Verhaftung

Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet. Die Köchin der Frau Grubach, seiner Zimmervermieterin, die ihm jeden Tag gegen acht Uhr früh das Frühstück brachte, kam diesmal nicht. Das war noch niemals geschehn. K. wartete noch ein Weilchen, sah von seinem Kopfkissen aus die alte Frau die ihm gegenüber wohnte und die ihn mit einer an ihr ganz ungewöhnlichen Neugierde beobachtete, dann aber, gleichzeitig befremdet und hungrig, läutete er. Sofort klopfte es und ein Mann, den er in dieser Wohnung noch niemals gesehen hatte trat ein. Er war schlank und doch fest gebaut, er trug ein anliegendes schwarzes Kleid, das ähnlich den Reiseanzügen mit verschiedenen Falten, Taschen, Schnallen, Knöpfen und einem Gürtel versehen war und infolgedessen, ohne daß man sich darüber klar wurde, wozu es dienen sollte, besonders praktisch erschien. “Wer sind Sie?” fragte K. und saß gleich halb aufrecht im Bett. Der Mann aber ging über die Frage hinweg, als müsse man seine Erscheinung hinnehmen und sagte bloß seinerseits: “Sie haben geläutet?” “Anna soll mir das Frühstück bringen,” sagte K. und versuchte zunächst stillschweigend durch Aufmerksamkeit und Überlegung festzustellen, wer der Mann eigentlich war. Aber dieser setzte sich nicht allzulange seinen Blicken aus, sondern wandte sich zur Tür, die er ein wenig öffnete, um jemandem, der offenbar knapp hinter der Tür stand, zu sagen: “Er will, daß Anna ihm das Frühstück bringt.” Ein kleines Gelächter im Nebenzimmer folgte, es war nach dem Klang nicht sicher ob nicht mehrere Personen daran beteiligt waren. Trotzdem der fremde Mann dadurch nichts erfahren haben konnte, was er nicht schon früher gewußt hätte, sagte er nun doch zu K. im Tone einer Meldung: “Es ist unmöglich.” “Das wäre neu,” sagte K., sprang aus dem Bett und zog rasch seine Hosen an. “Ich will doch sehn, was für Leute im Nebenzimmer sind und wie Frau Grubach diese Störung mir gegenüber verantworten wird.” Es fiel ihm zwar gleich ein, daß er das nicht hätte laut sagen müssen und daß er dadurch gewissermaßen ein Beaufsichtigungsrecht des Fremden anerkannte, aber es schien ihm jetzt nicht wichtig. Immerhin faßte es der Fremde so auf, denn er sagte: “Wollen Sie nicht lieber hier bleiben?” “Ich will weder hierbleiben noch von Ihnen angesprochen werden, solange Sie sich mir nicht vorstellen.” “Es war gut gemeint,” sagte der Fremde und öffnete nun freiwillig die Tür. Im Nebenzimmer, in das K. langsamer eintrat als er wollte, sah es auf den ersten Blick fast genau so aus, wie am Abend vorher. Es war das Wohnzimmer der Frau Grubach, vielleicht war in diesem mit Möbeln Decken Porzellan und Photographien überfüllten Zimmer heute ein wenig mehr Raum als sonst, man erkannte das nicht gleich, umsoweniger als die Hauptveränderung in der Anwesenheit eines Mannes bestand, der beim offenen Fenster mit einem Buch saß, von dem er jetzt aufblickte. “Sie hätten in Ihrem Zimmer bleiben sollen! Hat es Ihnen denn Franz nicht gesagt?” “Ja, was wollen Sie denn?” sagte K. und sah von der neuen Bekanntschaft zu dem mit Franz Benannten, der in der Tür stehen geblieben war, und dann wieder zurück. Durch das offene Fenster erblickte man wieder die alte Frau, die mit wahrhaft greisenhafter Neugierde zu dem jetzt gegenüberliegenden Fenster getreten war, um auch weiterhin alles zu sehn. “Ich will doch Frau Grubach – ,” sagte K., machte eine Bewegung, als reiße er sich von den zwei Männern los, die aber weit von ihm entfernt standen, und wollte weitergehn. “Nein,” sagte der Mann beim Fenster, warf das Buch auf ein Tischchen und stand auf. “Sie dürfen nicht weggehn, Sie sind ja gefangen.” “Es sieht so aus,” sagte K. “Und warum denn?” fragte er dann. “Wir sind nicht dazu bestellt, Ihnen das zu sagen. Gehn Sie in Ihr Zimmer und warten Sie. Das Verfahren ist nun einmal