Corona Biedermeier

Keine andere Epoche oder Stilrichtung der Kunst und Literatur steht so, wie das Biedermeier für Rückzug ins Private. Wir verstehen heute aber unter dem "Privaten" etwas grundlegend anderes, als dies im 19. Jahrhundert der Fall war. Das Familienleben, in welches die Menschen auch in der Corona-Zeit "zurückgebracht" (manche sagen gezwungen) wurden, gehörte in der Biedermeier-Zeit zur bürgerlichen Kultur. In den Corona-Zeiten ist dieses Private nicht als Wunsch der Bevölkerung entstanden, es war kein Usus der bürgerlichen Kultur, sondern ein unbedingtes Muss.

"Nicht die Repräsentation stand im Vordergrund, sondern das häusliche Glück in den eigenen vier Wänden. Bürgerliche Tugenden wie Fleiß, Ehrlichkeit, Treue, Pflichtgefühl, Bescheidenheit wurden zu allgemeinen Prinzipien erhoben. Die Biedermeier-Wohnstube war die Urform des heutigen Wohnzimmers, und wahrscheinlich wurde damals der Ausdruck Gemütlichkeit eingeführt. Die Geselligkeit wurde in kleinem Rahmen gepflegt, beim Kaffeekränzchen, am Stammtisch, bei der Hausmusik, aber auch in den Wiener Kaffeehäusern. Beliebteste Zeitung war die Wiener allgemeine Theaterzeitung von Adolf Bäuerle." (Wikipedia)

Heute gibt es eine andere Familienstruktur. Die Tugenden sind andere. Der Mann ist nicht mehr das Oberhaupt der Familie. Der unfreiwillige Rückzug macht viele zu Wutbürgern. Die wichtigsten weiblichen Freizeitbeschäftigungen sind nicht mehr Handarbeiten oder das Klavierspiel. Aber es geschieht nicht selten, dass die alten Familienrollen wieder wieder zelebriert werden, da die öffentliche Kinderbetreuung in Schulen und Kindergärten teilweise zum erliegen kamen.

"Wesentlich mehr Aufmerksamkeit als vorher widmete man auch der Kindererziehung und dem Kinderzimmer, es erschien entsprechende Literatur mit Anleitungen zur Erziehung. Es entstand erstmals eine eigene Kindermode, die nicht nur eine Kopie der Erwachsenenmode war. Die Spielzeugindustrie erlebte ihre erste Blüte. 1840 gründete Friedrich Fröbel in Bad Blankenburg den ersten Kindergarten. In der Biedermeierzeit wurde auch das häusliche Weihnachtsfest in der Form ausgebildet, wie sie heute bekannt ist, mit Weihnachtsbaum, Weihnachtsliedern und Bescherung." (Wikipedia)