Da schwebete Pallas AtheneHoch vom Himmel herab, und kam in weiblicher Bildung, Warum wachst du doch, unglücklichster Aller, die leben? |
35 | Und ein Sohn, so trefflich ihn irgend ein Vater sich wünschet!
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
40 | Ich allein mit so vielen, die hier sich täglich versammeln.Und noch ein größeres ist, was meine Seele bekümmert: Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: |
45 | O Kleinmütiger, traut man doch einem geringeren Freunde,Welcher nur sterblich ist und eingeschränktes Verstandes;Stünden auch fünfzig Scharen der vielfachredenden Menschen |
50 | Um uns her, und trachteten dich im Kampfe zu töten;Dennoch raubtest du ihnen die fetten Rinder und Schafe, Also sprach sie, und deckte Odysseus' Augen mit Schlummer. |
55 | Und zum Olympos empor erhub sich die heilige Göttin,Als ihn der Schlummer umfing, den Gram zerstreute, die GliederAls sie endlich ihr Herz mit vielen Tränen erleichtert, |
60 | Flehte sie Artemis an, die trefflichste unter den Weibern:
Hochgepriesene Göttin, o Artemis, Tochter Kronions, |
65 | Mich am fernen Gestade des ebbenden Oceans nieder:So wie die Stürme vordem Pandareos' Töchter entführten!Mit geronnener Milch und süßem Honig und Weine. |
70 | Ihnen schenkte dann Here vor allen sterblichen WeibernSchönheit und klugen Verstand, die keusche Artemis Größe,Daß der Donnerer Zeus den lieblichen Tag der Hochzeit |
75 | Ihren Mädchen gewährte; (denn dessen ewige VorsichtLenkt allwissend das Glück und Unglück sterblicher Menschen:)Führten die Himmlischen so auch mich aus der Kunde der Menschen! |
80 | Oder entseelte mich Artemis' Pfeil! damit ich, Odysseus'Bild im Herzen, nur unter die traurige Erde versänke,Zwar die Tage durchweint und jammert, aber die Nächte |
85 | Ruhiger Schlummer beherrscht; denn dieser tilgt aus dem HerzenAlles, Gutes und Böses, sobald er die Augen umschattet:Wie er gen Ilion fuhr; und ich Arme freute mich herzlich, |
90 | Denn ich hielt es nicht für ein Traumbild, sondern für Wahrheit.
Also sprach sie; da kam die goldenthronende Eos. |
95 | Hurtig Mantel und Felle, worauf er ruhte, zusammen,Legte sie schnell in den Saal auf einen Sessel, die Stierhaut Vater Zeus, wenn ihr Götter nach vielem Jammer mich huldreich |
100 | O so rede nun einer der Wachenden glückliche WorteHier im Palast, und draußen gescheh ein Zeichen vorn Himmel! Also flehte der Held; den Flehenden hörte Kronion. |
105 | Plötzlich hört' er ein mahlendes Weib, das glückliche WorteRedete, nahe bei ihm, wo die Mühlen des Königes standen.Aber die übrigen schliefen, nachdem sie den Weizen zermalmet: |
110 | Sie nur feirte noch nicht, denn sie war von allen die schwächste.Stehen ließ sie die Mühl', und sprach die prophetischen Worte: Vater Zeus, der Götter und sterblichen Menschen Beherrscher, |
115 | Ach so gewähr' auch jetzo mir armem Weibe die Bitte!Laß die stolzen Freier zum letztenmal heute, zum letzten!Mehl zu bereiten, geraubt! Nun laß sie zum letztenmal schweigen! |
120 |
Sprach's; und freudig vernahm Odysseus ihre Verkündung, Jetzo versammelten sich die andern Mägde des Königs, |
125 | Legte die Kleider an, und hängte sein Schwert um die Schulter,Band die schönen Sohlen sich unter die rüstigen Füße, Mütterchen, habt ihr auch für die Ruh und Pflege des Fremdlings |
130 | Hier im Saale gesorgt? oder liegt er gänzlich versäumet?Meine Mutter die ist nun so, (wie gut sie auch denket,) Ihm erwiderte drauf die verständige Eurykleia: |
135 | Sohn, beschuldige nicht die ganz unschuldige Mutter!Denn er saß da und trank, so lang' er wollte, des Weines;Da befahl sie den Mägden, ein Lager ihm zu bereiten; |
140 | Aber er, als ein ganz unglücklicher Leidengeübter,Weigerte sich im Bette auf weichen Polstern zu schlafen: Also sprach sie. Da ging, den Speer in der Rechten, der Jüngling |
145 | Aus dem Palast; es begleiteten ihn schnellfüßige Hunde;Und er ging zur Versammlung der schöngeharnischten Griechen. Aber den Mägden befahl die Edelste unter den Weibern, Hurtig, ihr Mägde! kehrt mir den Saal geschwinde mit Besen, |
150 | Aber sprengt ihn zuvor; die purpurnen Teppiche legt dannAuf die zierlichen Sessel! Ihr andern scheuret die TischeHolet Wasser vom Quell; doch daß ihr nur eilig zurückkommt! |
155 | Heute zögern gewiß die Freier nicht lange, sie werdenFrühe sich hier versammeln; denn heut ist der heilige Neumond! Also sprach sie; ihr hörten die Mägde mit Fleiß, und gehorchten. |
160 | Jetzo kamen ins Haus der Freier mutige Diener,Welche das Holz geschickt zerspalteten; und von der QuelleDiese ließ er weidend im schönen Hofe herumgehn, |
165 | Trat dann selbst zu Odysseus, und sprach die freundlichen Worte:
Fremdling, hast du anitzt mehr Ansehn vor den Achaiern? Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
170 | Dieser verruchten Empörer, die hier im fremden PalasteSchändliche Greuel verüben, und Scham und Ehre verachten! Also besprachen diese sich jetzo untereinander. |
175 | Brachte zum Schmaus; es begleiteten ihn zween andere Hirten.Diese banden sie fest dort unter der tönenden Halle, Fremdling, du willst noch jetzo in diesem Hause die Männer |
180 | Nun wir werden uns wohl nicht wieder trennen, bevor duDiese Fäuste gekostet! Es ist ganz wider die Ordnung, Also sprach er; und nichts antwortete jenem Odysseus, |
185 | Auch der Männerbeherrscher Philötios brachte den FreiernEine gemästete Kuh und fette Ziegen zum Schmause.Und er knüpfte sein Vieh auch unter der tönenden Halle |
190 | Fest; dann trat er näher, und fragte den edlen Eumäos:
Hüter der Schweine, wer ist der neulich gekommene Fremdling |
195 | Aber die Götter verdunkeln das Ansehn irrender Menschen,Auch wenn Königen selbst ein solcher Jammer zu teil wird. Also sprach er, und kam und reichte dem edlen Odysseus Freue dich, fremder Vater! Es müsse dir wenigstens künftig |
200 | Wohl ergehn! denn jetzo umringt dich mancherlei Trübsal!Vater Zeus, du bist doch vor allen Unsterblichen grausam!Heißer und kalter Schweiß umströmte mich, als ich dich sahe, |
205 | Und mir tränten die Augen: ich dachte gleich an Odysseus,Der wohl auch so zerlumpt bei fremden Leuten umherirrt;Weh mir! wie klag' ich Odysseus, den Herrlichem! der mich als Jüngling |
210 | Über die Rinder im Lande der Kephallenier setzte!Diese werden nun fast unzählbar; schwerlich hat jemandHerzuführen, und achten nicht des Sohnes im Hause, |
215 | Zittern auch nicht vor der Rache der Götter; ja ihnen gelüstetSchon, die Güter zu teilen des langabwesenden Königs.In ein anderes Land mit den Rindern zu fliehen, und Hilfe |
220 | Fremder Leute zu suchen; doch schrecklicher ist es, zu bleiben,Und die Rinder für andre mit innigem Kummer zu hüten.Aber ich hoffe noch immer, daß mein unglücklicher König |
225 | Wiederkomm', und die Schar der Freier im Hause zerstreue!
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
230 | Zeus von den Göttern bezeug' es, und diese gastliche Tafel,Und Odysseus' heiliger Herd, zu welchem ich fliehe:Wie er die Freier vertilgt, die hier im Hause gebieten. |
235 |
Ihm antwortete drauf der Oberhirte der Rinder: Auch Eumäos flehte zu allen unsterblichen Göttern, |
240 | Also besprachen diese sich jetzo untereinander.
Und die Freier beschlossen, Telemachos heimlich zu töten. |
245 |
Freunde, nimmer gelingt uns dieser heimliche Ratschluß Also sprach er, und allen gefiel Amphinomos' Rede. |
250 | Opferten große Schafe zum Mahl, und gemästete Ziegen,Opferten fette Schwein' und eine Kuh von der Weide.Und der Männerbeherrscher Philötios reichte den Freiern |
255 | Brot in zierlichen Körben; Melanthios schenkte den Wein ein:Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle. Aber Telemachos hieß, auf Listen sinnend, Odysseus |
260 | Und er bracht' ihm ein Teil der Eingeweide, und schenkteWein in den goldenen Becher, und sprach zu dem edlen Odysseus: Sitze nun ruhig hier, und trinke Wein mit den Männern. |
265 | Sondern Odysseus' Haus; und ich bin der Erbe des Königs!Aber ihr, o Freier, enthaltet euch aller Beschimpfung Also sprach er; da bissen sie ringsumher sich die Lippen, |
270 | Aber Eupeithes' Sohn Antinoos sprach zur Versammlung:
Freunde, wie hart sie auch ist, wir wollen Telemachos' Rede |
275 |
Also sprach der Freier, doch jener verachtete solches. Aber die Freier brieten das Fleisch und zogen's herunter, |
280 | Teilten's den Gästen umher und feirten das prächtige Gastmahl.Und Odysseus brachten die Diener, welche zerlegten, Aber den mutigen Freiern verstattete Pallas Athene |
285 | Nicht, des erbitternden Spottes sich ganz zu enthalten, damit nochHeißer entbrennte das Herz des Laertiaden Odysseus.Stolz auf das große Gut des Vaters, warb er anitzo |
290 | Um die Gattin Odysseus', des langabwesenden Königs.Dieser erhub die Stimme und sprach zu den trotzigen Freiern: Höret, was ich euch sag, ihr edelmütigen Freier! |
295 | Fremde zu übergehn, die Telemachos' Wohnung besuchen:Aber ich will ihm doch auch ein wenig verehren, damit er Also sprach er und warf mit nervichter Rechter den Kuhfuß, |
300 | Welcher im Korbe lag, nach Odysseus. Aber OdysseusWandte behende sein Haupt und barg mit schrecklichem Lächeln Wahrlich, Ktesippos, es ist ein großes Glück für dein Leben, |
305 | Daß du den Fremdling nicht trafst; denn dieser beugte dem Wurf aus.Traun, ich hätte dich gleich mit der spitzen Lanze durchbohret,Hier im Palast! Mir fehlt nun weder Verstand noch Erfahrung, |
310 | Gutes und Böses zu sehn; denn ehmals war ich ein Knabe!Dennoch schaun wir es an und leiden alles geduldig,Aber hierbei laßt nun auch eure Beleidigung stillstehn! |
315 | Habt ihr indes beschlossen, mich mit dem Schwerte zu töten:Lieber wollt ich doch das, und wahrlich, es wäre mir besser,Zur abscheulichen Lust in den prächtigen Kammern umherzieht! |
320 |
Also sprach er, und alle verstummten umher und schwiegen. Freunde, Telemachos hat mit großem Rechte geredet; |
325 | Von den Leuten im Hause des göttergleichen Odysseus.Aber Telemachos möcht ich anitzt und Telemachos' MutterHofftet die Wiederkehr des erfindungsreichen Odysseus, |
330 | War es nicht tadelhaft, zu warten und die AchaierHinzuhalten im Hause (denn besser wär es gewesen,Drum geh hin zu der Mutter und sag ihr, sie möge den besten |
335 | Jüngling, welcher das meiste geschenkt, zum Bräutigam wählen,Daß du alle Güter des Vaters beherrschen und friedlich Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
340 | Der von Ithaka ferne den Tod fand oder umherirrt,Ich verhindre sie nicht, ich selber heiße die MutterAus dem Hause zu treiben; das wolle Gott nicht gefallen! |
345 |
Also sprach er. Und siehe, ein großes Gelächter erregte |
350 | Und der göttliche Mann Theoklymenos sprach zur Versammlung:
Ach, unglückliche Männer, welch Elend ist euch begegnet! |
355 | Flatternde Geister füllen die Flur, und füllen den Vorhof,Zu des Erebos Schatten hinuntereilend! Die Sonne Also sprach er; und alle begannen herzlich zu lachen. |
360 |
Hört, wie der Fremdling rast, der neulich von ferne hieherkam! Und der göttliche Mann Theoklymenos gab ihm zur Antwort: |
365 | Denn du siehst, ich habe noch Augen und Ohren und Füße,Und mein guter Verstand ist auch nicht irre geworden.Keiner von euch, ihr Freier im Hause des edlen Odysseus, |
370 | Wo ihr die Fremdlinge höhnt, und schändliche Greuel verübet!
