Quelltext der Seite Bei Beuys müssen die Mensch handeln, um Kunst zu sein - Bei mir ist der Mensch-An-Sich Kunst - Jeder Mensch ist Kunst - Du bist Kunst - Ich bin Kunst - Fleisch ist Kunst - Jack Joblin Interview

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'''Thomas Gloom: Guten Morgen Herr Joblin. Haben sie heute morgen schon in Ihrem Spiegel ein Kunstwerk gesehen?'''
 
Jack Joblin: Guten Morgen. Danke der Nachfrage. Ich sehe beinahe jeden Morgen Kunst im Spiegel. Ich hoffe, dass das keine Einbildung ist. Es bleibt eine lebenslange Aufgabe die Kunst im Spiegel zu sehen. 

'''Ist das schön, Kunst zu sein?'''

Es ist allgemein eine wertvolle Erfahrung, jemanden als Kunst wahrzunehmen – nicht nur sich selbst. Mir wurde zwar gesagt, dass ich auch von anderen als Kunst empfunden werde, aber ob das stimmt, weiß nur der, der das behauptet. 

'''Jeder von uns kann Künstler und Kunst sein. Das ist Ihre Botschaft. Andere Künstler in der Kunstgeschichte haben sich ebenfalls mit diesem Themenbereich befasst. Wie unterscheiden Sie sich da von Beuys, der auch behauptete „Ich selbst bin in diesem Augenblick das Kunstwerk. Das heißt, es soll doch dahin kommen, dass der Mensch selbst das Kunstwerk wird.“ '''

Für Beuys war jeder Mensch Künstler, wenn dieser im beuysschen Sinne handelte. Andere Menschen konnten für ihn vor allem in der Verwirklichung einer Sozialen Plastik Teil eines Kunstwerkes werden. Sie waren also nicht die Kunst selbst. Beuys sah sich selbst m.E. als eine Art Gesamtkunstwerk. 

'''Und Sie?'''

In meinem Verständnis müssen Menschen etwas dafür tun, Menschen als Kunst wahrzunehmen. Bei mir kann aber der Mensch-An-Sich ohne Aktivität oder sonstiges Kunstwerk Kunst sein. Das ist ein großer Unterschied. Eine Gemeinsamkeit mit Beuys besteht also darin, dass Künstler aktiv werden müssen, um Künstler zu sein. Ein Unterschied sehe ich darin: bei Beuys muss der „Mensch als Kunstwerker“ aktiv sein. Bei mir gibt es den „Mensch-An-Sich als Kunst“. Ohne Werk! 

'''Sie klauen also keine Idee von Beuys?'''
 
Ich halte die Weiterentwicklung der beuysschen Ideen für legitim. In dem Buch „Jeder Mensch ist Kunst“ mache ich mit Udo Glanz gemeinsam deutlich, wie wir diese Aussage von Beuys und anderen Künstlern interpretieren, wo die Unterschiede liegen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen und wie wir das Thema auf einem neuen Weg umsetzen. Trotz aller Differenzen glaube ich an eine große Schnittmenge. Ich bin mir auch sicher, Beuys hätte unserer Argumentation folgen können und darin eine Erweiterung seiner Erweiterung des Kunstbegriffs gesehen.  

'''Der Gedanke „Mensch als KunstWERK“ ist nicht neu. 1913 erklärt Marcel Duchamp mit seinen Readymades Objekte zur Kunst und für viele hieß das „Alles kann Kunst sein.“ Also damals auch schon der Mensch?'''

Marcel Duchamp konzentrierte sich zwar auf Objekte, er war aber mit seiner Philosophie der Wegbereiter für Beuys. Und Beuys hat mit seinem erweiterten Kunstbegriff keinen Weg bereitet, sondern eine Autobahn zur Entwicklung der Kunst hinterlassen, die den Menschen-An-Sich als Kunst als folgerichtige Entwicklung erscheinen lässt. Darüber bin ich sehr dankbar. 

'''Für Ben Vautier war alles Kunst, was man signieren konnte. Er signierte in den 1960ern auch sich selbst.'''
 
Der Akt des Signierens ist in meinen Augen eine überholte Tätigkeit. Der Signierende möchte in einer anachronistischen Sichtweise immer noch hervorheben, dass es einen Besitzer der Kunst gibt oder es auf einen Urheber der Schöpfung ankommt. Dies ist m.E. nicht mehr eine zeitgemäße Haltung. Wenn wir das Besitzen in den Vordergrund stellen und nicht die Erfahrung der Kunst, stellen wir unsere Haltung auf die Markbetrachtung von Kunst ein. Wenn wir Kunst wirklich erleben, ist uns Besitz gleichgültig. Das Erlebnis kann man nicht besitzen. Es verschwindet manchmal so schneller wieder, wie es gekommen ist. 

