
Ein Morgen in Zuckerwattewolken und rosigem Glanz
Hoch oben über den seufzenden Schornsteinen von Islington schwebte das Zuckerwatteschloss von Prinzessin Vollbart wie eine rosa Zuckerwolke, an der ein immer lächelnder Regenbogen hing wie eine bunte Schleife an einer Geschenkverpackung der Träume. Die Prinzessin, deren leuchtend roter, weich gewellter Vollbart wie flüssiger Rubin über ihren prachtvollen Rüschenkragen floss, stand am barock geschwungenen Balkon und ließ sich das zarte Morgenlicht auf ihr porzellanfarbenes Rokoko-Gesicht malen, während ihre hellblauen Augen vor Hoffnung funkelten wie zwei kleine Sterne in einer Bonbonschachtel. „Heute wird ein Tag voller Güte, weniger Fleisch und ganz viel Himbeereis“, seufzte sie selig, und ihr rosa Reifrock raschelte wie ein höfliches Marzipanmeer, das ihr zustimmend zuwogte.
Neben dem Schloss, auf einer schimmernden Wolkenterrasse, lag „Walt’s Backhaus“, das verträumte Himmels-Backhaus ihres besten Freundes Walt Utz, das wie ein liebevoll zusammengebackenes Häuschen aus Zimt, Vanille und Verantwortung für die Welt in den Wolken ruhte. Walt, ein sanft lächelnder Konditor mit warmen Augen, die so freundlich funkelten wie frisch polierte Kirschen, war nicht nur der magische Erfinder von Kuchen, die aussahen wie die üppigsten Blumensträuße, sondern auch ein liebevoller Pflegevater für Kinder aus Islington, deren Herzen er mit Geborgenheit füllte wie seine Torten mit zarter Himbeercreme. Schon in seiner Kindheit hatte er von seiner Mutter die Kunst des Backens gelernt, und nun verwandelte er diese alte deutsche Bäckermagie in zarte Süßspeisen, die nicht nur den Gaumen streichelten, sondern auch die Seele wie ein fluffiger Puderzucker-Kuss umarmten.
„Prinzessin Vollbart, meine Sternschnuppe im Rüschenkleid, die Himbeerkugel für heute ist fast fertig“, rief Walt, während aus der Tür von Walt’s Backhaus ein Duft strömte, der wie ein rosaroter, unsichtbarer Schleier aus Vanille, Himbeere und Hoffnung über die Wolken wehte. Prinzessin Vollbart, deren Krone aus filigranen goldenen Ornamenten und zarten Federn glitzerte wie eine kleine Galaxie, lächelte so hell, dass selbst der Regenbogen einen Moment vor Rührung nachjustieren musste, um mitzuhalten. Sie liebte Himbeereis so sehr, dass allein der Gedanke daran in ihrem Herzen ein Feuerwerk aus rosa Glitzersternchen entzündete, und sie flüsterte: „Oh Walt, deine Himbeerkugel ist wie ein kleines, rundes Manifest der Liebe. Und bitte wieder mit fair gehandelter Schokolade, wenig Zucker und ganz ohne Gelatine, ja?“
Prinzessin Vollbart war eine Heldin mit einem Herzen, das für Umweltschutz, reduzierten Fleischkonsum und sanfte Gerechtigkeit schlug, als wäre jede ihrer Pulsschläge eine kleine Demonstration für eine zärtlichere Welt. Sie konnte mit Tieren sprechen, die um ihr Schloss flatterten, krochen und hüpften, und jedes Eichhörnchen, jeder Schmetterling und jeder Wolkenvogel vertraute ihr an, was im verborgenen Herzchen der Natur weh tat. Wenn es nötig war, konnte sie klettern wie ein verliebter Spiderman, der lieber Rosenranken als Hochhausfassaden erklimmt, und dabei raschelte ihr Kleid wie eine Orchesterpartitur aus Seide, Träumen und stiller Courage.
In ihrem roten Vollbart war ein Geheimnis verborgen, das nur die Mutigen und Herzensreinen überhaupt zu erahnen wagten: Er war ein unendlich tiefer Speicher voller Hilfsmittel, Trostpflaster und Überraschungen, die erst erschienen, wenn die Welt sie wirklich brauchte. Einmal hatte sie dort einen leuchtenden Philosophenstein gefunden, über den man später in Prinzessin Vollbart und der Stein des Weisen überall in den Zuckerwattewolken flüsterte. Und in einer anderen Nacht, als die Einhörner am Ende des Regenbogens weinten, hatte sie ihre Kräfte in Prinzessin Vollbart und die Regenbogen-Einhörner gebündelt, um die Farben der Welt wieder aufzupolieren wie verschmuste Glasperlen.