Also sprach er, und ging aus der schöngebaueten Wohnung Aber die Freier sahn sich all' einander ins Antlitz, |
375 | Unter dem Schwarme begann ein übermütiger Jüngling:
Nein, Telemachos, keiner hat jemals schlechtere Gäste |
380 | Und der andere dort erhub sich, uns wahrzusagen.Aber willst du mir folgen; (es ist wahrhaftig das beste!) Also sprachen die Freier; doch jener verachtete solches. |
385 | Schweigend sah er Odysseus an, und harrte beständig,Wann sein mächtiger Arm die schamlosen Freier bestrafte. Gegenüber dem Saal auf einem prächtigen Sessel |
390 | Diese feirten nun zwar mit lautem Lachen das Frühmahl,Lustig und fröhliches Muts, denn sie hatten die Menge geschlachtet:Jenen gab, die bisher so schändliche Greuel verübten. |
Einundzwanzigster Gesang
Penelopeia veranstaltet den entscheidenden Bogenkampf. Empfindung der treuen Hirten. Telemachos stellt die Kampfeisen, und wird, den Bogen zu spannen, vom Vater gehindert. Die Freier versuchen nacheinander. Ahnung des Opferpropheten. Der Bogen wird erweicht. Odysseus entdeckt sich draußen dem Sauhirten und Rinderhirten, und heißt die Türen verschließen. Die Freier verschieben den Bogenkampf. Odysseus bittet um den Bogen, und die Freier lassen es endlich geschehn. Er spannt, und trifft durch die Eisen.
Aber Ikarios' Tochter, der klugen Penelopeia,Gab Athene, die Göttin mit blauen Augen, den Rat ein,In dem Palast vorlegte, und zum Beginne des Mordens. |
|
5 | Und schon stieg sie empor die hohen Stufen der Wohnung,Faßte mit zarter Hand den schöngebogenen Schlüssel,Zu dem innern Gemach, wo die Schätze des Königes lagen, |
10 | Erzes und Goldes die Meng', und künstlichgeschmiedetes Eisens.Unter den Schätzen war der krumme Bogen Odysseus', Beide schenkt' ihm vordem in Lakedämon ein Gastfreund, |
15 | In Messene trafen die beiden Helden einander,Im Palaste des tapfern Orsilochos. Dort war Odysseus,Jüngst dreihundert Schafe mit ihren Hirten geraubet. |
20 | Darum kam als Gesandter Odysseus den weiten Weg her,Jung wie er war, von Laertes ersehn und den übrigen Greisen.Doch sie beschleunigten nur des Suchenden Todesverhängnis! |
25 | Denn als Iphitos endlich bei Zeus' hochtrotzendem SohneKam, dem starken Herakles, dem Manne von großen Taten;Den er ihm vorgesetzt! Ihn selbst erschlug er im Hause. |
30 | Und behielt für sich die Rosse mit malmenden Hufen!Diese suchend, traf er den jungen Odysseus, und schenkt' ihmUnd Odysseus schenkt' ihm sein Schwert und die mächtige Lanze, |
35 | Zu der vertraulichsten Freundschaft Beginn. Doch saßen sie niemalsEiner am Tische des andern; denn bald sank unter HeraklesNiemals, wann er zum Krieg in schwarzen Schiffen hinwegfuhr! |
40 | Sondern ließ im Palaste des unvergeßlichen FreundesAngedenken zurück: in Ithaka führt' er ihn immer. Als das göttliche Weib die gewölbete Kammer erreichte, |
45 | Drauf die Pfosten gerichtet, mit ihren glänzenden Flügeln;Löste sie schnell vom Ringe den künstlichen Knoten des Riemens,Brüllt auf blumiger Au, so krachten die prächtigen Flügel, |
50 | Von dem Schlüssel geöffnet, und breiteten sich auseinander.Und sie trat ins Gewölb', und stieg auf die bretterne Bühne,Samt der glänzenden Scheide, die ihn umhüllte, herunter. |
55 | Und sie setzte sich, legt' auf den Schoß den Bogen des Königs,Hub laut an zu weinen, und zog ihn hervor aus der Scheide.Haltend in ihrer Hand den krummen Bogen Odysseus, |
60 | Und den Köcher, gefüllt mit jammerbringenden Pfeilen.Hinter ihr trugen die Mägde die zierliche Kiste, mit EisenStand sie still an der Schwelle des schönen gewölbeten Saales; |
65 | Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes,Und an jeglichem Arm stand eine der stattlichen Jungfraun. Hört, ihr mutigen Freier, die ihr in diesem Palaste |
70 | Da mein Gemahl so lang' entfernt ist; und die ihr keinenEinzigen Grund angebt zu dieser großen Verwüstung,Hier ist der große Bogen des göttergleichen Odysseus. |
75 | Wessen Hand von euch den Bogen am leichtesten spannet,Und mit der Senne den Pfeil durch alle zwölf Äxte hindurchschnellt;Dessen mein Herz sich vielleicht noch künftig in Träumen erinnert. |
80 |
Also sprach sie, und winkte dem edlen Hirten Eumäos, |
85 |
Alberne Hirten des Viehs, in den Tag hinträumende Toren, |
90 | Hurtig, und heult vor der Tür, und laßt den Bogen uns Freiern:Daß wir den Kampf versuchen, den furchtbaren! Denn ich vermute,Als Odysseus war! Ich hab' ihn selber gesehen. |
95 | Und entsinne mich wohl: ich war noch ein stammelnder Knabe.
Also sprach er; allein in seinem Herzen gedacht' er, |
100 | Sitzend, hatte geschmäht, und die übrigen Freier gereizet.Unter ihnen begann Telemachos' heilige Stärke: Wahrlich, Zeus' Kronion beraubte mich alles Verstandes! |
105 | Und ich freue mich noch, und lache, ich törichter Jüngling!Aber wohlan, ihr Freier! denn jetzo erscheinet der WettkampfSelbst in Ithaka nicht, und nicht auf der fruchtbaren Feste! |
110 | Aber das wißt ihr selber; was brauch' ich die Mutter zu loben?Auf denn! verzögert ihn nicht durch lange Zweifel, und spannetDenn wär ich's, der ihn spannt, und durch die Äxte hindurchschießt; |
115 | Dann verließe mich Traurenden nicht die teuerste Mutter,Einem anderen folgend, noch blieb' ich einsam im Hause, Also sprach er, und warf von der Schulter den purpurnen Mantel, |
120 | Hierauf stellt' er die Eisen im ausgegrabenen EstrichAlle zwölf nach der Reih, und nach dem Maße der Richtschnur,Und er trat an die Schwelle des Saals, und versuchte den Bogen, |
125 | Dreimal erschüttert' er ihn, und strebt' ihn auszuspannen;Dreimal verließ ihn die Kraft. Noch immer hoffte der Jüngling,Aber ihm winkt' Odysseus, und hielt den strebenden Jüngling. |
130 | Und zu den Freiern sprach Telemachos' heilige Stärke:
Götter, ich bleibe vielleicht auf immer weichlich und kraftlos; |
135 | Kommt, und versucht den Bogen, und endiget hurtig den Wettkampf!
Also sprach er, und stellte den Bogen nieder zur Erden, |
140 | Aber Eupeithes' Sohn Antinoos sprach zur Versammlung:
Steht nach der Ordnung auf, von der Linken zur Rechten, o Freunde, Also sprach er; und allen gefiel Antinoos' Rede. |
145 | Welcher, ihr Opferprophet, beständig am schimmernden KelcheUnten im Winkel saß: der einzige, dem die VerwüstungStellte sich drauf an die Schwelle des Saals, und versuchte den Bogen. |
150 | Aber er spannt' ihn nicht; die zarten Hände des SehersWurden im Aufziehn laß. Da sprach er zu der Versammlung: Freunde, ich spann' ihn nicht; ihn nehm' ein anderer jetzo! |
155 | Sterben, als lebend den Zweck zu verfehlen, um den wir uns immerHier im Hause versammeln, und harren von Tage zu Tage!Aber wird er einmal den Bogen prüfen und ansehn; |
160 | O dann such' er sich nur von Achaias lieblichen TöchternEine andre, und werbe mit Brautgeschenken; doch diese Also sprach Leiodes, und stellte den Bogen zur Erden, |
165 | Lehnte den schnellen Pfeil an des Bogens zierliche KrümmungGing, und setzte sich wieder auf seinen verlassenen Sessel. Welche Rede, Leiodes, ist deinen Lippen entflohen |
170 | Viele der Edeln im Volk soll dieser Bogen des AtemsUnd der Seele berauben, weil du nicht vermagst ihn zu spannen?Aber es sind, ihn zu spannen, noch andere mutige Freier! |
175 |
Also sprach er, und rief dem Ziegenhirten Melantheus: |
180 | Dann versuchen wir ihn, und endigen hurtig den Wettkampf.