eingeleitet und Sie werden alles zur richtigen Zeit erfahren. Ich gehe über meinen Auftrag hinaus, wenn ich Ihnen so freundschaftlich zurede. Aber ich hoffe, es hört es niemand sonst als Franz und der ist selbst gegen alle Vorschrift freundlich zu Ihnen. Wenn Sie auch weiterhin so viel Glück haben, wie bei der Bestimmung Ihrer Wächter, dann können Sie zuversichtlich sein.” K. wollte sich setzen, aber nun sah er, daß im ganzen Zimmer keine Sitzgelegenheit war, außer dem Sessel beim Fenster. “Sie werden noch einsehn, wie wahr das alles ist,” sagte Franz und gieng gleichzeitig mit dem andern Mann auf ihn zu. Besonders der letztere überragte K. bedeutend und klopfte ihm öfters auf die Schulter. Beide prüften K.’s Nachthemd und sagten, daß er jetzt ein viel schlechteres Hemd werde anziehn müssen, daß sie aber dieses Hemd wie auch seine übrige Wäsche aufbewahren und, wenn seine Sache günstig ausfallen sollte, ihm wieder zurückgeben würden. “Es ist besser, Sie geben die Sachen uns, als ins Depot,” sagten sie, “denn im Depot kommen öfters Unterschleife vor und außerdem verkauft man dort alle Sachen nach einer gewissen Zeit, ohne Rücksicht ob das betreffende Verfahren zuende ist, oder nicht. Und wie lange dauern doch derartige Processe besonders in letzter Zeit! Sie bekämen dann schließlich allerdings vom Depot den Erlös, aber dieser Erlös ist erstens an sich schon gering, denn beim Verkauf entscheidet nicht die Höhe des Angebotes sondern die Höhe der Bestechung, und zweitens verringern sich solche Erlöse erfahrungsgemäß, wenn sie von Hand zu Hand und von Jahr zu Jahr weitergegeben werden.” K. achtete auf diese Reden kaum, das Verfügungsrecht über seine Sachen, das er vielleicht noch besaß, schätzte er nicht hoch ein, viel wichtiger war es ihm Klarheit über seine Lage zu bekommen; in Gegenwart dieser Leute konnte er aber nicht einmal nachdenken, immer wieder stieß der Bauch des zweiten Wächters – es konnten ja nur Wächter sein – förmlich freundschaftlich an ihn, sah er aber auf, dann erblickte er ein zu diesem dicken Körper gar nicht passendes trockenes knochiges Gesicht, mit starker seitlich gedrehter Nase, das sich über ihn hinweg mit dem andern Wächter verständigte. Was waren denn das für Menschen? Wovon sprachen sie? Welcher Behörde gehörten sie an? K. lebte doch in einem Rechtsstaat, überall herrschte Friede, alle Gesetze bestanden aufrecht, wer wagte ihn in seiner Wohnung zu überfallen? Er neigte stets dazu, alles möglichst leicht zu nehmen, das Schlimmste erst beim Eintritt des Schlimmsten zu glauben, keine Vorsorge für die Zukunft zu treffen, selbst wenn alles drohte. Hier schien ihm das aber nicht richtig, man konnte zwar das ganze als Spaß ansehn, als einen groben Spaß, den ihm aus unbekannten Gründen, vielleicht weil heute sein dreißigster Geburtstag war, die Kollegen in der Bank veranstaltet hatten, es war natürlich möglich, vielleicht brauchte er nur auf irgendeine Weise den Wächtern ins Gesicht zu lachen und sie würden mitlachen, vielleicht waren es Dienstmänner von der Straßenecke, sie sahen ihnen nicht unähnlich – trotzdem war er diesmal förmlich schon seit dem ersten Anblick des Wächters Franz entschlossen nicht den geringsten Vorteil, den er vielleicht gegenüber diesen Leuten besaß, aus der Hand zu geben. Darin daß man später sagen würde, er habe keinen Spaß verstanden, sah K. eine ganz geringe Gefahr, wohl aber erinnerte er sich – ohne daß es sonst seine Gewohnheit gewesen wäre, aus Erfahrungen zu lernen – an einige an sich unbedeutende Fälle, in denen er zum Unterschied von seinen Freunden mit Bewußtsein, ohne das geringste Gefühl für die möglichen Folgen sich unvorsichtig benommen hatte und dafür durch das Ergebnis gestraft worden war. Es sollte nicht wieder geschehn, zumindest nicht diesmal, war es eine Komödie, so wollte er mitspielen.

