Diskussion:FELIX

Version vom 6. September 2025, 07:14 Uhr von Glanz (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „500px|rahmenlos|zentriert|link=KI in der Schulkommunikation {{:MOOCit - Titel}} = '''FELIX – Feedbackkultur mit KI''' = == Vorwort == Dieses Buch stellt mit '''FELIX''' und seiner Kurzform '''FIX''' eine systematische, pädagogisch und wissenschaftlich begründete Architektur für Feedbackkultur im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz (KI) vor. Im Mittelpunkt steht Lernen als sozial eingebetteter, kogniti…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)



FELIX



FELIX – Feedbackkultur mit KI

Vorwort

Dieses Buch stellt mit FELIX und seiner Kurzform FIX eine systematische, pädagogisch und wissenschaftlich begründete Architektur für Feedbackkultur im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz (KI) vor. Im Mittelpunkt steht Lernen als sozial eingebetteter, kognitiv anspruchsvoller und zielgerichteter Prozess, der durch geeignete Rückmeldungen sichtbar, steuerbar und nachhaltig wird. Forschung zu formativer Beurteilung und Feedback zeigt seit Jahrzehnten konsistent: Wirksam wird Feedback dann, wenn es früh, häufig, zielbezogen, evidenzbasiert und handlungsleitend erfolgt – und wenn es in Überarbeitung mündet.[1][2][3]

FELIX beschreibt diese Feedbackkultur in fünf Stufen: Free Learning in strukturierten Lernumgebungen (z. B. aiMOOCs) mit eingebetteten Sofort-Rückmeldungen; Evaluation als Peer-Feedback im sozialen Lernraum; Learning Mentor als gezielte, zeitlich begrenzte Expertenstütze; Interactive Feedback durch KI-gestützte Impulse; Xpert als reflektierende, gewichtende Rolle der Lehrkraft. Die Kurzform FIX zeigt, wie dieselben Wirkprinzipien greifen, wenn Peer- oder Mentorenstrukturen (noch) nicht verfügbar sind und Übersprünge sinnvoll erscheinen. Der Name FELIX verweist etymologisch auf felix = der Glückliche/Erfolgreiche/Fruchtbare und steht sinnbildlich für eine Lernkultur, die Freude, Wirksamkeit und Wachstum ermöglicht.

KI wird in diesem Rahmen als Verstärker verstanden, nicht als Ersatz pädagogischer Professionalität: Sie kann Fehlermuster identifizieren, Beispiele variieren, Kriterien operationalisieren und adaptive Aufgaben vorschlagen – benötigt aber klare Leitplanken zu Transparenz, Korrektheit, Fairness, Datenschutz und Barrierefreiheit.[4][5][6] Auf Schulebene bedeutet das: Rollen, Kriterien und Abläufe werden transparent beschrieben; Rückmeldeschleifen sind kurz, verlässlich und an Kriterien gebunden; jede Rückmeldung endet in einem umsetzbaren nächsten Schritt.

Als strukturgebende Lernumgebung dienen aiMOOCs mit integrierten Interaktionen und Sofort-Rückmeldungen. Sie werden über spezialisierte Prompts bzw. GPTs generiert, fachlich-kritisch gerahmt und offen publiziert; sie unterstützen adaptives Lernen, Mehrfachdifferenzierung und ressourcenschonende Unterrichtsvorbereitung.[7][8] So entsteht eine Verbindung aus wissenschaftlich fundierten Prinzipien und praxistauglichen Routinen – skalierbar vom Einzelunterricht bis hin zur Schulentwicklung.


Warum Feedback der Motor von Lernen ist

Ausgangspunkt und Problemaufriss

Rückmeldungen sind allgegenwärtig, aber ihre Wirkung ist nicht selbstverständlich. Unpräzise, verspätete oder überladene Hinweise erzeugen kognitives Rauschen und bleiben folgenlos. Wirksamkeit entsteht erst, wenn Rückmeldung an expliziten Zielen ansetzt, sich auf beobachtbare Merkmale bezieht, priorisiert ist und in Überarbeitung mündet (Feed Up – Feed Back – Feed Forward).[9] Unterrichtliche Realität ist zudem geprägt von Heterogenität, Zeitknappheit und variierender Feedback-Kompetenz. Eine belastbare Feedbackkultur beantwortet diese Herausforderungen mit klaren Rollen, Kriterien und kurzen, planbaren Schleifen.