Sprach's; und Melanthios zündet' ein helles Feuer im Saal an, |
185 | Konnt' ihn spannen, zu sehr gebrach es den Händen an Stärke.Aber Antinoos selbst und Eurymachos saßen noch ruhig, Jetzo gingen zugleich aus der Türe des hohen Palastes |
190 | Ihnen folgte sofort der göttergleiche Odysseus.Als sie jetzt aus der Tür' und dem Vorhof waren gekommen, Hört, ich möcht' euch was sagen, du Rinderhirt und du Sauhirt! |
195 | Wen verteidigtet ihr, wenn jetzo mit einmal OdysseusHier aus der Fremde käm', und ihn ein Himmlischer brächte?Redet heraus, wie euch das Herz im Busen gebietet! |
Ihm antwortete drauf der Oberhirte der Rinder: | |
200 | Vater Zeus, erfülltest du doch mein heißes Verlangen,Daß ein Himmlischer jenen zur Heimat führte! Du solltestDaß sie dem weisen Odysseus verstatteten wiederzukehren. |
205 | Und nachdem Odysseus die Treue der Hirten geprüfet;Da antwortet' er ihnen, und sprach die freundlichen Worte: Nun ich selber bin hier! Nach vielen Todesgefahren |
210 | Wünschtet, ihr allein von den Knechten! denn keinen der andernHört' ich flehn, daß ein Gott mir heimzukehren vergönnte!Dann will ich jedem ein Weib und Güter zum Eigentum geben, |
215 | Jedem nahe bei mir ein Haus erbauen, und künftigBeide wie Freund' und Brüder von meinem Telemachos achten.Die ein Eber mir einst mit weißem Zahne gehauen, |
220 | Als ich auf dem Parnaß mit den Söhnen Autolykos' jagte.
Also sprach er, und zog von der großen Narbe die Lumpen. |
225 | Auch Odysseus küßte den Hirten Antlitz und Hände.Über der Klage wäre die Sonne niedergesunken, Hemmt anitzo die Tränen und euren Jammer: daß niemand |
230 | Geht nun einzeln wieder hinein, nicht alle mit einmal:Ich zuerst, dann ihr! Die Abred' aber sei diese:Aber gehe nur dreist mit dem Bogen, edler Eumäos, |
235 | Durch den Saal, und reiche mir ihn. Auch sage den Weibern,Daß sie die festen Türen des Hinterhauses verriegeln;Sondern geruhig sitze bei ihrer beschiedenen Arbeit. |
240 | Edler Philötios, dir vertrau ich die Pforte des Hofes,Sie mit dem Riegel zu schließen, und fest mit dem Seile zu binden. Also sprach er, und ging in die schöngebauete Wohnung; |
245 | Und Eurymachos wandte nunmehr in den Händen den Bogen,Hin und wieder ihn wärmend im Glanze des Feuers, und dennoch Götter, wie kränkt mich der Schmerz, um mich selber und um die andern'. |
250 | Wegen der Hochzeit nicht, wiewohl mich auch diese bekümmert;Denn es sind ja noch andre Achaierinnen die Menge,Stärke so ganz verschwindet, daß seinen Bogen nicht einer |
255 | Spannen kann! Hohnlachend wird selbst der Enkel es hören!
Aber Eupeithes' Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: |
260 | Ruhig nieder! Allein die Äxte können wir immerStehen lassen; denn schwerlich wird jemand, sie zu entwenden,Daß wir opfern, und dann hinlegen des Königes Bogen, |
265 | Aber morgen befehlt dem Ziegenhirten Melantheus,Uns die trefflichsten Ziegen der ganzen Herde zu bringen. Also sprach er, und allen gefiel Antinoos' Rede. |
270 | Herolde gossen ihnen das Wasser über die Hände,Jünglinge füllten die Kelche bis oben mit dem Getränke,Sprach zu ihnen mit List der erfindungsreiche Odysseus: |
275 |
Hört mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fürstin, |
280 | Morgen wird Gott, wem er will, die Kraft des Sieges verleihen.Aber wohlan! gebt mir den geglätteten Bogen, damit ichOder ob sie das Wandern und langes Elend vertilgt hat! |
285 |
Also sprach er, und rings entbrannten von Zorne die Freier, Ha! du elender Fremdling, es fehlt dir ganz an Verstande! |
290 | Ruhig schmausest? daß dir dein Teil von allem gereicht wird?Und daß du die Gespräch' und Reden der Männer behorchest,Schadet, wenn man ihn gierig verschlingt, nicht mäßig genießet: |
295 | Selbst der berühmte Kentaur Eurytion tobte vor Unsinn,Von dem Weine berauscht, in des edlen Peirithoos' Hause,Zürnend sprangen die Helden empor, und über den Vorsaal |
300 | Schleppten sie ihn hinaus, und schnitten mit grausamem ErzeNas' und Ohren ihm ab; und so in voller BetäubungAber vor allen traf das Verderben den Säufer des Weines. |
305 | Also verkünd' ich auch dir dein Unglück, wenn du den BogenSpannest: Du sollst nicht mehr Almosen in unserem VolkeDem du gewiß nicht lebend entrinnst! Drum sitze geruhig, |
310 | Trink, und begehre nicht mit jüngeren Männern den Wettkampf!
Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
315 | Spannt, so wie er den Händen und seiner Stärke vertrauet,Daß er mich dann heimführe, und zur Gemahlin bekomme?Unter den Freuden des Mahls! Unmöglich ist es, unmöglich! |
320 |
Aber Polybos' Sohn Eurymachos sagte dagegen: |
325 | Weichliche Männer werben um jenes gewaltigen MannesGattin; denn keiner vermag den glatten Bogen zu spannen:Also sprächen sie dann, und es wär' uns ewige Schande! |
330 |
Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
335 | Und er stammt, wie er sagt, aus einem edlen Geschlechte.Aber wohlan! gebt ihm den schöngeglätteten Bogen!Will ich mit schönen Gewanden, mit Rock und Mantel, ihn kleiden, |
340 | Einen Speer ihm verehren, den Schrecken der Menschen und Hunde,Ein zweischneidiges Schwert, und Sohlen unter die Füße, Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
345 | Macht, als ich: wem ich will, ihn zu geben oder zu weigern;Keiner von allen, die hier in der felsichten Ithaka herrschen,Diesen Bogen dem Fremdling auch ganz zum Eigentum schenken! |
350 | Aber gehe nun heim, besorge deine Geschäfte,Spindel und Webestuhl, und treib an beschiedener Arbeit Staunend kehrte die Mutter zurück in ihre Gemächer, |
355 | Und erwog im Herzen die kluge Rede des Sohnes.Als sie nun oben kam mit den Jungfraun, weinte sie wieder Jetzo nahm er den Bogen und ging, der treffliche Sauhirt; |
360 | Aber die Freier fuhren ihn alle mit lautem Geschrei an.Unter dem Schwarme begann ein übermütiger Jüngling: Halt! wohin mit dem Bogen, du niederträchtiger Sauhirt? |
365 | Wenn Apollon uns hilft und die andern unsterblichen Götter!
Also rufte der Schwarm; und der Tragende legte den Bogen Du! bring weiter den Bogen! Du sollst mir, nicht allen, gehorchen |
370 | Oder ich jage dich gleich mit geworfenen Steinen zu Felde,Ob ich gleich jünger bin; an Kräften bin ich doch stärker!O bald taumelte mancher, von mir sehr übel bewirtet, |
375 | Heim aus unserm Palast! Denn alle treiben nur Unfug!
Also sprach er; und alle begannen herzlich zu lachen |
380 | Rief die Pflegerin dann aus ihrer Kammer, und sagte:
Höre, Telemachos will, verständige Eurykleia, |
385 | Sondern geruhig sitze bei ihrer beschiedenen Arbeit.
Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde. Aber Philötios sprang stillschweigend aus dem Palaste, |
390 | Unter der Halle lag ein Seil aus dem Baste des ByblosVom gleichrudrichten Schiffe, mit diesem band er die Flügel;Hin und her in der Hand, auf allen Seiten versuchend, |
395 | Ob auch die Würmer das Horn seit zwanzig Jahren zerfressen.Und es wandte sich einer zu seinem Nachbar, und sagte: Traun! das ist ein schlauer und listiger Kenner des Bogens! |
400 | Ihn in den Händen herum, der landdurchstreichende Gaudieb!
Und von neuem begann ein übermütiger Jüngling: Also sprachen die Freier. Allein der weise Odysseus, |
405 | Als er den großen Bogen geprüft und ringsum betrachtet:So wie ein Mann, erfahren im Lautenspiel und Gesange,So nachlässig spannte den großen Bogen Odysseus. |
410 | Und mit der rechten Hand versucht' er die Senne des Bogen;Lieblich tönte die Senne, und hell wie die Stimme der Schwalbe.Freudig vernahm das Wunder der herrliche Dulder Odysseus, |
415 | Welches ihm sandte der Sohn des unerforschlichen Kronos.Und er nahm den gefiederten Pfeil, der bloß auf dem TischeDiesen faßt' er zugleich mit dem Griffe des Bogens; dann zog er, |
420 | Sitzend auf seinem Stuhle, die Senn' und die Kerbe des Pfeils an,Zielte dann, schnellte den Pfeil, und verfehlete keine der Äxte; Nun, Telemachos, siehst du, ob dir der Fremdling im Hause |
425 | Schande bringt! Ich traf das Ziel, und spannte den BogenOhne langes Bemühn! Noch hab' ich Stärke der Jugend,Noch bei Tage! Nachher erfreue die scherzenden Männer |
430 | Saitenspiel und Gesang, die liebliche Zierde des Mahles!
Sprach's, und winkte mit Augen. Da warf Telemachos eilend |
Zweiundzwanzigster Gesang
Odysseus erschießt den Antinoos, und entdeckt sich den Freiern. Eurymachos bittet um Schonung. Kampf. Telemachos bringt Waffen von oben, und läßt die Türe offen. Der Ziegenhirt schleicht hinauf, und wird von den treue Hirten gebunden. Athene erscheint in Mentors Gestalt, dann als Schwalbe. Entscheidender Sieg. Nur der Sänger und Medon werden verschont. Der gerufene Eurykleia Frohlocken gehemmt. Reinigung des Saales, und Strafe der Treulosen. Odysseus räuchert das Haus, und wird von den treuen Mägden bewillkommt.