Noch war er frei. “Erlauben Sie,” sagte er und gieng eilig zwischen den Wächtern durch in sein Zimmer. “Er scheint vernünftig zu sein,” hörte er hinter sich sagen. In seinem Zimmer riß er gleich die Schubladen des Schreibtisches auf, es lag dort alles in großer Ordnung, aber gerade die Legitimationspapiere, die er suchte, konnte er in der Aufregung nicht gleich finden. Schließlich fand er seine Radfahrlegitimation und wollte schon mit ihr zu den Wächtern gehn, dann aber schien ihm das Papier zu geringfügig und er suchte weiter, bis er den Geburtsschein fand. Als er wieder in das Nebenzimmer zurückkam, öffnete sich gerade die gegenüberliegende Tür und Frau Grubach wollte dort eintreten. Man sah sie nur einen Augenblick, denn kaum hatte sie K. erkannt, als sie offenbar verlegen wurde, um Verzeihung bat, verschwand und äußerst vorsichtig die Türe schloß. “Kommen Sie doch herein,” hatte K. gerade noch sagen können. Nun aber stand er mit seinen Papieren in der Mitte des Zimmers, sah noch auf die Tür hin, die sich nicht wieder öffnete und wurde erst durch einen Anruf der Wächter aufgeschreckt, die bei dem Tischchen am offenen Fenster saßen und wie K. jetzt erkannte, sein Frühstück verzehrten. “Warum ist sie nicht eingetreten?” fragte er. “Sie darf nicht,” sagte der große Wächter, “Sie sind doch verhaftet.” “Wie kann ich denn verhaftet sein? Und gar auf diese Weise?” “Nun fangen Sie also wieder an,” sagte der Wächter und tauchte ein Butterbrot ins Honigfäßchen. “Solche Fragen beantworten wir nicht.” “Sie werden sie beantworten müssen,” sagte K. “Hier sind meine Legitimationspapiere, zeigen Sie mir jetzt die Ihrigen und vor allem den Verhaftbefehl.” “Du lieber Himmel!” sagte der Wächter, “daß Sie sich in Ihre Lage nicht fügen können und daß Sie es darauf angelegt zu haben scheinen, uns, die wir Ihnen jetzt wahrscheinlich von allen Ihren Mitmenschen am nächsten stehn, nutzlos zu reizen.” “Es ist so, glauben Sie es doch,” sagte Franz, führte die Kaffeetasse die er in der Hand hielt nicht zum Mund sondern sah K. mit einem langen wahrscheinlich bedeutungsvollen, aber unverständlichen Blicke an. K. ließ sich ohne es zu wollen in ein Zwiegespräch der Blicke mit Franz ein, schlug dann aber doch auf seine Papiere und sagte: “Hier sind meine Legitimationspapiere.” “Was kümmern uns denn die?” rief nun schon der große Wächter, “Sie führen sich ärger auf als ein Kind. Was wollen Sie denn? Wollen Sie Ihren großen verfluchten Proceß dadurch zu einem raschen Ende bringen, daß Sie mit uns den Wächtern über Legitimation und Verhaftbefehl diskutieren? Wir sind niedrige Angestellte, die sich in einem Legitimationspapier kaum auskennen und die mit Ihrer Sache nichts anderes zu tun haben, als daß sie zehn Stunden täglich bei Ihnen Wache halten und dafür bezahlt werden. Das ist alles, was wir sind, trotzdem aber sind wir fähig einzusehn, daß die hohen Behörden, in deren Dienst wir stehn, ehe sie eine solche Verhaftung verfügen, sich sehr genau über die Gründe der Verhaftung und die Person des Verhafteten unterrichten. Es gibt darin keinen Irrtum. Unsere Behörde, soweit ich sie kenne, und ich kenne nur die niedrigsten Grade, sucht doch nicht etwa die Schuld in der Bevölkerung, sondern wird wie es im Gesetz heißt von der Schuld angezogen und muß uns Wächter ausschicken. Das ist Gesetz. Wo gäbe es da einen Irrtum?” “Dieses Gesetz kenne ich nicht,” sagte K. “Desto schlimmer für Sie,” sagte der Wächter. “Es besteht wohl auch nur in Ihren Köpfen,” sagte K., er wollte sich irgendwie in die Gedanken der Wächter einschleichen, sie zu seinen Gunsten wenden oder sich dort einbürgern. Aber der Wächter sagte nur abweisend: “Sie werden es zu fühlen bekommen.” Franz mischte sich ein und sagte: “Sieh Willem er gibt zu, er kenne das Gesetz nicht und behauptet gleichzeitig schuldlos zu sein.” “Du hast ganz recht, aber ihm kann man nichts begreiflich machen,” sagte der andere. K. antwortete nichts mehr; muß ich, dachte er, durch das Geschwätz dieser niedrigsten Organe – sie geben selbst zu, es zu sein – mich noch mehr verwirren lassen? Sie reden doch jedenfalls von Dingen, die sie gar nicht verstehn. Ihre Sicherheit ist nur durch ihre Dummheit möglich. Ein paar Worte, die ich mit einem mir ebenbürtigen Menschen sprechen werde, werden alles unvergleichlich klarer machen, als die längsten Reden mit diesen. Er gieng einige Male in dem freien Raum des Zimmers auf und ab, drüben sah er die alte Frau die einen noch viel ältern Greis zum Fenster gezerrt hatte, den sie umschlungen hielt; K. mußte dieser Schaustellung ein Ende machen: “Führen Sie mich zu Ihrem Vorgesetzten,” sagte er. “Bis er es wünscht; nicht früher,” sagte der Wächter, der Willem genannt worden war. “Und nun rate ich Ihnen,” fügte er hinzu, “in Ihr Zimmer zu gehn, sich ruhig zu verhalten und darauf zu warten, was über Sie verfügt werden wird. Wir raten Ihnen, zerstreuen Sie sich nicht durch nutzlose Gedanken, sondern sammeln Sie sich, es werden große Anforderungen an Sie gestellt werden. Sie haben uns nicht so behandelt, wie es unser Entgegenkommen verdient hätte, Sie haben vergessen, daß wir, mögen wir auch sein was immer, zumindest jetzt Ihnen gegenüber freie Männer sind, das ist kein kleines Übergewicht. Trotzdem sind wir bereit, falls Sie Geld haben, Ihnen ein kleines Frühstück aus dem Kafeehaus drüben zu bringen.”