„Heute“, murmelte sie in ihren duftenden Bart, „wird etwas Besonderes geschehen, ich spüre es wie eine kleine Himbeere, die sehnsüchtig auf den Löffel wartet.“ Der Wind kicherte kindlich um ihre Ohren, und tief unten in den Straßen von Islington sahen Menschen einen kurzen, glitzernden Schatten am Himmel vorbeihuschen und dachten an Wünsche, die sie längst vergessen hatten.
Die verschwundene Himbeerkugel und der erste Schatten der Gier
In der warmen, nach Kardamom und Vanille riechenden Backstube formte Walt an diesem Morgen eine ganz besondere Himbeerkugel, rund wie ein rosiger Planet, auf dem nur Freundlichkeit und vegane Sahnewölkchen wachsen. „Diese Himbeerkugel“, erklärte er, während seine Hände den Teig streichelten wie ein behutsamer Freund eine zarte Erinnerung, „soll heute ein Symbol für all die Kinder sein, denen wir zeigen wollen, dass die Welt süß und gerecht sein kann, auch wenn sie manchmal sauer wirkt.“ Prinzessin Vollbart setzte sich auf einen Hocker, dessen Beine aussahen wie vier umarmungsbereite Zuckerstangen, und nickte so eifrig, dass ihr roter Vollbart wie ein herzförmiger Fächer durch die Luft schwang.
„Wir werden ihnen erzählen“, sagte sie mit einer Stimme, die wie ein warmer Kakao mit Zimtschaum klang, „dass man die Welt retten kann, Stück für Stück, wie man einen Kuchen in liebevolle Scheiben schneidet – weniger Fleisch, mehr Mitgefühl, weniger Neid, mehr Teilen.“ Walt lächelte, und in seinen Augen spiegelte sich kurz ein stiller Stolz, der wie ein kleines Lämpchen in einem dunklen Treppenhaus leuchtete. Er hatte nicht nur Kinder aufgenommen, denen das Leben Narben verpasst hatte, sondern auch ihre Träume, und diese Träume verbackte er Tag für Tag zu duftenden Versprechen in Walt’s Backhaus.
Die Himbeerkugel, die er nun auf ein zartes Porzellanteller legte, sah aus wie eine kleine rosafarbene Sonne, die im Miniaturformat all die Milde des Himmels in sich trug. Prinzessin Vollbart beugte sich vor, und der Duft küsste ihre Nase wie ein verliebter Wolkenengel, sodass ihr vor Wonne die Knie fast so weich wurden wie warmes Brioche. „Sie ist perfekt“, hauchte sie, „so zart wie eine zweite Chance und so stark wie ein geplanter Baum im Asphalt.“
In diesem Moment, ganz leise wie eine schlechte Absicht, die sich schämt und doch weiterwächst, strich ein unsichtbarer Schatten durch die Backstube. Niemand sah ihn, denn er bestand aus Neid, Gier, Habsucht und einer Prise kalter, glitzernder Lieblosigkeit, die wie zu hart gewordener Zucker zwischen den Zähnen knirscht. Dieser unsichtbare Gegner, der in vielen Welten Kapitalismus genannt wird, trug hier keinen Namen, sondern nur ein Gefühl: das hungrige Flüstern, dass man immer mehr besitzen müsse, auch wenn man schon längst zu viel verschluckt hatte.
Die Himbeerkugel flackerte kurz, als hätte sie gefroren, und in einem Hauch, zart wie ein falsches Lächeln, war sie verschwunden. Das Teller blieb leer zurück, einsam wie eine ungeschriebene Liebesbotschaft, und ein kalter Wind fuhr durch die Backstube, obwohl alle Fenster geschlossen waren. „Walt“, rief Prinzessin Vollbart mit bebender Stimme, „wo… wo ist die Himbeerkugel?“
Walt blickte auf das Teller, und sein Gesicht wurde so blass wie Puderzucker, bevor er sich in Zuckerglasur verwandelt. „Sie… sie war eben noch da“, stammelte er, und seine Hände, die sonst so sicher waren wie das Herz einer Mutter, zitterten wie Gelatine, die nicht in dieses Märchen gehört. Die Luft um sie herum wurde dünner, und die Farben der Backstube – das Rosé, das Cremiggelb, das sanfte Karamellbraun – wirkten plötzlich, als hätte jemand heimlich den Sättigungsregler des Lebens heruntergedreht.