Begriffsbestimmung: formative Rückmeldung, Evaluation, Überarbeitung

Formative Rückmeldung begleitet Lernprozesse; summative Rückmeldung bilanziert Leistung. Beide können koexistieren, verfolgen aber unterschiedliche Zwecke. Wirksame formative Rückmeldung ist

  1. zielbezogen (Anschluss an offen gelegte Kriterien),
  2. evidenzbasiert (Bezug auf Text-/Produktmerkmale statt Vermutungen),
  3. spezifisch und knapp (verarbeitbar statt überbordend),
  4. handlungsleitend (endet in einem klaren nächsten Schritt),
  5. zeitnah (minimiert die Lücke zwischen Handlung und Korrektur).[10]

Evaluation im engeren Sinne bezeichnet hier die kriteriengeleitete Beurteilung durch Lernpartner:innen oder Mentor:innen zur Qualitätssteigerung des Lernprodukts; sie ist kein Notenersatz, sondern integraler Bestandteil eines Entwicklungszyklus.

Theoretische Fundamente und Implikationen

Mehrere gut belegte Theorieperspektiven stützen eine ambitionierte Feedbackkultur:

  1. Sozial-konstruktivistische Perspektive: Bedeutung entsteht in Interaktion; Rückmeldung ist als dialogischer Aushandlungsprozess zu gestalten (z. B. Peer-Dialoge, co-konstruierte Kriterien).[11]
  1. Zone der nächsten Entwicklung (ZPD): Lernfortschritt gelingt besonders dann, wenn Lernende knapp über ihrem aktuellen Niveau arbeiten und Scaffolding erhalten (Peers, Mentor:innen, Lehrkraft).[12]
  1. Selbstbestimmungstheorie: Feedback wirkt motivierend, wenn es Autonomie unterstützt, Kompetenz sichtbar macht und soziale Eingebundenheit respektiert (tonal wertschätzend, wahlermöglichend, kompetenzorientiert).[13]
  1. Selbstreguliertes Lernen: Lernende benötigen metakognitive Routinen (Zielsetzen, Monitoring, Strategieanpassung), die durch gezielte Rückmeldungen und Lernjournale aufgebaut werden.[14]
  1. Kognitive Belastung: Arbeitsgedächtnis ist begrenzt; Feedback muss priorisiert, sequenziert und sprachlich präzise sein. Wenige, gut begründete Hinweise sind wirkungsvoller als umfangreiche, unsortierte Listen.[15]
  1. Feedback-Interventionstheorie: Rückmeldungen, die Aufmerksamkeit von der Aufgabe auf die Person lenken, können Leistung verschlechtern; kriterienfokussierte Hinweise sind überlegen.[16]

Wirkmechanismen: Feed Up – Feed Back – Feed Forward

Wirksamkeit beruht auf drei Funktionen:

  1. Feed Up klärt Ziele und Erfolgskriterien (Transparenz),
  2. Feed Back lokalisiert den Ist-Stand in Bezug auf diese Kriterien (Diagnose),
  3. Feed Forward definiert den nächsten realistisch erreichbaren Schritt (Handlungsleitung).[17]

Eine praxistaugliche Heuristik ist das Muster „zwei Stärken – ein nächster Schritt“. KI-gestützte Systeme können diese Struktur erzwingen und Varianten anbieten; die Lehrkraft priorisiert und rahmt.

Rollen und geteilte Verantwortung in FELIX/FIX

Feedback wird vom individuellen „Gnadenakt“ zur gemeinsamen Praxis, wenn Rollen klar sind und ineinandergreifen:

  1. Lernende bringen Ziele und Artefakte ein, reflektieren Rückmeldungen und dokumentieren Überarbeitung (Feedback-Literacy).[18]
  1. Peers erhöhen Dichte und Vielfalt evidenzbasierter Rückmeldung und trainieren kriterienorientiertes Urteilen.
  1. Mentor:innen bieten kurzzeitige, fachlich fokussierte Strukturhilfe über das Peer-Niveau hinaus (Scaffolding).[19]
  1. KI-Assistenten liefern diagnostische Impulse, Beispielsammlungen, Formatrückmeldungen und Vorschläge für nächste Schritte; ihre Hinweise müssen transparent, fachlich geprüft und didaktisch gerahmt sein.[20]
  1. Lehrkraft (Xpert) bleibt letzte Instanz: Sie gewichtet, validiert, priorisiert und reflektiert mit den Lernenden; sie sichert Anschluss an Standards, Passung, Fairness und Datenschutz.[21]

Aufgabenqualität als Dreh- und Angelpunkt

Ohne gute Aufgaben keine gute Rückmeldung. Aufgaben sollten Denken erzwingen, nicht nur Reproduktion, und natürliche Feedbackpunkte enthalten. Eine bewährte Progression lautet:

  1. Verstehen (Diagnoseaufgaben, Kriterienexploration),
  2. Anwenden (strukturierte Produktion mit Kriterienraster),
  3. Transfer (Variation der Situation/Anforderung).

Jede Phase besitzt einen vorgesehenen Rückmeldeanlass und einen dokumentierten nächsten Schritt. In digitalen Kursen wie aiMOOCs lassen sich Sofort-Rückmeldungen zu Struktur oder Basisrichtigkeit einbetten; vertiefende Rückmeldungen erfolgen dialogisch durch Peers, Mentor:innen, KI und Lehrkraft.[22][23]

Prozessarchitektur eines lernwirksamen Zyklus

Ein vollständiger Zyklus umfasst Ziel- und Kriterienklärung, Entwurf, mehrstufige Rückmeldungen und Revision. Eine praxistaugliche Abfolge ist:

  1. eingebettete Mikrohints im aiMOOC (formale/strukturbezogene Checks),
  2. kriteriengeleitete Peer-Hinweise,
  3. optional ein kurzes Mentoring-Fenster (Strukturhilfe),
  4. KI-Impulse zu genau einem priorisierten Aspekt,
  5. abschließende Fokushinweise der Lehrkraft.

Wesentlich ist die Verbindlichkeit der Überarbeitung: Jede Rückmeldung führt zu einer kleinen, zeitnahen Revision, dokumentiert in einem Lernjournal (Sichtbarkeit und Selbstregulation).[24]

KI als Verstärker: Potenziale und Leitplanken

KI kann typische Fehlermuster erkennen, Beispiele generieren, Kriterien operationalisieren und adaptive Lernpfade vorschlagen. Damit daraus Lerngewinn und nicht kognitives Rauschen entsteht, braucht es Leitplanken:

  1. Transparenz über Einsatz und Grenzen (Kennzeichnung, Quellenlage),
  2. fachliche Prüfung kritischer Punkte durch die Lehrkraft,
  3. Schutz personenbezogener Daten und Datensparsamkeit,
  4. Bias-Achtsamkeit und barrierearme Formate,
  5. kompetenzbasierte Zugänge (Vertrauensstufen, z. B. Tablet-/KI-Führerschein).[25]

So wird KI vom Einzelwerkzeug zum Bestandteil einer überprüfbaren, gerechten und wirksamen Routine.

Häufige Missverständnisse und Gegenstrategien

Typische Irrtümer sind:

  1. „Mehr ist besser“ – tatsächlich wirken wenige, priorisierte Hinweise stärker als viele vage;
  2. „Lob genügt“ – Wertschätzung ersetzt keine kriteriengeleitete Anleitung;
  3. „Die KI macht es schon“ – ohne didaktische Rahmung und Revision bleibt Feedback folgenlos.

Gegenstrategien sind transparente Kriterien, kurze Schleifen, explizite Überarbeitungsaufträge, Lernjournale und systematische Schulung in Feedback-Kompetenz.[26][27]

Anschluss an FELIX und FIX

Die im Kapitel beschriebenen Prinzipien materialisieren sich im modularen Modell FELIX und seiner Kurzform FIX. FELIX nutzt dichte, vielfältige Rückmeldungen (System-, Peer-, Mentoring-, KI- und Lehrkraft-Feedback). FIX zeigt die pragmatische Abkürzung, in der Evaluation und Learning Mentor situativ entfallen können, ohne die Logik von Ziel – Diagnose – nächster Schritt zu verlieren. Beide Varianten sorgen dafür, dass Rückmeldung regelmäßig in Überarbeitung mündet und so Lernen tatsächlich bewegt.