Ohne auf dieses Angebot zu antworten, stand K. ein Weilchen lang still. Vielleicht würden ihn die Beiden, wenn er die Tür des folgenden Zimmers oder gar die Tür des Vorzimmers öffnen würde, gar nicht zu hindern wagen, vielleicht wäre es die einfachste Lösung des Ganzen, daß er es auf die Spitze trieb. Aber vielleicht würden sie ihn doch packen und war er einmal niedergeworfen, so war auch alle Überlegenheit verloren, die er ihnen jetzt gegenüber in gewisser Hinsicht doch wahrte. Deshalb zog er die Sicherheit der Lösung vor, wie sie der natürliche Verlauf bringen mußte, und ging in sein Zimmer zurück, ohne daß von seiner Seite oder von Seite der Wächter ein weiteres Wort gefallen wäre.

Er warf sich auf sein Bett und nahm vom Nachttisch einen schönen Apfel, den er sich gestern Abend für das Frühstück vorbereitet hatte. Jetzt war er sein einziges Frühstück und jedenfalls, wie er sich beim ersten großen Bissen versicherte, viel besser, als das Frühstück aus dem schmutzigen Nachtkafe gewesen wäre, das er durch die Gnade der Wächter hätte bekommen können. Er fühlte sich wohl und zuversichtlich, in der Bank versäumte er zwar heute vormittag seinen Dienst, aber das war bei der verhältnismäßig hohen Stellung die er dort einnahm, leicht entschuldigt. Sollte er die wirkliche Entschuldigung anführen? Er gedachte es zu tun. Würde man ihm nicht glauben, was in diesem Fall begreiflich war, so konnte er Frau Grubach als Zeugin führen oder auch die beiden Alten von drüben, die wohl jetzt auf dem Marsch zum gegenüberliegenden Fenster waren. Es wunderte K., wenigstens aus dem Gedankengang der Wächter wunderte es ihn, daß sie ihn in das Zimmer getrieben und ihn hier allein gelassen hatten, wo er doch zehnfache Möglichkeit hatte sich umzubringen. Gleichzeitig allerdings fragte er sich, mal aus seinem Gedankengang, was für einen Grund er haben könnte, es zu tun. Etwa weil die zwei nebenan saßen und sein Frühstück abgefangen hatten? Es wäre so sinnlos gewesen sich umzubringen, daß er, selbst wenn er es hätte tun wollen, infolge der Sinnlosigkeit dessen dazu nicht imstande gewesen wäre. Wäre die geistige Beschränktheit der Wächter nicht so auffallend gewesen, so hätte man annehmen können, daß auch sie infolge der gleichen Überzeugung keine Gefahr darin gesehen hätten, ihn allein zu lassen. Sie mochten jetzt, wenn sie wollten zusehn, wie er zu einem Wandschränkchen gieng, in dem er einen guten Schnaps aufbewahrte, wie er ein Gläschen zuerst zum Ersatz des Frühstücks leerte und wie er ein zweites Gläschen dazu bestimmte, ihm Mut zu machen, das letztere nur aus Vorsicht für den unwahrscheinlichen Fall, daß es nötig sein sollte.