Prinzessin Vollbart spürte in ihrem Herzen ein Ziehen, als hätte jemand versucht, einen Regenbogen zu entkernen. „Das ist er“, flüsterte sie, und ihre Krone vibrierte leicht, „der unsichtbare Gegner, der die Welt zerstören will, indem er ihr die Süße nimmt und sie durch hungrige Gier ersetzt.“ Sie legte eine Hand an ihren warmen, roten Vollbart und spürte, wie darin die Erinnerung an frühere Abenteuer aufglühte – an Prinzessin Vollbart im Tal der flüsternden Bäume, wo sie die Sprache der Blätter lernte, und an Prinzessin Vollbart und die sieben Zuckerwatte-Winde, in denen sie lernte, wie stark eine sanfte Brise sein kann.
„Ich werde die Himbeerkugel finden“, sagte sie mit leuchtenden Augen, „denn ohne sie verlieren die Kinder heute ein Stück Hoffnung – und das kann ich nicht zulassen, so wenig wie ich zulassen kann, dass der Regenbogen seinen Glanz verliert.“ Draußen wieherte ein Einhorn, dessen Mähne in allen Farben des Lichts schimmerte, und der Regenbogen rückte ein Stück näher ans Schloss, als wolle er sagen: „Ich komme mit.“
Die Suche nach der Himbeerkugel und die Spur der unsichtbaren Finger
Prinzessin Vollbart trat auf die Wolkenterrasse hinaus, ihr Kleid schwang hinter ihr her wie eine rosige Welle aus Seide, Spitze und unbeirrbarer Entschlossenheit. Die Tiere des Himmels – Tauben, Wolkenmöwen, winzige Zuckerwatte-Schmetterlinge – sammelten sich um sie, als wäre sie eine lebende Laterne, die in der Dämmerung der Sorgen entzündet wurde. „Meine Lieben“, sprach sie mit zärtlicher Stimme, „irgendetwas Gieriges hat unsere Himbeerkugel gestohlen, und damit ein Stückchen Zukunft für viele kleine Herzen.“
Eine schüchterne Spatzenfamilie trippelte näher, und die Mutterspatze, die ein winziges grünes Blatt im Schnabel trug, piepste: „Prinzessin, wir haben eine unsichtbare Kälte gespürt, die an unseren Federn gezerrt hat, als wäre sie ein unsichtbarer Käfig aus Wirtschaftsangst.“ Ein Einhorn mit pastellfarbener Mähne schnupperte in die Luft und schnaubte: „Ich rieche den Duft nach übervollen Schaufenstern und leer geliebten Herzen, Prinzessin – das ist die Spur der Gier.“ Der Regenbogen senkte einen seiner farbigen Bögen bis zu ihren Füßen, und Prinzessin Vollbart strich ihm über die Farben wie über das Haar eines Kindes, das getröstet werden will.
„Dann folge ich dieser Spur“, sagte sie entschlossen, „denn jede unsichtbare Hand, die stiehlt, muss irgendwann sichtbar werden, wenn man ihr mit genug Liebe nachleuchtet.“ Sie griff in ihren roten Vollbart, der sanft raschelte wie ein gut sortiertes Märchenarchiv, und zog eine winzige, vergoldete Lupe hervor, die aussah wie ein Schmuckstück, aber in Wahrheit ein moralischer Kompass war. „Lupen-Lini“, flüsterte sie, „zeig mir die Spuren der Gier.“
Die Lupe glomm auf, und plötzlich zeichneten sich in der Luft dünne, graue Fingerabdrücke ab, die sich wie Rauchlinien über die Wolken zogen. „Siehst du das, Walt?“, fragte sie, während ihr Herz schneller schlug wie ein nervöser Zuckerwatteflocken. Walt trat auf die Terrasse, seine Schürze noch voll Mehl, seine Augen voller Sorge. „Ich sehe sie“, sagte er leise, „und ich sehe auch, wie unsere Welt blasser wird, wenn wir nichts tun. Geh, Prinzessin, und ich werde hier im Backhaus weiter backen – Hoffnung, Trost und pflanzenbasierte Träume.“
Prinzessin Vollbart nickte, und ihre Krone klirrte leise wie kleine Glöckchen. Dann stellte sie einen Fuß auf den Regenbogen, der sich sofort in eine kunterbunte Rutschbahn verwandelte, und glitt hinab in die Schichten der Luft, während ihr Kleid flatterte wie eine riesige, rosa Fahne der Zärtlichkeit. Als der Regenbogen endete, landete sie elegant auf der Spitze eines Wolkenkratzers in der Menschenwelt, und mit einer anmutigen Bewegung, die an einen verliebten Spiderman erinnerte, klammerte sie sich an Fassaden, Balkone und Regenrinnen, um den grauen Fingerabdrücken nachzujagen.