Jetzo entblößte sich von den Lumpen der weise Odysseus,Sprang auf die hohe Schwell', und hielt in den Händen den BogenHin vor sich auf die Erd', und sprach zu der Freier Versammlung: |
|
5 |
Diesen furchtbaren Kampf, ihr Freier, hab' ich vollendet! Sprach's, und Antinoos traf er mit bitterm Todesgeschosse. |
10 | Goldne Geschirr aufheben, und faßt' es schon mit den Händen,Daß er tränke des Weins; allein von seiner ErmordungUnter so vielen es wagte, ihm Mord und Tod zu bereiten! |
15 | Aber Odysseus traf mit dem Pfeil ihn grad' in die Gurgel,Daß im zarten Genick die Spitze wieder hervordrang.Sprang ihm ein Strahl dickströmendes Bluts. Er wälzte sich zuckend, |
20 | Stieß mit dem Fuß an den Tisch, und die Speisen fielen zur Erde;Brot und gebratenes Fleisch ward blutig. Aber die FreierSchaueten ringsumher nach den schöngemauerten Wänden: |
25 | Aber da war kein Schild und keine mächtige Lanze!Und sie schalten Odysseus, und schrien die zürnenden Worte: Übel bekommt dir, Fremdling, das Männerschießen! Du kämpftest |
30 | Held in Ithaka war! Drum sollen die Geier dich fressen!
Also rufte der Schwarm; denn sie wähnten, er habe den Jüngling |
35 |
Ha! ihr Hunde, ihr wähntet, ich kehrete nimmer zur Heimat |
40 | Noch ob ewige Schand' auf eurem Gedächtnisse ruhte!Nun ist über euch alle die Stunde des Todes verhänget! Also sprach er. Da faßte sie alle bleiches Entsetzen; |
45 |
Bist du denn jetzt Odysseus der Ithaker wiedergekommen, |
50 | Und ihn trieb nicht einmal die heiße Begierde der Hochzeit,Sondern andre Gedanken, die Zeus Kronion vernichtet!Doch nun hat er sein Teil empfangen! Du aber verschone |
55 | Deines Volks! Wir wollen forthin dir willig gehorchen!Aber was hier im Palast an Speis' und Tranke verzehrt ward,Haben erfreut! So lang' ist freilich dein Zorn nicht zu tadeln! |
60 |
Zürnend schaute auf ihn und sprach der weise Odysseus: |
65 | Jetzo habt ihr die Wahl: entweder tapfer zu streiten,Oder zu fliehn, wer etwa den Schrecken des Todes entfliehn kann. Also sprach er; und allen erzitterten Herz und Kniee. |
70 |
Nimmer, o Freunde, ruhn die schrecklichen Hände des Mannes; |
75 | Gegen die tötenden Pfeile! Dann dringen wir alle mit einmalGegen ihn an! Denn vertrieben wir ihn von der Schwell' und der Pforte Als er dieses gesagt, da zog er das eherne scharfe |
80 | Und zweischneidige Schwert, und sprang mit gräßlichem SchreienGegen Odysseus empor. Allein der edle OdysseusFiel ihm das Schwert; und er stürzte, mit strömendem Blute besudelt, |
85 | Taumelnd über den Tisch, und warf die Speisen zur ErdeSamt dem doppelten Becher, und schlug mit der Stirne den Boden, Aber Amphinomos sprang zu dem hochberühmten Odysseus |
90 | Stürmend hinan, und schwung das blinkende Schwert in der Rechten,Ihn von der Pforte zu treiben. Doch mitten im stürmenden AngriffTönend stürzt' er dahin, und schlug mit der Stirne den Boden. |
95 | Aber Telemachos floh, und ließ in Amphinomos' SchulterSeinen gewaltigen Speer; denn er fürchtete, daß ein Achaier,Eilend lief er, und floh zu dem lieben Vater Odysseus, |
100 | Stellte sich nahe bei ihn, und sprach die geflügelten Worte:
Vater, ich hole geschwinde dir einen Schild und zwo Lanzen, |
105 |
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: Sprach's; und eilend gehorchte Telemachos seinem Gebote: |
110 | Wählte sich vier gewölbete Schild', acht blinkende Lanzen,Und vier eherne Helme, geschmückt mit wallendem Roßschweif;Und dann waffneten sich der Rinderhirt und der Sauhirt: |
115 | Und sie standen zur Seite des weisen Helden Odysseus.
Dieser, solang' es ihm noch an Todesgeschosse nicht fehlte, |
120 | Lehnt' er gegen die Pfoste des schöngemauerten SaalesSeinen Bogen zu stehn an eine der schimmernden Wände.Welchen fürchterlich winkend die Mähne des Rosses umwallte, |
125 | Und ergriff zwo starke mit Erz gerüstete Lanzen.
Rechts in der zierlichen Wand war eine Pforte zur Treppe. |
130 | Nahe stehend zu hüten; denn einen nur faßte die Öffnung.Und Agelaos begann, und sprach zu der Freier Versammlung: Freunde, könnte nicht einer zur Treppentüre hinaufgehn, |
135 |
Ihm antwortete drauf der Ziegenhirte Melantheus: |
140 | Daß ihr euch rüsten könnt! Denn dort, sonst nirgends, vermut' ich,Hat sie Odysseus versteckt, nebst seinem glänzenden Sohne. Also sprach er, und stieg, der Ziegenhirte Melantheus, |
145 | Und zwölf eherne Helme, geschmückt mit wallendem Roßschweif,Stieg dann wieder hinab, und brachte sie eilig den Freiern.Lange Speere bewegten; ihm drohte die schrecklichste Arbeit. |
150 | Und er wandte sich schnell mit geflügelten Worten zum Sohne:
Sicher, Telemachos, hat uns eine der Weiber im Hause Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
155 | Anders ist schuld! Ich ließ die feste Türe des SöllersUnverschlossen zurück; und das hat ein Lauscher bemerket.Oder Dolios' Sohn Melantheus, wie ich vermute. |
160 | Als sie mit diesen Worten sich untereinander besprachen,Stieg in den Söller von neuem der Ziegenhirte Melantheus, Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, |
165 | Siehe, da geht er schon wieder, der Bösewicht, den wir vermutet,Nach dem Söller hinauf! Nun sage mir eilig, Odysseus:Deren der Bube so viel' in deinem Hause verübt hat? |
170 |
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
175 | Knüpfet darauf an die Fessel ein starkes Seil, und zieht ihnHoch an die ragende Säule hinauf, bis dicht an die Balken: Also sprach er; ihm hörten sie beide mit Fleiß, und gehorchten; |
180 | Dieser suchte nach Waffen umher im Winkel des Söllers.Und sie standen erwartend an beiden Pfosten des Eingangs.Einen großen veralterten Schild des Helden Laertes, |
185 | Den er als Jüngling trug; doch jetzo lag er im Winkel,Ganz von Schimmel entstellt, und es barsten die Nähte der Riemen.Banden ihm Händ' und Füße mit schmerzender Fessel, gewaltsam |
190 | Hinten am Rücken zusammengedreht, wie ihnen befohlenHatte Laertes' Sohn, der herrliche Dulder Odysseus;Höhnend sprachst du zu ihm, Eumäos, Hüter der Schweine: |
195 |
Jetzo wirst du hier wohl die Nacht durchschlummern, Melantheus, |
200 |
Also ließ man ihn hangen, gespannt in der folternden Fessel. |
205 | Siehe da nahte sich Zeus' blauäugichte Tochter Athene,Mentorn gleich in allem, sowohl an Gestalt wie an Stimme. Mentor, stehe mir bei, und rette deinen Geliebten, |
210 |
Also sprach er, Athene die Völkererhalterin ahnend. Mentor, lasse dich nicht durch Odysseus' Worte verleiten, |
215 | Denn wir geloben dir an, und ich meine, wir werden es halten:Haben wir diese getötet, den Vater und Sohn, dann wollenAber nachdem wir euch mit dem Erze des Geistes beraubet, |
220 | Wollen wir alle dein Gut, im Haus und außer dem Hause,Alles, vermischt mit den Gütern Odysseus', unter uns teilen! Also sprach er; da zürnte noch heftiger Pallas Athene. |
225 | Und sie strafte Odysseus mit diesen zürnenden Worten:
Hast du denn völlig den Mut und die Stärke verloren, Odysseus? |
230 | Siehe, durch deinen Rat sank Priamos' türmende Feste!Und nun, da du dein Land und Erbteil wieder erreicht hast,Daß du erkennest, wie dir, im Kampfe mit feindlichen Männern, |
235 | Mentor, Alkimos' Sohn, Wohltaten pflegt zu vergelten!
Also sprach sie; allein noch schenkte nicht völlig die Göttin |
240 | Flog sie empor, und saß auf dem rußichten Simse des Rauchfangs.
Aber die Freier reizte Damastors Sohn Agelaos, |
245 | Aller welche noch lebten und ihre Seele verfochten;Jene lagen getötet vom pfeileversendenden Bogen. Freunde, gewiß bald ruhn die schrecklichen Hände des Mannes! |
250 | Und sie stehen allein an der großen Pforte des Saales!Darum sendet nicht alle zugleich die langen Lanzen;Denn mit den anderer hat es nicht Not, wenn jener nur daliegt! |
255 |
Also sprach er. Da warfen sie alle, wie er befohlen, |
260 | Und nachdem sie die Lanzen der Freier hatten vermieden,Da begann zu ihnen der herrliche Dulder Odysseus: Jetzo wär' es an mir, ihr Lieben, euch zu befehlen, |
265 |
Also sprach er; da warfen sie alle zielend die Lanzen. |
270 | Aber die Freier entflohn in den innersten Winkel des Saales,Jene sprangen hinzu, und zogen die Speer' aus den Toten. Und von neuem warfen die Freier schimmernde Lanzen, |
275 | Jenes Lanze durchdrang die festeinfugende Pforte,Jener traf in die Wand mit der erzgerüsteten Esche.Und Ktesippos ritzte Eumäos über dem Schilde |
280 | Leicht die Schulter; der Speer flog über, und fiel auf die Erde.Aber die Schar des tapfern erfindungsreichen OdysseusUnd Amphimedon traf Telemachos, aber der Sauhirt |
285 | Polybos; und Ktesippos durchbohrte der Hirte der RinderMit der Lanze die Brust, und sprach die höhnenden Worte: O Polytherses' Sohn, du Spötter! rede nicht ferner, |
290 | Nimm dies Ehrengeschenk für den Kuhfuß, welchen du neulichGabst dem edlen Odysseus, der bettelnd im Saale herumging! Also sprach der Hirte der Rinder. Aber Odysseus |
295 | Seinen Speer durch den Bauch, daß hinten die Spitze hervordrang:Vorwärts fiel er dahin, und schlug mit der Stirne den Boden. Aber Athene erhub an der Decke den leuchtenden dunkeln |
300 | Welche auf grasichter Weide die rasche Bremse verfolget,Im anmutigen Lenz, wenn die Tage heiter und lang sind.Schießen; sie flattern voll Angst aus den Wolken herab auf die Felder, |
305 | Doch die verfolgenden Stößer ereilen sie würgend; da gilt nichtStreiten oder Entfliehn; es freun sich die Menschen des Schauspiels:Tönte das Jammergeschrei, und Blut floß über den Boden. |
310 |
Und nun eilte Leiodes, umschlang Odysseus die Kniee, Flehend umfass' ich dein Knie: erbarme dich meiner, Odysseus! |
315 | Andere Freier gewarnt, wenn einer dergleichen verübte.Aber sie folgten mir nicht, die Hand vom Bösen zu wenden:Sterben wie sie; so ist ja des Guten keine Vergeltung! |
320 |
Zürnend schaute auf ihn und sprach der weise Odysseus: |
325 | Darum wünsche nur nicht den schrecklichen Tod zu vermeiden!