Da erschreckte ihn ein Zuruf aus dem Nebenzimmer derartig, daß er mit den Zähnen ans Glas schlug. “Der Aufseher ruft Sie,” hieß es. Es war nur das Schreien, das ihn erschreckte, dieses kurze abgehackte militärische Schreien, das er dem Wächter Franz gar nicht zugetraut hätte. Der Befehl selbst war ihm sehr willkommen, “endlich” rief er zurück, versperrte den Wandschrank und eilte sofort ins Nebenzimmer. Dort standen die zwei Wächter und jagten ihn, als wäre das selbstverständlich, wieder in sein Zimmer zurück. “Was fällt Euch ein?” riefen sie, “im Hemd wollt Ihr vor den Aufseher? Er läßt Euch durchprügeln und uns mit!” “Laßt mich, zum Teufel,” rief K., der schon bis zu seinem Kleiderkasten zurückgedrängt war, “wenn man mich im Bett überfällt, kann man nicht erwarten mich im Festanzug zu finden.” “Es hilft nichts,” sagten die Wächter, die immer wenn K. schrie, ganz ruhig, ja fast traurig wurden und ihn dadurch verwirrten oder gewissermaßen zur Besinnung brachten. “Lächerliche Ceremonien!” brummte er noch, hob aber schon einen Rock vom Stuhl und hielt ihn ein Weilchen mit beiden Händen, als unterbreite er ihn dem Urteil der Wächter. Sie schüttelten die Köpfe. “Es muß ein schwarzer Rock sein,” sagten sie. K. warf daraufhin den Rock zu Boden und sagte – er wußte selbst nicht, in welchem Sinn er es sagte –: “Es ist doch noch nicht die Hauptverhandlung.” Die Wächter lächelten, blieben aber bei ihrem: “Es muß ein schwarzer Rock sein.” “Wenn ich dadurch die Sache beschleunige, soll es mir recht sein,” sagte K., öffnete selbst den Kleiderkasten, suchte lange unter den vielen Kleidern, wählte sein bestes schwarzes Kleid, ein Jakettkleid, das durch seine Taille unter den Bekannten fast Aufsehen gemacht hatte, zog nun auch ein anderes Hemd an und begann sich sorgfältig anzuziehn. Im Geheimen glaubte er eine Beschleunigung des Ganzen damit erreicht zu haben, daß die Wächter vergessen hatten, ihn zum Bad zu zwingen. Er beobachtete sie, ob sie sich vielleicht daran doch erinnern würden, aber das fiel ihnen natürlich gar nicht ein, dagegen vergaß Willem nicht, Franz mit der Meldung, daß sich K. anziehe, zum Aufseher zu schicken.


Als er vollständig angezogen war, mußte er knapp vor Willem durch das leere Nebenzimmer in das folgende Zimmer gehn, dessen Tür mit beiden Flügeln bereits geöffnet war. Dieses Zimmer wurde wie K. genau wußte seit kurzer Zeit von einem Fräulein Bürstner, einer Schreibmaschinistin bewohnt, die sehr früh in die Arbeit zu gehen pflegte, spät nachhause kam und mit der K. nicht viel mehr als die Grußworte gewechselt hatte. Jetzt war das Nachttischchen von ihrem Bett als Verhandlungstisch in die Mitte des Zimmers gerückt und der Aufseher saß hinter ihm. Er hatte die Beine über einander geschlagen und einen Arm auf die Rückenlehne des Stuhles gelegt. In einer Ecke des Zimmers standen drei junge Leute und sahen die Photographien des Fräulein Bürstner an, die in einer an der Wand aufgehängten Matte steckten. An der Klinke des offenen Fensters hieng eine weiße Bluse. Im gegenüberliegenden Fenster lagen wieder die zwei Alten, doch hatte sich ihre Gesellschaft vergrößert, denn hinter ihnen sie weit überragend stand ein Mann mit einem auf der Brust offenen Hemd, der seinen rötlichen Spitzbart mit den Fingern drückte und drehte.