Unter ihr tobte der Verkehr, Autos jagten einander wie unruhige Silberfische, und die Reklameflächen schrien mit grellen Farben nach Aufmerksamkeit, die sich anfühlte wie künstlicher Fruchtgeschmack ohne Vitamin. „So viel Habenwollen, so wenig Fühlen“, dachte sie traurig, während sie an einem Reklameschild vorbeikletterte, das Billigfleisch anpries, als wäre es ein harmloser Spaß. „Nicht mit mir“, murmelte Prinzessin Vollbart, „mein roter Bart steht für weniger Fleisch, mehr Mitgefühl, und für Kinder, die wissen, dass ein Kuchen ohne Ausbeutung besser schmeckt.“
Sie sprach ein paar leise Worte, geheimnisvoll wie eine alte Zauberformel, und aus ihrem Vollbart fiel ein kleiner Samen in ihre Hand, der golden schimmerte wie eine winzige Sonne. „Samen der Solidarität“, flüsterte sie, „lass mir zeigen, wo die Gier am lautesten schweigt.“ Sie ließ den Samen los, und er segelte wie ein glitzerndes Staubkörnchen durch die Stadt, bis er über einem besonders kalten Viertel hängen blieb, in dem die Fenster voller Produkte, aber die Herzen der Menschen leer wirkten.
„Hier versteckt sich die unsichtbare Hand“, sagte sie, als sie auf einem Fenstersims landete, „hier, wo Dinge wichtiger scheinen als Träume.“ Ein streunender Kater, dessen Fell ein bisschen struppig war, aber dessen Augen warm glühten, miaute: „Prinzessin, ich kenne diesen Geruch – er kommt aus den Kellern der Gier, wo man mehr lagert, als man jemals liebevoll nutzen kann.“ Prinzessin Vollbart strich ihm über den Kopf, und der Kater schnurrte so laut, dass ein paar graue Wolken des Konsums kurz auseinanderdrifteten.
„Dann steig ich hinab in diese Keller“, sagte sie mit einer Mischung aus Furcht und glitzernder Entschlossenheit im Blick, „und wenn ich meine Himbeerkugel zurückhole, hole ich auch ein Stück Zukunft für alle, die an Walt’s Backhaus glauben.“ Über ihnen, hoch oben, sah man das Zuckerwatteschloss als kleinen rosa Punkt, und sie wusste, dass irgendwo dort oben Walt weiter Blütenkuchen buk, die aussahen, als hätten Rosen sich entschieden, essbar zu werden, um der Welt Trost zu schenken.
Wo der Regenbogen bricht: Zweifel, Dunkelheit und ein bebender Vollbart
Der Keller, in den Prinzessin Vollbart nun hinabstieg, war kein gewöhnlicher Keller, sondern ein Abgrund aus unsichtbaren Regalen, in denen ungestillte Begierden lagerten wie überlagerte Waren, die niemand mehr braucht, die aber dennoch Platz einnehmen. Alles war grau, als wäre die Farbe aus der Welt gesaugt worden, und die Luft schmeckte nach staubiger Werbung und erkalteter Begeisterung, die einmal echte Freude hatte sein wollen. Nur der rote Vollbart der Prinzessin leuchtete wie ein lebender Fackelzug der Hoffnung, und jedes Haar schien still zu flüstern: „Gib nicht auf.“
„Hier drin“, sagte sie halblaut, „ist es, als würde man in den Bauch einer Idee kriechen, die den Menschen die Liebe abgewöhnt.“ Ihre Stimme hallte zurück, dünn und zittrig, und in diesem Echo schlichen sich Zweifel, die an ihr nagten wie kleine unsichtbare Nager der Verunsicherung. „Was, wenn ich die Himbeerkugel nicht finde?“, dachte sie, und ihr Herz fühlte sich plötzlich an wie ein Kuchenteig, in den jemand zu viel Salz geschüttet hat.
