„Jeder Mensch ist Kunst“ – Tiefen-Blueprint für Joblin Factory, MEMENTO_MULTIPLES und „WER_IST_KUNST?

Anspruch
Dieser Blueprint entwickelt die Leitidee „Jeder Mensch ist Kunst“ als präzises, wiederholbares und kuratierbares Praxisprogramm – ohne Plattitüden. Jeder Baustein definiert Rahmen, Ereignis, Materialisierung, Dokumentation und Ethik – sodass das Konzept in Schule, Galerie, Stadt und Netz belastbar funktioniert.

0. Grundarchitektur: Rahmen – Ereignis – Memento – Archiv

  1. Rahmen (Frame) – definiert Ort, Zeit, Rolle, Regeln. Ohne Rahmen bleibt „Mensch-als-Werk“ unsichtbar. → Markierungen (Boden, Spiegelrahmen), Label-Templates, Einlass- und Einverständnislogik.
  2. Ereignis (Vollzug) – der Moment, in dem Person, Anderen und Raum interagieren: Blick, Geste, Satz, Übergabe, Pflegehandlung. → präzise Skripte statt „mach mal“.
  3. Memento (Materialisierung) – kleinformatige, wertige Spuren (Karte, Spiegel, Stempel, Audioclip), die den Akt tragfähig erinnern und verbreiten. → MEMENTO_MULTIPLES.
  4. Archiv (Index) – Inventarisierung mit Provenienz, Lizenz, Datenschutz. → Open-Index, Memento-Generator, Liste aller Kunstwerke - Jeder Mensch ist Kunst - Fleisch ist Kunst.

A. Spiegel-, Muskel-, Motiv-Multiples (präzise Formate)

A1. Spiegel-Multiple – Der Blick als Werkzeug der Zuschreibung

  1. Rahmen: Hand- oder Wandspiegel mit gelasertem Passepartout (Mattschwarz, zurückhaltende Typografie), Text: „Jeder Mensch ist Kunst“ + Inventar-ID-Gravur.
  2. Ereignis: Besucher:in tritt in die markierte Spiegel-Zone. Ein*e „Rahmer:in“ spricht einen kuratierten 1-Satz-Impuls (z. B. „Was an dir ist heute Form geworden?“). Stille von 5 Sekunden ist Teil des Rituals.
  3. Memento: Softproof-Foto (hochkant, 4:5) → Memento-Generator erzeugt eine A6-Karte mit Bild, Datum, Ort, 140-Zeichen-Statement, QR auf die Personenseite.
  4. Archiv: Eintrag im Open-Index (Pseudonym-Option, Lizenz CC-BY-NC), Upload von 1 Foto + 1 Text. Kontingent pro Tag: 24 Spiegelungen (Rarität stiftet Wert).
  5. Ethik: Opt-in, Widerruf, „No-Face“-Variante (Hände, Silhouette) und „Text-only“-Option; bei Minderjährigen nur mit schriftlicher Einwilligung.

A2. Muskel-Multiple – Handlung als Skulptur (präzise Skripte)

  1. Rahmen: Karteneditionen in Serien (z. B. M-01 „Rituale des Alltags“, M-02 „Care Acts“, M-03 „Blicke“), je 10 Karten pro Serie.
  2. Ereignis: Jede Karte definiert einen exakten Vollzug (z. B. „Lege jemandem heute wortlos ein Glas Wasser hin und nenne danach ein Wort für das Wertvolle daran“).
  3. Memento: Karte wird rückseitig mit Datum/Ort signiert und gestempelt (Memento-Stamp), optional Foto/Audioclip.
  4. Archiv: Seriennummer → Open-Index; Clusterungen nach Themen für Ausstellungswände („Die stillen Hilfen“, „Wasserhandlungen“).
  5. Ethik: Keine verdeckten Aufnahmen; Respektklausel („Handlungen nur bei Zustimmung der Beteiligten“), „Abbruch jederzeit“-Hinweis.

A3. Motiv-Multiple – Verdichtung einer Eigenschaft in ein wertiges Kleinformat

  1. Rahmen: 9×12 cm-Prints oder Mini-Objekte (Riso, Letterpress, Lasercut), pro Person 3 prototypische Motive (Beruf, Leidenschaft, wiederkehrende Geste).
  2. Ereignis: Kurzgespräch (3 Fragen: „Wofür wirst du gerufen?“, „Was wiederholst du gerne?“, „Was möchtest du bewahren?“) → visuelle Übersetzung.
  3. Memento: 3er-Set, nummeriert, in pergaminem Umschlag mit 200-Zeichen-Text.
  4. Archiv: Motiv-Triptychon als Bildtafel im Open-Index; kuratierbar für Themenschauen.
  5. Ethik: Kein Exotisieren; sensible Symbole nur nach Rücksprache; kulturell respektvolle Bildsprache.