“Josef K.?” fragte der Aufseher, vielleicht nur um K.’s zerstreute Blicke auf sich zu lenken. K. nickte. “Sie sind durch die Vorgänge des heutigen Morgens wohl sehr überrascht?” fragte der Aufseher und verschob dabei mit beiden Händen die paar Gegenstände die auf dem Nachttischchen lagen, die Kerze mit Zündhölzchen, ein Buch und ein Nadelkissen, als seien es Gegenstände, die er zur Verhandlung benötige. “Gewiß,” sagte K. und das Wohlgefühl endlich einem vernünftigen Menschen gegenüberzustehn und über seine Angelegenheit mit ihm sprechen zu können ergriff ihn, “gewiß ich bin überrascht, aber ich bin keineswegs sehr überrascht.” “Nicht sehr überrascht?” fragte der Aufseher und stellte nun die Kerze in die Mitte des Tischchens, während er die andern Sachen um sie gruppierte. “Sie mißverstehen mich vielleicht,” beeilte sich K. zu bemerken. “Ich meine –” Hier unterbrach sich K. und sah sich nach einem Sessel um. “Ich kann mich doch setzen?” fragte er. “Es ist nicht üblich,” antwortete der Aufseher. “Ich meine,” sagte nun K. ohne weitere Pause, “ich bin allerdings sehr überrascht, aber man ist, wenn man dreißig Jahre auf der Welt ist und sich allein hat durchschlagen müssen, wie es mir beschieden war, gegen Überraschungen abgehärtet und nimmt sie nicht zu schwer. Besonders die heutige nicht.” “Warum besonders die heutige nicht?” “Ich will nicht sagen, daß ich das Ganze für einen Spaß ansehe, dafür scheinen mir die Veranstaltungen die gemacht wurden, doch zu umfangreich. Es müßten alle Mitglieder der Pension daran beteiligt sein und auch Sie alle, das gienge über die Grenzen eines Spaßes. Ich will also nicht sagen, daß es ein Spaß ist.” “Ganz richtig,” sagte der Aufseher und sah nach, wieviel Zündhölzchen in der Zündhölzchenschachtel waren. “Anderseits aber,” fuhr K. fort und wandte sich hiebei an alle und hätte gern sogar den drei bei den Photographien sich zugewendet, “andererseits aber kann die Sache auch nicht viel Wichtigkeit haben. Ich folgere das daraus, daß ich angeklagt bin, aber nicht die geringste Schuld auffinden kann wegen deren man mich anklagen könnte. Aber auch das ist nebensächlich, die Hauptfrage ist: von wem bin ich angeklagt? Welche Behörde führt das Verfahren? Sind Sie Beamte? Keiner hat eine Uniform, wenn man nicht Ihr Kleid” – hier wandte er sich an Franz – “eine Uniform nennen will, aber es ist doch eher ein Reiseanzug. In diesen Fragen verlange ich Klarheit und ich bin überzeugt, daß wir nach dieser Klarstellung von einander den herzlichsten Abschied werden nehmen können.” Der Aufseher schlug die Zündhölzchenschachtel auf den Tisch nieder. “Sie befinden sich in einem großen Irrtum,” sagte er. “Diese Herren hier und ich sind für Ihre Angelegenheit vollständig nebensächlich, ja wir wissen sogar von ihr fast nichts. Wir könnten die regelrechtesten Uniformen tragen und Ihre Sache würde um nichts schlechter stehn. Ich kann Ihnen auch durchaus nicht sagen, daß Sie angeklagt sind oder vielmehr ich weiß nicht, ob Sie es sind. Sie sind verhaftet, das ist richtig, mehr weiß ich nicht. Vielleicht haben die Wächter etwas anderes geschwätzt, dann ist eben nur Geschwätz gewesen. Wenn ich nun also auch Ihre Fragen nicht beantworten kann, so kann ich Ihnen doch raten, denken Sie weniger an uns und an das, was mit Ihnen geschehen wird, denken Sie lieber mehr an sich. Und machen Sie keinen solchen Lärm mit dem Gefühl Ihrer Unschuld, es stört den nicht gerade schlechten Eindruck, den Sie im übrigen machen. Auch sollten Sie überhaupt im Reden zurückhaltender sein, fast alles was Sie vorhin gesagt haben, hätte man auch wenn Sie nur paar Worte gesagt hätten, Ihrem Verhalten entnehmen können, außerdem war es nichts übermäßig für Sie Günstiges.”

K. starrte den Aufseher an. Schulmäßige Lehren bekam er hier von einem vielleicht jüngern Menschen? Für seine Offenheit wurde er mit einer Rüge bestraft? Und über den Grund seiner Verhaftung und über deren Auftraggeber erfuhr er nichts? Er geriet in eine gewisse Aufregung, gieng auf und ab, woran ihn niemand hinderte, schob seine Manschetten zurück, befühlte die Brust, strich sein Haar zurecht, kam an den drei Herren vorüber, sagte “es ist ja sinnlos,” worauf sich diese zu ihm umdrehten und ihn entgegenkommend aber ernst ansahen, und machte endlich wieder vor dem Tisch des Aufsehers halt. “Der Staatsanwalt Hasterer ist mein guter Freund,” sagte er, “kann ich ihm