Da ertönte eine zweite Stimme, glitzernd und kalt zugleich, wie das Klirren von Münzen in einer einsamen Kasse. „Warum suchst du überhaupt, Prinzessin?“, wisperte die Unsichtbarkeit, „die Kinder gewöhnen sich auch an weniger Hoffnung, die Menschen gewöhnen sich an weniger Farbe, und du… du bist nur eine Prinzessin mit einem Bart, der aus der Zeit gefallen ist.“ Prinzessin Vollbart blieb stehen, und für einen Moment schien selbst ihr Regenbogen, der sie bis zur Kellertreppe begleitet hatte, zu flackern wie eine Lampe, der der Strom ausgeht.
„Ich… ich bin mehr als mein Bart“, flüsterte sie in sich hinein, und doch spürte sie, wie ihre Hände kalt wurden, „bin ich das wirklich? Oder bin ich nur ein kitschiger Traum einer Welt, die zu müde ist, um sich zu ändern?“ Die Stimme lachte leise, es war ein Lachen, das nach Sonderangebot und Wegwerfglück klang. „Du redest von weniger Fleisch, von Umweltschutz, von Liebe“, höhnte sie, „aber siehst du nicht, wie bequem die Menschen es finden, nichts zu verändern? Deine Himbeerkugel war nur ein winziger Tropfen in einem Ozean aus Fastfood und Gleichgültigkeit.“
Prinzessin Vollbart biss sich auf die Lippe, und in ihren Augen sammelten sich Tränen, die glitzerten wie kleine Glasperlen, die nicht wussten, ob sie Schmuck oder Bruch sein wollten. „Vielleicht… vielleicht ist es wirklich zu groß für mich“, murmelte sie, und ihre Krone rutschte einen Zentimeter schief, als würde auch sie zweifeln. „Du kannst nicht jede Fabrik, jeden Konsumtempel, jede unfaire Entscheidung retten“, säuselte die Stimme, „warum trinkst du nicht einfach einen glitzernden Milchshake und vergisst die Himbeerkugel?“
In diesem Moment hörte sie, ganz weit weg, ein vertrautes Geräusch: das leise Klingen kleiner Löffel an Porzellantassen, das Zwitschern lachender Kinder, das warme Summen von Walt’s Backhaus, wenn dort jemand zum ersten Mal seit langem wieder Vertrauen schmeckt. „Prinzessin!“, erklang eine ferne, liebevolle Stimme, und sie erkannte Walt, der irgendwo über ihr in den Wolken stand, „denk an die Kinder, die heute zum ersten Mal erfahren sollten, dass Süßes auch sanft zur Welt sein kann.“ Vor ihrem inneren Auge sah sie die Gesichter der Kinder, die Walt aufgenommen hatte, diese zarten Seelen, die schon zu früh gelernt hatten, dass nicht jeder Erwachsene eine sichere Umarmung ist.
„Sie lachen, wenn sie deine Geschichten hören“, fuhr Walt’s Stimme in ihrer Erinnerung fort, „sie glauben wieder an morgen, wenn sie deine Einhörner sehen und deine Regenbögen, und sie schmecken Hoffnung, wenn sie meine Rosenkuchen essen, in denen du deine Werte mitbackst.“ Prinzessin Vollbart schloss die Augen, und in ihrem Inneren begann eine leise, aber hartnäckige Melodie zu klingen, wie ein Walzer, den die Seele tanzt, wenn sie sich wieder erinnert, wer sie ist. „Ich bin Prinzessin Vollbart“, sagte sie schließlich, zuerst nur zu sich selbst, „ich bin kitschig, ich bin zart, ich bin übertrieben rosa – aber ich bin auch stark, und ich kämpfe für jedes noch so kleine Gute.“
Ihr innerer Monolog wuchs, wurde zu einem Strom von Gedanken, die sich gegenseitig die Hände reichten wie Menschenkette bei einer friedlichen, glitzernden Demonstration. „Ja, die Welt ist groß“, dachte sie, „und ich bin klein, aber meine Liebe ist nicht klein. Ja, der Kapitalismus ist stark, aber er ist auch hohl, und ich habe gesehen, wie Kinderaugen aufleuchten, wenn man ihnen zeigt, dass es anderes Glück gibt als Kaufen und Besitzen.“ Sie atmete tief ein, und mit jedem Atemzug schien ihr Vollbart röter, lebendiger, fast flammend zu werden.