Als er dieses gesagt, da nahm er mit nervichter Rechte |
330 | Aber Terpios' Sohn entrann dem schwarzen Verhängnis,Phemios, der bei den Freiern gezwungen wurde zu singen.Ob er heimlich entflöh, und an des großen Kronions |
335 | Schönem Altar auf dem Hofe sich setzte, auf welchem LaertesUnd Odysseus die Lenden so vieler Stiere geopfert;Flehend die Kniee zu rühren des göttergleichen Odysseus. |
340 | Und er setzte zur Erden die schöngewölbete Harfe,Zwischen dem großen Kelch und dem silberbeschlagenen Sessel; Flehend umfass' ich dein Knie; erbarme dich meiner, Odysseus! |
345 | Töte mich nicht! Du würdest hinfort es selber bereuen,Wenn du den Sänger erschlügst, der Göttern und Menschen gesungen!Dir zu singen! Drum haue mir nicht mit dem Schwerte das Haupt ab! |
350 | Siehe dein lieber Sohn Telemachos kann es bezeugen,Daß ich nie freiwillig und wegen schnödes Gewinstes Also sprach er. Ihn hörte Telemachos' heilige Stärke, |
355 | Eilte hinzu, und sprach zu seinem Vater Odysseus:
Halt, verwunde nicht diesen; er ist unschuldig, mein Vater! |
360 | Oder du selber ihn trafst, den Saal mit Rache durchstürmend!
Also sprach er; ihn hörte der gute verständige Medon: |
365 | Sprang zu Telemachos hin, umschlang die Kniee des Jünglings,Jammerte laut um Erbarmen, und sprach die geflügelten Worte: Lieber, da bin ich selbst! O schone, und bitte den Vater, |
370 | Ihm verschwelgten, und dich mit törichtem Herzen entehrten!
Lächelnd erwiderte drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
375 | Aber geht aus dem Saal, und setzt euch aus dem GewürgeDraußen im Hofe, du selbst und der liederkundige Sänger; Also sprach er. Da gingen sie schnell aus dem blutigen Saale, |
380 | Nieder, und blickten umher, den Tod noch immer erwartend.
Jetzo schaute Odysseus umher im Saale, ob irgend |
385 | Aus dem bläulichen Meer ans hohle FelsengestadeIm vielmaschichten Netz aufzogen; nun liegen sie, lechzendAlso lagen im Saale die Freier Haufen bei Haufen. |
390 | Und zu Telemachos sprach der erfindungsreiche Odysseus:
Auf, Telemachos, rufe die Pflegerin Eurykleia; Sprach's; und Telemachos eilte, wie ihm sein Vater befohlen, |
395 |
Eile geschwinde hieher, du alte redliche Mutter, Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde. |
400 | Ging sie hinaus, und folgte Telemachos, welcher sie führte.Und sie fanden Odysseus, umringt von erschlagenen Leichen,Seine zottichte Brust, und beide Backen des Würgers |
405 | Triefen von schwarzem Blut, und fürchterlich glühn ihm die Augen:Also war auch Odysseus an Händen und Füßen besudelt.Aber Odysseus hielt sie, und zähmt' ihr lautes Entzücken; |
410 | Und er redte sie an, und sprach die geflügelten Worte:
Freue dich, Mutter, im Herzen; doch halte dich, daß du nicht frohlockst! |
415 | Vornehm oder geringe, wer auch um Erbarmen sie ansprach.Darum traf die Frevler das schreckliche Todesverhängnis. Ihm antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
420 | Gerne will ich dir, Sohn, die lautere Wahrheit verkünden,Fünfzig sind der Weiber in deinem hohen Palaste,Aber zwölfe verüben die unverschämtesten Greuel, |
425 | Und verachten mich ganz, ja selber Penelopeia.Zwar seit kurzem erwuchs Telemachos; aber die MutterBotschaft; eben erquickt sie ein Gott mit lieblichem Schlummer. |
430 |
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: Also sprach er; da ging die Pflegerin aus dem Gemache, |
435 | Aber Telemachos und die beiden trefflichen HirtenRief er zu sich heran, und sprach die geflügelten Worte: Traget jetzo die Toten hinaus, und befehlt es den Weibern; |
440 | Aber sobald ihr alles umher im Saale geordnet,Führt die Weiber hinaus vor die schöngebauete Wohnung,Seelen entfliehn, und vergessen der ungebändigten Lüste, |
445 | Welche sie oft gebüßt, in geheimer Umarmung der Freier.
Also sprach er; da kamen die Weiber alle bei Haufen |
450 | Legten übereinander sie hin; es trieb sie OdysseusHurtig zu eilen, und traurig vollendeten jene die Arbeit.Aber Telemachos, der Rinderhirt und der Sauhirt |
455 | Säuberten eilig mit Schaufeln des schönen gewölbeten SaalesEstrich; den Unrat trugen die Mägde hinaus vor die Türe.Zwischen das Küchengewölb' und die feste Mauer des Hofes, |
460 | Trieben sie dort in die Enge, wo nirgends ein Weg zum Entfliehn war.Und der verständige Jüngling Telemachos sprach zu den Hirten: Wahrlich den reinen Tod des Schwertes sollen die Weiber |
465 |
Sprach's; da band er ein Seil des blaugeschnäbelten Schiffes |
470 | Müde eilten sie heim, und finden ein trauriges Lager:Also hingen sie dort mit den Häuptern nebeneinander, Jetzo holten sie auch den Ziegenhirten Melantheus; |
475 | Und sie schnitten ihm Nas' und Ohren mit grausamem ErzeAb, entrissen und warfen die blutige Scham vor die Hunde, Und nun wuschen sie sich die Händ' und Füße, und gingen |
480 | Aber Odysseus sprach zu der Pflegerin Eurykleia:
Alte, bringe mir Feuer und fluchabwendenden Schwefel, |
485 |
Ihm antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
490 |
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: Also sprach er. Da eilte die Pflegerin Eurykleia; |
495 |
Und die Alte stieg aus Odysseus' prächtiger Wohnung, |
500 | Küßten und drückten die Hände mit Inbrunst. Aber Odysseus Weint' und schluchzte vor Freude; sein Herz erkannte noch alle. |
Dreiundzwanzigster Gesang
Penelopeia, von der Pflegerin gerufen, geht mißtrauisch in den Saal. Odysseus gebeut den Seinigen Reigentanz, um die Ithaker zu täuschen. Er selbst, vom Bade verschönert, rechtfertigt sich der Gemahlin durch ein Geheimnis. Die Neuverbundenen erzählen vor dem Schlafe sich ihre Leiden. Am Morgen befiehlt Odysseus der Gemahlin sich einzuschließen, und geht mit dem Sohn und den Hirten zu Laertes hinaus.
Aber das Mütterchen stieg frohlockend empor in den Söller,Um der Fürstin zu melden, ihr lieber Gemahl sei zu Hause:Und sie trat zu dem Haupte der schlafenden Fürstin, und sagte: |
|
5 |
Wach auf, Penelopeia, geliebte Tochter, und schau es |
10 |
Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
15 | Warum spottest du meiner, die so schon herzlich betrübt ist,Und verkündest mir Lügen, und weckst mich vom lieblichen Schlummer,Troja zu sehn, die verwünschte, die keiner nennet ohn' Abscheu! |
20 | Aber nun steige hinab, und geh in die untere Wohnung!Hätte mir eine der andern, so viel auch Weiber mir dienen,Heimgesandt in den Saal! Dich rettet diesmal dein Alter! |
25 |
Ihr antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
30 | Aber mit weisem Bedacht verschwieg er des Vaters Geheimnis,Bis er den Übermut der stolzen Männer bestrafet. Also sprach sie; und freudig entsprang die Fürstin dem Lager, |
35 |
Liebes Mütterchen, sage mir doch die lautere Wahrheit! Ihr antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
40 | Weder gesehn hab' ich's, noch sonst erfahren, ich hörteBloß der Erschlagnen Geächz. Denn hinten in unserer WohnungRief, denn diesen hatte sein Vater gesandt, mich zu rufen. |
45 | Und nun fand ich Odysseus, umringt von erschlagenen Leichen,Stehn, die hochgehäuft, das schöngepflasterte EstrichJetzo liegen sie alle gehäuft an der Pforte des Hofes; |
50 | Und er reinigt mit Schwefel bei angezündetem FeuerSeinen prächtigen Saal; und sendet mich her, dich zu rufen.Nun ist ja endlich geschehn, was ihr so lange gewünscht habt: |
55 | Lebend kehret er heim zum Vaterherde, und findetDich und den Sohn im Palast; und alle, die ihn beleidigt, Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
60 | Ach, du weißt ja, wie herzlich erwünscht er allen im HauseKäme, vor allen mir, und unserm einzigen Sohne!Durch die Greuel gereizt, und die seelenkränkende Bosheit! |
65 | Denn sie ehrten ja keinen von allen Erdbewohnern,Vornehm' oder geringe, wer auch um Erbarmen sie ansprach: Ihr antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
70 | Welche Rede, mein Kind, ist deinen Lippen entflohen!Dein Gemahl, der schon unten am Herde sitzt, der kehretDie ein Eber ihm einst mit weißem Zahne gehauen. |
75 | Beim Fußwaschen nahm ich sie wahr, und wollt' es dir selberSagen; allein er faßte mir schnell mit der Hand an die Gurgel;Hab' ich dir Lügen gesagt, des kläglichsten Todes zu sterben. |
80 |
Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
85 |
Also sprach sie, und stieg hinab. Der Gehenden Herz schlug, |
90 | Gegenüber, sich hin. An einer ragenden SäuleSaß er, die Augen gesenkt, und wartete, was sie ihm sagenJetzo glaubte sie schon sein Angesicht zu erkennen, |
95 | Jetzo verkannte sie ihn in seiner häßlichen Kleidung.Aber Telemachos sprach unwillig zu Penelopeia: Mutter, du böse Mutter, von unempfindlicher Seele! |
100 | Keine andere Frau wird sich von ihrem GemahleSo halsstarrig entfernen, der nach unendlicher Trübsal Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
105 | Lieber Sohn, mein Geist ist ganz in Erstaunen verloren;,Und ich vermag kein Wort zu reden, oder zu fragen,Uns einander gewiß noch besser erkennen: wir haben |
110 | Unsre geheimen Zeichen, die keinem andern bekannt sind.