B. Schule & Hochschule – didaktisch elegante Implementierung

B1. Klassen-Labeling – Wöchentliche Mikro-Schauen

  1. Rahmen: Freitags, 20 Min., 3-er-Rotation. Vitrine + zwei Magnetrahmen; Rollen: Rahmer:in, Chronist:in, Hüter:in der Stille.
  2. Ereignis: Jede Person bringt 1 Objekt + 1 Satz. Der „Rahmer“ formuliert das Labelschild (Titel, Medium: „Leben/24 h“, Maße: „Zeit/Raum“, Technik: „Gesten/Entscheidungen“).
  3. Memento: A7-Labelkarte (Thermodruck), Stempel, QR zur Klassen-Indexseite.
  4. Archiv: Semester-Wandtafel (12 Wochen = 36 Exponate) + PDF-Zine.

B2. Addbooks-Werkstatt – präzises Schreiben statt Selbstvermarktung

  1. Rahmen: 2×45 Min., drei Textgattungen: Epigramm (2 Zeilen), Bildunterschrift (max. 100 Zeichen), Mikro-Essay (500 Zeichen).
  2. Ereignis: Schreibdauer 10-8-20 Min., Peer-Edits mit klarer Heuristik („Vermeide Prädikate der Pose; suche Verben der Weltbeziehung“).
  3. Memento: Riso-Heft 12 Seiten; Cover trägt nur Vornamen/Initiale, kein Fotozwang.
  4. Archiv: PDF im Open-Index mit Text-Only-Variante.

B3. Care-Acts als Muskel-Serie (AES/Soziales)

  1. Rahmen: 6 Wochen, je 1 Handlung pro Woche (z. B. „Wasser geben“, „Werkzeug verleihen“).
  2. Ereignis: Durchführung, kurze Reflexion (Audio, 20 Sek.).
  3. Memento: Care-Stamp im Pass, nach 6 Aktionen: Spiegel-Multiple als Edition.
  4. Archiv: Karteikartenkasten (analog) + Index (digital).

B4. Selbstausstellung-Light – Ethikgeleitete Selbstrahmung

  1. Rahmen: Bodenmarkierung (1,2 m Kreis), Timer 30 Sek., neutrale Hintergründe.
  2. Ereignis: Person stellt sich; „Rahmer“ flüstert einen präzisen Satz (z. B. „Heute haben deine Hände gearbeitet.“). Kamera fotografiert Hände, nicht Gesicht – wenn gewünscht.
  3. Memento: Labelkarte; optional Handschuh-Prägung (Relief).
  4. Archiv: Bild ohne Gesicht standardmäßig; Gesichter nur per zusätzlicher Zustimmung.

B5. Open-Index – Daten als kuratorische Ressource

  1. Rahmen: Minimaldatensatz (Alias, Datum, Ort grob, Memento-Typ).
  2. Ereignis: Eintrag durch „Chronist:in“, Prüfung durch Lehrkraft (Vier-Augen-Prinzip).
  3. Memento: automatisch generierte Klassen-Heatmap.
  4. Archiv: Export (CSV/JSON); Datenschutz: Löschfristen für sensible Einträge, Anonymisierung auf Wunsch.

C. Galerie & Museum – Doppelmodus mit intakter Würde

C1. Ausstellung+Shop-Duo – Sichtbarkeit UND Zugänglichkeit

  1. Rahmen: Eine Wand „Still/Ruhig“ (Texte, Video, Objekte), eine Wand „Lebendig/Hands-On“, ein kleiner Multiple-Shop.
  2. Ereignis: 45-min Kurator:innen-Talk, 15-min „Stille Zeit“. Danach Aktiv-Station: Spiegel, Label-Druck, Karten-Edition.
  3. Memento: Edition pro Ticket (1 Karte + 1 Stempel); Zusatzkäufe möglich.
  4. Archiv: Museumseintrag + öffentlicher Open-Index-Knoten.

C2. Live-Labeling-Station – Präzision statt Kitsch

  1. Rahmen: Zwei Wahlpfade: „Text-Only“ oder „Silhouette“. Kein Selfie-Zwang.
  2. Ereignis: 90 Sek. geführtes Mini-Interview (Fragenkatalog), Live-Satz kondensiert die Aussage (max. 140 Zeichen).
  3. Memento: Labelkarte mit hochwertigem Karton (Naturweiß, 300 g), ruhige Typo, dezent.
  4. Archiv: Nur Text öffentlich; Bild intern, es sei denn explizit freigegeben.