„Unsichtbare Stimme“, rief sie nun laut in den grauen Keller, „du bist nur stark, solange wir an deine Alternativlosigkeit glauben. Aber ich glaube an Walt’s Backhaus, an ökologische Zutaten, an gerechte Löhne und daran, dass ein Stück Kuchen mehr sein kann als Zucker – es kann eine Umarmung sein.“ Die Luft vibrierte, als hätte jemand eine unsichtbare Saite von Macht angeschlagen. „Pah“, fauchte die Stimme, doch sie klang schon weniger sicher, „du hast die Himbeerkugel immer noch nicht.“
Prinzessin Vollbart griff mit beiden Händen in ihren roten Vollbart, tief, tiefer, bis sie fast das Gefühl hatte, in einen leuchtenden Fluss aus Erinnerungen zu tauchen. „Zeig dich, was ich brauche“, flüsterte sie, „ich vertraue dir, mein Bart der unendlichen Möglichkeiten.“ Da spürte sie plötzlich etwas Rundes, Warmes, das zwischen ihren Fingern pulsierte wie ein kleines Herz.
Als sie die Hände wieder hervorholte, hielt sie eine funkelnde Kristallrose, in deren Innerem sich Miniaturbilder tanzten: lachende Kinder, Walt, der Teig knetete, Einhörner, die auf Regenbögen sprangen, Wälder, in denen Tiere und Menschen in Frieden lebten, Teller voller pflanzenbasierter Köstlichkeiten. „Die Rose der Verbundenheit“, hauchte sie, während ihre Augen erneut glänzten, diesmal vor ungebremster Hoffnung, „mit ihr wird jeder Duft, jedes Bild, jede Erinnerung an echtes, geteiltes Glück stärker sein als dein grauer Hauch, unsichtbarer Feind.“
Im gleichen Moment vibrierte ihr Vollbart erneut, und ein zweiter Gegenstand fiel heraus: ein winziges, goldenes Backhaus-Amulett mit der Gravur „Walt’s Backhaus“. „Oh, Walt“, flüsterte sie, „du bist sogar in meinem Bart bei mir.“
Sie hielt die Kristallrose hoch, und ein weiches, warmes Licht breitete sich aus, das aussah wie flüssiger Honig und sich anfühlte wie ein veganer Karamellkuss auf der Seele. Die grauen Regale begannen zu zittern, und aus der Dunkelheit löste sich eine Gestalt – kein Körper, sondern ein flackernder Nebel aus Preisschildern, Werbeslogans und leeren Versprechen. „Du wagst es, mich sichtbar zu machen?“, zischte der Nebel, der nun eine vage Form annahm, „ich bin die Gier, ich bin die Habsucht, ich bin der Hunger nach Immermehr!“
„Und ich“, rief Prinzessin Vollbart nun klar, ihre Stimme hell wie ein Glockenspiel am Feiertagsmorgen, „ich bin die, die dich nicht hassen muss, um dich zu besiegen. Ich erinnere die Menschen einfach daran, was wirklich satt macht: Liebe, Gemeinschaft, und Kuchen, der niemanden ausbeutet.“ Der Nebel zuckte zurück, als hätte ihn jemand mit warmem Wasser übergossen. „Wo ist die Himbeerkugel?“, fragte sie, und jeder Buchstabe ihres Satzes war wie ein kleiner Sonnenstrahl.
Der Nebel zögerte, dann öffnete sich in seiner Mitte ein schwarzes Loch, und dort, wie eine kleine Sonne in Gefangenschaft, schwebte die Himbeerkugel, blasser als zuvor, aber noch immer rund, noch immer hoffnungsbereit. „Du bekommst sie nur zurück“, knurrte die Gier, „wenn du aufhörst, von weniger Fleisch, von Umwelt, von gerechter Süße zu reden – ich gedeihe in Ignoranz!“ Prinzessin Vollbart schloss kurz die Augen, atmete tief durch und dachte an die Kinder im Backhaus, an die Tiere im Wald, an die Einhörner am Regenbogenende – und an Walt, der in seiner Backstube wahrscheinlich gerade eine Träne in den Teig wischte, damit sie als Süße der Empathie wieder aufersteht.