Sprach's; da lächelte sanft der herrliche Dulder Odysseus, O Telemachos, laß die Mutter, so lange sie Lust hat, |
115 | Weil ich so häßlich bin, und mit schlechten Lumpen bekleidet,Darum verachtet sie mich, und glaubt, ich sei es nicht selber,Welcher, arm und geringe, nicht viele Rächer zurückläßt; |
120 | Flüchtet er doch, und verläßt die Heimat und seine Verwandten:Und wir erschlugen die Stütze der Stadt, der edelsten Männer Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
125 | Unter den Menschen berühmt durch deine Weisheit, und niemandWagt es sich dir zu vergleichen von allen Erdebewohnern! Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
130 | Nun so will ich denn sagen, was mir das Beste zu sein dünkt.Geht nun erstlich ins Bad, und schmückt euch mit festlichem Leibrock;Melodien, und beflügle den fröhlichhüpfenden Reigen: |
135 | Daß die Nachbarn umher, und die auf der Gasse vorbeigehn,Sagen, wann sie es hören, man feire der Königin Hochzeit;Fern auf dem Land' erreicht. Dort wollen wir ferner bedenken, |
140 | Welchen nützlichen Rat uns Zeus der Olympier eingibt.
Also sprach er. Sie hörten ihm alle mit Fleiß und gehorchten: |
145 | Alle zum süßen Gesang und schönnachahmenden Tanze:Daß der hohe Palast ringsum von dem stampfenden Fußtritt Wahrlich ein Freier macht mit der schönen Königin Hochzeit! |
150 | Konnte die böse Frau nicht ihres ersten GemahlesHohen Palast bewahren, bis er aus der Fremde zurückkehrt? Also sprechen die Leute, und wußten nicht, was geschehn war. |
155 | Und umhüllt' ihm darauf den prächtigen Mantel und Leibrock.Siehe sein Haupt umstrahlt' Athene mit göttlicher Anmut,Also umgießt ein Mann mit feinem Golde das Silber, |
160 | Welchen Hephästos selbst und Pallas Athene die WeisheitVieler Künste gelehrt, und bildet reizende Werke:Kam, und setzte sich wieder auf seinem verlassenen Sessel, |
165 | Gegenüber dem Sitz der edlen Gemahlin, und sagte:
Wnnderliche, gewiß vor allen Weibern der Erde |
170 | Endlich im zwanzigsten Jahre zum Vaterlande zurückkehrt!Aber bereite mein Bett, o Mütterchen, daß ich allein mich Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
175 | Oder Befremden zurück; ich weiß recht gut, wie du aussahst,Als du von Ithaka fuhrst im langberuderten Schiffe.Setzt das zierliche Bette hinaus, und leget zum Ruhen |
180 | Wollichte Felle hinein, und prächtige Decken und Mäntel. |
Also sprach sie zum Schein, den Gemahl zu versuchen. Doch zürnendWandte sich jetzt Odysseus zu seiner edlen Gemahlin: Wahrlich, o Frau, dies Wort hat meine Seele verwundet! |
|
185 | Selbst der erfahrenste Mann; wo nicht der Unsterblichen einerDurch sein allmächtiges Wort es leicht von der Stelle versetzte:War an dem künstlichen Bett; und ich selber baut' es, kein andrer! |
190 | Innerhalb des Gehegs war ein weitumschattender Ölbaum,Stark und blühendes Wuchses; der Stamm glich Säulen an Dicke.Und verschloß die Pforte mit festeinfugenden Flügeln. |
195 | Hierauf kappt' ich die Äste des weitumschattenden Ölbaums,Und behaute den Stamm an der Wurzel, glättet' ihn ringsumFügete Bohlen daran, und baute das zierliche Bette, |
200 | Welches mit Gold und Silber und Elfenbeine geschmückt war;Und durchzog es mit Riemen von purpurfarbener Stierhaut.Schon den Fuß von der Wurzel gehaun, und das Bette versetzt hat. |
205 |
Also sprach er. Der Fürstin erzitterten Herz und Kniee, Sei mir nicht bös, Odysseus! Du warst ja immer ein guter |
210 | Und verständigen Mann! Die Götter gaben uns Elend;Denn zu groß war das Glück, daß wir beisammen in EintrachtDaß ich, Geliebter, dich nicht beim ersten Blicke bewillkommt! |
215 | Siehe, mein armes Herz war immer in Sorgen, es möchteIrgend ein Sterblicher kommen, und mich mit täuschenden WortenHelena, Tochter von Zeus, zur heimlichen Liebe verleitet; |
220 | Hätte sie vorbedacht, daß die kriegrischen Söhne AchaiasWürden mit Feuer und Schwert sie zurück aus Ilion fodern.Schreckengericht, das auch uns so vielen Jammer gebracht hat! |
225 | Jetzo, da du, Geliebter, mir so umständlich die ZeichenUnserer Kammer nennst, die doch kein Sterblicher sahe,Die uns beiden die Pforte bewahrt des festen Gemaches: |
230 | Jetzo besiegst du mein Herz, und alle Zweifel verschwinden.
Also sprach sie. Da schwoll ihm sein Herz von inniger Wehmut: |
235 | Mitten im Meere durch Sturm und geschwollene Fluten zerschmettert;Wenige nur entflohn dem dunkelwogenden Abgrund,So erfreulich war ihr der Anblick ihres Gemahles; |
240 | Und fest hielt sie den Hals mit weißen Armen umschlungen.Und sie hätten vielleicht bis zur Morgenröte gejammert;An des Oceans Fluten die goldenthronende Eos: |
245 | Und noch spannte sie nicht die schnellen leuchtenden RosseLampos und Phäton an, das Licht den Menschen zu bringen. Liebes Weib, noch haben wir nicht der furchtbaren Kämpfe |
250 | Viel und gefahrenvoll, und alle muß ich vollenden!Also verkündigte mir des großen Teiresias' Seele,Aber nun laß uns, Frau, zu Bette gehen: damit uns |
255 | Beide jetzo die Ruhe des süßen Schlafes erquicke.
Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
260 | Aber weil dich ein Gott daran erinnert, mein Lieber,Sage mir auch den Kampf! Ich muß ihn, denk' ich, doch einmal Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
265 | Sage? Ich will es dir denn verkünden, und nichts dir verhehlen.Freilich wird sich darob dein Herz nicht freuen; ich selberImmerfort, bis ich komme zu Menschen, welche das Meer nicht |
270 | Kennen, und keine Speise gewürzt mit Salze genießen,Welchen auch Kenntnis fehlt von rotgeschnäbelten Schiffen,Wenn ein Wanderer einst, der mir in der Fremde begegnet, |
275 | Sagt, ich trag' eine Schaufel auf meiner rüstigen Schulter;Dann soll ich dort in die Erde das schöngeglättete RuderDrauf zur Heimat kehren, und opfern heilige Gaben |
280 | Allen unsterblichen Göttern, des weiten Himmels Bewohnern,Nach der Reihe herum. Zuletzt wird außer dem MeereFroh und glücklich sind. Dies hat mir der Seher verkündet. |
285 |
Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: Also besprachen diese sich jetzo untereinander. |
290 | Weiche Gewande zum Lager, beim Scheine leuchtender Fackeln.Und nachdem sie in Eile das warme Lager gebettet,Zu dem bereiteten Lager, und trug die leuchtende Fackel; |
295 | Als sie die Kammer erreicht, enteilte sie. Jene bestiegenFreudig ihr altes Lager, der keuschen Liebe geheiligt. Aber Telemachos, der Rinderhirt und der Sauhirt |
300 |
Jene, nachdem sie die Fülle der seligen Liebe gekostet, |
305 | Scharenweise geschlachtet, und frech im Weine geschwelget.Dann erzählte der Held, wie vielen Jammer er andernSank auf die Augenlider, bevor er alles erzählet. |
310 |
Und er begann, wie er erst die Kikonen bezwungen, und hierauf |
315 | Ausgerüstet; allein die Stunde der fröhlichen HeimkehrWar noch nicht; denn er trieb, von dem wilden Orkane geschleudert,Wo er die rüstigen Schiffe und schöngeharnischten Freunde |
320 | Alle verlor; nur er selber entrann mit dem schwärzlichen Schiffe.Auch von Kirkes Betrug und Zauberkünsten erzählt' er;Im vielrudrigen Schiff, und alle Freunde gesehen, |
325 | Auch die Mutter, die ihn gebar und als Knaben ernährte.Wie er dann den Gesang der holden Sirenen gehöret;Dann, wie seine Gefährten die Sonnenrinder geschlachtet; |
330 | Und wie sein rüstiges Schiff der Gott hochrollender DonnerZeus mit dem Blitze zerschmettert; es sanken die tapfern GenossenDie ihn so lang aufhielt in ihrer gewölbeten Grotte, |
335 | Und zum Gemahl ihn begehrte: sie reicht' ihm Nahrung und sagteIhm Unsterblichkeit zu und nimmerverblühende Jugend;Welche von Herzen ihn hoch, wie einen Unsterblichen, ehrten, |
340 | Und ihn sandten im Schiffe zur lieben heimischen Insel,Reichlich mit Erz und Golde beschenkt und prächtigen Kleidern. Aber ein Neues ersann die heilige Pallas Athene: |
345 | Als sie glaubte, der Held Odysseus habe nun endlichSeine Seele in Lieb' und süßem Schlafe gesättigt;Sprang vom schwellenden Lager, und sprach zu seiner Gemahlin: |
350 |
Frau, wir haben bisher der Leiden volle Genüge |
355 | Sorge du für die Güter, die mir im Palaste geblieben;Aber die Rinder und Schafe, die mir die Freier verschwelget,Jetzo geh' ich hinaus, den guten Vater Laertes |
360 | Auf dem Lande zu sehn, der mich so herzlich bejammert.Dir befehl' ich, o Frau; zwar bist du selber verständig:Darum steig' in den Söller, und sitze dort unter den Weibern |
365 | Ruhig; siehe nach keinem dich um, und rede mit keinem.
Also sprach er, und panzerte sich mit schimmernder Rüstung, |
370 | Schlossen die Pforte dann auf, und gingen, geführt von Odysseus.Schon umschimmerte Licht die Erde. Doch Pallas AtheneFührte sie schnell aus der Stadt, mit dichtem Nebel umhüllet. |
Vierundzwanzigster Gesang
Die Seelen der Freier finden in der Unterwelt den Achilleus mit Agamemnon sich unterredend: jener, der ruhmvoll vor Troja starb, sei glücklich vor diesem, der heimkehrend ermordet ward. Agamemnon, dem Amphimedon das Geschehene nach seiner Vorstellung erzählt, preiset die Glückseligkeit des siegreich heimkehrenden Odysseus. Dieser indes entdeckt sich dem Vater Laertes mit schonender Vorsicht, und wird beim Mahle von Dolios und dessen Söhnen erkannt. Eupeithes, des Antinoos' Vater, erregt einen Aufruhr, der nach kurzem Kampfe durch Athene gestillt wird.