C3. Biografie-Module (5x) – Objekt, Satz, Foto, Liste, Geste

  1. Rahmen: Jede Person kuratiert 5 Bausteine; „Geste“ wird als 10-Sek-Video aufgenommen.
  2. Ereignis: Kurzer Coaching-Slot zur Reduktion („Was ist das Wesentliche?“).
  3. Memento: 5-Karten-Set; Nummerierung per Trockenstempel.
  4. Archiv: Tafel pro Person + Online-Kachel im Open-Index.

C4. Fleisch-ist-Kunst-Tisch – Alltagsästhetik ohne Effekthascherei

  1. Rahmen: Ein langer Tisch, drei Texturen (Brotkante, Obstschale, Stoffkante), drei Geruchsgläser (Kaffee, Holz, Zitrus).
  2. Ereignis: „Anfassen–Riechen–Benennen“ mit leiser Moderation („Was am Rand ist schön?“).
  3. Memento: Kartenserie „Ränder & Rinden“; Text + tastbare Prägung.
  4. Archiv: Fotoverbote bei Personen; nur Hände/Objekte.

D. Stadt & Öffentlichkeit – sensible Sichtbarkeitsökonomien

D1. Spiegel-Stelen – Quartiers-Anker

  1. Rahmen: Wetterfeste Stelen, entspiegeltes Glas, Solar-QR-Display; Standort mit Einverständnis der Nachbarschaft.
  2. Ereignis: Quartalsweise Rahmentexte von lokalen Gruppen; stille Zeiten (z. B. 7–8 Uhr) als „Nur-Blick“ ohne Foto.
  3. Memento: Papierkarten im Fach; Refill durch „Kiez-Kurator:innen“.
  4. Archiv: Jährlicher Quartiers-Report (Zahlen, Stimmen, Fotos der Stelen – ohne Personen).

D2. Fenster-Vitrinen – Leihgaben mit Provenienz

  1. Rahmen: Partnerläden stellen je 1 Mini-Vitrine; Haftnotizen für Resonanz (max. 6 Worte).
  2. Ereignis: Wöchentlicher Leihgabenwechsel; „Vitrine des Monats“ nach Kriterien (Präzision, Resonanz, Sorgfalt – nicht Likes).
  3. Memento: Leihschein als Karte; Besitzer:in wird als Teil der Provenienz geführt.
  4. Archiv: Leihketten visualisiert (Pfeildiagramm).

D3. Repair-Kunsttage – Pflege als Fortsetzung der Form

  1. Rahmen: Reparatur-Workshops (Textil, Holz, Elektronik). „Fortgesetzte Skulptur #…“ als Labelserie.
  2. Ereignis: Reparierende nennen 1 Wort für den „Zuwachs an Welt“.
  3. Memento: geprägtes Aluminium-Tag; Karte mit Vorher/Nachher-Skizze.
  4. Archiv: Werk-Biografien (Zeitstrahl), offene Anleitungen.

E. Digital & Daten – Infrastruktur ohne Datengier

E1. Memento-Generator – Druckqualität und Lizenzklarheit

  1. Rahmen: Web-Form mit Feldern: Alias/Name, Datum, Ort (grob), 140-Zeichen-Satz, Einwilligung, Lizenzwahl (CC-BY/NC/0).
  2. Ereignis: Upload Bild/Audio optional; Validierung (Länge, Sprache).
  3. Memento: PDF-Export (Druckränder, Beschnittmarken), optional Sammel-Zine (8/16 Seiten).
  4. Archiv: API-Hook zum Open-Index; Versionierung (jede Änderung = neue Revision).

E2. Open-Index – kuratierbarer Minimalismus

  1. Rahmen: Minimal-Schema; Pflichtfelder so wenig wie möglich, so viel wie nötig.
  2. Ereignis: Moderation via Ampel (grün: öffentlich; gelb: intern; rot: gesperrt).
  3. Memento: Öffentliche Sammler-Listen; Export für Joblin Factory-Kataloge.
  4. Archiv: Lösch-/Anonymisierungs-Routinen; jährliches Daten-Audit.

E3. Audio-Memento – Stimme als leises Artefakt

  1. Rahmen: 10-Sek-Clip, Rauschunterdrückung, automatische Transkription.
  2. Ereignis: Flüstern ist zulässig; Dialekt erwünscht.
  3. Memento: QR-Sticker; Kopfhörer-Stationen in Ausstellungen.
  4. Archiv: Text öffentlich, Audio nur nach expliziter Freigabe.