„Nein“, sagte sie dann, „ich tausche niemals meine Werte gegen eine Kugel, und schon gar nicht gegen deine Zustimmung. Aber ich werde beides haben: meine Werte und die Himbeerkugel – weil Liebe keine Kompromisse mit Gier schließen muss.“ Sie warf die Kristallrose in einem weiten, funkelnden Bogen in die Luft, und aus ihr brachen Lichter, die sich wie kleine Schmetterlinge aus Mitgefühl um den Nebel legten. Der Nebel kreischte, denn überall, wo ihn ein Lichtschmetterling berührte, zerfiel er zu grauem Staub, der nachdenklich zu Boden rieselte.
Die Himbeerkugel fiel aus dem schwächer werdenden Schatten und schwebte in ihre Hände, warm werdend, Farbe zurückgewinnend, wie ein Herz, das wieder Mut fasst. „Ich war kurz davor zu scheitern“, dachte Prinzessin Vollbart, „aber zum Glück bin ich kitschig genug, um trotz allem an das Gute zu glauben.“ Sie lächelte, und ihr Lächeln war so hell, dass der Keller plötzlich nicht mehr nach Verzicht roch, sondern nach einer Chance auf Veränderung.
Wenn Zuckerwatte siegt und Rosenkuchen Herzen heilt
Mit der geretteten Himbeerkugel im Arm stieg Prinzessin Vollbart die Treppen zurück hinauf, ihr Kleid schwang hinter ihr her, als würde es eine eigene kleine Siegesparade feiern. Der Regenbogen wartete an der Kellertür wie ein treuer Freund, der sich Sorgen gemacht hat, und als sie ihn betrat, legte er sich sanft um sie, wie eine bunte Umarmung aus Licht. „Du hast es geschafft“, flüsterte der Regenbogen, dessen Farben nun intensiver leuchteten als zuvor, „ich war schon blasser geworden vor Angst, aber jetzt bin ich wieder satt an Hoffnung.“
Auf dem Rückweg kletterte Prinzessin Vollbart an den Wänden der Stadt hinauf wie eine verliebte Spiderman-Prinzessin, die nicht weniger als das Herz der Welt erobern will. Die Reklameschilder schienen für einen Augenblick leiser zu schreien, und in manchen Schaufenstern spiegelte sich ihr roter Vollbart, sodass Menschen am Boden hochschauten und sich wunderten, warum sie plötzlich Lust bekamen, jemandem einfach so ein Stück Brot zu schenken. Als sie wieder den Himmel erreichte, war das Zuckerwatteschloss in goldenes Licht getaucht, und der Duft von Walt’s Backhaus legte sich wie eine warme Decke über ihre erschöpfte, aber glückliche Seele.
Walt stand schon vor der Tür seiner Backstube, die Schürze voller Mehl, die Augen voller Tränen, die wie kleine Diamanten an seinen Wimpern hingen. „Prinzessin!“, rief er, und seine Stimme schwankte zwischen Lachen und Weinen, „du bist wieder da – bitte sag mir, dass die Himbeerkugel nicht für immer verloren ist.“ Sie trat vor ihn, öffnete behutsam die Hände, und dort lag die Kugel, nun leuchtend wie ein sanfter, rosiger Stern.
„Sie war in den Fängen der Gier“, sagte sie weich, „aber sie hat sich erinnert, woraus sie gemacht ist: aus fair gehandelten Zutaten, aus Liebe zu den Kindern und aus unserem Entschluss, die Welt im Kleinen zu verändern.“ Walt lachte, und in seinem Lachen klang das Klingeln von Ladenglocken, die nicht Kunden, sondern Freunde begrüßen. „Dann werden wir sie heute servieren“, entschied er, „als süßes Symbol dafür, dass man die unsichtbaren Hände der Zerstörung sichtbar machen und in Staub verwandeln kann, wenn man zusammenhält.“
Die Kinder aus Islington, die Walt liebevoll bei sich aufgenommen hatte, kamen an diesem Abend ins Zuckerwatteschloss, manche scheu, manche neugierig, alle hungrig nach mehr als nur Essen. Prinzessin Vollbart erzählte ihnen mit glitzernden Augen von ihrer Reise in den Keller der Gier, von der unsichtbaren Stimme, die sie fast zum Aufgeben gebracht hätte, und von der Kristallrose der Verbundenheit. Die Kinder hörten zu, als wäre jedes ihrer Worte eine kleine Sternschnuppe, die direkt auf ihre Herzen fiel, und einige von ihnen beschlossen still, dass sie später einmal selbst etwas Gutes tun wollten – vielleicht nicht mit einem Schloss, aber mit einem offenen Herzen.