Aber Hermes, der Gott von Kyllene, nahte sich jetzo,Rief den Seelen der Freier, und hielt in der Rechten den schönenZuschließt, welcher er will, und wieder vorn Schlummer erwecket: |
|
5 | Hiermit scheucht' er sie fort, und schwirrend folgten die Seelen.So wie die Fledermäus' im Winkel der graulichen HöhleAlso schwirrten die Seelen, und folgten in drängendem Zuge |
10 | Hermes, dem Retter in Not, durch dumpfe schimmlichte Pfade.Und sie gingen des Oceans Flut, den leukadischen Felsen,Wo die Seelen wohnen, die Luftgebilde der Toten. |
15 |
Und sie fanden die Seele des Peleiden Achilleus, |
20 | Eben kam auch die Seele von Atreus' Sohn AgamemnonTraurend daher, umringt von anderen Seelen, die mit ihm, Atreus' Sohn, wir dachten, der donnerfrohe Kronion |
25 | Hätte dich unter den Helden auf immer zum Liebling erkoren;Weil du das große Heer der tapfersten Sieger beherrschtest,Treffen, welchem kein Mensch, vom Weibe geboren, entfliehet. |
30 | Hättest du doch, umringt von den glänzenden Ehren der Herrschaft,Dort im Lande der Troer, das Ziel des Todes erreichet!Aber es war dein Los, des traurigsten Todes zu sterben! |
35 |
Ihm antwortete drauf die Seele des großen Atreiden: |
40 | Groß, weithingestreckt, ausruhend vom Wagengetümmel!Aber wir kämpften den ganzen Tag, und kämpften noch immerWuschen den schönen Leib mit lauem Wasser, und legten |
45 | Ihn mit Balsam gesalbt auf prächtige Betten; und ringsumWeinten und jammerten laut die Achaier, und schoren ihr Haupthaar.Hallte die Flut: und Entsetzen ergriff das Heer der Achaier. |
50 | Zitternd wären sie schnell zu den hohlen Schiffen geflohen;Aber es hielt sie der Mann von alter und großer Erfahrung, Haltet ein, Argeier, und flieht nicht, Söhne Achaias! |
55 | Dies ist seine Mutter mit ihren unsterblichen Nymphen,Welche dem Meer entsteigt, den toten Sohn zu bejammern! Also sprach er, und hemmte die Flucht der edlen Achaier. |
60 | Gegeneinander sangen mit schöner Stimme die MusenAlle neun, und weinten: da siehe man keinen ArgeierDeinen Tod, der Unsterblichen Chor und die sterblichen Menschen. |
65 | Am achtzehnten verbrannten wir dich, und schlachteten ringsumViele gemästete Schaf' und krummgehörnete Rinder.Helden Achaias rannten gerüstet, zu Fuß und zu Wagen, |
70 | Rings um das lodernde Feuer; es stieg ein lautes Getös auf.Als dich Hephästos' Flamme verzehrt; da gossen wir morgensAber die Mutter brachte die goldne gehenkelte Urne, |
75 | Dionysos' Geschenk, und ein Werk des berühmten Hephästos.Hierin ruht dein weißes Gebein, ruhmvoller Achilleus,Anderen Freunden ehrtest, nach deinem geliebten Patroklos. |
80 | Und das heilige Heer der sieggewohnten AchaierHäufte darüber ein großes und weitbewundertes DenkmalSähen, die jetzo leben, und spät in kommenden Jahren. |
85 | Aber die Mutter bracht' auf den Kampfplatz köstliche Preise,Von den Göttern erfleht, für die Tapfersten aller Achaier.Zum Wettkampfe sich gürten um manches schimmernde Kleinod; |
90 | Dennoch hättest du dort mit tiefem Erstaunen betrachtet,Welche köstliche Preise die silberfüßige ThetisGlänzet bei allen Menschen dein großer Namen, Achilleus. |
95 | Aber was frommte mir des rühmlichen Krieges Vollendung?Selbst bei der Heimkehr weihte mich Zeus dem schrecklichsten Tode Also besprachen sich diese jetzo untereinander, |
100 | Und ihm folgte zur Tiefe die Schar der erschlagenen Freier.Voll Verwunderung gingen die Könige ihnen entgegen.Welcher sein Gastfreund war in Ithakas felsichtem Eiland. |
105 | Zu dem Kommenden sprach die Seele des großen Atreiden:
Was, Amphimedon, führt euch ins unterirdische Dunkel? |
110 | Da er den wilden Orkan und die steigenden Wogen empörte?Oder ermordeten euch auf dem Lande feindliche Männer,Lieber, sage mir dies; ich war ja im Leben dein Gastfreund. |
115 | Weißt du nicht mehr, wie ihr mich in eurem Hause bewirtet,Als ich Odysseus ermahnte, dem göttlichen MenelaosUnd beredeten kaum den Städteverwüster Odysseus. |
120 |
Also sprach er; ihm gab Amphinomos' Seele zur Antwort: |
125 | Nimmer versagte sie uns, und vollendete nimmer die Hochzeit,Heimlich uns allen den Tod und das schwarze Verhängnis bereitend.Übergroßes Geweb', und sprach zu unsrer Versammlung: |
130 | Jünglinge, die ihr mich liebt, nach dem Tode des edlen Odysseus!Dringt auf meine Vermählung nicht eher, bis ich den MantelWenn ihn die finstre Stunde mit Todesschlummer umschattet: |
135 | Daß nicht irgend im Lande mich eine Achaierin tadle,Läg' er uneingekleidet, der einst so vieles beherrschte.Aber des Nachts, dann trennte sie's auf, beim Scheine der Fackeln. |
140 | Also täuschte sie uns drei Jahr' und betrog die Achaier.Als nun das vierte Jahr im Geleite der Horen herankam,Und wir fanden sie selbst bei der Trennung des schönen Gewebes. |
145 | Also mußte sie's nun, auch wider Willen, vollenden.Als sie den großen Mantel gewirkt und sauber gewaschen,Draußen zum Meierhof, den der Schweine Hüter bewohnte. |
150 | Dorthin kam auch der Sohn des göttergleichen Odysseus,Der von der sandigen Pylos im schwarzen Schiffe zurückfuhr.War der letzte, sein Sohn Telemachos kam zuerst an. |
155 | Aber der Sauhirt führte den schlechtgekleideten König,Der, wie ein alter Mann und mühebeladener Bettler,Für Odysseus erkennen, auch selbst von den Ältesten keiner; |
160 | Sondern alle verspotteten wir und warfen den Fremdling.Und Odysseus ertrug zuerst in seinem PalasteNahm er mit seinem Sohn aus dem Saale die zierliche Rüstung, |
165 | Trug sie hinauf in den Söller, und schloß die Pforte mit Riegeln;Ging dann hin, und befahl arglistig seiner Gemahlin,Aber es konnte von uns nicht einer des mächtigen Bogens |
170 | Senne spannen; zu sehr gebrach es allen an Stärke.Doch wie der Sauhirt jetzo den großen Bogen OdysseusAber Telemachos rief, und befahl ihm, weiter zu gehen. |
175 | Und nun nahm er den Bogen, der herrliche Dulder Odysseus,Spannt' ihn ohne Bemühn, und schnellte den Pfeil durch die Äxte,Und nun flog auf die andere des scharf hinzielenden Königs |
180 | Schreckliches Todesgeschoß; und Haufen sanken bei Haufen.Und man erkannte leicht; daß ihnen ein Himmlischer beistand.Tönte das Jammergeschrei, und Blut floß über den Boden. |
185 | Also kamen wir um, Agamemnon, und unsere LeiberLiegen noch unbestattet im Hause des edlen Odysseus.Unsere Bahr' umringen: die letzte Ehre der Toten! |
190 | Ihm antwortete drauf die Seele des großen Atreiden:Glücklicher Sohn Laertes, erfindungsreicher Odysseus,Penelopeia! Wie treu die Edle dem Manne der Jugend, |
195 | Ihrem Odysseus, blieb! O nimmer verschwindet der NachruhmIhrer Tugend; die Götter verewigen unter den MenschenWelche den Mann der Jugend erschlug, und ein ewiges Schandlied |
200 | Unter den Sterblichen ist; denn sie hat auf immer der WeiberNamen entehrt, wenn eine sich auch des Guten befleißigt! Also besprachen sich jetzo die Luftgebilde der Toten, Jene gingen den Weg von der Stadt hinunter, und kamen |
205 | Bald zu dem wohlbestellten und schönen Hofe Laertes',Welchen er selber vordem durch Heldentaten erworben.Hier die nötigen Knechte, die seine Geschäfte bestellten. |
210 | Auch war dort eine alte Sikelerin, welche des GreisesFern von der Stadt auf dem Lande mit treuer Sorge sich annahm. Geht ihr jetzo hinein in die schöngebauete Wohnung, |
215 | Ich will indes hingehen, um unsern Vater zu prüfen:Ob er mich wohl noch kennt, wenn seine Augen mich sehen; Also sprach er, und gab den Hirten die kriegrische Rüstung. |
220 | Eilte zu seinem Vater im obstbeladenen Fruchthain.Und er fand, da er eilig den langen Garten hinabging,Zu des Gartens Geheg', und der alte Mann war ihr Führer. |
225 | Nur Laertes fand er im schöngeordneten Fruchthain.Um ein Bäumchen die Erd' auflockern. Ein schmutziger LeibrockUnd Handschuhe die Hände der Disteln wegen; die Scheitel |
230 | Eine Kappe von Ziegenfell: so traurte sein Vater.Als er ihn jetzo erblickte, der herrliche Dulder Odysseus,Dann bedacht' er sich hin und her, mit wankendem Vorsatz: |
235 | Ob er ihn küssend umarmte, den lieben Vater, und allesSagte, wie er nun endlich zur Heimat wiedergekehrt sei;Erst mit sanftem Tadel des Vaters Seele zu prüfen. |
240 | Dieses beschloß Odysseus, und eilte hin zu Laertes,Der, mit gesenktem Haupte, des Baumes Wurzel umhackte; Alter, es fehlet dir nicht an Kunst den Garten zu bauen! |
245 | Keine Rebe vermißt, kein Ölbaum, Feigen- und Birnbaum,Keines der Beet' im Garten vermißt die gehörige Pflege!Schwach vor Alter, und schmutzig dabei, und häßlich bekleidet! |
250 | Wegen der Faulheit gewiß kann dich dein Herr nicht versäumen!Selbst der Gedank' an Knechtschaft verschwindet einem BetrachterSanft zur Ruhe zu legen; denn das ist die Pflege der Alten. |
255 | Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit:Welcher Mann ist dein Herr, und wessen Garten besorgst du?Sagte, welchem ich eben begegnete, als ich hieher ging? |
260 | Aber der Mann war nicht so artig, mir alles zu sagen,Oder auf meine Frage zu achten, wegen des Gastfreunds,Denn ich sage dir an; merk auf, und höre die Worte: |
265 | Einen Mann hab' ich einst im Vaterlande bewirtet,Welcher mein Haus besuchte; so viel ich auch Fremde beherbergt,Und Arkeisios' Sohn Laertes wäre sein Vater. |
270 | Und ich führte den werten Gast in unsere Wohnung.Freundlich bewirtet' ich ihn von des Hauses reichlichem Vorrat,Einen silberner Kelch mit schönerhobenen Blumen; |
275 | Feiner Teppiche zwölf, und zwölf der einfachen Mäntel;Zwölf Leibröcke dazu, mit prächtigen Purpurgewanden; Ihm antwortete drauf sein Vater, Tränen vergießend: |
280 | Fremdling, du bist gewiß in dem Lande, nach welchem du fragest!Aber hier wohnen freche und übermütige Männer!Dann entließ er gewiß dich reichlich wiederbeschenket |
285 | Und anständig bewirtet; denn Pflicht ist des Guten Vergeltung.Aber verkündige mir, und sage die lautete Wahrheit.Armer Sohn, den fern von der Heimat und seinen Geliebten |
290 | Schon die Fische des Meeres verzehreten, oder zu LandeVögel und Tiere zerrissen! Ihn hat die liebende MutterSchluchzend am Sterbebette des lieben Gemahles gejammert, |
295 | Und ihm die Augen geschlossen: die letzte Ehre der Toten!Auch verkündige mir aufrichtig, damit ich es wisse:Brachte? Kamst du vielleicht in einem gedungenen Schiffe, |
300 | Und die Schiffer setzten dich aus, und fuhren dann weiter?