'''Was bringt es mir oder der Welt, wenn ich den Menschen als Kunst betrachten kann?'''

Ihr Geist formt sich – er wird zur privaten Plastik. Sie werden selbst durch Ihren geformten Geist zur Kunst. Dies ist die Bereicherung. Nicht der Besitz der Kunst. Die Schöpfung liegt m.E. mehr in dem Erkennen und weniger im Besitzen oder Halten der Kunst. Die Betrachtung des Menschen als Kunst findet oszillierend statt. Es schwankt zwischen K Mensch als Kunst und Mensch als Subjekt oder Objekt. Wir können der Kunst nicht sicher sein. Das Loslassen-Können der Kunst ist schwierig. Sie selbst werden durch ihre Betrachtung des Menschen als Kunst zum Künstler. Durch die Selbsterkenntnis werden Sie bzw. Ihre Gedanken zur Kunst. 

'''Welche Auswirkungen hat das?'''

Die Private Plasik kann nicht nicht zur Sozialen Plastik werden, da ein geformter Geist immer Auswirkungen auf die Gesellschaft hat. Durch das Erkennen des Menschen als Kunst, machen Sie sich zu einem bewussteren Menschen. Damit machen sie ihr nächstes Umfeld zu einer bewussteren Gesellschaft und damit m.E. die Welt zu einem besseren Ort. Mir ist aber wichtig zu erkennen: wir sind schon vor der Weltverbesserung durch unseren geformten Geist selbst Kunst. Durch das Erkennen des Menschen als Kunst werden wir selbst Kunst. 

'''Warum werde ich ein besserer Mensch, wenn ich Menschen-An-Sich als Kunst wahrnehmen kann? Das mach ich doch für mich selbst im stillen Kämmerlein!?'''
 
Ja, im stillen Kämmerlein findet die Entscheidung statt, welche sich nicht besser, aber bewusster macht. Und: Nein, diese Entscheidung, Menschen als Kunst wahrzunehmen kann nicht im Privaten bleiben, da dies Ihre Haltung allen Menschen gegenüber verändert. In jedem Menschen steckt das Potential Kunst zu sein. Mit dieser Einsicht können Sie Menschen gegenüber z.B. nicht respektlos oder gewalttätig sein. Diese neue Haltung vor Menschen verändert die Welt. Fortgeschrittene versuchen die Kunst in „Feinden“ zu sehen. Das Bewusstsein und die daraus resultierende Haltung ist eine von mehreren Stufen der Erkenntnis. Die Freiheit über die Entscheidung und die vielseitige, persönliche Erfahrung des Menschen als Kunst ist für ebenfalls essenziell. Da in der Betrachtung des Menschen als Kunst alles so subjektiv ist, lässt sich diese Kunst auch schlechter beschreiben, als wir das von der Gemälde-Ikonographie her kennen. Die Analyse der MenschKunst muss neu gedacht werden. 

'''Für manche klingt eine neue Haltung und Bewusstseinserweiterung durch einen geformten Geist vermutlich eher nach Post-Hippie-Wünschen.'''

Viele sehen in Marcel Duchamps Fountain auch nur ein umgedrehtes Pissoir. Es ist wichtig zu erkennen, dass auch eine Resonanz im öffentlichen Leben erzeugt wird. Sonst müssten wir beim Menschen als Kunst von einer zurückgezogenen Post-Biedermeier Stilrichtung sprechen.

'''Das würde zu den Post-Pandemie-Bedingungen passen.''' 

Zurückgezogen findet die Entscheidung statt. Die Resonanz ist global. Ich sehe aber Punkte, warum diese Kunstrichtung gerade jetzt stattfindet. 

'''Welche?'''

Wir verlieren ein Gefühl für unsere persönliche Kunst. Leider tragen Kunstexperten und der Kunstmarkt mit elitären Handlungsweisen enorm dazu bei, dass sich eine breite Bevölkerungsschicht von der Kunst entfernt. Die asozialen Medien überschwemmen die Menschen mit Bildern und Informationen. Die angestrebten Ziele wie hohe Klickzahlen und mehr Traffic stehen hier einem intensiven Kunsterlebnis gegenüber. Sicherlich schafft es kein Prozent aller Eindrücke im Internet bei uns eine künstlerische Erfahrung auszulösen. Die Kunst muss wieder zu den Menschen. 


ZUSATZ-TEXT: [[Besser ein heimlicher Misanthrop, als ein scheinheiliger Anthroposoph - Jeder Mensch ist Kunst - Fleisch ist Kunst - Jack Joblin Interview|Besser ein heimlicher Misanthrop, als ein scheinheiliger Anthroposoph]]


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= Jeder Mensch ist Kunst. Du bist Kunst. Ich bin Kunst. Fleisch ist Kunst. =
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