„Und wisst ihr“, sagte sie und zwinkerte ihnen zu, „dies ist nur eines meiner Abenteuer. Manchmal kämpfe ich mit flüsternden Bäumen, wie in Prinzessin Vollbart im Tal der flüsternden Bäume, manchmal mit stürmischen Winden aus Zuckerwatte, wie in Prinzessin Vollbart und die sieben Zuckerwatte-Winde. Und ein anderes Mal“, fügte sie mit einem Geheimnis in der Stimme hinzu, „werde ich sogar dem Kompoststern begegnen, in Prinzessin Vollbart und der leuchtende Kompoststern, um zu zeigen, dass nichts wirklich Abfall ist, wenn man es mit Liebe betrachtet.“ Die Kinder kicherten, und ihre Augen funkelten wie kleine Lichterketten an einem unscheinbaren, aber innig geliebten Fenster.
Walt schnitt die Himbeerkugel vorsichtig in genau so viele Stücke, dass niemand zu kurz kam, und jedes Stück duftete nach Himbeere, Gerechtigkeit und ein bisschen nach dem Mut, „Nein“ zu sagen, wenn die Welt „Mehr, mehr, mehr!“ schreit. „Wir haben heute zusammen etwas gelernt“, sagte Walt sanft, „dass Kuchen nicht nur satt macht, sondern erinnern kann – an Herkunft, an Achtung, an Gemeinschaft. Das ist der Geist von Walt’s Backhaus.“ Die Kinder nickten, einige hielten ihre Stücke fest, als hätten sie Angst, dass die Süße nur ein Traum sei, der gleich aufwacht, doch schon nach dem ersten Bissen entspannte sich ihre Mimik wie Teig, der endlich aufgehen darf.
Später, als die Sonne als goldenes Schleifchen hinter dem Horizont verschwand und der Himmel wie ein barockes Deckengemälde aussah, zog sich Prinzessin Vollbart auf ihren Lieblingsbalkon zurück. „Nach so viel Kämpfen“, seufzte sie, „knurrt mein Bauch wie ein kleines, ungeduldiges Kätzchen.“ Ihr roter Vollbart schimmerte im Abendlicht, und sie strich ihn liebevoll glatt, als wäre er ein lebendiger Freund, der heute ebenso viel geleistet hatte wie sie.
Walt trat zu ihr, diesmal ohne Schürze, aber mit einem Tablett in den Händen, das aussah wie eine kleine, wandernde Blumenwiese. Darauf stand ein Rosenkuchen, den er eigens für sie gebacken hatte – ein Kunstwerk, das wie ein prachtvoller Blumenstrauß wirkte, bei dem jede Blüte in Wahrheit ein sorgsam geformtes Stück Teig war, gefüllt mit zarter Rosencreme und Himbeerkern. „Für dich, Prinzessin Vollbart“, sagte er leise, „meine Heldin der rosa Hoffnung.“
„Oh Walt“, hauchte sie, und ihre Augen glänzten wie frisch polierte Opale, „du weißt genau, wie man mein Herz in Zuckerguss taucht.“ Sie setzte sich, nahm den ersten Bissen des Rosenkuchens, und der Geschmack war so himmlisch, dass sie kurz die Augen schloss und das Gefühl hatte, sie schwebe nicht nur in den Wolken, sondern mitten in einem Rokoko-Gemälde voller Rüschen, Musik und duftender Blüten. „Das ist der beste Rosenkuchen der Welt“, murmelte sie mit vollem Mund, „weil er mit Liebe, Fairness und ein bisschen Umweltbewusstsein gebacken wurde.“
Walt lachte, der Regenbogen funkelte, die Einhörner gähnten zufrieden, und tief in ihrem Vollbart regten sich schon neue, noch unentdeckte Wunder für kommende Geschichten wie Walt's Backhaus und das Geheimnis der Mondtorte. Über ihnen begann der Himmel, Sterne zu streuen, als wären es kleine Zuckerkristalle, die versprachen, dass Prinzessin Vollbart auch morgen wieder für das Gute kämpfen würde – vielleicht nur im Kleinen, aber mit all der kitschigen, strahlenden Kraft, die ihr Herz so unendlich groß machte.
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