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
305 | Und mein Namen ist Eperitos. Aber ein DämonTrieb mich durch Stürme hieher, als ich gen Sikania steurte.Wieder von dannen fuhr, und Alybas' Ufer zurückließ. |
310 | Armer Freund! Und ihm flogen doch heilweissagende Vögel,Als er zu Schiffe ging: drum sah ich freudig ihn scheiden, Sprach's; und den Vater umhüllte die schwarze Wolke des Kummers. |
315 | Siehe, er nahm mit den Händen des dürren Staubes, und streut' ihnÜber sein graues Haupt, und weint' und jammerte herzlich.Küssend sprang er hinzu mit umschlingenden Armen, und sagte: |
320 |
Vater, ich bin es selbst, mein Vater, nach welchem du fragest, |
325 | Und ihr Trotzen bestraft und die seelenkränkenden Greuel!
Ihm antwortete drauf sein alter Vater Laertes: Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
330 | Erstlich betrachte hier mit deinen Augen die Narbe,Die ein Eber mir einst mit weißem Zahne gehauen,Die mir bei der Geburt ihr besuchender Vater verheißen. |
335 | Jetzo will ich dir auch die Bäume des lieblichen FruchthainsNennen, die du mir einst auf meine Bitte geschenkt hast;Dreizehn Bäume mit Birnen, und zehn voll rötlicher Äpfel |
340 | Schenktest du mir, und vierzig der Feigenbäume; und nanntestFünfzig Rebengeländer mit lauter fruchtbaren Stöcken, Also sprach er; und jenem erzitterten Herz und Kniee, |
345 | Als er die Zeichen erkannte, die ihm Odysseus verkündet.Seinen geliebtesten Sohn umarmend, sank er in OhnmachtDa erhub er die Stimme, und rief mit lautem Entzücken: |
350 |
Vater Zeus! ja noch lebt ihr Götter im hohen Olympos, |
355 |
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
360 |
Also besprachen sie sich, und gingen zur prächtigen Wohnung. |
365 | Badete jetzo die treue Sikelerin, salbte mit Öl ihn,Und umhüllt' ihn dann mit dem prächtigen Mantel; AtheneUnd er stieg aus dem Bade. Mit Staunen erblickte der Sohn ihn, |
370 | Wie er gleich an Gestalt den unsterblichen Göttern einherging.Und er redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte: Wahrlich, o Vater, es hat ein unsterblicher Gott des Olympos |
Und der verständige Greis Laertes sagte dagegen: | |
375 | Wollte doch Vater Zeus, Athene und Phöbos Apollon,Daß ich so, wie ich einst, am Vorgebirge der Feste,Um die Schultern gepanzert, zur Seite hätte gestritten |
380 | Gegen der Freier Schar! Dann hätt' ich ihrer wohl manchenHingestreckt in den Saal, und dein Herz im Busen erfreuet! Also besprachen diese sich jetzo untereinander. |
385 | Und erhoben die Hände zum Essen. Siehe da nahteDolios sich, der Greis, und Dolios' Söhne: sie kamenUnd sorgfältig des Greises in seinem Alter sich annahm. |
390 | Diese, sobald sie Odysseus sahn und im Herzen erkannten,Standen still an der Schwell', und stauneten. Aber Odysseus Setze dich, Alter, zu Tisch, und sehet mich nicht so erstaunt an: |
395 | Hier im Saale geharrt, und euch beständig erwartet.
Also sprach er. Da lief mit ausgebreiteten Armen Lieber, kommst du nun endlich nach unserem herzlichen Wunsche. |
400 | Aber ohn' alles Vermuten, und führten dich Götter zur Heimat;Nun so wünsch' ich dir Freude, Gesundheit und Segen der Götter!Daß du zu Hause bist? oder sollen wir's eilig verkünden? |
405 |
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: Also sprach er, und setzte sich hin auf den zierlichen Sessel. |
410 | Setzten sich dann nach der Reihe bei Dolios, ihrem Vater.Also waren sie hier mit dem fröhlichen Schmause beschäftigt. Aber Ossa, die schnelle Verkünderin, eilete ringsum |
415 | Lautwehklagend und lärmend, sich vor dem Palaste des Königs,Trugen die Toten hinaus, und bestatteten jeder den Seinen;Und nun eilten sie alle zum Markte mit großer Betrübnis. |
420 | Als die Versammelten jetzt in geschlossener Reihe sich drängten;Da erhub sich der Held Eupeithes vor den Achaiern,Weinend erhub sich dieser, und redete vor der Versammlung: |
425 |
Freunde, wahrlich ein Großes bereitete jener den Griechen! |
430 | Oder die heilige Elis, die von den Epeiern beherrscht wird;Eilet ihm nach! Sonst werden wir nimmer das Antlitz erheben;Töteten! Ha! ich könnte nicht länger mit fröhlichem Herzen |
435 | Leben! mich förderte bald der Tod in die Schattenbehausung!Auf denn, und eilt; damit sie uns nicht zu Wasser entfliehen! Weinend sprach er's, und rührte die ganze Versammlung zum Mitleid. |
440 | Und sie traten beid' in die Mitte des staunenden Volkes.Und nun sprach zur Versammlung der gute verständige Medon. Hörer mich an, ihr Männer von Ithaka! Wahrlich, Odysseus |
445 | Immer zur Seite stand, in Mentors Bildung gehüllet.Dieser unsterbliche Gott beseelete jetzo den König, Als er es sprach, da ergriff sie alle bleiches Entsetzen. |
450 | Unter ihnen begann der graue Held Halitherses,Mastors Sohn, der allein Zukunft und Vergangenes wahrnahm; Höret mich an, ihr Männer von Ithaka, was ich euch sage! |
455 | Denn ihr gehorchtet mir nicht, noch Mentor dem Hirten der Völker,Daß ihr eurer Söhn' unbändige Herzen bezähmtet,Jenes trefflichen Manns, und wähnten, er kehre nicht wieder. |
460 | Nun ist dieses mein Rat; gehorcht mir, wie ich euch sage:Eilt ihm nicht nach, daß keiner sich selbst das Verderben bereite! Also sprach er. Da stunden die Griechen mit lautem Geschrei auf, |
465 | Folgten. Sie eilten darauf zu ihrer ehernen Rüstung.Und nachdem sie sich alle mit blinkendem Erze gepanzert,Seines Antinoos' Tod zu rächen; aber ihm war nicht |
470 | Heimzukehren bestimmt, sein harrte des Todes Verhängnis.Aber Athene sprach zum Donnerer Zeus Kronion: Unser Vater Kronion, der herrschenden Könige Herrscher, |
475 | Senden? oder beschließest du Freundschaft unter dem Volke?
Ihr antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: |
480 | Tue, wie dir's gefällt; doch will ich das Beste dir sagen.Da der edle Odysseus die Freier jetzo bestraft hat,Aus dem Gedächtnis vertilgen; und beide lieben einander |
485 | Künftig wie vor, und Fried' und Reichtum blühen im Lande!
Also sprach er, und reizte die schon verlangende Göttin: Jene hatten sich nun mit lieblicher Speise gesättigt. |
490 |
Gehe doch einer, und seh, ob unsere Feinde schon annahn. Nahe sind sie uns schon; wir müssen uns eilig bewaffnen! |
495 | Also rief er; da sprangen sie auf, und ergriffen die Rüstung:Vier war Odysseus' Zahl, und sechs von Dolios' Söhnen.Und nachdem sie sich alle mit blinkendem Erze gerüstet; |
500 | Öffneten sie die Pforte, und gingen, geführt von Odysseus.
Jetzo nahte sich Zeus' blauäugichte Tochter Athene, |
505 |
Jetzo wirst du doch sorgen, Telemachos, wenn du dahin kommst: Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
510 | Sehen wirst du es selbst, mein Vater, wenn du es wünschest:Daß dies Herz dein Geschlecht nicht schändet! Wie kannst du das sagen? Also sprach er; da rief mit herzlicher Freude Laertes: |
515 |
Siehe da nahte sich Zeus' blauäugichte Tochter, und sagte: Also sprach die Göttin, und haucht' ihm unsterblichen Mut ein. |
520 | Eilend flehte der Greis zur Tochter des großen Kronions,Schwung dann mutig, und warf die weithinschattende Lanze.Tönend sank er dahin, von der ehernen Rüstung umrasselt. |
525 | Aber Odysseus fiel und Telemachos unter die Feinde,Hauten und stachen mit Schwertern und langgeschafteten Spießen.Pallas Athene rief, und hemmte die streitenden Scharen: |
530 |
Ruht, ihr Ithaker, ruht vom unglückseligen Kriege! Also rief die Göttin; da faßte sie bleiches Entsetzen: |
535 | Und sie wandten sich fliehend zur Stadt, ihr Leben zu retten.Aber fürchterlich schrie der herrliche Dulder Odysseus,Dieser fiel vor Athene, der Tochter des schrecklichen Vaters. |
540 | Und zu Odysseus sprach die heilige Göttin Athene:
Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, Also sprach sie, und freudig gehorcht' Odysseus der Göttin. |
545 | Zwischen ihm und dem Volk erneuete jetzo das BündnisPallas Athene, die Tochter des wetterleuchtenden Gottes,Mentorn gleich in allem, sowohl an Gestalt wie an Stimme. |