E4. Zine-Pipeline – Serien, die sich gut in Händen anfühlen

  1. Rahmen: Templates (A4→A6), Unicode-sichere Typos, klare Ränder.
  2. Ereignis: Sammel-Batch pro Klasse/Quartier; Editor prüft sensible Inhalte.
  3. Memento: Jahres-Zine pro Ort; ISBN-frei, aber mit Inventar-ID.
  4. Archiv: Druck-PDF + barrierefreie Screen-PDF.

F. Community-Ökonomie – Würde vor Währung

F1. Memento-Pässe – Anerkennung über Zeit, nicht Lautstärke

  1. Rahmen: 12 Felder; validiert nur von betreuten Stationen (Spiegel, Care, Repair).
  2. Ereignis: Nach 6 Feldern: Karten-Edition; nach 12: Spiegel-Multiple.
  3. Memento: gewebtes Band (Farbe des Jahres).
  4. Archiv: Eintrag ohne Persönlichkeitsprofile; nur Zählstände.

F2. Edition-Werkstatt – Material ernst nehmen

  1. Rahmen: Siebdruck, Letterpress, Riso; Papierkunde, Druckethik.
  2. Ereignis: Pro Session 1 Edition in kleiner Auflage (z. B. 20).
  3. Memento: Druckbogen + Einzelkarten; Fehlerbögen werden dokumentiert, nicht entsorgt (Transparenz).
  4. Archiv: Werkprotokolle, Materiallisten.

G. Ethik, Inklusion & Rechte – nicht verhandelbar

  1. Consent-Suite: Einwilligungen in Leichter Sprache; Piktogramme; Widerruf als QR-Pfad.
  2. Barrierefreiheit: Reliefkarten, Audio-Alternativen, DGS-Videos; keine Pflicht zur Gesichtssichtbarkeit.
  3. Privacy-Defaults: Pseudonyme, Ort nur auf Quartiersebene, standardmäßig „Text-Only“ öffentlich.
  4. Safeguarding: Externe Vertrauensstelle; jährlicher Bericht; Lösch-SLA (max. 72 h).

H. Forschung & Lehre – Evidenz statt Behauptung

  1. Wirkungsstudien: Messung von Selbstwirksamkeit, Zugehörigkeit, ästhetischer Urteilskraft (Vor/Nach, Mixed Methods).
  2. Vergleichs-Designs: Beuys/Timm Ulrichs/Joblin Factory – welche Rahmen erzeugen die höchste Evidenz für „Mensch-als-Werk“?
  3. Langzeit-Panel: 12-Monats-Verläufe; welche Routinen verstetigen sich? Welche Mementos „wandern“?
  4. Practitioner-Guide: Offenes Handbuch, Versionierung, Didaktikbeispiele, Ethik-Use-Cases.

I. Umsetzungspakete – sofort produktiv

  1. 10 Spiegelrahmen (A4), 10 Stempel, 300 Kartenrohlinge, Label-Drucker, QR-Kit, Consent-Suite-Mappe, 4-Std-Training, Vorlagen für Open-Index.
  1. 12 gerahmte Statements, Video-Loop, 200 Spiegel-Multiples, Live-Labeling-Station, Kassen-/Inventar-Sheet, Lizenz-Schilder, Kurator:innen-Skript.
  1. 3 Spiegel-Stelen, 6 Fenster-Vitrinen, Quartiers-Kurator:innen, Kommunikationspaket, Dashboard, Evaluations-Design.

J. Querverweise & Navigationsanker

  1. WER_IST_KUNST? – Spiel- und Diskursmodule; Kopiervorlagen; Rollenmodelle.
  2. "Fleisch ist Kunst." – Kuratorische Kategorien; Alltag als Ästhetik; Edition-Shop.
  3. MEMENTO_MULTIPLES – Spiegel/Muskel/Motiv-Serien; Produktionshinweise.
  4. Liste aller Kunstwerke - Jeder Mensch ist Kunst - Fleisch ist Kunst – Katalog und Index (Vergabe von Inventar-IDs).
  5. Memento-Generator – Karten-/Zine-Erstellung; Lizenz-Workflow; API zum Open-Index.
  6. Open-Index – Datenmodell, Exporte, Heatmaps; Datenschutzlogik.

K. Schluss – Eleganz durch Reduktion

  1. Das Programm vermeidet Pathos durch präzise Rahmung, ruhige Materialien und klare Sprache.
  2. Jeder Mensch ist Kunst“ wird nachvollziehbar, wenn Bedingungen (Rahmen), Vollzüge (Ereignisse), Spuren (Mementos) und Kontexte (Archive) sorgfältig zusammenwirken.
  3. Die Joblin Factory erhält damit ein skalierbares, würdiges System, das Menschen nicht ausstellt, sondern sichtbar macht – und das Sichtbare mit Verantwortung versieht.