Abbildungen


Abbildung: FELIX kann FIX werden.


Quellen und weiterführende Literatur

Die folgenden Werke bilden die theoretische Grundlage für das dargestellte Konzept einer KI-gestützten Feedbackkultur und seine praktische Umsetzung in aiMOOC-basierten Lernumgebungen.

  1. Black, P.; Wiliam, D. (1998): Assessment and Classroom Learning. Assessment in Education, 5(1), 7–74.
  2. Hattie, J.; Timperley, H. (2007): The Power of Feedback. Review of Educational Research, 77(1), 81–112.
  3. Shute, V. J. (2008): Focus on Formative Feedback. Review of Educational Research, 78(1), 153–189.
  4. Carless, D.; Boud, D. (2018): The development of student feedback literacy. Assessment & Evaluation in Higher Education, 43(8), 1315–1325.
  5. Deci, E. L.; Ryan, R. M. (2000): The “What” and “Why” of Goal Pursuits. Psychological Inquiry, 11(4), 227–268.
  6. Sweller, J. (1988): Cognitive load during problem solving: Effects on learning. Cognitive Science, 12(2), 257–285.
  7. Glanz, Udo (2019): MOOCs selbst erstellen – P4P MOOCs in Schule, Ausbildung, Studium. Glanz-Verlag.
  8. Glanz, Udo (2025): KI-Bildungsbuffet – aiMOOCs in der Praxis. Glanz-Verlag.
  9. Hattie, J.; Timperley, H. (2007): The Power of Feedback. Review of Educational Research, 77(1), 81–112.
  10. Shute, V. J. (2008): Focus on Formative Feedback. Review of Educational Research, 78(1), 153–189.
  11. Black, P.; Wiliam, D. (1998): Assessment and Classroom Learning. Assessment in Education, 5(1), 7–74.
  12. Vygotsky, L. S. (1978): Mind in Society. Harvard University Press.
  13. Deci, E. L.; Ryan, R. M. (2000): The “What” and “Why” of Goal Pursuits. Psychological Inquiry, 11(4), 227–268.
  14. Zimmerman, B. J. (2002): Becoming a Self-Regulated Learner. Theory Into Practice, 41(2), 64–70.
  15. Sweller, J. (1988): Cognitive load during problem solving. Cognitive Science, 12(2), 257–285.
  16. Kluger, A. N.; DeNisi, A. (1996): The effects of feedback interventions on performance. Psychological Bulletin, 119(2), 254–284.
  17. Hattie, J.; Timperley, H. (2007): The Power of Feedback. Review of Educational Research, 77(1), 81–112.
  18. Carless, D.; Boud, D. (2018): The development of student feedback literacy. Assessment & Evaluation in Higher Education, 43(8), 1315–1325.
  19. Glanz, Udo (2024): KI-Medienmentoren – Eine Einführung in Medienbildung mit KI. Glanz-Verlag.
  20. Shute, V. J. (2008): Focus on Formative Feedback. Review of Educational Research, 78(1), 153–189.
  21. Hattie, J.; Timperley, H. (2007): The Power of Feedback. Review of Educational Research, 77(1), 81–112.
  22. Glanz, Udo (2019): MOOCs selbst erstellen – P4P MOOCs in Schule, Ausbildung, Studium. Glanz-Verlag.
  23. Glanz, Udo (2025): KI-Bildungsbuffet – aiMOOCs in der Praxis. Glanz-Verlag.
  24. Zimmerman, B. J. (2002): Becoming a Self-Regulated Learner. Theory Into Practice, 41(2), 64–70.
  25. Glanz, Udo (2024): Vertrauensstufen mit KI-Einsatz in der Bildung. Glanz-Verlag.
  26. Carless, D.; Boud, D. (2018): The development of student feedback literacy. Assessment & Evaluation in Higher Education, 43(8), 1315–1325.
  27. Shute, V. J. (2008): Focus on Formative Feedback. Review of Educational Research, 78(1), 153–189.