telephonieren?” “Gewiß,” sagte der Aufseher, “aber ich weiß nicht, welchen Sinn das haben sollte, es müßte denn sein, daß Sie irgendeine private Angelegenheit mit ihm zu besprechen haben.” “Welchen Sinn?” rief K. mehr bestürzt, als geärgert. “Wer sind Sie denn? Sie wollen einen Sinn und führen das Sinnloseste auf was es gibt? Ist es nicht zum Steinerweichen? Die Herren haben mich zuerst überfallen und jetzt sitzen oder stehn sie hier herum und lassen mich vor Ihnen die hohe Schule reiten. Welchen Sinn es hätte, an einen Staatsanwalt zu telephonieren, wenn ich angeblich verhaftet bin? Gut, ich werde nicht telephonieren.” “Aber doch,” sagte der Aufseher und streckte die Hand zum Vorzimmer aus, wo das Telephon war, “bitte telephonieren Sie doch.” “Nein, ich will nicht mehr,” sagte K. und ging zum Fenster. Drüben war noch die Gesellschaft beim Fenster und schien nur jetzt dadurch, daß K. ans Fenster herangetreten war, in der Ruhe des Zuschauens ein wenig gestört. Die Alten wollten sich erheben, aber der Mann hinter ihnen beruhigte sie. “Dort sind auch solche Zuschauer,” rief K. ganz laut dem Aufseher zu und zeigte mit dem Zeigefinger hinaus. “Weg von dort,” rief er dann hinüber. Die drei wichen auch sofort ein paar Schritte zurück, die beiden Alten sogar noch hinter den Mann, der sie mit seinem breiten Körper deckte und nach seinen Mundbewegungen zu schließen, irgendetwas auf die Entfernung hin unverständliches sagte. Ganz aber verschwanden sie nicht, sondern schienen auf den Augenblick zu warten, bis sie sich unbemerkt wieder dem Fenster nähern könnten. “Zudringliche, rücksichtslose Leute!” sagte K., als er sich ins Zimmer zurückwendete. Der Aufseher stimmte ihm möglicherweise zu, wie K. mit einem Seitenblick zu erkennen glaubte. Aber es war ebensogut möglich daß er gar nicht zugehört hatte, denn er hatte eine Hand fest auf den Tisch gedrückt und schien die Finger ihrer Länge nach zu vergleichen. Die zwei Wächter saßen auf einem mit einer Schmuckdecke verhüllten Koffer und rieben ihre Knie. Die drei jungen Leute hatten die Hände in die Hüften gelegt und sahen ziellos herum. Es war still wie in irgendeinem vergessenen Bureau. “Nun meine Herren,” rief K., es schien ihm einen Augenblick lang, als trage er alle auf seinen Schultern, “Ihrem Aussehn nach zu schließen, dürfte meine Angelegenheit beendet sein. Ich bin der Ansicht, daß es am besten ist, über die Berechtigung oder Nichtberechtigung Ihres Vorgehns nicht mehr nachzudenken und der Sache durch einen gegenseitigen Händedruck einen versöhnlichen Abschluß zu geben. Wenn auch Sie meiner Ansicht sind, dann bitte –” und er trat an den Tisch des Aufsehers hin und reichte ihm die Hand. Der Aufseher hob die Augen, nagte an den Lippen und sah auf K.’s ausgestreckte Hand, noch immer glaubte K. der Aufseher werde einschlagen. Dieser aber stand auf, nahm einen harten runden Hut, der auf Fräulein Bürstners Bett lag und setzte sich ihn vorsichtig mit beiden Händen auf, wie man es bei der Anprobe neuer Hüte tut. “Wie einfach Ihnen alles scheint!” sagte er dabei zu K. “Wir sollten der Sache einen versöhnlichen Abschluß geben, meinten Sie? Nein, nein, das geht wirklich nicht. Womit ich andererseits durchaus nicht sagen will, daß Sie verzweifeln sollen. Nein, warum denn? Sie sind nur verhaftet, nichts weiter. Das hatte ich Ihnen mitzuteilen, habe es getan und habe auch gesehn, wie Sie es aufgenommen haben. Damit ist es für heute genug und wir können uns verabschieden, allerdings nur vorläufig. Sie werden wohl jetzt in die Bank gehn wollen?” “In die Bank?” fragte K. “Ich dachte, ich wäre verhaftet.” K. fragte mit einem gewissen Trotz, denn obwohl sein Handschlag nicht angenommen worden war, fühlte er sich insbesondere seitdem der Aufseher aufgestanden war immer unabhängiger von allen diesen Leuten. Er spielte mit ihnen. Er hatte die Absicht, falls sie weggehn sollten, bis zum Haustor nachzulaufen und ihnen seine Verhaftung anzubieten. Darum wiederholte er auch: “Wie kann ich denn in die Bank gehn, da ich verhaftet bin?” “Ach so,” sagte der Aufseher, der schon bei der Tür war, “Sie haben mich mißverstanden, Sie sind verhaftet, gewiß, aber das soll Sie nicht hindern Ihren Beruf zu erfüllen. Sie sollen auch in Ihrer gewöhnlichen Lebensweise nicht gehindert sein.” “Dann ist das Verhaftetsein nicht sehr schlimm,” sagte K. und gieng nahe an den Aufseher heran. “Ich meinte es niemals anders,” sagte dieser. “Es scheint aber dann nicht einmal die Mitteilung der Verhaftung sehr notwendig gewesen zu sein,” sagte K. und gieng noch näher. Auch die andern hatten sich genähert. Alle waren jetzt auf einem engen Raum bei der Tür versammelt. “Es war meine Pflicht,” sagte der Aufseher. “Eine dumme Pflicht,” sagte K. unnachgiebig. “Mag sein,” antwortete der Aufseher, “aber wir wollen mit solchen Reden nicht unsere Zeit verlieren. Ich hatte angenommen, daß Sie in die Bank gehn wollen. Da Sie auf alle Worte aufpassen, füge ich hinzu: ich zwinge Sie nicht in die Bank zu gehn, ich hatte nur angenommen, daß Sie es wollen. Und um Ihnen das zu erleichtern und Ihre Ankunft in der Bank möglichst unauffällig zu machen, habe ich diese drei Herren Ihre Kollegen hier zu Ihrer Verfügung gehalten.” “Wie?” rief K. und staunte die drei an. Diese so uncharakteristischen blutarmen jungen Leute, die er immer noch nur als Gruppe bei den Photographien in der Erinnerung hatte, waren tatsächlich Beamte aus seiner Bank, nicht Kollegen, das war zu viel gesagt und bewies eine Lücke in der Allwissenheit des Aufsehers, aber untergeordnete Beamte aus der Bank waren es allerdings. Wie hatte K. das übersehen können? Wie hatte er doch hingenommen sein müssen, von dem Aufseher und den Wächtern, um diese drei nicht zu erkennen. Den steifen, die Hände schwingenden Rabensteiner, den blonden Kullich mit den tiefliegenden Augen und Kaminer mit dem unausstehlichen durch eine chronische Muskelzerrung bewirkten Lächeln. “Guten Morgen!” sagte K. nach einem Weilchen und reichte den sich korrekt verbeugenden Herren die Hand. “Ich habe Sie gar nicht erkannt. Nun werden wir also an die Arbeit gehn, nicht” Die Herren nickten lachend und eifrig, als hätten sie die ganze Zeit über darauf gewartet, nur als K. seinen Hut vermißte, der in seinem Zimmer liegen geblieben war, liefen sie sämtlich hintereinander ihn holen, was immerhin auf eine gewisse Verlegenheit schließen ließ. K. stand still und sah ihnen durch die zwei offenen Türen nach, der letzte war natürlich der gleichgültige Rabensteiner, der bloß einen eleganten Trab angeschlagen hatte. Kaminer überreichte den Hut und K. mußte sich, wie dies übrigens auch öfters in der Bank nötig war, ausdrücklich sagen, daß Kaminers Lächeln nicht Absicht war, ja daß er überhaupt absichtlich nicht lächeln konnte. Im Vorzimmer öffnete dann Frau Grubach, die gar nicht sehr schuldbewußt aussah, der ganzen Gesellschaft die Wohnungstür und K. sah, wie so oft, auf ihr Schürzenband nieder, das so unnötig tief in ihren mächtigen Leib einschnitt. Unten entschloß sich K., die Uhr in der Hand, ein Automobil zu nehmen, um die schon halbstündige Verspätung nicht unnötig zu vergrößern. Kaminer lief zur Ecke, um den Wagen zu holen, die zwei andern versuchten offensichtlich K. zu zerstreuen, als plötzlich Kullich auf das gegenüberliegende Haustor zeigte, in dem eben der Mann mit dem blonden Spitzbart erschien und im ersten Augenblick ein wenig verlegen darüber, daß er sich jetzt in seiner ganzen Größe zeigte, zur Wand zurücktrat und sich anlehnte. Die Alten waren wohl noch auf der Treppe. K. ärgerte sich über Kullich, daß dieser auf den Mann aufmerksam machte, den er selbst schon früher gesehn, ja den er sogar erwartet hatte. “Schauen Sie nicht hin,” stieß er hervor ohne zu bemerken, wie auffallend eine solche Redeweise gegenüber selbständigen Männern war. Es war aber auch keine Erklärung nötig, denn gerade kam das Automobil, man setzte sich und fuhr los. Da erinnerte sich K. daß er das Weggehn des Aufsehers und der Wächter gar nicht bemerkt hatte, der Aufseher hatte ihm die drei Beamten verdeckt und nun wieder die Beamten den Aufseher. Viel Geistesgegenwart bewies das nicht und K. nahm sich vor, sich in dieser Hinsicht genauer zu beobachten. Doch drehte er sich noch unwillkürlich um und beugte sich über das Hinterdeck des Automobils vor, um möglicherweise den Aufseher und die Wächter noch zu sehn. Aber gleich wendete er sich wieder zurück ohne auch nur den Versuch gemacht zu haben jemanden zu suchen, und lehnte sich bequem in die Wagenecke. Trotzdem es nicht den Anschein hatte, hätte er gerade jetzt Zuspruch nötig gehabt, aber nun schienen die Herren ermüdet, Rabensteiner sah rechts aus dem Wagen, Kullych links und nur Kaminer stand mit seinem Grinsen zur Verfügung, über das einen Spaß zu machen leider die Menschlichkeit verbot.